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Dresdner Journal : 27.03.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-03-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189703276
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18970327
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18970327
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-03
- Tag 1897-03-27
-
Monat
1897-03
-
Jahr
1897
- Titel
- Dresdner Journal : 27.03.1897
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vtj»«spret«: Für Dre«den vierteljährlich: , Marl 50 Ps.. bei den Kaiser- lich deutsche» P^stanstalteu vierteljährlich »Mark; außer» halb de« Deutschen Reiche» Post- und Stenipelzuschlaa. «inzelne Nummern: 10 Pf. Erscheine«: Täglich mit Ausnahme der Kona- und Feiertage abend». gernipr.-Anichluß: Nr. 1S9S Dresdner ZMUMl. Antünvigungagebühre«: Für den Rau», einer aespal- tenen Zeile kleiner Lchrist >0 Ps Unter „Eingesandt" die Zeile so M. Bei Tabellen- und Ziffcrnsatz entlprechender Ausschlag. Herausgeber: Königliche Expedition de» Dresdner Journal« Dresden, Zwingerstr 20. gernspr.^Anschluß: Nr. 1SVS- 1887. V71 Sonnabend, den 27. Märe, abends. Wir ersuchen unsere geehrten Post bezieher um rechtzeitige Erneuerung der Be stellungen bei den betreffenden Postämtern, da mit in der Zustellung der bezogenen Exemplare keine Unterbrechung eintritt. Mgl. Lrpedition de» Dresdner Journals. Amtlicher Teil. Dresden, 27. März. Auf Allerhöchsten Befehl wird am König!. Hofe die Trauer wegen erfolgten Ablebens Ihrer König!. Hoheit der verwittweten Herzogin Louise von Montpensier, Infantin von Spanien, auf eine Woche, vom 28. März bis mit 3. April d. I., sowie Sr. Durchlaucht des Prinzen Albrecht zu Waldeck und Pyrmont auf drei Tage, vom 28. bis mit 30. dieses Monats, in Verbindung mit der bereits angelegten getragen. Dresden, 25. März. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Vortragenden Rate im Ministerium des Kultus und öffentlichen Unter richts, Geheimen Schulrate vr. xd. Emil Gustav Reinhard Bornemann das Komturkreuz 2. Klasse vom Verdienstorden zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß die nachgenaumen Beamten der Staatseisenbahnverwaltung die von Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser und Könige von Preußen ihnen verliehenen Ordensauszeichnungen und zwar der Bau inspektor Siegel in Bautzen den Rothen Adler-Orden -1.Klasse, der Bahnhofsinspektor I. Klasse Hüttig in Bautzen und der Bahnhofsinspektor II. Klasse Zucker riedel in Reichenbach i. L. den Kronen-Orden 4. Klasse annehmen und tragen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der in Sachsen staatsangehörige Direktor des Stadttheaters zu Köln, Julius Hof mann, den ihm von Sr. König!. Hoheit dem Prinz Regenten von Bayern verliehenen Verdienstorden vom heiligen Michael 4. Klasse annehme und trage. Dresden, 20. März. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ru genehmigen geruht, daß der außerordentliche Professor an der Universität Leipzig vr. pd. Hermann Howard das ihm von Sr. Hoheit dem Herzoge von Anhalt verliehene Ritterkreuz I. Klasse des Herzoglich Anhaltischen Hausordens Albrecht des Bären annehme und anlege. Srneunungen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Im WeschSfStüereichc des Ministeriums des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Erledigt ist die Kirchschul stelle zu Dittersbach auf dem Eigen. Kollator: das Königl. Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Ein kommen: neben freier Amtswohnung 699 M. 74 Pf. vom Küchendienste (einschließlich des mit 58 M. veranschlagten Er trages des Schulgartens), 1000 M. vom Schuldienste und 72 M. silk Erteilung des Unterrichtes in der Fortbildungsschule. Be- ivcrbungSgesuche unter Beisügung auch des Zeugnisses über die musikalische Prüfung sind bis zum 15. April bei dem Königl. Bezirksschulinspektor zu Löbau einzureichen Zu besetzen: die 2. ständige Lehrerstelle in Thekla bei Leipzig. Kollator: die oberste Schulbehörde. Einkommen: tbvu M. Gehalt und 150 M. Wohnungsentschädigung. Die Einführung einer Gehaltsstaffel ist vom Schulvorstande bereits beschlossen. Gesuche sind bis zum S. April bei dem Königl. Bezirksschulinspektor für Leipzig II einzureichen; — zwei ständige Lehrerstellen an der Volksschule zu Liebertwolkwitz Kollator: der Gemeinderat daselbst. Mit jeder Stelle ist ein AnsangS- gehalt von >200 M verbunden, welches vom 25. Lebensjahre des Inhabers ab von 4 zu 4 Jahren bis 2150 M. steigt. Außerdem werden jährlich 250 M.Wohnungsgeld an verheiratete und 120 M. an unverheiratete Lehrer gewährt Auswärts verbrachte Dienstzeit kommt vom 25. Lebensjahre ab in An rechnung. Lehrer, welche im Unterrichten in den Oberklaffen ge übt sind, erhalten den Vorzug Gesuche sind mit den erforderlichen Zeugnisfen bi« zum 4. April bei dem «emcinderat in Liebrrt- wolkwitz einzureichen; — die drille ständige Lehrerstelle in Gornsdorf; Kollator: die oberste Schulbehörde, Einkommen: 1000 M. Gehalt, 5u M. Gratifikation, 72 M. für Fortbildungt- fchulunterricht, 120 M. Aequivalent für Beheizung und Be- jeuchtung des Schulzimmers und freie Wohnung im neuen Schulhause. Gesuche nebst den erforderlichen Zeugnissen sind bis zum 10. April bei dem Königl Bezirksschulinspektor Schul rat Richter in Chemnitz einzureichen Nichtamtlicher Teil. Mut Deutsch kann auch bares Meld sein. Ein Wort für Gewerbsleute und Erfinder. III. Wichtigkeit der deutschen Sprache für den Schutz der Rechte an Erfindungen, Gebrauchs mustern und Warenzeichen. Die für das Geschäfts- und Erwerbsleben wert vollsten Erfindungen sind manchmal durch Zufall, in den meisten Fällen aber durch langjährige mühsame Arbeit, durch kostspielige Versuche oder auch infolge eines vom Erfinder erlittenen empfindlichen Schadens gemacht worden. Wie dem auch sei, wird jeder In haber einer gewerblich verwertbaren Erfindung, eines eigenartigen Gebrauchsmusters oder Warenzeichens wünschen, daß ihm deren Ausnutzung nicht durch Ein griffe von dritter Seite vereitelt werde. Unsre Reichs gesetze, insbesondere das Gesetz, betreffend das Ur heberrecht an Mustern und Modellen vom 11. Januar 1876, das Patentgesetz vom 25. Mai 1877 und das Gesetz zum Schutze der Warenbezeichnungen vom 12. Mai 1894 sollen zu diesem Schutze verhelfen. Was insbesondere den Patentschutz betrifft, so ist der im Gesetze vorgeschriebene Weg, auf dem er zu er langen ist, auch in sprachlicher Hinsicht sehr wichtig. Nach 8 3 des Gesetzes hat auf Erteilung des Patents Derjenige Anspruch, welcher die Erfindung zuerst nach Maßgabe des Gesetzes angemeldet hat. Die An meldung geschieht nach 8 20 schriftlich bei dem Patentamte. In dem Anträge auf Erteilung des Patents muß der Gegenstand, welcher durch das Patent geschützt werden soll, genau bezeichnet werden. In einer Anlage ist die Erfindung der gestalt zu beschreiben, daß danach die Benutzung der selben durch andere Sachverständige möglich erscheint. Erachtet das Patentamt die Anmeldung für gehörig erfolgt und die Erteilung eines Patents nicht für ausgeschlossen, so verfügt es die Bekanntmachung der Anmeldung. Diese geschieht nach 8 23 in der Weise, daß der Name des Patentsuchers und der wesent liche Inhalt des in seiner Anmeldung enthaltenen Antrags durch den „Reichsanzeiger" veröffentlicht wird. Gleichzeitig ist die Anmeldung mit sämtlichen Beilagen (Zeichnungen, Modellen, Probestücken rc.) bei dem Patentamte „zur Einsicht für jedermann" auszulegen. Eine vortreffliche, von A. Hausding, Mitglied des Kaiserlichen Patentamts, bearbeitete Denkschrift*): „Die Fremdwörterfrage für Behörden, Fach wissenschaft und Gewerbe nebst einem Ber- deutschungswörterbuch" belehrt uns, wie überaus wichtig für den Erfolg der Patentgesuche und des auf diese folgenden Verfahrens der ausschließliche Gebrauch der deutschen Sprache und die Vermeidung nicht allgemein verständlicher Fremdwörter sei. Allen bei dem Betriebe von Klein oder Groß gewerbe Beteiligten ist dringend zu empfehlen, mit dem Inhalte dieser Schrift sich bekannt zu machen. * Berlin. Karl Heymanns Verlag. 1897 Dies werden schon die wenigen Bemerkungen bestätigen, die wir dem reichen Inhalte des Büchleins ent nehmen. Sehr groß ist die Anzahl derjenigen, deren Ver mögensrechte gegenüber dem Patentwesen, dem Ge brauchsmusterschutze und dem Warenzcichengesetze in Betracht kommen. Das Kaiser! Patentamt, das Reichs Versicherungsamt, in gewisser Beziehung auch das Kaiser!. Gesundheitsamt, das Arbeits- und Handels ministerium, das landwirtschaftliche Ministerium — im Königreiche Sachsen: die mit den Geschäften dieser Ministerien betrauten Abteilungen des Ministeriums des Innern —, die technische Deputation u. a. m. sind vorwiegend „gewerblichen" Zwecken dienende Behörde, deren Veröffentlichungen, Entscheidungen und Verfüg ungen in erster Linie für die große Masse der Klein- und Groß-Gewerbe treibenden Bevölkerung bestimmt sind. Von dem weitaus kleinsten Teile der den Veröffentlichungen der gewerblichen Behörden gegenüberstehenden Gewerbtreivendcn darf voraus gesetzt werden, daß ihnen die Fremdwörter der Verkehrs und Fachsprache, die den sprach lich oder fachwissenschaftlich Gebildeten als „ganz geläufige" erscheinen, ausreichend verständlich sind. Wenn nun das Gesetz verschreibt, daß „der wesent liche Inhalt einer Anmeldung" zum Patentschutz von den Behörden im „Reichsanzeiger" bekannt gemacht werden soll und daß die Patent- und Musterschutz anmeldungen, die öffentlichen Entscheidungen u. dergl. für „jedermann", den es angeht, bestimmt sein und zur Einsicht für „jedermann" ausliegen sollen, so folgt hieraus doch vor allen Dingen, daß diese Schriftstücke auch „für jedermann verständlich" sein, also daß sie in möglichst reinem Teutsch abgefaßt werden müssen. Die Veröffentlichung der Patentanmeldungen ist ja nur zu dem Zwecke vorgeschrieben, damit andere Gewerbtreibende, deren Rechte bezüglich ihrer Modelle, Gerätschaften oder des von ihnen angewendeten Ver fahrens durch die Erteilung des nachgesuchten Patents verletzt werden würden, rechtzeitig Einspruch erheben und sich schützen können. Dies können sie aber nur dann, wenn aus der veröffentlichten Patentanmeldung genau zu ersehen ist, um was es sich bei der neuen Anmeldung handelt. Sie können es aber gewiß nicht, wenn eine Patentanmeldung beispiels weise etwa lautet: Mclkorgan für mechanische Melkapparate mit Melkorganelemeuten; Regulator für Naturmotoren; Turbinen mit zentripetaler Injektion; hydraulischer Motor; Photochromo- skop; Maschine zum Reinigen von Cerealien und Leguminosen; sphärisch und chromatisch korrigiertes Objektiv u. dergl. m Solche Anmeldungen sind erst jüngst vorgekommen. Welcher Techniker mit Mittel schulbildung, welcher Meister oder Maschinenbauer wird wissen, was „Cerealien und Leguminosen" sind und wird nicht eher an eine Reinigungsmaschine für Apothekerwarcn, als an eine Getreide-Reinigungs maschine denken? Wie viele Beteiligte können zu Schaden kommen, weil ihnen nicht verständlich ist, was unter der in Fremdwörtern angemeldeten Er findung zu verstehen sei! Andrerseits kann auch ein Erfinder nicht zum Schutze seiner Erfindung gelangen, wenn aus den in der Anmeldung von ihm gebrauchten Fremdwörtern sich nicht klar erkennen läßt, worin das Wesentliche seiner Erfindung bestehe. Die unseligen Fremd wörter verführen zur Ungenauigkeit des Ausdrucks; oft verbinden die verschiedenen Beteiligten mit ein und demselben Fremdworte ganz verschiedene Begriffe. Jedermann glaubt z. B. das Wort „Kon struktion" zu verstehen. Nach Sarrazins Wörter buche hat aber dieses Wort 15 verschiedene Bedeut unqen! Tas oft gebrauchte Wort „Apparat" bedeutet je nach dem Zwecke des betreffenden Dings eine Maschine, eine Triebwerk, eine Meß- oder Stellvor richtung, ein Gehwerk, ein Zeigerwerk, eine Uhr, ein Werkzeug, ein Gerät, ein Lehrmittel, einen Arbeits knecht, ein Instrument. So geht es mit vielen anderen Fremdwörtern, die gewohnheitsmäßig und darum fast gedankenlos bisher gebraucht wurden und von denen angenommen wird, daß sie keiner Erklär ung bedürften, die aber, wo es auf scharfe Begriffs bestimmung ankommt, ihrer Vieldeutigkeit wegen nicht oder nur mit einem erläuternden Zusatze verwendbar sind. Das Wort „Coulisse" kann bedeuten: eine Führung, ein Gleitstück einen Vorsatz, oder einen Leitlauf; unter „Desinfektor" kann man verstehen: einen Giftzerstäuber, ein Räucherwerk, einen Keim töter, einen Kochkessel oder eine DurchdampfungS- kammer; unter „Gasometer': einen Gasbehälter, einen Gasmesser, eine Gasuhr; unter „Elevator" oder „Transporteur": ein Becherwerk, eine Förder rinne, eine Förderschraube, einen Fördcrgurt, eine Fahrkunst, einen Aufzug, einen Maßstab, einen Grad bogen, oder einen Zirkel; unter „Ventilator": einen Rad- oder Flügellüfter, eine Windschraube, ein Kasten- gebläse, einen Schorusteinaufsatz oder ein Misch und Flügelrad. Ebenso unbestimmt und vieldeutig sind die Fremdwörter: Kombination, Äquivalent, Identität, vertikal, normal und hundert andere. Diese Beispiele beweisen, wie nichtssagend das Fremdwort ist und wie groß der Wortrcichlum der deutschen Sprache, die den unbestimmten Sammelbegriff des Fremdworts im Einzelfalle durch schärfer bezeichnende und durchaus übliche Ausdrücke ersetzen kann. Gewiß hoben manche Fremdwörter als Fachaus drücke und als Bezeichnungen wissenschaftlicher Be griffe ihre ganz besondere, ausschließliche Bedeutung; soweit dies der Fall ist und soweit nicht gleichwertige deutsche Ausdrücke dafür vorhanden sind, wird ihrem Gebrauche kein Verständiger entgegentreten. Dann muß jedoch immer die Gewißheit gegeben sein, daß die Bedeutung solcher Ausdrücke dem nach Lage der Sache begrenzten Kreise der Beteiligten auch geläufig ist; im Zweifelsfalle, und dieser wird die Regel bilden, müssen auch solche Ausdrücke durch Um schreibungen erklärt werden. Wo nicht vollständige Klarheit vorliegt über das, was den Gegenstand eines Patentes bilden soll, darf einem Patentgesuche nicht stattgegeben werden. Dabei kann jedoch ein beträchtlicher Aufwand von Arbeit und Geld auf dem Spiele stehen. Mit vollem Rechte durfte daher an die Spitze dieser Betrachtungen der Satz gestellt werden: „Gut Deutsch kann auch bares Geld sein." Darum sei an alle Gewerbtreibende, Handwerker, Maschinenbauer, Fabrikanten, kurz an alle, die in die Lage kommen können, den Patent-, Muster- oder Warenzeichenschutz für ihr Geschäft m Anspruch zu nehmen, oder die an wohlerworbenen Rechten ge schädigt werden können, wenn solcher Schutz unrichtiger Weise einem Andern erteilt wird, die dringende Mahn ung gerichtet: Kümmert Euch um Eure schöne, reiche Muttersprache, entsaget der im Grunde nur aus Eitel keit gepflegten Fremdwörterei, durch die Ihr in den Augen wahrhaft Gebildeter Euch bloß lächerlich macht, und bedenket, daß es Euch Ehrensache sein muß, Euch als Deutsche im Herzen zu fühlen und im Worte zu bekennen, während ein am unrechten Flecke gebrauchtes Fremdwort unter Umständen ein Vermögen kosten kann. In dcr griechisch-türkischen Angelegenheit ist alles beim Alten. Die vorhandene Einigkeit der Mächte wird auch heute wieder betont. Die Meinungs verschiedenheiten zwischen England und dem europäi schen Konzert sollen nun völlig beglichen sein. Eng- Lunss und Wissenschaft. Refidenztheater. — Am 26. März: „Das grobe Hemd". Volksstück in vier Akten von E Karlweis (zum ersten Male) Das Gastspiel Felix SchweighoferS brachte am gestrigen Abend die erste hiesige Aufführung eines neuen Wiener Volksstücks „DaS grobe Hemd". Der Verfasser E Karl weis hat mit dem prächtigen Schwank „Der kleine Mann" schon einen bemerkenswerten Versuch gemacht, die alten Motive und Gestalten des Wiener Lokalstücks mit neuen Elementen zu mischen, Elementen, die die Rückwirkung des politischen und Parteitreibens auf das Wiener Leben zu Tage gebracht hat. E« ist zu hoch gegriffen, wenn eine und die andere Kritik die politischen Komödien des Aristo- phaneS zur Vergleichung mit diesen Karlweisschen Volks stücken heranzieht. DaS aber ist gewiß, daß der Verfasser des „Kleinen Mannes" und des „Groben Hemds" einen sehr glücklichen Instinkt dafür besitzt, wo die neuen Er scheinungen, Gedanken und Phrasen de» Tages in komischem Widerspruch zur Wirklichkeit der Dinge und zum unaus tilgbaren Lebensdrang und Glückverlangen des Einzelnen stehen, wo sie echt, wo sie nur Schein, Mode, schlechte Angewöhnung, bestenfalls Irrtum sind. Und wenn „DaS grobe Hemd" nicht ganz fo lustig und so glücklich durch- gesührt ist, wie „Der kleine Mann" war, fo zeigt auch die» Stück eine wirksame Gestaltungskraft, höchst lebendige Situationen und ein starke« Maß der gefunden Unmittel, barkeit der Empfindung, die selbst in einer ziemlich un wahrscheinlichen Handlung Helle Lichter de» Leben» auf blitzen läßt. Die Spitze dc» gestern mit großem Erfolg gegebenen Stücke» richtet sich gegen da« Spiel mit dem Feuer, gegen den TalmifoziaIi»muS einer gewiss«, goldenen Jugend und di« Täuschung, al» ob e« Kleinigkeit wäre, jede Gunst der Verhältnisse hinter sich zu werfen. Karlweis hat natürlich nicht daran gedacht, die schwerste und düsterste Zeitfrage mit wohlfeilem Witz aus der Welt hinwegspotten zu wollen, er begrenzt die Thorheit, die ack ubsurckum geführt werden soll, scharf auf die freilich große Gruppe junger Leute, die sich, wie der brave Wiener Rentner Schöllhofer sagt, schämen würden, einen unechten Ring, eine unechte Nadel zu tragen, sich aber nicht schämen, mit unechten Gesinnungen und unechten Redensarten zu prangen. Der Typus dieser Art Sozialisten ist der junge Ingenieur Mar Schöllhoser, der seinen Vater mit großen Worten vom Makel und Fluch des Besitzes schier zur Verzweiflung und schließlich auf den Einfall bringt, sich als durch Börsenspiel ruiniert und verarmt darzustellen und dem Jungen die Sorge sür sich selbst, die Schwester und den Vater auf die ungeprüften Schultern zu werfen In einer Zeit freilich, wo der Bankrott beinahe die einzige Tragik ist, zeigt es sich schwer, dem guten Einfall die lustigen Seiten abzugewinnen. Un vermeidlicherweise brechen die Demütigungen, Täuschungen und traurigen Entbehrungen, die nicht sowohl der Arme als vielmehr der Verarmte zu tragen hat, über das Schöllhofersche Kleeblatt herein und wenn Papa Schöll hofer, der die guten Zigarren und die mit Gulden zetteln wohlgespickte Brieftasche in den Stiefelschäften mit sich führt, sich heimlich noch einige der gewohnten Genüsse gewähren kann, so erfahren die beiden Kinder, was es heißt, waffenlos den Kampf ums Dasein zu kämpfen. Die Tochter Franzi erscheint dabei mutiger, da« heißt re signierter, als der junge Ingenieur und Sozialist, der schon im Augenblick der vermeintlichen Katastrophe dem Vater vorwirft, daß er al« Spitler sein Vermögen sinn los vergeudet habe Von Szene zu Szene schlägt während de« dritten und vierten Akte« die Pferdekur, die Schöll hofer seinem Max und unbewußt auch sich selbst verordnet hat, gründlicher an, Max erfährt, daß er trotz seine« besten Willen« gar mchtMer Mann ist, der er zu sein wähnte, da« grobe HemU da« ihm angethan wurde, reibt ihn stündlich wunder unv am Schluffe, wo Schöllhofer triumphierend seine Pädagogik enthüllt, ist der junge Weltumstürzer nur zu gern bereit, erst aus der Hand der Liebe und dann aus der Hand des Vaters all das irdische Glück wiedcrzunehmen, das ihm so verächtlich und bedenklich erschien. Die Grundstimmung der beiden letzten Akte würde schwül und drückend werden, wenn Karlweis das Hauptmotiv voll ausgenutzt hätte, aber die humo ristischen Episoden, die nebenher lausen, treten hier in den Vordergrund und so gelangt das Publikum kaum zum Bewußtsein, welche dunklen Möglichkeiten der gloriose Einfall Schöllhofers in sich birgt Der Höhepunkt de« Stückes ist offenbar der Schluß des zweiten Aktes, als der alte Schöllhofer nach einem gewaltigen Zusammen- vrall mit dem Sohne den plötzlichen Vermögensverlust in Szene setzt. Die Rolle des behaglichen und klugen alten Wieners ist eine der Aufgaben, denen Schweighofers großes Talent in besonderer Weise gewachsen ist und eine volle, bis in die letzte Einzelheit durchgcbitdete, in ihrer Misch ung von herzenswarmer Einfachheit und humoristischer Lebenskenntnis unendlich fesselnde Gestalt bringt der Gast zur denkbar größten Wirkung. DaS stumme Spiel allein, der Wiederschein aller äußern und innern Vorgänge in Schöllhofer» Mienen ist meisterhaft und was im lebendigen Ton an Behagen, pfiffigem Humor, Schmerz, komischer Verlegenheit und überzeugender natürlicher Beredsamkeit hinzukommt, kann nicht besser und wirksamer gedacht wer den. Die übrigen Figuren des Stückes wurden nament lich durch die Herren Burmester (Max Schöllhofer), Carl Friese (Baurat Wendelin), Morway (Baierl, eine köstliche Schmarotzererscheinung), die Damen Frau Hänsel (Frau Wendelin), Frl. Claire Krona (Christine Winkler), Frl BradSky (Franzi Schöllhoferj mit all' der frischen Lebendigkeit und der Freude am Einzelnen gespielt, die ein einigermaßen glückliche« Stück au« der Wirklichkeit bei guten Darstellern immer weckt „Das grobe Hemd" wird sich vocauSsiä tlich einer langen Reihe von Wiedecholunc en erfreuen. Ad. Stern Konzert. In Anwesenheit Sr. Majestät des Königs fand gestern das Schlußkonzert (achte Prüfungs-Auf führung) des Königl. Konservatoriums im Gewerbe haussaale statt. Vor den Einzelleistungen ist die rühm liche Mitwirkung der Lrchesterklasse Hösel zu erwähnen, die in mehreren zum teil umfänglichen und schwierigen Begleitungen eine überraschende Sicherheit des Zusammen halts, Frische und Beweglichkeit zeigte. Sie eröffnete den Abend mit dem ersten Satze einer Symphonie von Carl Ehrenberg (Kompositionsklaffe Draeseke), der eine ent schiedene Begabung des Verfertigers für die orchestrale Ausdruckswelse, zugleich aber in der starken Benutzung Wagnerscher Tongedanken, namentlich auü „Meistersinger" und „Tristan", in der ziemlich formlosen Entwickelung des Vortrags einen bedenklichen Ausgangspunkt seiner Studien und Neigungen erkennen ließ. Zwei andere Schülerarbeiten aus der nämlichen Klasse waren Gesänge für vierstimmigen gemischten Chor, Abendregen von Rud Feiger! und Gondel lied von Alex. Läte, beides in der Erfindung wenig frische, doch natürlich aufgefaßte, gut gefetzte und klingende Stücke Sie wurden von der obersten Chorklaffe Krantz vorzüglich wiedergegeben, der eine unter Leitung des Direktor«, der andere unter Führung de« Komponisten. Eine ausgezeichnete, im Adagio mit wahrer künstlerischer Wärme gestaltete Leistung boten die Herren Gumpert, Warwa«, Lauterbach, Lederer, Stein und Halke (Streicher- zusammenspielklaffe Wolfermann) in dem für die Stelzner Instrumente geschriebenen tt-mo»-Sextett von Ed Behm. Diese Tonwerfzeuge bewährten sich auch unter den Schüler händen auf» beste hinsichtlich der gesättigten Klangfarbe und leichten Ansprache; nur über da« von der Kompo sition ungenügend bedachte Cellone kam man auch gestern nicht zu einem rechten Urteil E» hängt wohl nur von der
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