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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 4.1960
- Erscheinungsdatum
- 1960
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-196000003
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19600000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19600000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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- Digitalisat
- SLUB Dresden
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Zeitschrift
Universitätszeitung
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Band
Band 4.1960
-
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Band 4.1960
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Jaspers und der Humanismus oder die Rettung der Bombe Von Heinrich Schwartze, Dozent am Institut für Philosophie Karl Jaspers hat der Universität zu Basel, die vor fünfhundert Jahren begründet wurde, als festliche Gabe einen Klagegesang auf das Hinschei den von Wissenschaft und Humanis mus zugeeignet, den er in Gestalt eines akademischen Vortrages einem erlesenen Publikum zu Gehör brachte. Sein Thema hieß: „Wahrheit und Wissenschaft“. Was der Chronist der „Frankfurter Allgemeinen Zei tung“ am 4. Juli 1960 über den In halt der Baseler Darlegungen von Jaspers berichtet, ist nicht weniger gespenstisch als die Antwort, die Jas pers der westdeutschen Zeitschrift „Universitas“ auf die Frage: „Wo ste hen wir heute?“ gegeben hat; Kurt Hager ist bei seinem jüngsten Vor trag vor der Dresdner Intelligenz auf die Jeremiaden von Jaspers einge gangen, in denen die Rede ist von einem „universalen Betrugszustand, in dem wir leben, ohne daß wir den Gegner, den Betrüger, fassen kön nen, denn dieser begegnet uns über all, in den Ämtern, im allgemeinen Verkehr, im persönlichen Umgang, mir selber“ (vgl. „Neues Deutsch land“ Nr. 186 vom 8. Juli 1960, S. 4) Tatsächlich übertreibt Jaspers, wenn er sagt, wir seien außerstande, den Betrüger zu fassen, weil er uns unter anderem in ihm selber begeg net. Zumindest den Betrüger in Jas per dingfest zu machen, ist nicht schwierig. Denn auch seine Baseler Darbietung ist die Produktion eines Betrügers, und zwar eines von der düster-einschmeichelnden Sorte, die Sorgenfalten auf der Stirn zur Schau trägt, sich als vom üblen Zustand der Universität im allgemeinen, der Einzelwissenschaften und der Philo sophie im besonderen als tief ergrif fen vorstellt, die mit dieser Ergriffen heit kokettiert und dann endlich doch ein wenig Erlösungshoffnung darauf macht, es könnte uns, „ohne daß wir wissen wie, ohne daß wir darauf rech nen können, ohne daß wir uns auch nur eine Vorstellung davon zu bilden vermögen — außer in schwebenden Chiffren“, „die Transzendenz zu Hilfe kommen.“ Das Schema, nach dem Jaspers beim Baseler Universitätsjubiläum verfahren ist, gleicht dem, wonach in Vergangenheit und Gegenwart mancher rechtgläubige Geistliche seine Sonntagspredigt auszuarbeiten pflegte und pflegt: 1. Teil; Ihr seid allzumal Sünder. 2. Teil: Dafür ge bührt euch die ewige Verdammnis. 3. Teil: Wenn unser Herr Jesus Chri stus nicht wäre. Verleumdung der Wissenschaft In Basel ging das so vor sich, daß Jaspers seine festlich gestimmten Zu hörer zunächst um die Existenz der Universität als einer humanistischen Schöpfung bangen ließ, indem er sie bange machte. Die Universität sei bedroht, so sagte er, weil die Natur wissenschaft in ungeheurer Expan sion den Rahmen gesprengt und die anderen Fakultäten überrundet habe; weil die Theologie in einem beschei denen Winkel lebe und die Philoso phie zu einer Verlegenheit für alle geworden sei; die Universität werde als ein Warenhaus angesehen, in dem die für bestimmte Zwecke begehrten Kenntnisse zu erhalten sind, wäh rend die großen Forscher wie Ein stein oder Heisenberg sich der „Bo- denlosigkeit" ihrer Wissenschaft be wußt seien, an ein übergeordnetes Sein glaubten und nicht mit einem rationalen Verständnis rechneten. Die Naturwissenschaft habe der Menschheit als Wohltat und Fluch die Technik geschenkt. Jetzt sei alles menschliche Leben durch die Atom bombe bedroht, aber noch sei es Zeit, die Gefahr klar zu erkennen, anstatt sich einem demoralisierenden Fata lismus zu überlassen. Hier, wo es eingestandenermaßen um klares Erkennen einer realen Ge fahr geht, tritt die Philosophie von Jaspers als Lehrerin der „wissen schaftlichen Denkart“ auf den Plan. Die Philosophie nämlich, die nicht auf Sachkenntnisse ausgehe, sondern auf „das Sein selbst“, müsse die Ge genwart des ewigen Grundes wieder herstellen, sie müsse die Bibel und nicht das griechische Denken, das uns in seiner Leibhaftigkeit knechte, wie derbringen, und zwar als ein Reich der Chiffren, in dem die Wirklich keit des Übersinnlichen aufgefangen wird. Dies, so sagte Jaspers, sei die wissenschaftliche Denkart, die allen zugänglich sei, und die die Universi tät zur Wirkung kommen lassen müsse. Das ist der Beitrag, den Jaspers in Basel zur Beförderung der klaren Erkenntnis der Gefahr, die der Menschheit durch die Atombombe droht, gegeben hat. Soviel Schimpf, wie Jaspers aus festlichem Anlaß der Wahrheit und der Wissenschaft angetan hat, ist ihr vergleichsweise auch in der Zeit der faschistischen Barbarei angetan wor den. Der Unterschied zwischen einem schwadronierenden faschistischen akademischen Festredner und Jas pers besteht wesentlich darin, daß der eine ein nackter Barbar war, während der andere ein verhüllter ist; daß der eine geradezu den Hu manismus niederprügelte, und der andere ihn, indem er ihn anruft, in die Transzendenz abführt. Militaristen und Imperialisten mißbrauchen die Atomenergie Die Naturwissenschaft hätte die Atombombe auf dem Gewissen? Die amerikanischen Bomben, die auf Ja pan geworfen wurden, hat die Na turwissenschaft ermöglicht, wie sie die humanistische Anwendung der Atomenergie ermöglicht hat. Aber der Abwurf geht auf die Rechnung der Imperialisten und Militaristen in den USA. Nicht in der Naturwis senschaft und nicht in der Technik steckt Fluch, sondern der Imperialis mus ist fluchbeladen und was er in die Hand nimmt, die Atomenergie genauso wie die Philosophie, wird zum Fluch. — Die sozialistischen Uni versitäten sind keine Warenhäuser im Jasperschen Sinne, sondern hohe Schulen des realen Humanismus, sei ner Erkenntnis, seiner Weiterbildung, seiner praktischen Verwirklichung. — Wissenschaftliche Denkart setze die Rückwendung zur Bibel voraus und die Absage an das griechische Den ken? Und das als Bedingung dafür, daß uns die Transzendenz „vielleicht“ bei der Lösung unserer realen hu manistischen Aufgaben zu Hilfe komme, ohne welche Hilfe wir am Ende seien? Wissenschaftliche Denk art fordert im Gegenteil die strenge Bindung an das, was uns in Natur und Gesellschaft objektiv gegeben ist, damit wir es gründlicher und tiefer erkennen und es uns in seiner Gesetzmäßigkeit mehr und mehr auf schließen, um unser Handeln danach einrichten zu können. Philosophie der klerikal-militaristischen Diktatur Jaspers pries die Vernunft, indem er sie preisgibt; seine apokalyptische Festrede wendet sich dem rettenden Reich der „schwebenden Chiffren“ zu und macht die Universität zum mythischen Kabinett. Der Wissen schaft und der wissenschaftlichen Philosophie wird die objektive Reali tät als ihr Gegenstand unter der Hand entwendet; gegeben wird ihr statt dessen die Offenbarung, daß das Dunkle dunkel ist. So lästert der Ge scheiterte mit seinem eigenen Schei tern, das der Ausdruck des geschicht lich-gesetzmäßigen Absterbens des Imperialismus ist, die bereits vorhan dene neue und gute Ordnung der Ge sellschaft. die sozialistische; so narrt Jaspers sein Publikum und versucht es zu verführen, es möge die Zu rücknahme der Philosophie für die philosophische, die humanistische Aufgabe der Stunde halten. Die Atombombe aber kann es sich bei alledem wohl sein lassen. Ihr ist nur die Philosophie gefährlich, die die Massen ergreift, während das esote rische Geschwätz von Jaspers, indem es Liebhaber der dunklen Tiefe und der tiefen Dunkelheit das Gruseln lehrt, schlechtes Denken an die Stelle von veränderndem guten Handeln setzt. Jaspers trifft mit seiner Baseler Rede genau ins Schwarze, das heißt: er erfüllt den gesellschaftlichen Auf trag, den ihm die gegenwärtig be stimmenden gesellschaftlichen Kräfte im westdeutschen Staatswesen, die Exponenten des Militarismus und Klerikalismus, die nach der Atom bombe greifen, zugedacht haben und den er angenommen hat. Angesichts der Frage Krieg oder Frieden und der längst fälligen Lö sung unserer nationalen Frage, die nur auf dem Boden des Deutschland- planes des Volkes gefunden werden kann, bezieht Jaspers eben den glei chen Standpunkt, wie ihn die Ver treter der Kriegspolitik wollen ein genommen haben: Er stellt die Philosophie in den Dienst der Kriegs vorbereitung. Darum dürfen wir Jas pers nicht als jemanden ansehen, der abwegig philosophiert, sondern der auch verbrecherisch politisiert, mit einem Wort, als unseren Gegner auf der ganzen Linie. Prorektor Prof. Dr. Anfon Arland 65 Jahre Von Prof. Dr. Erich Mühle Am 20. Juli 1960 begeht Prorektor Prof. Dr. Anton Arland seinen 65. Geburtstag. Prof. Dr. Arland hat sich nicht nur als Direktor des Insti tuts für Acker- und Pflanzenbau der Karl-Marx-Universität, sondern auch als Mitglied der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften und als Sekretär und Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissen schaften weit über die Grenzen un serer Universität große Verdienste erworben. Prof. Dr. Arland ist ein hervor ragender Vertreter der älteren Ge neration der Wissenschaftler, die ihre großen wissenschaftlichen Kenntnisse und Erfahrungen als Forscher und Hochschullehrer in den Dienst des so zialistischen Aufbaus stellen und die Einheit unseres Arbeiter-und- Bauern-Staates und der wahren hu manistischen Zielen dienenden Wis senschaft verkörpern. Für seine gro ßen Leistungen erhielt Prof. Dr. An ton Arland anläßlich der 550-Jahr- Feier der Karl-Marx-Universität den Vaterländischen Verdienstorden in Silber. Zu seinem 65. Geburtstag nachste hend eine Würdigung von Prof. Dr. Erich Mühle. Als Prorektor für Forschung sowie als Direktor des Institutes für Acker- und Pflanzenbau gehört Prof. Dr. Arland heute zu den markantesten Persönlichkeiten unserer Karl-Marx- Universität. Prof. Dr. Arland wurde am 20. Juli 1895 in Eisenbrod (Böhmen) geboren. Nach anfänglichem Studium an der Hochschule für Bodenkultur in Wien legte er an der Universität Leipzig seine Diplomprüfung ab, die er durch Sonderprüfungen für Saatzucht inspektoren und für Kulturtechnik ergänzte. Nun folgte eine mehrjäh rige Tätigkeit in der Praxis, bis er als Assistent des damals bereits über die Grenzen Deutschlands bekannten Prof. Dr. Zade in das damalige In stitut für Pflanzenbau und Pflanzen züchtung eintrat. Hier interessierte ihn sofort ein Forschungsgebiet, das bereits Gegenstand seiner Habilita tionsschrift wurde und dem er schließlich seine gesamte Lebens arbeit gewidmet hat: Das Problem des Wasserhaushaltes bei landwirt schaftlichen Kulturpflanzen. Nach mehrjähriger Tätigkeit als Privatdozent am gleichen Institut er folgte seine Berufung zum nichtplan mäßigen, außerordentlichen Profes sor. Leider konnte er diese Berufung nicht weiter ausbauen, da sein von ihm hoch verehrter Lehrer im Jahre 1933 wegen jüdischer Abstammung Deutschland den Rücken kehren mußte. Prof. Dr. Arland entschloß sich darauf, ebenfalls die Leipziger Universität und Deutschland zu ver lassen, um schließlich das Institut für Pflanzenbau, Gemüse- und Obst bau der Prager Technischen Hoch schule zu übernehmen. Hier war er bis zur Auflösung der Hochschule im Jahre 1945 tätig. Bald danach erreichten ihn mitten in harter Arbeit in der landwirt schaftlichen Praxis einige ehrenvolle Berufungen, unter denen zu wählen ihm nicht schwer wurde. Er kehrte nach Leipzig zurück und übernahm im Jahre 1946 als ordentlicher Pro fessor für Ackerbau, Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung das damalige Institut für Pflanzenbau und Pflan zenzüchtung, dessem schnellen Wie deraufbau er sofort seine ganze Kraft widmete. Im Jahre 1949 wurde Prof. Dr. Arland Dekan der Philosophischen Fakultät. Als Markstein dieser Tätig keit muß vor allem herausgestellt werden, daß im Jahre 1951 die Land wirtschaftlichen Institute ihrer Be deutung gemäß zu einer selbständi gen Fakultät erhoben wurden. Mit Beendigung des Dekanats wartete auf ihn bereits eine weitere große Aufgabe im Rahmen der gesamten Universität. Ihm wurde im Jahre 1951 das Protektorat für Forschung übertragen, das von ihm bis heute in überragender Weise geleitet worden ist. Prof. Dr. Arland kann heute auf eine besonders erfolgreiche Arbeit sowohl als Hochschullehrer als auch als Forscher zurückblicken. Über 130 Publikationen stammen aus sei ner Feder. Über 400 Gelehrte, insbe sondere des Auslandes, haben sich bemüht, die Einrichtungen seines In stitutes zu besichtigen und zu stu dieren. In gleicher Weise sind aber auch die praktischen Landwirte be müht gewesen, die Erkenntnisse der „Schule Arland“ kennenzulernen und anzuwenden, wie er auch selbst schon seit seiner Jugend alles daran gesetzt hat, die Verbindung mit der Praxis nie abreißen zu lassen. Darüber hinaus ist er aber nie ein Hochschullehrer und Forscher'''ge wesen, der sich nur seinem Fach ver pflichtet gefühlt hat, sondern er ge hört zu den Gelehrten der alten Ge neration, die in völlig selbstloser Weise dem Freunde wirklicher Freund und dem Mitarbeiter Helfer und Berater gewesen sind, und er zählt nicht zuletzt auch zu denen, die stets voll aufgeschlossen dem Neuen gegenübergestanden haben, das sich in der Welt mehr und mehr durch zusetzen beginnt und der gleichzeitig aus innerster Überzeugung immer wieder betont hat, daß der Mensch heit nur eines nützlich sein kann: ein dauerhafter Frieden. Mögen dem Jubilar noch viele Jahre reichen Schaffens und Wirkens vergönnt sein. Begabung und Nachwuchsförderung Überwindung der bürgerlichen Begabungstheorie räumt Hemmnisse aus dem Weg Die Diskussion über die Thesen des Staatssekretariats für das Hoch- und Fachschulwesen zur raschen Entwicklung eines breiten sozialisti schen Nachwuchses hat in fast allen Fakultäten und Instituten unserer Universität zu konkreten Maßnah men zur schnelleren Entwicklung des Nachwuchses geführt. Zugleich zeigten sich aber auch Unklarheiten und falsche Auffassun gen. Unter anderem traten solche „Argumente“ auf: Die Entwicklung des wissenschaftlichen Nachwuchses könne nicht geplant werden, sondern müsse sich in einer Art Selbstlauf vollziehen; eine systematische Förde rung sei abträglich, da durch sie der „Prozeß der Herausschälung der Be sten“ gehindert werde; wer das „Zeug“ zu einem Hochschullehrer in sich habe, setze sich schon im „freien Spiel der Kräfte“ — anders ausge drückt: im Konkurrenzkampf — durch. Auf der gleichen Linie liegt die Unterschätzung der pädago gischen Ausbildung, da Pädagogen angeblich als solche bereits geboren Werden. Erscheinungsformen der Begabungstheorie Hinter diesen Vorbehalten gegen die planmäßige Entwicklung des wis senschaftlichen Nachwuchses steht, mehr oder weniger verhüllt und un abhängig davon, ob dem einzelnen bewußt, die bürgerliche Begabungs theorie. Und im Grunde genommen trifft das auch zu auf die besonders an vielen gesellschaftswissenschaft lichen Instituten bis in die jüngste Vergangenheit aufgetretene Sorg losigkeit gegenüber der Einhaltung der Termine für Promotionen und Habilitationen. Die Meinung, letzten Endes liegt es doch an jedem selbst, Wann er die Dissertation oder die Habilitationsschrift beendet, ist Aus ¬ druck der bürgerlichen Auffassung, daß die Begabung, die angeborenen Fähigkeiten eines jeden ausschlag gebend für seine Entwicklung seien. Eine solche Ansicht ist unwissen schaftlich und hemmt uns bei der Lösung unserer Aufgaben. Je schnel ler wir die bürgerliche Begabungs theorie überwinden, desto besser sind wir in der Lage, alle Reserven zur raschen Qualifizierung des Nach wuchses aufzudecken. Da in der Diskussion an der Medi zinischen Fakultät auch die Frage aufgeworfen wurde, ob wir als Geg ner der bürgerlichen Begabungs theorie jegliche Begabung verneinen, und andererseits auch Unklarheiten über die theoretische Grundlage der Möglichkeit einer schnellen und plan mäßigen Entwicklung wissenschaft licher Hochschulkader aufgetaucht sind, einige Bemerkungen zu dieser Frage: Die theoretische Grundlage auch für die Herausbildung des wissen schaftlichen Nachwuchses kann nur die marxistische Auffassung über die Entwicklung der menschlichen Fähig keiten sein, die den unwissenschaft lichen Konzeptionen der bürgerlichen Begabungstheorie entgegengesetzt ist. Keine Autonomie der Begabung Der Marxismus-Leninismus be streitet nicht die Existenz von spe ziellen Hochbegabungen (z. B. für Musik oder für Mathematik) und einer allgemeinen geistigen Bega bung (Intelligenz), auch nicht, daß hohen Ausprägungen menschlicher Schöpferkräfte angeborene Anlagen (z. T. vererbt, z. T. in der vorgeburt lichen Entwicklung entstanden) zu grunde liegen. Wir bestreiten in die sem Zusammenhänge aber: a) daß sich jede Anlage kraft einer Eigendynamik zwangsläufig und rela tiv unabhängig von äußeren Bedin gungen entfaltet, und b) daß die Anzahl der in einer be stimmten Population (z. B. unter kapitalistischen Lebensbedingungen) entwickelten und namhaft zu ma chenden Fähigkeiten einen sicheren Schluß auf die Anzahl der in jener Population verteilten Anlagen ge stattet. Diese beiden eng miteinander ver zahnten Prämissen machen den theoretischen Kern der bürgerlichen Begabungstheorie aus. Die erste — Autonomie der Anlage, verbunden mit einer irgendwie formulierbaren Präformationsannahme — gilt, wie die moderne Biologie beweist, nicht einmal absolut für die Entwicklung morphologischer Qualitäten — ge schweige denn für die Entwicklung funktioneller Besonderheiten der Hirntätigkeit. Die zweite Prämisse hat einen durchsichtigen ideologischen Hinter grund. Er zeigt sich vor allem in der sogenannten „Theorie des sozialen Begabungsgefälles“. Sie • wurde von dem Faschisten (und nachmaligen sächsischen Kultusminister in der Nazizeit) Hartnacke 1917 aufgestellt und fand besonders in der Zeit des Faschismus in Deutschland ihre wei tere Ausprägung und heute unter der klerikal-militaristischen Herr schaft in Westdeutschland manche Nachfolger (Reinöhl, K. V. Müller — Nazi-Soziologe — und H. Walter — ein Schüler des Rassisten v. Ver- schuer). Diese zweite Prämisse, die in der Diskussion zu den Thesen des Staats sekretariats bei uns zwar keine Rolle gespielt hat, ist Teil der Begabungs theorie und zeigt deren Klassen charakter besonders klar. Der Gehalt dieser „Theorie“ — sie sollte besser: „Theorie des be gabungsbedingten Sozialgefälles“ hei ßen — wird an einem Zitat von Reinöhl deutlich: „So stellt die so ziale Schichtung im großen und gan zen eine Gliederung der Volksgenos sen nach ihrer anlagemäßigen Aus stattung dar“ (1939). Einfacher gesagt: „Weil du von Geburt an dumm bist, deshalb bist du Arbeiter!“ Diese „Theorie“ ist also eine ideologische Waffe zur Erhaltung des Status quo der bürgerlichen Klassenherrschaft. Demgegenüber schrieb 1950 eine UNESCO-Kommission: „Nach dem heutigen Stand der Erkenntnis gibt es keinen Beweis dafür, daß sich die Gruppen der Menschheit in ihren seelisch-geistigen Veranlagungen, sei dies nun in bezug auf Intelligenz oder Temperament, voneinander un terscheiden. Die wissenschaftlichen Befunde weisen darauf hin, daß der Umfang der seelisch-geistigen Bega bungen in allen ethnischen (und an deren) Gruppen im großen und gan zen gleich sind („The Courier of UNESCO, Vol. 3, 1950). Wir Marxisten sind der Auffas sung, daß der entscheidende Faktor bei der Entwicklung wissenschaft licher und kultureller Höchstleistun gen (die allerdings nicht sicher diagnostizierbare Veranlagung vor ausgesetzt) die gut geleitete wissen schaftliche und kulturelle Betätigung ist. „Erst die Musik entwickelt das musikalische Gefühl des Menschen", schrieb Marx. Planmäßge Entwicklung ist entscheidend Unsere künftigen Hochschulkader sind bereits mehrfach bezüglich ihrer Leistungsfähigkeit geprüft worden (Oberschule, Produktion, Studium, Assistenz u. dgl.). Deshalb liegt alles an der gut geleiteten, planmäßigen Förderung. Dabei muß unser beson deres Augenmerk den Arbeiter- und Bauernkindern gelten. Die Arbeiter und Bauern unter Führung der Partei der Arbeiterklasse sind die entscheidenden gesellschaft lichen Kräfte bei der Voll endung des sozialistischen Auf baus in unserer Republik. Aus dieser gesellschaftlichen Rolle ergibt sich die Notwendigkeit, die Töchter und Söhne der Arbeiter und Bauern be sonders zu fördern. Das trifft auch voll zu bei der Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Hin zu kommt, daß die meisten von ihnen in ihrer Kindheit früher eine gut geleitete Förderung seitens des Elternhauses entbehren mußten. Die Entwicklung des Hochschul nachwuchses darf weder dem Selbst lauf noch dem „freien Spiel der Kräfte“ überlassen werden. Das ver langt nicht nur die gesellschaftliche Situation, sondern auch unsere huma nistische Verantwortung gegenüber den reichen menschlichen Schöpfer kräften, die zu wecken und zu för dern das sittliche Anliegen unserer sozialistischen Hochschulen und Uni versitäten ist. Dr. Hans Hiebsch Universitätszeitung, 20. 7. 1960, S. 3
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