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Dresdner Journal : 06.02.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-02-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189702061
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18970206
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18970206
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-02
- Tag 1897-02-06
-
Monat
1897-02
-
Jahr
1897
- Titel
- Dresdner Journal : 06.02.1897
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Dresdner vei«iHret«: Fü, Dresden vierteljährlich: 2 Mark »0 Ps., bei den kaiser lich deutschen Postanstalten virrtrljahrlich S Mark; auster- halb de» Deutschen Reiches Poß- und Stempelzuschlag Einzelne Nummern: 10 Pf Erscheine«: Täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abends Fcrnspr.-Anschluß. Nr 12-5, - - AukündtgungSgebührrn: Für den Raum einer grspa! trnen Zeile kleiner Schrist 20 Pf. Unter „Eingesandt" die Zeile üv Pf Bei Tabellen- und Ziffernsatz entsprechender Ausschlag. Herausgeber. Königliche Expedition des Dresdner Journals Dresden, Zivlngerstr. 20 Fcrnspr.-Anschluß: Nr. 1295 1897 Sonnabend, den 6. Februar, abends. Amtlicher Teil. Dresden, 6. Februar. Se. Großherzogliche Hoheit der Prinz Maximilian von Baden ist gestern abend 9 Uhr 14 Min. hier eingetroffen und hat im Königlichen Residenzschlosse Wohnung ge nommen. WekannLlnachrrng, die Ersatzwahl im I. Landesculturraths-Wahl- bezirke und die Bestellung eines Wahlkommissars für dieselbe betreffend. Infolge der Wahl des seitherigen Vertreters des I. Landesculturraths - Wahlbezirks zum Vorsitzenden des landwirthschaftlichen Kreisvereins für das Königlich Sächsische Markgraflhum Oberlausitz hat das Mini sterium des Innern beschlossen, die in Gemäßheit 8 5 letzter Absatz des Gesetzes, die Reorganisation des landesculturraths betreffend, vom 9. April 1872 und der Ausführungs-Verordnung vom 15. April 1872 beziehentlich des Gesetzes wegen Abänderung einiger Bestimmungen des ersterwähnten Gesetzes vom 15. Juli 1876 erforderlich werdende Ersatzwahl in der Zeit vom 1. bis 20. März dieses Jahres vornehmen zu lassen und mit der Leitung derselben den Ritterguts besitzer Paul Reichel auf Ober-Strahwalde bei Herrn hut beauftragt. Dresden, am 3. Februar 1897. Ministerium des Innern. v. Metzsch. Gersdorf. Nichtamtlicher Teil. englischen Unterhältst ist es gestern zu sehr bemerkenswerten Vorgängen in sofern gekommen, als die Regierungsvertreter mit einer an englischen Staatsmännern ziemlich seltenen Schärfe sich gegen Frankreich und Rußland wegen ihres Ver haltens in Sachen des Dongolafeldzuges gewendet haben. Die Parlamentsmitglieder selbst waren sich auch über die Bedeutung der Erklärung der Regierung? Vertreter vollkommen klar, und aus dem Hause selbst wurde sogar der Regierung ihre „gefährliche Sprache" gegen Frankreich und Rußland vorgeworfen. Dcr Verlauf der gestrigen Verhandlungen war folgender: Zunächst ergriff der Parlamentssekretär des Äußern Eurzon das Wort. Er erklärte, die Regierung höre, datz von dem französischen und dem russischen Konsul an die ägyptische Regierung amt liche Briefe gerichtet worden seien, in denen angesragt werde, ob sic eine pekuniäre Hitfe von England nachgesucht habe odcr annchmen werde, und welche die Ansicht ausdiückten, daß nach dem Wortlaut früherer Dekrete ein derartiges Gesuch von dcr Verwaltung dcr Staatsschuldenkasse an alle Mächte gerichtet werden müßte. Von diesen Briefen habe keine der beiden Mächte der britischen Regierung Mitteilung gemacht. Über die Antwort, die von der ägyptischen Re gierung voraussichtlich auf diese Anfrage erteilt wer den wird, haben die „Times" inzwischen schon etwas „verlauten" gehört. Danach würde die Antwort einer direkten Zurückweisung Frankreichs und Rußlands gleichkommen. (S. Telegramms Hiernach kam der Schatzkanzler Sir Hicks Beach zunt Worte. Er beantragte die Bewilliaung von 7SÜ00V Pfund, durch welche der Khcdive in den Stand gesetzt werden solle, dcr ägyptischen Schuldcnverwaltung de» für die Zwecke dc- letzten Feldzuges geleisteten Vorschuß zurückzuzahlen und dieMatenal- tosten des BahnbaucS von Wady Haifa nach Abu-Hamcd zu bestreiten. Der Schatzkanzler führte au-, die thatsächlichen Kosten der Expedition seien 733000 Pfund, wobei inbegriffen seien die Koste» sür die Weiterführung der Eisenbahn und der Telegraphenlinie von SaraS bis Wady Halsa und die Kosten der für die Expedition angekausten Kanonenboote, welche auch sür die Zukunft wertoolleTienste leisten würden Die beiden letzteren Punkte nähmen ein Drittel der Gcsamtkosten der Expedition in An spruch. Die Kosten eines Feldzuges seien aber auch in einer anderen und wichtigeren Hinsicht gleichfalls geringe, wenn man die er reichten Ergebnisse in Betracht ziehe Es seien nur 47 Mann im Gefecht getötet worden; 23S Mann seien der Cholera, anderen Krankheiten über tOO zum Opfer gefallen. Er glaube, daß keine andere Expedition je einen vollständigeren Erfolg gehabt habe Die von der Schuldenkasse vorgcstreckte Summe von L12 000 Pfund englischer Währung würde es Ägypten thatsächlich ermöglicht haben, die gesamten Kosten der Expedition zu bestreiten Das Urteil des gemischten Gerichtshofes habe aber der ägyptischen Regierung auserlegt, den Vorschub mit Zinsen zurückzuzahlen, was zusammen sich aus 52^000 Psund belause. Als das Urteil bei der britischen Regierung ein gegangen sei, habe die letztere leinen Tag verloren, um der ägyptischen Regierung mitzuteilen, dast sie Ägypten schadlos halten und beim Parlamente die Erstattung der vorgestreckten Summe beantragen werde. Die durch das Ürteil des gemischten Eerichlshoses in Ägypten geichaffene Lage sei von bemerkcnSwer.er Eigenart. Die ägyptische Regierung stchc in finanziellen Angelegenheiten in den Hauptzügen unter der Autorität der Großmächte und diese Autorität werde durch die Kommission der Kaffenverwalt ung in weitgehendem Maße ansgeübt. Unter den den Dcle- gieiten bei dieser Kommission obliegenden Verpflichtung befinde sich auch die, einen gewissen Teil des jährlichen Überschusses in Empfang zu nehmen und denselben dem Reserve onds zu überweisen, hauptsächlich im Interesse der Obligationen- besitzcr, doch sei die Kommission ermächtigt, von Zeit zu Zeit auf Antrag der ägyptischen Regierung einen Teil des Fonds für außerordentliche Ausgaben zu bestimmen. Auf Grund dieser Ermächtigung habe die Mehrheit dcr Kom mission dahin entschieden, daß die Dongola - Expedition unter solchen Ausgaben inbegriffen sei. Dcr gemischte Gericht« Hof habe hingegen dahin geurteilt, datz ft des Mitglied der Kommission gegen alle übrigen Mitglieder appellieren und daher das Gericht in den Stand setzen könne, einen Beschluß zu annullieren, den die Kommission über eine ihr von den Großmächtcii zugewiesene Angelegenheit gesaßt habe Diese Lage scheine beinahe absurd. Der Fonds sei durch die weise Verwaltung Ägyptens, welche nach dem Rat Eng lands gehandelt habe, angesammelt worden und die ägyp tische Regierung habe die Verwendung eines Teiles des Fonds für die Dongola - Expedition beschlossen. England, welches sür die Sicherheit Ägyptens verantwortlich sei, habe sich dieser Anschauung angeschloffen, desgleichen auch die Mehrheit der Großmächte. Er müsse sagen, im nächsten Jahre, wenn die Frage der zwei im gemischten Gerichts höfe vertretenen Mächte wieder zu erwägen sein werde, müsse sich ein ernster Streit erheben über die Zukunft, die Gewalt und Vollmacht des Gerichtshofes und über die Frage, ob dem Gerichte gestaltet fein falle, eine Autorität zu usurpieren, welche von den Groß mächten mit Bedacht einer anderen Behörde anver traut worden sei. (Beifall.) Für jetzt habe Ägypten keine andere Wahl, als den Vorschuß zurückzuzahlen und Eng land keine andere Wahl, als die Summe Ägypten zu erstalten. Die Regierung habe mit der ägyptischen Regierung ein Ab kommen geschlossen, wonach, während für den in Ägypten aus stehenden Geldvorschuß Englands 2H Proz. Zinsen zu zahlen seien, es den beiden Regierungen überlassen bleibt sich von Zeit zu Zeit darüber zu einigen, ob die ägyptische Regierung im stände sei, kaS Kapital mittels durchsührbacer und passender Ratenzahlungen zurückzuecstattcn. Eine Sicherheit sür die Rück zahlung bestehe nicht und es sei richtig, daß die ägyptische Re gierung nirbt im stände sei, eine tectmiiche Sicherheit zu geben. Aegypten bietet allerdings keine Sicherheit, uns den Betrag zurückzuzahicu, aber wie die Dinge liegen, hal:en wir doch Äcgypten für okkupiert Die Haupiursache der Okkupa tion ist, daß Frankreich uns rn Ägypten nicht freie Hand läßt, obgleich es uns die alleinige Verant wortlichkeit für Ägyptens Sicherheit ließ Uns ist es unverständlich, daß, man einen Vorschuß sür die Dongolaexpedition verweigert, gleichzeitig sogt, Ägypten sei föhiallein zu stehen Die Regierung versolgt die bisherige Politik, da Ägypten nicht gesichert ist, solange eine Feindesmacht vom Nilthal bis Khanum hinaus vor handen ist. Das Vorgehen müsse aber allmählich erfolgen. In der kommenden ScZivn soll dcr ägyptische Vormarsch nach Abu-Hamed erfolgen, später wahrscheinlich weiter, wie weit, unterlasse ich zu sagen Hauptausgabe ist die Sicherstellung der bereits unterworfenen Gebiete, ferner die Erwerbung weiterer für die Zukunft wichtiger strategischer Punkte (Betsill.) Die Politik der Regierung Luust und Wissenschaft. 88 Uber eine große Bilderversteigerung in Paris wird dem „B. T." berichtet: Unter den Juwelierläden der Rue de la Paix ist der von Henri Bever keineswegs der glänzendste, wenigstens nicht äußerlich der glänzendste. Wer in die näheren Verhältnisse des Hauses Henri Vever nicht weiter eingeweiht war, hörte deshalb gewiß mit Überraschung, daß dieser Juwelier eine der großartigsten Gemäldesammlungen zusammengebracht hat, die noch je ein Juwelier sein eigen genannt. Dieser Mann hatte in seiner Wohnung in der Rue de la Paix und in seinem Schlöffe im Departement Eure mehr Bilder von Corot und Monet aufgestapelt, als irgend ein öffentliches Museum besitzt Und wenn er jetzt einen großen Teil dieser Sammlung zum Verkauf gebracht hat, so hat er das keineswegs gethan, weil sein Perlenhandcl zurückginge. Er hat sich einfach „verändern" wollen. Seine Sammlung — oder doch der zum Verkauf bestimmte Teil seiner Sammlung — war zwei Tage lang bei Georges Petit ausgestellt. Obgleich die Ausstellung nur wenig oder gar nicht in den Blättern angezeigt worden, war der Andrang so enorm, daß von einer genaueren Betrachtung überhaupt keine Rede sein konnte. Alle Gönner der Kunst, welche nicht immer Kenner sind, waren da. All jene Enthusiasten, die zu jeder kleinen Ausstellung laufen, aber nur in ihrer Schulzeit einmal im Louvre waren, schwärmten von Corot, Daubigny und Monet. 118 Ölgemälde . . . darunter 14 von Corot, 2 von de Nitti, 3 von Cazin, 2 von Meiffonier, 2 von Rousseau, 9 von Monet Hr. Henri Dever hat neben der Schule von Barbigon hauptsächlich Schöpfungen impressionistischer Land schafter gesammelt 17 Pastells, darunter 2 von BeSnard, 2 von Heret, 4 von Millet, 14 Aquarelle, darunter solche von Daumier«, 27 Handzeichnungen und 10 Skulp turen Und man muß e« Hrn Dever nachsagen, daß er nicht nur „Namen", sondern auch Bilder in seiner Sammlung hatte. Ein Waldweg (.,ftw cllwmin ivoutunt"), ein Waldwinkel aus „Pille d'Avray" gehören zu dem Schönsten und Besten, was Corot je gemalt hat. Der Daubigny („Oc l»orll8 <1e I'Oisv") ist einfach herrlich. Und cs scheint, daß der eine der beiden Rousseaus („O» vullö« äs Titkun^s") ein wahres Wunderwerk ist — ich sage, cs scheint, denn ich habe nur einige herbstlich rot gelbe Baumwipfel erschaut — tout l'-crw, und die ameri kanische Kolonie mit inbegriffen, stand vor dem Bilde und stieß mit den Nasen gegen Rousseaus Waldheiligtum. Offenbar glaubten sie, den Waldozon riechen zu können Triumph der Kunst! Dann war da eine Gartenhecke dieses feinen, zärtlichen Meisters de Nittis, die nicht das schlechteste Juwel des Juwelenhändlers schien. Und drei oder vier der allerbesten Bilder von Monct, aus dcr gute» Zeit dieses Impressionisten, aus der Periode, da er noch aufrichtig und ernst die Naturstimmungen wiedergab und noch nicht in raffinierte Spielereien verfallen war. Sisley und Leboury hat man selten oder niemals bester vertreten gesehen als hier Nachdem die Ausstellung zwei Tage gewährt hatte, begann die Auktion Sie ging un erhört rasch vor sich. Eins, zwei, drei, war die ganze Sammlung verkauft. Und welche Preise! Der Daubigny, für den der Besitzer 60 WO Fres, gefordert hatte, wurde für 78 000 FrcS. zugeschlagen; er wandert nach Amerika Rousseaus Gemälde blieb für 77 500 FrcS. in Paris. Corots „Dille d'Avray" brachte es auf 35 000 FrcS, sein „Ebvmin montant" auf 27 800 Frcs, ein drittes Bild des Meisters auf 32 000 Fres Aber wenn da« alles noch halbwegs verständlich klingt — die Sache wurde grotesk, als man zur Versteigerung zweier kleiner Meistoncer« und eine« Pastells von Millet kam. Die Überschätzung Meisionier« gehört entschieden zu den französischen Nationalkrankheiten Dieser gewiß au«- gezerchnete Maler ist eine „xloirv" de« Vaterlandes — man rühre nicht daran! Seine beiden etwa handgroßen entspricht gewiß der großen Mehrheit Englands. (Lauter Beifall.) Morley bekämpft hieraus des Schatzkanzlers Redes, welche eine Herausforderung Frankreichs und Ruß lands fei und die Frage Hervorrufe, ob Englands Absicht. Ägypten zu verlassen, aufrichtig fei. Die Zurückzahlung dcS Vorschusses seitens Ägyptens sei undenkbar. Die gegen wärtig lorgenvolle Zeit sei schlecht sür die Expedi tion gewählt. Harcourt tadelt gleichfalls die gefährliche Sprache des Schatzkanzlers gegen Frankreich und Ruß land Eine derartige Herausforderung bedeute viele Millionen Kosten. Curzon bestreitet die Heraus sorderung Sodann lehnte das Haus mit 139 gegen 29 Stimmen den Antrag Knok ab, von dem Kredit 72000 Pfd. Sterl, zu streichen. Wie weiter telegra phisch gemeldet wird, ist schließlich die Regierungs vorlage mit großer Mehrheit genehmigt worden. Inzwischen liegt auch schon — wie man aus den Telegrammen an anderer Stelle des Blattes ersehen wolle — das Echo vor, welches diese Parlaments Verhandlungen in Frankreich gefunden haben. Dort faßt man demnach die Erklärungen der englischen Staatsmänner thatsächlich als eine Herausforderung auf Es wird also nicht ausbleiben, daß sich hüben wie drüben an die gestrigen Vorgänge im englischen Unterhause eingehende Diskussionen knüpfen werden und schneller, als man es noch vor kurzem für möglich gehalten hatte, könnte es auf diese Weise zu einer „Aufrollung" der ägyptischen Frage kommen. Welche Bedeutung diese Frage für Frankreich hat, bedarf keiner näheren Ausführung. Im Bewußtsein, auf die russische Hilse zählen zu können, wird es die französische Regierung auch kaum an der erforderlichen Energie England gegen über fehlen lassen, zumal sie auch solchenfalls der Sympathie des weitaus größten Teiles ihrer Lands leute sicher sein könnte. Interessant wird es sein, danach zu forschen, welche Motive wohl die englischen Staatsmänner veranlaßt haben können, sich plötzlich — scheinbar wenig stens — mit Energie in der ägyptischen Frage zu engagieren. Unwillkürlich pflegt man hinter den offensichtlichen Handlungen der englischen Politik nach den geheimen Werken und Plänen zu forschen. Wenn man die neuerlichen beunruhigenden Nachrichten aus Kanea, aus Kon stantinopel, aus Smyrna u s. w, sich vergegen wärtigt, könnte einem der Gedanke kommen, daß man in England nullens wäre, die Gegner nur an irgend einem Punkte zu beschäftigen, während die Haupt aktion ganz wo anders sich abspielen soll. Die nächste Zeit, die allem Ansche n nach eine politisch recht belebte werden dürfte, wird ja bald die Auf klärung über die englischen, russischen und franzö sischen Pläne bringen. Wir Deutschen können er freulicherweise, zunächst wenigstens, in Ruhe die Ent wickelung der Dinge mit ansehen Aus Honstantiuopcl geht uns unter dem 4. Februar der nachstehende Be richt zu, welcher van neuem beweist, wie „dort hinten, weit in der Türkei", wieder einmal die allgemeine Unsicherheit an der Tagesordnung ist. Es heißt in dem Berichte: Mit dem gestrigen Tage hat sür die Bckcnner des Islams der 3Ötägige Ramazan, eine Periode der voll ständigen Ruhe auf allen Gebieten des Privat- und Geschäfislebens begonnen, welche auch trotz der Dring lichkeit der einzuführenden Reformen seitens der Diplomatie respektiert wird. Tie Überreichung der Kollektivnote der Botschafter über den all gemeinen Neformvorschlag ist daher auch erst nach dem Bairamfeste zu erwarten, welches nach dem Ramazan, mit den christlichen Ostern übereinstimmend, die Epoche abschließt, die der Mohammedaner ^ausschließlich dem Kultus seines Glaubens widmet. Die Auspizien, unter denen der Ramazan in diesem Jahre beginnt, sind trotz der auf dem Gebiete dcr Verwaltung im Zuge befindlichen Reformen durchaus unbefriedigend. Es gärt an allen Ecken und Enden, und man sieht, je näher das Frühjahr kommt, mit umso große,er Sorge der Entwickelung der Dinge entgegen. Vor allem scheint es in Kreta mit der mühsam hergestellten Ruhe wieder völlig zu Ende zu sein, und die im geheimen betriebenen Wühlereien be ginnen seit einigen Tagen in Erscheinungen zu tage zu treten, deren Tragweite sich noch nicht absehen läßt. Ursprünglich waren es Eandia und Rethymo, wo die Mohammedaner Unruhen hervorriefen, die mit Blutvergießen endeten. Jetzt haben solche aber auch bereits in Canca stattgefunden, sodaß die großen Zentren der Insel abrrmals unter dem Terrorismus der entfesselten Leidenschaften zu stehen scheinen. In unterrichteten Kreisen spricht man mit aller Bestimmtheit davon, daß sich die schreck lichen Ereignisse des Vorjahres einfach wieder holen werden, da allenthalten anarchische Zustände herrschen, denen auch die nun endlich in der Bildung hegriffene Gendarmerie zu steuern kaum im stände sein wird, zumal sie ausElementen besteht, denen beide Nationen der Insel feindselig gegenüberstehen Auch in Syrien gärt es im geheimen Man kennt d-n dortigen Sitz der Agitation noch nicht, jedoch steht es fest, daß in der letzten Zeit große Waffensendungen dorthin gelangt sind, von denen nur ein geringer Teil beschlagnahmt worden ist. Eine bedeutende Ladung Handfeuerwaffen und Munition ist noch von Malta aus nach der syrischen Küste unterwegs und die Regierung hat die dort kreuzenden Stationsschiffc durch mehrere Kanonenboote verstärken lassen, die bereits vom Marineministerium den Befehl erhalten haben, in die dortigen Gewässer abzugeheu. Aber ob sie etwas finden werden, ist eine andere Frage. Alle diese Vorkommnisse weiden jedoch durch die Befürchtungen übertroffen, die man in der Hauptstadt für den 15. Ramazan hegt, an welchem Tage der Sultan der Tradition gemäß die Fahrt in die Moschee des alten Serails unternehmen muß, um den Mantel des Propheten zu küssen. Der Polizei sind Mitteilungen zugegangen, die auf einen An schlag der jung türkischen Partei für diesen Tag schließen lassen Sicherheiksmaßregeln sind im größten Umfange getroffen worden. Zu allem Überflüsse ist nun auch noch im ökn meni scheu Patriarchate ein Streit entbrannt, der — so wie die Dinge augenblicklich liegen — noch zu allerlei Konsequenzen Anlaß bieten kann. Die Mehr zahl der Synodialmitgliedec mit dem Metropoliten von Heraclö Msgr. Germanos an der Spitze will nämlich den Patriarchen stürzen und hat kür diesen Zweck die große Masse der hiesigen Griechen auf ihrer Seite. Ter Patriarch hat nun den renitenten Mitgliedern den Befehl er teilt, in ihre Diözesen zurückzukehren, sie leisten jedoch der Aufforderung keine Folge, erklären vielmehr, daß ein derartiger Beschluß nur von der Synode ausgehen könne, und halten seit zwei Tagen die Sitzungen nicht mehr im Patriarchate, son dern ohne Beisein des Patriarchen in der Privat- wohnung eines Metropoliten ab. Kurz, es herrscht auch hier vollkommene Anarchie. Tie Ürsachen dieser Vorgänge liegen teils in der Uesküber, teils in der macedo-wallachischen Kirchenfrage: man beschuldigt nämlich den Patriarchen des geheimen Einverständ- Bilder „Das Frühstück" unv „Generalstabsosfiuer auf dem BcobachtunqSposten" wurden sür 72 000 und 94 100 FrcS. verkauft. Das ziemlich unbedeutende Pastell von Mittet trug ein Glücklicher für 16 200 Frcs. nach Hause Armer Millet, dcr bei Lebzeiten nichts zu essen hatte! Tot sein ist alles! Auch die Impressionisten erzielten gute Preise: MonetS „Pont ü'-Xi^vntcuil" 21500 Frcs, desselben Malers „Olavons" 12 500 Frcs rc. El» feines Pastell von Degas: „ToNotto" kam auf 10 500 Frcs , ein mehr großer als guter Puvis de Chavanne« „Ouclus pro piKrm" auf 22 500 Frc». Im ganzen brachte diese Auktion Hrn. Henri Vever 967 970 Frcs Sie hat denen, die es etwa noch nicht wußten, bewiesen, daß es in Paris sehr viel schöne Bilder und sehr viel schönes Geld giebt. Sie hat auch wieder bewiesen, daß der Snobismus und die Mode die Welt regieren. Hr Vever, der Juwelenhändler, der in der Nue de la Paix, mitten cm Königreich der Mode zu Hause ist, hat in seinem Beruf Gelegenheit gehabt, ein guter Psychologe zu werden, und er hat die Gelegenheit ausgcnutzt. Er weiß, daß Opale, die gestern noch keine Pariserin kaufen wollte, heute in keinem Schmuckschrank fehlen dürfen Er weiß, daß jedes Juwel seine Zeit hat, daß es im Preise steigt und fällt, und daß man nur den Augenblick abwartcn muß, wo es Mode wird. Er hat wahrscheinlich vor vielen Jahren Opale — die damals niemand tragen mochte, weil sie „Tod bedeuteten" — sehr billig gekauft und er verkauft sie heute sehr teurer. Er hat 1887 Claude Monets „Pont ä ^i^sntsnil" für 5000 Frcs. erworben und das Bild jetzt für 21500 FrcS an den Mann ge bracht MonetS „pa^snxv ck'Hivcr", die er 1875 für 250 Frc« erworben, wurde ihm jetzt mit 5000 Frc«. bezahlt. Er ist ein kluger Mann, dieser kunstsammelnde Juwelenhändler — er gehört sicherlich nicht zu denen, welche einen Meiffonier für 94100 Frc« erwerben. 8 Über vas Alpenglühen schreibt Prof. Richter (Graz) in dcn „Mitteilungen des Deutschen und Oester- reichischen Alpenvereins": Einstens, als man noch die Alpen bereiste, um Gesühlseindrücke zu gewinnen und nicht um Rekords zu schaffen, gehörte es zum guten Ton, das Alpenglühen gesehen nnd gebührend bewundert zu haben. Besonders für solche, die die Berge vornehmlich von unten zu besichtigen pflegen. Thatsächlich gehört die rote Beleuchtung, die sich zu allen Jahreszeiten gelegentlich bei Sonnenuntergang einstellt, zu den effektvollsten An blicken, wenn Bergspitzen vorhanden sind, die gegen Westen zu blanke Schneeslächcn zeigen, wie etwa die Jungfrau von Interlaken gesehen. Auch Salzburg bietet hierzu günstige Gelegenheit, va Tennengcbirge, Göll und Unters- berg eine geeignete Gestalt besitzen, während Jnsbruckö Berge sür solche Belcuchtungseffekte weniger paffend gruppiert sind Tie gewöhnliche Sonnenuntergangs-Be leuchtung ist aber nicht das, was man unter Alpenglühen versteht: dabei denkt man ein plötzliches Aufglühen der nach Westen schauenden Berghänge nach Sonnenuntergang und nachdem die Landschaft schon in Schatten gesunken ist Diese Erscheinung ist bei weitem seltener als die erste, aber auch meist viel weniger effektvoll und viel schwäche: Wem es also nicht um die Rarität zu thun ist, der möge sich an dem gewöhnlichen Sonnenuntergänge, dem falschen Alpenglühen, erfreuen und dem echten keine Thräne nachweinen DaS echte Alpenglühen sollte man bester mit dem Aus drucke: „Wiederglühen" bezeichnen Man stand der Sache lange Zeit ziemlich ratlos gegenüber, doch ist die Erklär ung schon vor einigen Jahren durch W. v Bezold ge funden worden Sie liegt in dcn Vorgängen am Himmel selbst, die jeden normalen Sonnenuntergang begleiten Wenn die Sonne für den Beobachter in der Ebene unter dem Horizonte verschwunden ist, so sind die Gipfel der Berge noch von direkten Sonnenstrahlen brleuchtet, die aber infolge ihre« Durchganges durch getrübte Luftschichten rot, goldgelb und orange gefärbt sind. Zugleich erscheint
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