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mand kann soviel Phantasie haben, wie die Natur selbst, mit deren intensiver Be- obachtung wir sowohl in der Praxis als auch in der Grundlagenforschung beginnen und enden. Es ist eine starke Gefahr - ich möchte das hier gleich einflechten — auch bei der Erziehung unseres Nachwuchses, wenn die wissenschaftliche Arbeit des Praktikers zu Unrecht unterschätzt wird. Wir haben immer wieder sehr starke Tendenzen fest gestellt; und ich glaube, das wird auch in manchen anderen Fachrichtungen vielleicht ähnlich sein, daß manche unserer jungen Kollegen, die gerade die Hochschule ver lassen haben, der Meinung sind, daß sie „zweckentfremdet“ eingesetzt seien und erst, wenn sie eines Tages in ein Institut mit Parkettfußboden und verchromten Ge räten in weißem Kittel einziehen werden, dann erst werden sie wirklich wissen schaftlich tätig sein. Schließlich trat der Betrieb an uns her an und bat mich, in das Werkleitungskol legium einzutreten. Ich habe das auch ge tan und bin der Meinung, daß das zum Vorteil beider Seiten, sowohl der Hoch schule als auch des Betriebes, gewesen ist. Auf diese Weise jedenfalls konnte die engste Koordinierung zwischen Betrieb und Hochschule zum Vorteil beider erreicht werden. Es bedarf wohl auch keiner besonderen Hervorhebung, daß unsere Institute, es handelt sich um das Geologische Institut und das später noch aus ihm hervorgegan gene Institut für Geophysikalische Erkun dung, beim Auf- und Ausbau des Betriebes bis zu seinen kürzlichen Rekonstruktions plänen eine weit mehr als nur beratende Hilfe geleistet haben. Fassen wir kurz noch einmal die verschie denen Stadien der Entwicklung dieser acht Jahre bis zum heutigen Tag zusammen: Am Anfang der Zusammenarbeit stand zunächst, kurz nach der Arbeitsaufnahme durch beide Vertragspartner, eine organi satorische, technische und vor allen Dingen begreiflicherweise materielle Probleme in den Vordergrund rückende Gemeinschaft. Es gab viele technische, instrumentelle und sonstige Schwierigkeiten zuerst einmal beim Aufbau zu lösen. Das war beim In stitut, viel stärker, noch im Betrieb, ganz ähnlich, und wir mußten uns hier erst ein mal zusammentun, um das Fundament, um die Basis für eine spätere, weiterführende Arbeit zu schaffen. Das war das erste, so zusagen primitive Stadium. Im nächsten Entwicklungszeitraum wurde zusätzlich in das Programm die Verpflich tung zur gegenseitigen Abstimmung Deau- ders wichtiger, wechselseitig interessieren der wissenschaftlicher Arbeiten aufgenom men. Dabei wurden erstmalig auch Diplom arbeiten mit dem Ziel einer raschen Um setzung wissenschaftlicher Ergebnisse in die Praxis dem Betrieb dienstbar gemacht. Das dritte Stadium, das aus dem zweiten, etwa drei Jahre nach Beginn der Zusam menarbeit im Jahre 1952 hervorging, sah besonders eine Vertiefung nicht nur der gemeinsamen Forschungsarbeit, sondern auch der Lehrtätigkeit vor. Der Betrieb hatte jetzt endlich eine so große Kader reserve gewonnen, daß er sich auch um un sere Nöte kümmern konnte und bei der Aus bildung unserer Studenten uns eine mehr als nur formale Hilfe leistete. Viele Lehr beauftragte und Dozenten kamen aus dem Betrieb und umgekehrt haben wir dem Be trieb Hilfestellung gegeben, um dort vor allen Dingen den noch heute sehr spür baren Mangel an technischen Kadern mit überwinden zu helfen. Die Lehrmethoden als solche — das darf ich hier mit in Klam mern schreiben — blieben zunächst vorerst noch unverändert die alten. Aus dieser Zusammenarbeit ergab sich’ schließlich das Stadium vier mit einer Ver änderung der Lehrmethoden. Alle Studenten helfen dem Betrieb mit den verschiedenen Abteilungen, besonders bei der Projektie rung wissenschaftlicher Vorhaben, nicht nur mit den Diplomarbeiten, sondern in jedem Studienjahr mit einer Seminararbeit. Dabei zeigte sich, daß der Student sehr rasch die Zuverlässigkeit seines wissenschaftlichen Rüst- und Handwerkzeuges auf diese Art am intensivsten und raschesten, gewisser maßen im „Beruf auf Vorgriff“ erprobt. Wir konnten dabei sehr rasch und mit Überraschung feststellen, wie fruchtbar sich diese Praxistätigkeit bei unseren Studenten auswirkte. Ihnen wurde besonders auch die Bedeutung der theoretischen Grundlagen fächer recht eindringlich klar, und sie er kannten, wie dringend dieses Handwerks zeug für sie später sein wird. Sie erproben jetzt an kleinen Aufgaben ihr Wissen und merken dabei sehr rasch, wo noch Lücken bestehen. Ich möchte hier nicht behaupten, daß al les, was wir jetzt erleben, von uns voraus gesehen wurde. Wir waren zum Teil selbst sehr vom Erfolg dieser Arbeitsform über rascht. Andererseits haben wir auch — das ist überall so — gewisse Rückschläge erlebt, und auch auf diese werde ich dann noch kurz zu sprechen kommen. Hatte also dieses vierte Stadium nun be reits neue Lehrmethoden als Begleiterschei-