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ZUR EINFÜHRUNG Das dritte Klavierkonzert Ludwig van Beethovens in c-moll, das er im Sommer des Jahres 1800 geschrieben hatte, ist zugleich der Beginn einer ganz neuen Auffassung Beethovens über das Konzert. Während seine zwei vorangehenden Konzerte für dasselbe Instrument sich durch Spielfreudigkeit und eine gleichsam harmlose Hingabe an den Spieltrieb aus zeichnen, kommt in diesem Werk ein neuer Geist zu Worte, spricht aus ihm die ausgereifte Persönlichkeit ihres Schöpfers Beethoven, klingen in ihm pathetischer Ernst und erlebnis tiefe Empfindung auf. Was jedoch Beethoven an seelischen Erschütterungen zu künden hat, gießt er in die Form der Sonate, die ihm das notwendige, von seiner Zeit dargereichte Gefäß für seinen Ausdruckswillen ist. Der erste Satz stellt gleich zu Beginn das wie aus Stein gemeißelte Hauptthema auf, das in der Hauptsache aus den Tönen des zerlegten c-moll- Dreiklanges besteht. Das lyrische zweite Thema ist ebenso klar geformt in seiner Gegen sätzlichkeit zum ersten, es tritt in der Durchführung gewichtig genug in die Auseinander setzung ein, an der sich das Klavier tatkräftig und bedeutend beteiligt. Der Solist hat hier die Rolle eines Individuums, das in dieser musikalischen Auseinandersetzung um die Geltung seiner Persönlichkeit ringt. Schwärmerisch, von einer ganz anderen Empfindungswelt getragen, verströmt das wundervolle und melodienselige Largo. Den Abschluß bildet das kecke, übermütige, geistreiche Rondo, in dem das Thema vom Klavier vorgespielt, dann vom Orchester aufgenommen wird, wobei dem Solisten Gelegenheit gegeben ist, ein über legenes Können zu zeigen. Brillant und mit klassischer Zucht und Straffheit schließt dieser Satz. Die Zeitgenossen Beethovens fanden dieses Werk ungewöhnlich. Sie hatten recht, wenn sie dabei die ungewohnten Aufgaben des Solisten im Auge hatten, die aus Beethovens persönlicher Spieltechnik und seinen kompositorischen Eigenheiten erwuchsen, die für uns heute gerade seine Eigenart ausmachen. Die fünfte Sinfonie von Dimitri Schostakowitsch hat in seinem eigenen Schaffen sowohl, als auch im Gesamtschaffen der sowjetischen Musik eine besondere Stellung. Mit ihr leitet er gewissermaßen eine neue Ara ein. Er hatte durch kritische Bemerkungen seiner Hörer erlebt, daß das Verlangen des sowjetischen Menschen nach einer ihm gemäßen Musik, nach einer Musik, die seine Sehnsüchte, Wünsche, Freuden und Leiden, sein Kraftbewußtsein und seinen optimistischen Schwung ausdrückt, richtig und echt ist. In Schostakowitsch geht die große Erkenntnis auf, daß er als schöpferischer Mensch in die große Gemeinschaft seines Volkes eingebettet ist, daß er nicht mehr ein Einzelner, nicht mehr ein Einsamer ist, sondern daß er alles mit seinem Volke zu teilen habe. Diese Erkenntnis ist der Inhalt dieser fünften Sinfonie, die also von der Umgestaltung des menschlichen Bewußtseins, vom Werden einer solchermaßen ins Ganze eingeordneten Persönlichkeit, von der Festigung seines Charakters aussagt. Das Werk ist folglich ein autobiographisches, ein selbstbekennerisches Werk, das seinen Weg der Prüfungen beschreibt und die läuternde Erkenntnis gestaltet. Daß dieses Werk einen so ungeheuren Widerhall beim russischen Volke findet, liegt daran, daß sein Schicksal und Erleben mit unendlich vjelen Schicksalen seines Volkes überein stimmt und deshalb von ihm spontan verstanden wird. Der erste Satz drückt den dramatischen Konflikt aus, der sich als innere Auseinander setzung in ihm selbst abspielt. Im zweiten Satz, einem unerhört witzigen und geistvollen Scherzo, jubelt seine große Lebensfreude auf, die sich im Walzer- und Ländlerrhythmus austobt. Das Largo bedient sich der Sprache der Polyphonie, die hier große Spannungen ergibt und dem Satz ein tragisches Pathos verleiht. Schmerzliche Demut und Entsagung sind der Inhalt des Schlusses dieses dritten Satzes. Das Finale jedoch beginnt mit Kraft und Präzision, mit Energie und Leidenschaft — und die Sicherheit des neuen Lebens gefühles teilt sich jedem Hörer mit. Die inneren Widersprüche seiner Persönlichkeit sind überwunden, ein neuer Lebensinhalt wird klar erkannt und eindeutig ausgesprochen. All dieses inhaltlich Neue wird von Schostakowitsch mit vollendeter Meisterschaft gesagt. Die Kunst der Instrumentation beherrscht er mit erstaunlicher Könnerschaft. Alles klingt prächtig und voll farbigen Glanzes. Das Werk ist geeignet, die Hörer vom Lebensgefühl des sowjetrussischen Menschen vollkommen zu überzeugen. Johannes Paul Thilman Notiz für Inhaber der Anrechtsreihe A: Die zweite Rate ist vor dem 6. Konzert (am 28.1.1951) fällig. Einzahlungen sind auch beim 5. Konzert (am 14. 1. 1951) in der Pause an der Abendkasse möglich.