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Hormonforschung besonders hervorgetrete nen Mitarbeiter SCHRÖDERs, die immer seinen Anregungen folgten, waren auch im stande, bald darauf die überraschende Fest stellung zu machen, daß im hormonalen Geschehen der Frau nicht nur die im all gemeinen schon als typisch weibliche Ste roidhormone anerkannten innersekretori schen Drüsenprodukte eine Rolle spielen, sondern daß auch männliche Sexualhor mone den Körper der Frau beeinflussen und von ihm produziert werden. Sicherlich waren das Feststellungen einer Forschungsrichtung, die damals als etwas ganz Neuartiges mit methodischen Schwä chen behaftet waren. Das Erstaunliche aber daran ist, daß sich die Bestimmungsmetho den verändert, vervielfältigt haben, aber daß die prinzipiellen hormonalen Spiegel abläufe richtig erkannt wurden. Wie schon früher erwähnt, hat sich Ro bert SCHRÖDER auch einem Gebiet zuge wandt, das bisher verhältnismäßig wenig die Aufmerksamkeit unseres Faches auf sich gelenkt hatte. Es war gerade seine Be schäftigung mit den zyklischen Abläufen im weiblichen Genitale gewesen, die ihn ver anlaßte, der Genitaltuberkulose der Frau nachzugehen und den Ausbreitungsweg der Tuberkulose im weiblichen Genitale zu klä ren. Er kam zu dem durchaus heute noch anerkannten Schluß, daß der größte Teil der tuberkulösen Infektionen des Endometri ums nicht so sehr auf intrakanalikulärem Weg über die erkrankte Tube entsteht, son dern vielmehr durch eine kapilläre Embolie des Endometriums, durch die hämatogene Aussaat. Die Beschäftigung mit dieser The matik war für die damalige Zeit unge wöhnlich, weil man die Bedeutung des ge nital-tuberkulösen Geschehens in seiner Häufigkeit unterschätzte. Heute aber ist die Genitaltuberkulose für die Aetiologie vieler genitaler Störungen, auch Störungen des Fortpflanzungsgeschehens, von zunehmen der Bedeutung. Es war klar, daß sich eine Persönlichkeit wie Robert SCHRÖDER in seinen Unter suchungen und Forschungen den zahlen mäßig bedeutungsvollen Krankheitsbildern widmete. Nach dem ersten Weltkrieg, wie nach jedem Krieg, kam eine Zunahme der Gonorrhoe, die zwar nicht therapeutisch, aber diagnostisch schon weitgehend abge klärt war. Trotzdem war ein wesentlicher Teil der immer wieder feststellbaren Reci- dive der gonorrhoeischen Infektion bei der Frau ungeklärt geblieben oder sie wurden als neue Infektion interpretiert. SCHRÖ DER konnte auf Grund seiner Untersuchun gen des Cervicalgewebes feststellen, daß der von Neisser eruierte Gönococcus im weiblichen Genitale nicht nur ein Ober flächenkeim sein muß, sondern infolge der überaus starken Verzweigung der Cervical- drüsen in histologisch erfaßbaren subepithe lialen Anhäufungen eine scheinbar tempo räre Nichtnachweisbarkeit vortäuscht. Da gegen kann es aber gegebenenfalls zu einer scheinbar neu auftretenden Infektion kom men, wenn diese Keime ihr subepitheliales Lager verlassen. Der histologische Nachweis dieses Geschehens im weiblichen Genital trakt ist Robert SCHRÖDER zu verdanken. Der Gipfelpunkt des wissenschaftlichen Erbes Robert SCHRÖDERs ist eigentlich di sinnvolle und glückhafte Vereinigung von Theorie und Praxis in der Prophylaxe; der „Logos gynaikos“, unser spezielles Fach gebiet, ist schon durch diese Namensgebung, die ich als ausgesprochen glücklich empfinde und die ja auf deutsch „die Lehre von der Frau“ bedeutet, von vornherein nicht nur auf die kranke Frau beschränkt. Die ganze Denkungsweise von Robert SCHRÖDER, das funktionelle, dynamische, dialektische Denken, ist eigentlich im besten Sinne phy siologisch. Wenn ich als Gipfel seiner großen theo retischen und praktischen Leistungen die Prophylaxe bezeichnet habe, so sei als vor dergründiges Beispiel seine Bemühung um die Prophylaxe des so überaus häufigen Genitalkrebses der Frau angeführt. Schon seine ersten Publikationen in seinem selb ständigen Wirkungskreis in Kiel waren einerseits im Sinne der Frühfeststellung des Krebses an die Ärzte und im Sinne der populär-wissenschaftlichen Aufklärung an die Frauen im allgemeinen gerichtet. Seine zahlreichen Bemühungen in Schleswig-Hol stein, diese so überaus bedeutungsvollen prophylaktischen Maßnahmen zu realisie ren, waren durch seine Person, durch sei nen persönlichen Einsatz getragenes bestes Arzttum gewesen, aber sie mußten notge drungenerweise infolge der praktisch man gelnden staatlichen Unterstützung Stück werk bleiben. In dieser Zeit und dann auch im ersten Jahrzehnt in Leipzig wurde nie von ihm die Laienpropaganda in ihren Er gebnissen überbewertet, aber auch durchaus nicht gering geschätzt. Dagegen wurde be sonderer Wert auf die Ausbildung der Ärzte, des medizinischen Hilfspersonals, der Fürsorgerinnen und der Hebammen gelegt. Immer und auch damals schon wurde von ihm mündlich und schriftlich bei allen nur möglichen Gelegenheiten betont, daß jedes Erwecken einer „Krebsfurcht“ falsch sei, da gegen daß die Schaffung eines „Bewußtseins der. Krebsmöglichkeit“ unter der Bevölke rung genauso wie unter den Ärzten absolut notwendig ist. Nach Aufkommen der Kol poskopie hatte er sehr bald ein Handkol- poskop entwickelt, vor allem zu dem Zwecke, um die Untersuchungsmöglichkei-