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Eine der Hauptaufgaben, die sich die sö- zialistische Gemeinschaftsarbeit stellt, und stellen muß, die Verbindung der For- schungs- und Lehrarbeit mit der Praxis der sozialistischen Produktion, ist bei uns nur bedingt, wenn überhaupt, zum Tragen zu bringen. Bei Erörterungen mit Kollegen der anderen gesellschaftswissenschaftlichen Fachrichtungen wird gerade diese Schwie rigkeit oft deutlich, und es fehlt wohl nicht an Beispielen, wo eine große Bereitwillig keit und frische Initiative, sozialistische Ge meinschaftsarbeit zu beginnen, irgendwie im weiteren Verlauf an dieses Hemmnis gestoßen sind, das der weiteren Fortentwick lung dann abträglich wurde. Unter dem Gesichtswinkel, dagegen Abhilfe zu schaf fen, möchte ich hier etwas aus unseren Er lebnissen mitteilen. Die Historiker, die sozusagen ex pro- fesso angehalten sind, Perioden und Pe riodenbildungen, Epocheneinschnitte und dergleichen festzustellen, haben — sagen ■wir natürlicherweise — infolgedessen auch frühzeitig, nach der Initiative der Soziali stischen Einheitspartei Deutschlands und unter Hilfestellung der Universitäts-Ge werkschaftsleitung zu Beginn des Jahres 1959, mit dem Aufbau einer ersten solchen Arbeitsgemeinschaft am Institut für Allge meine Geschichte der Neuzeit begonnen. Es liegt also ein vergleichsweise langer Berichtsraum vor, um sowohl die positiven wie die negativen Ergebnisse miteinander in Beziehung zu setzen und zu analysieren. Vielleicht kann man sagen, daß es in unserem besonderen Fall relativ einfach war. eine sozialistische Gemeinschaft zu gründen, daß sich die Schwierigkeiten aber dann häuften, als die Wege der Fortent wicklung und des Einbringens des Ertrages in die Scheuern klargemacht werden mußten. Denn in der. Allgemeinen Ge schichte die ein rundes Hundert von Län dern und etwa vier Jahrhunderte zu ver folgen hat, ist es ja nun so, daß es von vornherein für den einzelnen ausgeschlos sen erscheint, etwa in Art der Polyhistorie des 17. oder 18. Jahrhunderts den Gesamt komplex zu umfassen; es ist aber auch nicht möglich bei der Beschränkung der Mitarbeiterzahl, nicht nur der stellenplan mäßigen. sondern einfach des Reservoirs an Wissenschaftlern dieser Spezialität, etwa individuell ein solches großes Gebiet so nach Schubfächern aufzuteilen, daß jedes zu seinem Recht kommt. Also aus dieser, aus der Arbeit selbst, aus der Arbeitserfahrung erwachsenen Si tuation ergab sich seit längerem, eigent lich seit wir als Mannschaft am Institut Anfang der 50er Jahre zu arbeiten began nen. die Notwendigkeit einer Abstimmung, die Notwendigkeit einer gegenseitigen Hilfestellung, der Herausmodeliierung eines Kollektivs, das gemeinsam an den Forschungsgegenstand und an seine Aus arbeitung für die Zwecke der Lehre heran ging. Sozialistische Gemeinschaftsarbeit be deutet daher für uns zunächst nur die He bung dieses vorgefundenen Kollektivs auf eine höhere Bewußtseinsstufe, die Herein nahme des einen oder anderen neuen Kle ments, etwa der Orientierung spezifischer Arbeiten an Terminbindung im Rahmen einer allgemeineren Aufgabenstellung un serer DDR. Dann jedoch zeigte sich, daß in diesem Vorteil des Starts auch eine ge wisse Hemmung insofern lag, als nun zwar das Institutskollektiv bestätigt wurde in dem, was es bisher geleistet hatte und angespornt, sein Scherflein zur Entwick lung der nationalen Grundkonzeption bei zutragen, daß aber gleichzeitig die Be schränkung auf das Institut einer Reihe von anderen Aufgaben, die mit dem Sinn einer Gemeinschaftsarbeit verbunden sind, hinderlich in den Weg trat. Es war schwie rig, von einer solchen geschlossenen Gruppe, die einen bestimmten Gegenstand bearbeitete, die Geschichte der kolonialen Ausbeutung, die Geschichte der nationalen Befreiungsbewegung der kolonial unter drückten Völker und abhängigen Länder, übei- das Institut hinauszugehen und damit der Gefahr der Abkapselung, der Isolie rung zu entrinnen. Es hat darüber bei uns im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft selbst, mit Gewerk schaftskollegen, mit der Partei und auch mit Wissenschaftlern anderer Universitä ten unserer Republik Diskussionen gege ben, um hier herauszukommen; dieses Herausgehen aus dem Turm, der, das kann man offen zugeben, leicht zu einer gewis sen Selbstzufriedenheit führt, erfolgte auf dem Wege, daß sich die Arbeitsgemein schaft des Instituts zunächst ausweitete zu einem Forschungskolloquium auf Repu blikbasis, das sich nun bemühte, alle die jenigen Wissenschaftler (nicht hur Histo riker) heranzuziehen, die an dem so emi nenten, also auch politischen .Problem des antikolonialen Befreiungskampfes, der Ent stehung der jungen Nationalstaaten in Asien, Afrika wie in Lateinamerika arbei teten, an den Beziehungen und Aufgaben, die unserem deutschen Arbeiter-und- Bauern-Staat aus der neuen Weltsituation erwachsen, um den befreundeten Völkern Hilfe zu leisten. All das konzentrierte sich im Aufbau des Kolloquiums, das in der Zwischenzeit durch zwei Semester gelaufen ist und, obzwar noch nicht seine reifsten