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Früchte abgeliefert, so doch seine Feuer taufe empfangen hat. Nun ist — das kann eingewandt werden — ein Kolloquium ja eine ganz schöne Sache, aber ist noch nichts Festes, das ist, wenn Sie Wollen, ein Seminar auf höherer • Ebene und unter strengeren Auswahlprin zipien für die Teilnehmer. Doch aus dem Kolloquium, das sich namentlich mit Er scheinungen des Neokolonialismus und der Rolle des Adenauer-Staates in dieser neuen Form der kolonialen Unterdrückung be faßte, aus dieser Aufgabenstellung gelang ten wir dann einen Schritt weiter. Es ergab sich, daß die alten Formen, auch jene alten Institutsformen, die der Hoch schulreform von 1951 zu verdanken sind, zu eng waren, daß die gesellschaftliche Wirklichkeit, die revolutionäre gesellschaft liche Wirklichkeit selbst die Notwendigkeit einer Korrektur dieser Einrichtungen als Einrichtungen insofern herbeizwang, als neue Inhalte auch neue Forschungsinhalte, unter dem Aspekt der neuen Aufgabenstel- lung andere, adäquate Arbeitsmöglichkei ten und damit eine andere organisatorische Basis erforderten. Das ist mit der Grund, warum wir uns heute bemühen, eine ganz neue Fachrichtung, die Fachrichtung für Asien- und Afrikawissenschaften, aufzu bauen, die, wenn wir es recht bedenken — so nahe oder so fern der einzelne, der ihr angehört, auch diesem Gedanken im Augenblick noch stehen mag — im Grunde genommen von der Tatsache der Grün dung wie vom Inhalt her eigentlich selbst ein Stück sozialistischer Arbeitsgemein schaft verkörpert. In der neuen Fachrichtung wird erst malig der Rahmen der alten Disziplinen insofern gesprengt, als hier nun gemein sam Philologen, Literaturwissenschaftler, Historiker, Wirtschaftswissenschaftler und Völkerrechtler, also Juristen, sich zu Kom plexen vereinigen, die Sowohl der For schung als der Lehre wie auch unmittelbar der Befriedigung bestimmter Aufgaben un serer Außenpolitik und unserer. Außen handelspolitik gerecht werden müssen. Innerhalb dieser neuen Fachrichtung wiederum vollzieht sich eine zweite Kon zentration in Gestalt einer sozialistischen Arbeitsgemeinschaft, indem sich — ich be schränke mich auf mein eigenes Gebiet — die Historiker aus dem Orientalischen, aus dem Ostasiatischen, aus dem Afrika nischen, aus einem vierten Institut — es fällt mir jetzt nicht ein (dem Indischen. Die Redaktion) — mit den Historikern des Instituts für Allgemeine Geschichte der Neuzeit, und wenn möglich, auch mit Fach vertretern aus der sozialistischen Praxis und gesellschaftlichen Organisationen ver binden sollen zu einem Forschungszentrum mit Sitz an der Karl-Marx-Universität, das aber ausstrahlt nicht nur in die Deutsche Demokratische Republik hinein, sondern das auch fest und verpflichtende Verbindungen hat zu gleichgerichteten Wissenschaftlern und wissenschaftlichen Institutionen der Sowjetunion, der Repu blik Guinea und absatzweise auch in eini gen anderen Ländern. So scheint mir hier sozusagen aus der Praxis oder aus dem Zusammenstoß mit der Praxis sich ergebend, bei allen Schwie rigkeiten, die ihn begleiten, doch heraus gekommen zu sein, daß unser kleines In stitutskollektiv, das einem der auf unseren Gewerkschaftskonferenzen herausgearbei teten möglichen Typen sozialistischer Ge nteinschaftsarbeit entsprach, von einem niederen Typus zu einem etwas, höheren aufstieg, mit weiter gestellten Aufgaben, mit Verpflichtungen, die nun nicht nur den jeweiligen einzelnen, sondern das Kollek tiv, die Gemeinschaft als Ganzes betreffen, und zwar so betreffen, daß sich auch die vielerörterte Frage des Verhältnisses zwi schen dem wissenschaftlichen und dem Lebenssektor der sozialistischen Gemein schaft, was noch nicht ganz klar ist, zu nehmend Verwischen müßte. Gestatten Sie, daß ich dazu noch einen sozusagen inneren Gesichtspunkt streife, der im Verlauf unserer Gemeinschafts arbeit eine Rolle gespielt hatte, der aufge treten ist, ohne sich allerdings in unserem Fall bis zum Problem auszuwachsen, der aber auch häufig diskutiert wird, wenn wir anderen Gemeinschaften oder Kolle gen, die solche in die Wege zu leiten wün schen, begegnen. Ich meine die Frage, wie sich denn nun in der Gemeinschaft das Verhältnis des Ganzen zum selbstän dig arbeitenden Wissenschaftler gestaltet. Das ist das Problem von Einzelforscher und Kollektiv, das auf den verschiedensten Ebenen ja immer wiederkehrt. Es ist viel leicht noch zu früh, um hier ein Urteil von sozusagen statistischer Faßbarkeit offe rieren zu können, aber einiges Vorläufige und einiges, das man doch wohl als fest- zuhaltendes Resultat wird nennen können, scheint sich mir zu bieten. Je größer in folge der zunächst summierten, dann aber potenzierten Leistungsfähigkeit eines Kol lektivs der Arbeitsanfall wird, desto ver antwortlicher — und das vermag ein gän giges Gegenargument gegen die Gemein schaftsarbeit schon zu entkräften — desto verantwortlicher wird auch die Position des einzelnen an und in ihr beteiligten Wissenschaftlers.