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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 4.1960
- Erscheinungsdatum
- 1960
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-196000003
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19600000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19600000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
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-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 4.1960
-
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Band 4.1960
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Ein Rektor, der nicht weiß, was Freiheit ist Vor wenigen Tagen meldete die Tagespresse: „Dem .Deutschen PEN- Zentrum Ost und West, das vom 7. bis 9. Dezember in der Hamburger Universität und dem Künstlerklub iDie Insel' seine 12. Generalversamm lung abhalten wollte, wurden am Mittwoch die Räume dafür verwei gert. Auf Initiative des Rektors der Universität, Prof. Dr. Helmut Thie licke, verbot der Hamburger Schul- und Kultursenaior, Dr. Hein rich Landahl, jede Veranstaltung des Zentrums auf dem Boden der Uni versität ... Die vom .Deutschen PEN- Zentrum Ost und West“ angesetzte Pressekonferenz wurde von der Kri minalpolizei verboten und aufgelöst.“ * Wir versetzen uns nunmehr einige Wochen zurück, sind Ohrenzeuge der Festrede des obengenannten Profes sors der Theologie Helmut Thielicke bei seiner Übernahme, des Rektorats der Hamburger Universität und hören seine Bemerkungen über die Freiheit: „Jedenfalls können wir nicht frei sein wollen, wenn wir nicht wissen, was Freiheit ist. Und wir wissen heute nicht mehr, was Freiheit ist...“ - Aber warum nicht, Herr Thielicke? . weil wir über den Menschen und seine Bestimmung im unklaren sind ... Man begreift nicht mehr, daß Freiheit nicht nur eine Gabe, son dern auch eine Aufgabe, nicht nur Geschenk, sondern auch Last ist. So sind unzählige heute im Grunde ihrer Freiheit müde, die sie doch nur als Schrankenlosigkeit verstehen. Sie sehnen sich nach .Richtlinien', die ihnen einen Halt geben.“ Da Sie also, Herr Thielicke, nur die schrankenlose Freiheit und die Freiheit mit Schranken sehen und nicht die wahre Freiheit in der Ge sellschaftsordnung, die den Kapita lismus ablöst und in der die Inter essen des einzelnen mit denen der Gesellschaft übereinstimmen, wür den Sie es jetzt also für angemessen halten, die Zügel etwas straffer zu fassen, respektive „Richtlinien“ zu geben? „Die wirkliche Freiheit ist... eine bestimmte Form der Bindung. Frei heit und Unfreiheit unterscheiden sich also wie wahre und falsche Bin dung.“ Wenn wir Sie recht verstehen, Herr Thielicke, als sie' sich die Frei heit nahmen und den Schriftstellern und Literaturwissenschaftlern aus beiden deutsqhen Staaten die Frei heit nahmen, ü. a. eine Podiums diskussion zum Thema „Tolstoi — die Krise der Kunst und wir“ zu ver anstalten, da hatten sie die richtige Bindung. „Freiheit gibt es nur, wo'man sich der Bindung und Begrenzung be wußt ist. Christliche Freiheit nur dort, wo man in der neuen Bindung der Liebe von Gott ermächtigt wird, alle falschen Bindungen und Begren zungen zu überschreiten." Wie sie das so sagen, Herr Thie licke, ist das — wenn man ihre Bindungen kennt — durchaus ein leuchtend. Doch sagen wir's kür-\ Zer und prägnanter: Freiheit für wen} das ist die Frage. Und was die Bin dungen betrifft, so wissen wir jetzt, daß sie jedenfalls zu den besten deutschen Schriftstellern und Litera turwissenschaftlern keine Bindung haben, sondern eher welche zur Kriminalpolizei des Bonner Staates. G.L Ende November 1960 übergab der westdeutsche Wissenschaftsrat den Bonner Behörden in Person des Bundespräsidenten Lübke eine Denkschrift zur Krisenlage im westdeutschen Hochschulwesen. Was seitdem geschah . . . Das von Strauß finanzierte Blatt „Deutsche Soldaten-Zeitung" brachte offen die Absichten des Bonner Generaistabes für die Pariser NATO-Konfe- renz zum Ausdruck. Im Leitartikel heißt es: „Wenn neben Amerika und Eng land noch eine dritte (westliche) Atommacht treten sollte, dann müssen wir unsere Ansprüche anmelden, und wir glauben, daß wir uns hier gegenüber Frankreich im Vorrang befinden." Und begründet wird das so: „Die Bundesrepublik ist wirtschaftlich die stärkste Festlandmacht. Wenn jemand über die finanziellen Mittel verfügt, die kostspielige Atomwaffenproduktion in eigene Hand zu nehmen, dann sind doch wir es." Weiter heißt es: „Wenn wir schon die Rüstung unserer amerikanischen und britischen und französischen Freunde finanzieren sollen, wird es für die eigene ja auch noch langen." . . . und was nicht geschah Die „wirtschaftlich stärkste Festlandsmacht“ unternahm bis heute noch nichts, um die 4,4 Milliarden D-Mark zu bewilligen, die für die Jahre bis 1964 notwendig sind, um die bescheidenen Forderungen der westdeutschen Wissenschaftler zu erfüllen; die unter anderem notwendig sind, um auh solche Mißstände zu beseitigen, wie sie nebenstehend geschildert werden. WIE LANGE NOCH? Das ärztliche Ethos und seine Verleumder Prof. Dr. Dietrich Tutzke, Direktor des Hygiene-Instituts, Träger der Hufeland-Medaille, zur Hetzkampagne gegen das sozialistische Gesundheitswesen Bezug nehmend auf den verleum derischen Beitrag gegen die Arbeits gemeinschaft Cardiologie unter Lei tung von Oberarzt Dr. Herbst (siehe UZ vom 7. Dezember) erklärte Pro fessor Dr. Dietrich Tutzke, Direktor des Hygiene-Instituts, in einem Ge spräch mit einem Vertreter unserer Redaktion: Im „Sonntag“ wurde kürzlich über eine ähnliche Sache berichtet. In einem Informationsblatt, das von einem westdeutschen Arzneimit telwerk herausgegeben wird, er schien ein fingierter Bericht über eine angebliche Veröffentlichung in einer sowjetischen Zeitschrift über die Schaffung eines „künstlichen Uterus“, in dem angeblich mensch liche Embryonen mit Eselsblut auf gezogen werden würden. Auf diesen völlig erfundenen Bericht nach einer ebenfalls völlig erfundenen Quelle ist sogar ein bekannter Schweizer Wissenschaftler hereingefallen. Ebenso wie mit diesem Schwindel, brachte Prof. Dr. Tutzke zum Aus druck, werde mit dieser neuerlichen Sache — und er verwies auf den vor .ihm liegenden Artikel „Operations- soll" — die wahre Wissenschaft ver leumdet. Diese Methoden scheinen jetzt drüben in Westdeutschland zum täglichen Brot derer zu gehören, die antihumanistische Ziele verfolgen. Während sich die Wissenschaftler und Ärzte bei uns nach besten Kräften nicht nur der Erhaltung des Lebens und der Gesundheit, sondern immer stärker auch der Förderung der Gesundheit und der Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Menschen widmen, wird von Westdeutschland aus ein ideologischer Kampf auf die sem Gebiet geführt, in dem mit solch plumpen Entstellungen diese Leistun gen herabgesetzt werden sollen. Hier tritt wieder die Frage auf, ist der Arzt nur Arzt oder spielt er eine Rolle im gesellschaftlichen Leben? Natürlich, spielt er diese Rolle. Im Sozialismus und im Kapitalismus nimmt der Arzt eine ganz verschie dene Stellung ein. Aber gerade jetzt wird unternommen, einen Einbruch in diese Erkenntnis zu erzielen, man versucht, Zweifel darüber bei den Menschen hervorzurufen, während doch in der Tat nur bei uns der Arzt seine hohen humanistischen Auf gaben vorbildlich erfüllen kann. Das will man nun verächtlich ma chen durch solche herabsetzende Aus drücke wie „Produktion“ von gesun den Menschen u. ä. Die Spitze richtet sich dabei ebenso gegen „Produktion“ wie gegen „gesunde“ Menschen; denn in der kapitalistischen Gesellschaft lebt der Arzt in erster Linie von den Kranken. Durch den sich ständig ver schärfenden Konkurrenzkampf wird er nicht nur zu einer förmlichen Jagd nach Krankenscheinen genötigt, son dern auch sonst noch zu Dingen ver leitet, die dem ärztlichen Ethos fremd sind. Wer also als Arzt in der kapitali stischen Gesellschaft seinem humani stischen Auftrag voll gerecht werden will, wird zwangsläufig in Konflikte mit ihr gebracht. Die Zahl derer, die sich in einer solchen Situation be finden, ist zweifellos groß. Es gibt offensichtlich aber auch solche Ärzte, die dem humanistischen Inhalt ihres Berufes. bereits so fremd geworden sind, daß sie nicht mehr davor zu rückschrecken, mangels wirklicher Argumente die humanistischen Ziele unseres Gesundheitswesens und seine Erfolge in schmutziger Weise herab zusetzen. Und das vom „Sonntag“ ver öffentlichte Beispiel, die Angriffe gegen Prof. Uebermuth und die Ver leumdungen der Arbeitsgemein schaft Cardiologie zusammenfassend äußerte Prof. Dr. Tutzke: Es scheint jetzt tatsächlich so, daß eine ausge sprochene Kampagne in dieser Rich tung läuft. Er halte es deshalb für sehr gut und nützlich, brachte er wei ter zum Ausdruck, daß 1961 eine Vorlesungsreihe für Medizinstuden ten begonnen wird, in der sie mit den Problemen des ärztlichen Ethos bekannt gemacht werden. Er selber bereite eine dieser Vorlesungen vor, und zwar über die Stellung des Arztes in der Gesellschaft, in der die gesellschaftlichen Voraussetzungen für das Wirken des Arztes im huma nistischen Sinn erläutert werden sollen. Gin Wort unterschlagen „gefordert** gwI 5 Vier neue Hochschuleng Aus: „Berliner Morgenpost“ vom 26. November 1960 % ,..8 | Vier neue Universitäten | { und 1200 neue Lehrstühle 9 ////, /////7///////// Ans: „Tagesspiegel“ vom 26. November 1960 y/////// ^Großzügige Pläne für die Universitäten 8//9///////////////////- 7 Aus: „Die Welt“ vom 26. November 1960 Wie man sieht, will die Tresse Westberlins und der Bundesrepublik den Anschein erwecken, als enthalte die Denkschrift des westdeutschen Wissen schaftsrates nicht dringende Forderungen der Wissenschaftler, die seit Jah ¬ ren von der Bundesregierung ignoriert werden, sondern als seien die ge forderten neuen Hochschulen und Universitäten bereits im Bau, als machten Un 0 so sieht es wirklich aus! sich Strauß und Schröder die glei chen Sorgen um die Zukunft der Wissenschaft im Westzonenstaat, als seien die west deutschen Wissen schaftler mit ihren Forderungen ge radezu den Be- % Der seit einem Jahr diskutierte Plan, $ I Bremen zu einer neuen Unversitäts- % stadt auszubauen und hier die 19 Hoch- $ schule der Bundesrepublik zu instal- % Aus: „Die Welt“ vom 2. Dezember 1960 Vu/"uIIMI!" " "V, % Aerztekammer warnt vor Medizinstudium % % % % KÖLN, 14. November (AP) Der Gesamt- % % vorstand der Bundesärztekammer hat in einer % % am Montag veröffentlichten Entschließung er- % % neut nachdrücklich vor dem Medizinstudium $ % und seiner Propagierung gewarnt Gleichzeitig % % appellierte er an die Medizinischen Fakultäten % ¥ in der Bundesrepublik, sich „bei der Festset- % % zung der Zahl der Studienanfänger nur von % % den jeweils vorhandenen Ausbildungsmöglich- % % keiten leiten zu lassen' ,% %.............,...... . 1 , • : 13isnl0 19D Aus: „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom 15. No ¬ strebungen Bonns auf halben Wege entgegengekom men. Damit soll der Eindruck erweckt werden, die Denk schrift liege in guten Händen. Damit sollen die westdeutschen Wissenschaftler und Studenten be ruhigt werden. In der Tat aber denkt Strauß nicht vember 1960 daran, der Wis. gggggggggygggg eeLehrerbildung in Untermieteg Studenten der Pädagogischen Hochschulen klagen über schlechte Raumverhtniss’ §“ — In Bamberg hegen die Hörsäle über • ler. zog man in diesem Semester, aus Zeinen Kilometer auseinander, ihr Zustand ist n MuTDKuie in das Künstlerhaus um. katastrophal, die Studenten sitzen großenteils einer Volks nur zwei Hörsäle; die ansich.g6_ auf dem Boden. Au ch die Seminare sind über- hieigibt Zahl der'Seminarräume nutz vorläu ult ein Dozent rur Padagogik fehit denn die wegenstotzenenminsdies F'Die Studenten der Pädagogischen Hochschu- nür wentzen oSeminou randurc den Religions-28 Fen haben Empfehlungen an den Landtag und Philosophiedozentur * -«««g Zan das Kultusministerium gerichtet, sich an den pädagogen mit IIn München-Pasing. wo% ^einzelnen Hochschulen zu Lokalterminen ein- die Dozententrage leidlich gelöst scheint, wird Vzufinden und sich von den teilweise kata,9 vor allem das Mensaproblem dringend: Die% Schalen Zuständen selbst zuüberzeugenaPasinger Studenten haben bisher überhaupt^ Aus: „Süddeutsche Zeitung“ vom 17. November 1960 senschaft auf Kosten der Atomrüstung größere Mittel zur Verfügung zu stel len. In der Tat denkt Schröder nicht daran, die Einschränkungen der akademischen Freiheit aufzuheben. Es ist deshalb Sache aller westdeutschen Wissenschaftler und Studenten, diese Forderungen gemeinsam durchzusetzen. Es ist un sere Sache, sie nach besten Kräften dabei zu unterstützen. Zurück ins Mittelalter? Den nachstehenden Beitrag, eine Leserzuschrift von Studienrat Ernst Otto aus München veröffentliche am 12. November die „Süddeutsche Zei tung“. Bemerkenswert scheint uns in die sem Zusammenhang die Tatsache zu sein, daß der sogenannte kulturpoli tische kongreß der Adenauer-CDU — auf dem nebenbei von 900 ange kündigten Teilnehmern nur 400 an wesend waren — genau die Auffas sungen und Maßnahmen verteidigte, gegen die hier zu Felde gezogen wird. Der Direktor des Zentralkomi tees deutscher Katholiken. Bernhard Haussier, versuchte auf dem Kongreß i,die Notwendigkeit einer Revision des Humanismus vom Glauben her“ zu begründen. Für ihn ist der Humanismus, ist die wissenschaft liche Forschung, die das Weltbild des Katholizismus erschüttern könn ten, die zur Einsicht der materiellen Existenz der Umwelt und ihre Er kennbarkeit führen könnten, ein Ri siko, welches man lieber nicht ein gehen solle. Lieber möchte er auf die Wissen schaft und den wissenschaftlichen Fortschritt verzichten, als damit die „Gefahr der Weltlichung“, sprich die Erkenntnis der Wahrheit, heraufzu beschwören. Mit diesen Auffassungen und mit der in dem nachfolgenden Beitrag charakterisierten Praxis erweist sich die klerikal-militaristische CDU „in Westdeutschland wiederum deutlich als Gegner deC gesellschaftlichen und geistigen Fortschritts. Wie im Mittelalter soll der wissenschaftliche Fortschritt aufgehalten werden, um die Existenz einer historisch längst überlebten Gesellschaftsordnung zu verlängern. Und wenn der Verfasser der Leser zuschrift am Schluß fragt, ob die Öffentlichkeit das beabsichtigte Ex periment, 'dessen negativer Ausgang bereits feststehe, zulassen werde, ob Eltern, Wissenschaftler usw. recht zeitig ihre Stimme dagegen erheben werden, so hat er eigentlich selbst schon prinzipiell die Antwort darauf gegeben: Unsere Erfolge spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Immer mehr strahlt das wissen schaftliche und geistige Leben der DDR auf Westdeutschland aus. Im mer mehr wird unsere Republik zum Maßstab des gesellschaftlichen Fort schritts in Deutschland. Und hier der genannte Beitrag (geringfügig gekürzt): * Im Jahrhundert der Naturwissenr schäften werden die naturwissen schaftlichen Fächer aus dem Lehr plan der Oberstufe gestrichen, wie es die geplante Reform der Oberstufe Höherer Lehranstalten vorsieht. In einer Welt, in der naturwissenschaft liche Fragen bis in den intimsten Persöhnlichkeitsbereich' jedes einzel nen eindringen, ihm täglich begegnen und ihn zur Stellungnahme zwingen, sollen die Schüler nichts mehr davon erfahren. Heute, da wir uns in einem Ausmaß synthetischer Produkte (Per lon, Plexiglas usw.) bedienen, daß man in Anlehnung an frühere Perio den der Menschheitsgeschichte von einer „Plastikzeit“ sprechen könnte, da die Chemie der Nahrungsmittel zu einem Lebensproblem und zum Ta gesgespräch geworden ist, und die Chemische Industrie die Spitze über nimmt, schafft man den Chemie unterricht in der Oberstufe ab. In einer Zeit, da die biologische Wirk samkeit radioaktiver Elemente eine Streitfrage ist, die Parlamente auf rührt und Regierungen stürzt, in einem Augenblick, da die Gesund heit der jetzigen und der folgenden Generationen an der Frage hängt, ob es gelingt, der chemischen Verseu chung von Wasser, Luft und Boden Herr zu werden, wo das rasche Wachstum der Menschheit Ernäh rungsprobleme aufwirft, die nur von biologischer Seite gelöst werden kön nen, streicht man Biologie vom Un terrichtsplan. In welchem Zeitalter leben wir und in welchem die für solche Beschlüsse Verantwortlichen? Der naturwissen schaftliche Fortschritt läßt sich durch Ministerialentschließungen nicht auf- halten. Wohl aber ist man im Be griff, eine der wichtigsten Bildungs grundlagen zu zerstören. Ein Schüler, der 1963 die Schule verläßt, wird nichts mehr wissen von Vererbung, Erbschäden und Bewäl tigung des Ernährungsproblems durch Züchtung. Er erfährt nichts von der Stammesgeschichte und den Fragen der Fortpflanzung. Vitamine, Hormone, Fermente sind für ihn leere Worte, Mensch und Umwelt, ein Zentralproblem in der Phase der Technisierung und des lawinenarti gen Anwachsens der Bevölkerungs zahl, Naturnutzung und Naturschutz,' und schließlich sein eigener Körper und seine Gesunderhaltung, sind Dinge, von denen er nichts oder fast nichts mehr hört. Die Chemie wird zum Fragment, mit dem sich der Schüler in der Welt des Stofflichen — einer realen Welt, die sich durch kein sophistisches Abrakadabra hinweg zaubern läßt — nicht mehr zurecht findet. Das Argument, er hätte dafür Physik, taugt ebensoviel wie die Idee, wir könnten uns die Apotheker spa ren, weil wir ja dafür Ärzte haben. Ein Weltbild ohne naturwissenschaft liche Kenntnisse ist heute nicht mehr möglich. . . Erstaunlich ist auch die Kurzsich tigkeit hinsichtlich der Sicherung des akademischen Nachwuchses. Glaubt man, daß ein Schüler, dessen Kontakt mit der Biologie sich auf die Meta morphose des Kohlweißlings be schränkt, sich dadurch zum Biologie studium anregen läßt? Meint jemand, daß es möglich ist, mit ein paar Rea genzglasspielereien — mehr Freiheit läßt der Rahmenplan für Chemie nicht — Begeisterung für das Chemie studium zu erwecken? Schließlich, auch das darf erwähnt werden, wird jeder verantwortungs- wußte Fachlehrer in einen ernsten Gewissenskonflikt gebracht. Er weiß, daß heute naturwissenschaftliche Kenntnisse zum unabdingbaren Rüst zeug jedes Gebildeten gehören, er wird aber wider seinen Willen ge zwungen, gegen seine Pflicht zu han deln. Ein Schüler, der später unter diesem Zustand leidet, gibt mit Recht dem Lehrer die Schuld . . . Endlich: wird der Rückfall ins Mit telalter gebremst werden können, be vor uns der auch hier sehr fort schrittliche- Osten überrundet hat? Will man warten, bis sich bei inten sivster naturwissenschaftlicher Aus bildung die Zahl seiner qualifizierten Ingenieure, Chemiker und Biologen gegenüber dem Westen noch weiter multipliziert? Will der Westen ein wissenschaftliches Harakiri begehen? Der Rahmenplan trägt dazu bei. Wird die Öffentlichkeit dieses Ex periment, dessen negativer Ausgang bereits feststeht, zulassen? Werden die Verantwortungsbewußten und Weitsichtigen, Eltern, Professoren, Wildschaf tler, Politiker, rechtzeitig ihre Stimme erheben? Ver< entuicn unter der Lizenz-Nummer 388 B des Presseamtes beim Ministerprä sidenten der DDR. — Erscheint wöchent lich. Anschrift der Redaktion: Leipzig C 1, Ritterstraße 26, Telefon 77 11. Sekretariat App. 264. Bankkonto 203 203 bei der Stadt- und Kreissnarsasse f einzig. - Druck: LVZ - Druckerei „Hermann Duncker“, Leipzig C 1, Peterssteinweg 19. - Bestel lungen nimmt jedes Postamt entgegen. Universitätszeitung, 14, 12. 1960, S. S
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