Volltext Seite (XML)
hielt, das er für solche Massenbesuche stets zu benutzen pflegte. In diesem großen, kahlen Raume mit den breiten Pulten, den steiflehnigen Stühlen, den Akten gestellen an den hellgestrichenen Wänden, die fast gänzlich mit Fahrplänen, Zeichnungen und Photographien bedeckt waren, hatte er lange Jahre in angestrengter Tätigkeit zugebracht, den größten Teil seines Lebens und seiner Lebenskraft verzehrt; der nüchterne Raum war ihm eine Art Heiligtum geworden. Johann Wilhelm ließ seine Blicke langsam bis in die entfern-' testen Teile des Kontors gehen, während ihm Bauer Kleine-Pothmann breiten Bericht über den Stand der Wintersaaten machte. Jetzt wurden die Augen des Spekulanten wieder regungslos, fast starr, und blieben minutenlang auf einem Punkt gehaftet; aus die schmale Tür, die zu seinem Sprechzimmer führte, darin er Angelegenheiten privater Natur abwickelte. Die matten Glasscheiben, welche die oberen Türfüllungen ersetzen, strömten ein mildes, gedämpftes Licht aus, da das Zimmerchen Heller wie das Kontor war. Es lag nach Süden und hatte zwei große Fenster, an denen er keine Vorhänge litt. Ihm war es, als ob hinter der Tür mit den Glasfenstern ein Schreckliches, Un geheueres stünde und im Begriffe wäre, die Tür zu öffnen. Eine Beklemmung legte sich schwer auf seine Brust, die ihm fast deu Atem versetzte. Dann schüttelte er die breiten Schultern, als wollte er eine verhaßte Last abwerfen. Welche Torheit, daß ihn dergleichen wache Träume uoch schreckten! Ja gewiß, in jenem Zimmerchen war er zum Verbrecher geworden. „Und vom Roggen sind sogar strichweise die Spitzen erfroren," sagte Kleine-Pothmann und trank seinen Kognak ans. Wieder ertönte die elektrische Klingel; die Haus tür blieb keinen Augenblick im Schloß. Lachend und lärmend trat eine andere Gruppe ins Kontor, der Dachpappenlieferant in Begleitung eines Häusermaklers und zweier Agenten. Wieder dieselbe Begrüßung, dieselben Redensarten — Johann Wilhelm begann sich zu langweilen. Zudem ärgerte er sich darüber, daß ihm soeben die Glastür so unbehagliche Em pfindungen bereitet hatte. Er hatte sich jetzt so gesetzt, daß er ihr deu Rücken zuwandte; aber seine gute Stimmung kehrte nicht wieder. (Fortsetzung folgt.) Mannigfaltiges. — Einen bösen Reinfall Haven viele erlebt, die ganz im stillen reiche Leute werden wollten. In ver- schiedenen Blättern erschien im Frühjahr eine Anzeige, wonach ein ehrlicher, verschwiegener Mann gesucht wurde, der mit leichter Mühe viel Geld verdienen wolle. Zu den Tausenden, die sich auf die Anzeige hin gemeldet haben, gehörte auch der Oberschweizer Ulrich Kleeb auf dem Rittergute Ickern im Kreise Dortmund. Nach einigen Tagen bekam er Antwort von einem gewissen Müller in Hamburg-Altona, der ihm unter dem Siegel der Verschwiegenheit mitteilte, er sei Arbeiter bei der Hamburger Münze, habe sich dort einige Münzstempel verschafft und wäre nun im stande, aus amerikanischem Neugold Zehnmarkstücke anzufertigen, die im Aussehen und in ihrem Klang den echten Stücken völlig gleich seien. Es sei ja am besten, wenn Kleeb persönlich nach Hamburg komme, er könne aber auch gegen Einsendung von 5 Mk. ein Probestück zugesandt erhalten. Kleeb war hocherfreut, er schrieb sofort, Müller habe in ihm den rechten Mann gefunden, er sei verschwiegen wie das Grab, besitze auch die nötigen Mittel und das Ansehen und Ver trauen, die falschen Stücke, ohne Verdacht zu erregen, absetzen zu können. Nach Hamburg könne er zur Zeit nicht kommen, er sende aber gleich die 5 Mk., doch möge Müller nicht eins, sondern gleich 50 Stück senden, den Betrag sende er sofort ein. Zur Bekräftigung, daß er es ehrlich meine, sandte Kleeb auch uoch drei seiner Photographien aus verschiedenen Jahren. Die Hamburger Behörde hatte aber längst Verdacht gegen Müller geschöpft und die Briefsperre über ihn ver hängt. Der Brief Kleebs kam deshalb in die Hände der Staatsanwaltschaft. Statt des erhofften Reich tums bekam Kleeb eine Anklage wegen versuchten Münzverbrechens. Das Schwurgericht billigte ihm mildernde Umstände zu und so lautete die Strafe nur auf zwei Monate Gefängnis. Aehnliche Verhandlungen werden an verschiedenen Orten im Reiche stattfinden, denn Kleeb war nicht der einzige, der sich durch Müllers Angebot hatte verlocken lassen. — Das Wegfangen der gefiederten Sänger, so schreibt ein Vogelfreund der „Reichensteiner Zeitung", hat nicht zum hundertsten Teile einen so verderblichen Einfluß auf den Bestand der Singvögel, als das Rauben der Katzen. Es ist nicht übertrieben, wenn man behauptet, daß in Dörfern nur eins von hundert Gelegen hoch kommt. Die Katzen schleichen die ganze Nacht in den Gärten umher, spionieren jedes Nest aus und fangen die Alten aus dem Neste. Entgeht ihnen einmal ein Nest in der ersten Zeit, so fallen ihnen sicher die Jungen zum Opfer. Als ich vor neun Jahren nach meinem jetzigen Wohnorte kam, fand ich in meinem 2 Morgen und in dem 6 Morgen großen, parkartig angelegten Garten meines Nachbarn, mit vielem Gebüsch, nur ein Amselpaar und einige Hänflinge. Ich stellte mich im Frühjahr Abend für Abend auf den Katzenanstand und schoß in dem ersten Jahre einige 20 Katzen, in den folgenden Jahren durchschnittlich 15. Jetzt habe ich Löcher in die Mauer brechen lassen und Katzenfallen davor gestellt. In diesem Frühjahr fing ich 11 Katzen, welche unerbittlich getötet wurden. Infolgedessen brachten im letzten Jahre in diesen beiden Gärten zusammen 102 Sing vögel iflce Brut groß. Die Katze gehört in das Haus und in die Gehöfte, bleibt sie dort und fängt Mäuse, so ist sie ein Haustier, strolcht sie im Freien umher, so ist sie als Raubtier zu vernichten. Dies hat auch das Reichsgericht als berechtigt anerkannt. Wenn alle Gartenbesitzer dafür sorgen, daß ihre Gärten mit Singvögeln bevölkert werden, wird man vergeblich nach Raupennestern suchen und der fröhliche Gesang unserer gefiederten Sänger wird die Mühe reichlich belohnen. — Zu König Albert von Sachsen kam einst der Kommerzienrat R., ein älterer, kahlköpfiger Herr, zur Audienz, um sich für einen ihm verliehenen Orden zu bedanken. „Wie? Das scheint ja Ihr erster Ordens stern zu sein?" fragte der König, als er den einsamen Stern auf dem Frack des.Kommerzienrats gemerkte. und auf seinen Kahlkopf deutend, fügte er hinzu: „Bei uns im Zivil kommen die Sterne immer erst, wenn der Mond aufgegangen ist!" — Ein Reisender kam in ein Hotel und wollte seinen Namen in das Fremdenbuch eintragen, als er eine Wanze in dem Buche herumkriechen sah. Die Feder wegwerfen, sein Gepäck nehmen und sortgehen, war bei ihm das Werk eines Augenblicks, wobei er ausrief: „Ich habe in Bezug auf Ungeziefer schon einiges mitgemacht, aber daß dieses Vieh schon gleich im Fremdenbuche nachsieht, in welchem Zimmer ein Reisender untergebracht ist, das ist mir zu stark!" Gemeinnütziges. — Wie man die Reinheit des Wassers er proben kann. Man fülle ein Glas mit dem Wasser, das verdächtig erscheint, lege ein Stück Würfelzucker hinein und lasse es über Nacht an einem nicht zu kühlen Orte stehen. Ist das Wasser rein und frei von gesundheitsschädlichen Substanzen, so ist es am Morgen ganz klar. Ist es aber milchig, so tut man am besten, von solchem Wasser nicht zu trinken. — Ueber ein einfaches Verfahren zur Vertrei bung der Ratten schreibt der Inhaber eines Fuhr- geschäfts: Als ich mein Geschäft etablierte, da wimmelte nur alles von dieser Gesellschaft. Ich kaufte mir auf Anraten eines alten Praktikers für einige Mark Stein kohlenteer aus der Gasanstalt, zerschnitt eine Partie defekter Kohlensäcke, tränkte sie tüchtig damit und steckte sie nun so weit es ging, in die Höhlen unter die Decken, an den Wänden hinter die Holzverkleidungen, auch goß ich genügend Teer in die zahlreich vorhandenen Rattenlöcher. Und siehe da, die Ratten verschwanden mit einen: Male aus sämtlichen Räumen uud ich habe bis heute noch keine wieder gesehen. Nachrichten des K.Standesamtes zu Reichenbrand vom 18. bis 24. Juli 1903. Geburten: Dem Werkführer Hermann Friedrich Hornke in Siegmar 1 Knabe; dem Metalldreher Hugo Bruno Walther in Reichcnbrand 1 Mädchen; dem Strumpfwirker Karl Otto Drechsler in Reichenbrand 1 Mädchen; dem Provisions reisenden Friedrich Richard Lenk in Siegmar 1 Mädchen; dem Strumpfwirker Emil Julius Arold in Reichenbrand 1 Knabe; dem Bäckermeister und Konditor Friedrich Clemens Raschke in Reichenbrand 1 Knabe; dem Kaufmann Kurt Willy Österreich in Reichenbrand 1 Mädchen. Aufgebote: Der Stricker Otto Friedrich Schreiber in Grüna mit der Näherin Selma Lina Hartig in Reichenbrand. Eheschließungen: Der Geschirrführer Robert Alwin Matthes mit der Repassiererin Anna Marie Köhler, beide wohnhaft in Siegmar. Sterbefälle: Dem Botenfuhrmann Otto Kermer in Reichen brand 1 Sohn, 1 Jahr alt. KxpedMonszeit des Standesamtes. Wochentags: 8—12 Uhr Vorm, und 2—6 Uhr nachm. Sonntags: VB2—12 Uhr Vorm. nur zur Entgegennahme von Totgeburtsanzeigcn. Nachrichten des Kgl. Standesamtes Rabenstein vom 17. bis 24. Juli 1903. Geburten: 1 Sohn dem ans. Schlosser Max Friedrich Schraps in Rottluff; dem Schneidermstr. Hermann Ferdinand Schenk in Rabenstein; dem Brauer Eduard Max Möbius in Rabenstein; dem Handlungsgehülfen Hermann Max Rüger in Rabenstein. 1 Tochter dem Eiseuhobler Julius Hermann Schulze in Rabenstein. Eheaufgebote: Der Kupferschmied Richard Emil Seidel in Chemnitz, mit der Handschuhstrickerin Anna Martha Uhlig in Rottluff. Eheschließungen: Der Eiseudreher Emil Karl Schneider in Chemnitz (Vorst. Altendorf), mit der Handschuhformerin Anna Frieda Fiedler in Rabenstein; der Büffetier Hermann Pauli Richter, mit der Handschuhformerin Maria Olga Dietrich, beide wohnhaft in Rabenstein. Sterbefälle: Der Privatmann August Friedrich Gerstenberger in Rahenstein, 65 Jahre alt; der Strumpfwirker Karl Wilhelm Friedrich Hoppe in Rabenstein, 78 Jahre alt; 1 Sohn des Werkführers Franz Richard Hofmann in Rabenstein, 3 Wochen I» LEN iM WMMW M> in Rabenstein, 19 Tage alt; des Kutschers Ernst Wilhelm Richter in Rabenstein, 6 Wochen alt. Zusammen: 5 Geburten und zwar 4 männl, und 1 Weibl. 1 Eheaufgebot. 2 Eheschließungen. 5 Sterbefälle und zwar 3 männl, und 2 weibl. Geschäftszeit. Wochentags: 8—12 Uhr Vorm, uud 2—6 Uhr nachm. Sonntags: 11—12 Uhr Vorm. nur zur Entgegennahme von Totgeburtsanzeigen. Kirchliche Nachrichten. Parochie Neichenbrand. Am 7. Sonntag p. Drin, den 26. Juli a. c. Vorm. ^9 Uhr Predigtgottesdienst. Pfarrer Schmalz- Mittelbach. Parochie Rabenstein. Am 7. Sonntag p. Irin, den 26. Juli a. c. Vorm. Vr9 Uhr Predigtgottesdienst. — Nachm. Gustav- Adolffest. 2 Uhr Festgottesdienst. Predigt: Pfarrer Rohde-Chemnitz. Kirchenmusik: „Halleluja" aus „Messias" von Händel. 4 Uhr Versammlung in Aurichs Saal. Ansprachen: Pastor Hemmann-Lim bach, Pastor S ch w e n-Röhrsdorf, Pastor Dinter- Grüna. — Kollekte für den Verein. Mödcl. 2tür. Kleiderschränke von 27 Mark an, Stühle von 2 Mark 80 Pf. an, Pfeilerspiegel von 11 Mark an, Matratzen von 18 Mark an, Sofa s und Ottomanen, Zuggardinen, Gardinenstangen re. re. re. empfiehlt in reicher Auswahl Tischlermeister, Rabenstein. werden an exakte Näher auf ganze Woche ausgegeben. Alax Lrnst, Rabenstein. Suche sofort noch 6 tüchtige Besetzerinnen für Dampfbetrieb. 6. Ikkoljon WIIki', Trikotagenfabrik, Reichenbrand. Siegmar, Louisenstraste I, ist eine smMichk WchmiW, 2 Zimmer, Küche, Vorsaal u. Zubehör per 1. Oktober zu vermieten. Näheres bei Onmts-v hierselbst. 10stermädchen für 1. August gesucht. Bäckerei von Narl Ifleklhorn, Siegmar. Reichenbrand Nr. 99 Ab 1. September smM möblirter Immer mit Mittagstisch zu vermieten. Hiliiiinrmn, Gärtnerei, Reichenbrand, Pelzmühlenstraße. König!. Sachs. MÜMmin MMm. Morgen Sonntag nachm. ^2 Uhr findet zum Gustav-Adolf-Fest eine Kirchenparade statt. Alle Mitglieder haben sich pünktlich ^2 Uhr in Aurichs Restaurant einzufinden. Orden, Ehren- und Vereinszeichen sind anzulegen. Kirchenanzug, weiße Handschuhe. Der Vorsitzende. 1 Matratze Reichenbrand IVSLi Nähe Apotheke. Turnverein „Oberrabenstein" I. P. Morgen Sonntag, den 26. Juli, nachm. Vs2 Uhr Sammeln im Gasthaus zum goldnen Löwen zur Kirchen parade. Bitte um recht zahlreiche Beteiligung. Nächsten Sonnabend, d. I.Aug, 2. Vierteljahreshauptversamm- lnng im Vereinslokal. Anfang abends ^9 Uhr. Tagesordnung: 1. Bericht. 2. Schauturnen. 3. Verschiedenes. Gut Heil! Der Turnrat. E. G., V.