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Dresdner Journal : 26.01.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-01-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189701260
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18970126
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18970126
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-01
- Tag 1897-01-26
-
Monat
1897-01
-
Jahr
1897
- Titel
- Dresdner Journal : 26.01.1897
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»ik Dresden vierteljährlich: ,Mark d0Lf., bei den Kaiser- kch deutschen Postanstalten mkNk!,ahrlich «Mark; außer- halb des Deutschen Reiche« Poß- «d Stempelzuschlaa. Einzelne Nummern: 10 Pf Grschetuen: Täglich mit Lu«nähme der Hann- und Feiertage abend«. Fernspr »Anschluß: Nr1--L U»tt«bt«»»t«»ebktreA^ Für de» Naum einer gespal tenen geile kleiner Schrift »0 Pf Unter „Eingesandt" die Zeile bO M. Bei Tabellen- und Ziffernsatz entsprechender Ausschlag. Herausgeber: Königliche Expedition de« Dresdner Journal« Dresden, Zwingerstr »0. Hernspr.-Anschluß: NrlLVL ^§20. 1897. Dienstag, den 26. Januar, abends. Amtlicher Teil. DreSde«, 20. Januar. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem in den Ruhestand getretenen Bürgerschullehrer und Organisten Heinrich Gottlob Heynig in Crimmitschau das Verdienstkreuz zu verleihen. WekannLrnachung. Unter Bezugnahme auf den BundeSratsbeschluß vom 22. Februar 1894, betreffend die Prüfung von Nahrungsmittel-Chemikern, werden in dem nachstehenden Verzeichnisse die Namen der in Gemäßheit der Ver ordnung vom 23. Juli 1894 (Gesetz- und Verord nungs-Blatt Seite 159 flg.) während des Jahres 1896 von den zuständigen Prüfungs-Kommissionen zu Dresden und Leipzig unter Verzicht auf die Prüfungen und deren Vorbedingungen, beziehentlich nach erfolgter Ablegung der Prüfung für befähigt erklärten und von den unterzeichneten Ministerien mit Befähigungs- ausweisen versehenen NahrungSmittel-Chemiker ver öffentlicht. Dresden, am 5. Januar 1897. Die Ministerien des Innern und des Kultus und öffentlichen Unterrichts. v. Metzsch. v. Seydewitz. Hausmann. Wevzeichnis der im Jahre 189« mit BesähigungSauSwcisen versehenen Nahrungsmittel-Chemiker. Geburts- Namen btj. Aufenthalts - Ort 1. ». s. 6. 8. 9. 10. 1l. 12 13 1. A. unter Verzicht auf die vorgesehenen Prüfungen und deren Vorbedingungen. Böhmer, vr. Karl B ö ttcher, I>r. pdil Karl Friedrich Bruno Oskar Cranheim, vr. pbil. Walter . Glaser, Vr. Fritz Hiltner, vr. Lorenz . . . . Jonscher, vr. Albert Maximilian Paul Koch, vr. Franz Richard . . . Koch, Georg AlsonS Otto . . . Leonhardt, Heinrich Friedrich Wilhelm Richter, vr. Ludwig . . . . Rieckelmann, vr. pbil. Ludwig Rudolf Schmitz-Dumont, vr. Winny. Stark, Adolf Julius Lorenz . . L. auf Grund bestandener Prüfung. Raßmann, W Trübsbach,, vr. pbil. Paul Arthur Rodewitz b Pommritz Steinbrücken, z Zt. in Möckern. Dresden. Wiesbaden Tharandt. Zittau. Crumpa Crumpa. Reu Trebbin. Tharandt. Plauen i. B. LoS Angeles in Kalifornien. Lommatzsch. Freiberg Chemnitz. Verordnung, die Beiträge der Besitzer von Pferde» und Rindern zur Deckung der im Jahre 1896 aus der Staatskasse bestrittenen Berlage an Seuchen- rc. Entschädigungen betreffend. Nach der am 17. December vorigen Jahres vor genommenen Aufzeichnung der im Lande vorhandenen Pferde und Rinder ist zur Erstattung derjenigen im LunÜ und Wissenschaft. Konzerte. In der Reformierten Kirche veranstaltete Hr Uso Seifert am Sonntag mittag die achtzehnte Musik-Aufführung. Er eröffnete sie mit Bachs Prä ludium und Fuge 6-moIl und brachte dann als Haupt stück eine dreisätzige Konzert-Phantasie (6-moII) von Wilh Rudnick zu Gehör. Der Komponist ist als Kantor und Organist in Liegnitz thätig; er hat bis jetzt einige geistliche und weltliche Gesänge und Jnstrumentalkompo- silionen veröffentlicht während eine stattliche Anzahl von Werken für die Orgel noch der Drucklegung harrt, obwohl in der Gegenwart fast Woche für Woche eine Menge ge ringwertiger Gesangs- und Klavierstücke selbst von ange sehenen Verlagshäusern auf den Markt gebracht wird Unter den Manuskripten befindet sich auch die Phantasie, mit welcher der selbständig vorgehcnde Konzertgeber Rud nick jetzt bei uns in die Öffentlichkeit eingeführt hat. Sie ist eine gediegene Produktion, gehaltvoll in der Erfind ung wie in der Ausarbeitung, vortrefflich im musikalischen Satz, harmonisch im Grunde einfach, aber auch kräftig und nobel und freierer, interessanter Ausbiegungen an rechter Stelle durchaus nicht entbehrend, dabei gleichmäßig klar, fließend, wirksam gesteigert und formell abgerundet. Den musikalisch stärksten Eindruck macht der erste Satz; im langsamen Teil beeinträchtigt die etwas spröde klang liche Haltung den vollen Empfindungsausdruck der Tonsprache. Hr. Seifert trug die Phantasie in leich tester Beherrschung, schwungvoll und mit jener inner lichen Anteilnahme vor, die er allen seinen Auf gaben entgegenbringt und die ihn namentlich zu einem echt musikalischen, ausgezeichneten Bach-Interpreten macht Ihre Mitwirkung liehen dem Konzertgeber Frhr. v. Liliencron, der Stücke von Bach und Nardini mit schönem Ton in edlem Stil spielte, und Frl Hermine Jahre 1896 verlagsweije aus der Staatskasse be strittenen Beträge, welche an Entschädigungen nach dem Reichsgesetze vom , für die wegen Seuchen auf polizeiliche Anordnung getödteten und für die nach solcher Anordnung an der Seuche ge fallenen Thiere, beziehentlich nach den Gesetzen vom 22. Februar 1884 und vom 17. Mürz 1886 be ziehungsweise vom 29. Februar 1896 für die in Folge der Schutzimpfung gegen Lungenseuche umgestandenen oder wegen dieser Folgen zu schlachten gewesenen Rinder oder für in Folge von Milzbrand oder Rausch- brand gefallene oder getödtete Pferde und Rinder zu gewähren gewesen, beziehentlich an Verwaltungskosten erwachsen sind, auf jedes der ausgezeichneten u) Pferde ein Jahresbeitrag von vier Pfennigen und d) Rinder ein Jahresbeitrag von siebzehn Pfennigen zu erheben. Indem Solches nach Maßgabe der Bestimmungen in 8 4 der Verordnung vom 4. März 1881 — Gesetz- und Verordnungs-Blatt von 1881, Seite 13, — und der Verordnungen vom 22. Februar 1884 und vom 17. März 1886 beziehungsweise des Gesetzes vom 29. Februar 1896 — Gesetz- und Verord nungs-Blattt von 1884, Seite 62, und von 1886, Seite 64, beziehungsweise von 1896, Seite 31, — andurch bekannt gemacht wird, werden die zur Ein hebung der belegten Jahresbeiträge berufenen Polizei behörden (Stadträthe, Bürgermeister, Gemeinde vorstände) hiermit angewiesen, auf Grund der von den Kreishauptmannschaften beziehentlich Amtshaupt mannschaften abgestempelt an sie zurückgelangten Ver zeichnisse die oben ausgeschriebenen Jahresbeiträge von den betreffenden Pferde- und Rindvieh-Besitzern unverzüglich einzuheben und bis längstens den 1. April dieses Jahres unter Beischluß der Verzeichnisse an die Kreishauptmannschaften beziehentlich Amtshauptmann- fchaften einzuzahlen. Dresden, am 22. Januar 1897. Ministerium des Innern. v. Metzsch. Hartmann. .Bekanntmachung. Die zum Geschäftsbetriebe im Königreich Sachsen zugelassene Versicherungsanstalt auf Gegenseitigkeit „Fides", Erste Deutsche Kautions- und Allgemeine Versicherungsanstalt in Berlin hat den Betrieb der Kautions- und Unfallversicherung eingestellt Auf Grund von 8 6 der Verordnung vom 16. September 1856 wird dies hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Dresden, am 20. Januar 1897. Ministerium des Innern, Abtheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. «67 Podel. Zeibig. Erntauuugeu, Versetzungen rc. im öffentlichen Dienste. Departement des Kultus und öffentlichen Unter richt«. Zu besetzen: die »eubegründete 4. Lehrerstelle in Sehma. Kollator: die oberste Schulbehörde. Einkommen: außer freier Wohnung im Schulhaufe 1000 M. JahreSgehalt. Borfchristsmäßige Bewerbungen sind bis zum 6 Februar an den König!. BczirkSschulinjpeklor, Schulrat Schreyer in Anna- berg einzusenden; — die neubegründete (6.) stündige Lehrer stelle in Gröba. Kollator: das König! Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterricht- Behalt: 1000 M. und freie Wohnung Gesuche mit den erforderlichen Zeugnissen sind bis zum 10. Februar bei dem König! Bczirksschulinspektor vr. Gelbe in Großenhain einzureichen. Nichtamtlicher Teil. Ter Hampf des Zentrums gegen den Finanzminister Miquel, der ja schon seit längerer Zeit ein charakteristisches Merkmal unserer inneren Verhältnisse darstellt, ist be kanntlich am letzten Sonnabend durch eine mit persön lichen Spitzen gegen den abwesenden Minister reichge- spickteRede des Zentrumsführers vr. Lieber wieder ein mal ausgenommen worden. Da für Hrn. Miquel das Debattieren über finanzpolitische Fragen geradezu das Lebenselement bildet, und er kaum gesonnen sein dürfte, seinem Gegner, dem ungleichen Nachfolger Windthorsts, etwas zu schenken, so kann man sich auf die Fortsetzung des Kampfes in der nächsten Zeit sicher gefaßt machen. Zur Orientierung sei daher im nachstehenden ab gedruckt, was die „Berliner Politischen Nachrichten", die bekanntlich Hrn. Miquel nicht fern stehen, schon heute über die Liebersche Rede — unseres Erachtens durchaus zutreffend — bemerken: Die Angriffe, welche Hr. vr. Lieber jüngst im Reichstage gegen den preußischen Finanzminister aus Anlaß des Über ganges zum 3 proz. Typus der Konsols gerichtet hat, haben in denjenigen Kreisen, welche die Gründe der Maßregel kennen und zu beurteilen im stände sind, ein Lächeln der Verwunderung hervorgerufen. Wie allen Sachkundigen bekannt ist, bestand 1890 sowohl in Preußen wie namentlich im Reiche, und zwar für mehrere Jahre das Bedürfnis znr Begebung sehr erheblicher Anleihe- betiage. Der Markt war mit 3'^ proz. Papieren überfüllt und die Nachfrage nach solchen war so gering, daß nicht die mindeste Aussicht vorhanden war, die neu zu begebende Anleihe zu dem damaligen Kurse der 3^ proz. Konsols von 98 unterzubringen. DaS Konsortium von Bankiers, welches die letzten Anleihen übernommen hatte, lehnte die Übernahme von proz. Papieren überhaupt ab, und es ist mehr als fraglich, ob man, indem man sich demzufolge direkt an das Publikum zu wenden hatte, den Bedarf auch nur zu 96 würde haben unterbringen können. Unter diesen Umständen kam der Übergang zu dem 3 proz Typus umsomehr inBeiracht, als alle Sachverständigen, welche, auch soweit sie der hohen Finanz angehörten, bei der Sache insosern nicht interessiert waren, als schon beschlossen war, sortan alle Anleihen direkt bei dem Publikum unter zubringen, sich einstimmig dafür ausgefprochen hatten und nicht bloß Frankreich und England, sondern auch mehrere kleinere Staaten damit bereits vorgegangen waren. Entscheidend aber war für diesen Entschluß neben den aus dem letzteren Umstande sich ergebenden Rücksichten aus die Stellung des Reichs und Preußens aus dem internationalen Geldmärkte die Erwägung, daß es für Papiere, welche einer r^klmSßigen Amortisation nicht unterliegen, vielmehr den Eharakier einer Rente halten, nicht sowohl darauf ankommt, ob die Begebung unter dem Nominalwerte erfolgt, fondern daraus, daß möglichst an Zinsen gespart wird. Die Zinsen einer 3'^ proz. Anleihe zum Kurse von 98 stellen sich so hoch, wie die Zinsen einer 3proz Anleihe zum Kurse von 84 Da aber SHproz Konsols kaum zu 96 unterzubringen waren, die 3proz. aber zu 87 untergebracht sind, so ist durch den Übergang zu dem 3 proz Typus sowohl im Reiche wie in Preußen eine sehr erhebliche Ersparnis an Zinsen erzielt worden. Dagegen erwächst weder dem Reiche noch Preußen aus dem Umstande, daß die 3 proz. Konsols jetzt etwa 98 notieren, thatsächlich der geringste Verlust. Denn es wird natürlich keinem verständigen Menschen einfallcn, r> proz. Konsols zu tilgen, während Preußen noch etwa 5>,^ Millarden und das Reich noch über 1 Millarde 3^ proz. Papiere im Umlauf hat. Selbst bei regelmäßiger effekiiver Tilgung würde es mehr als eines halben Jahrhunderts bedürfen, um den Bestand an solchen Papieren abzustoßen. Dagegen kam es daraus an, das Publikum zunächst an den neuen TypuS zu gewöhnen und so allmählich die Nach- srage zu erzeugen, insolgederen heule der Parikurs nahezu erreicht nnd dem Reiche wie Preußen nicht nur die Be gebung seiner Anleihen zu dem Zinssätze von wenig über 3 Proz., sondern auch die Zinsherabsetzung der 4 proz. Kon sols erst ermöglicht worden ist. Direkt wie indirekt bedeutete der Übergang zu den 3 proz. Konsols eine erhebliche Verminderung der Zinjenlast sowohl sür das Reich wie sür Preußen, und diesem reellen Vorteile steht auch nicht der mindeste wirkliche Nachteil gegenüber, sodaß der Übergang zum 3 proz. Typus sich als eine durchaus heilsame Finanzmaßregel eiwiesen hat Man wird erwarten dürsen, daß Hr. vr. Lieber bei der Beratung des Etats der Staatsschuldenverwallung im Abgeordnetenhause seinen Angriff auf den Finanzminister wiederholen und diefem so die Gelegenheit geben wird, sich Sonntag (Baden-Baden), der besonders eine melodisch zarte, innig empfundene Arie „Meine Seele ist stille zu Gott" von K. Heß im Ausdruck ansprechend gelang. Am Montag gaben die Herren Lange-Frohberg, R. Schreiter, A. Spitzner und Stenz ihren dritten (letzten) Quartett-Abend. Ihre Ausführungen waren wie immer aufs fleißigste vorbereitet, gelangen alle in lobenswerter Weise und erhoben sich mehrfach wie in dem Andante von Bazzmis 0-wo»-Quartett zu großer Ein dringlichkeit. Freilich durfte man an den Musikabend der Böhmen, besonders an den Wohllaut ihres Spiels nicht zurückdenken. Die Bazzinische Komposition ist als eine achtbare Arbeit bekannt, ihre Gavotte (b'-äur-Satz) er freut sich sogar einer allgemeineren Verbreitung Zwischen diesem und Schuberts V-moII- Quartett gelangte zum erstenMale ein Quartett (Nr. 2, H-moll) von I. M. Weber zum Vortrag. Der 1856 in Prag geborene Komponist ist seit zwei Jahren Hofkonzertmcister in München, nachdem er vorher in gleicher Stellung in den Hoskapellen zu Sondershausen, Darmstadt und Wiesbaden gewirkt hat Sein H-moII- Quartett ist 1892 bei der internationalen Streichquartett- Konkurrenz der Kammermusik-Gesellschaft in St. Peters burg mit dem ersten Preise ausgezeichnet worden Es empfiehlt sich durch melodisch ausgeprägte Themen, die zu freundlich anmutenden, romantisch gefärbten Stimmungs bildern, zu leichten, frischen Gestaltungen vorwiegend im Charakter gewählterer Salonmusik verwendet sind, und durch schöne Klangwirkungen, für welche die vorteilhaften Lagen der Instrumente, namentlich des auch sonst mit Liebe behandelten Violoncells, sehr geschickt ausgenutzt sind Bedeutende Gedankenzüge enthält da» Quartett nicht, scheint auch keine Prätension nach dieser Seite hin zu machen, ausgenommen vielleicht im langsamen, frei variierten Satze, worin der Verfasser eine Vertiefung de» Gefühls moment« jedenfalls angestrebt hat. Das Werk, das uns übrigens erst im Finale mit nationalen Tanzmotiven auf die Heimat de« Komponisten hinweist, fand eine recht gute Wievcrgabe und eine freundliche Aufnahme bei den Zu hörern. H. P. Vorträge. Im Dresdener Verein für Erdkunde sprach am 22. d. Mts. Hr. Redakteur Kaufmann in einem Vortrage „Vor 150 Jahren nach Amerika" über die deutsche Auswanderung nach der Neuen Welt im vorigen Jahrhunderte. Ter Redner wies zunächst auf die große Bedeutung hin, welche die deutsche Auswanderung für Amerika gehabt hat. Die 7 Mill. Deutschen, die bis jetzt jenseits des Atlantischen Ozeans eine neue Heimat gefunden und von denen sich nicht weniger als 6 Mill, in dein Gebiete der jetzigen Vereinigten Staaten nieder gelassen haben, sind nach den Briten bei der Erschließung dieses Gebietes am meisten beteiligt, ja man kann die Frage auswerfen, ob die Vereinigten Staaten die hohe Stufe der Entwickelung, die wir heute an ihnen wahr- nehmen, ohne die deutsche Einwanderung bereits erreicht hätten; denn den Deutschen und ihrem Wandertriebe ist es hauptsächlich zu verdanken, daß der reiche „weite Westen" so schnell in den Bereich der Kultur einbezogen worden ist. Der Beginn der deutschen Auswanderung nach Amerika wird gewöhnlich in das Jahr 1683 gesetzt, und das ist richtig, wenn man die planmäßig geleitete Auswanderung meint Aber schon vorher sind Deutsche auf eigene Faust nach Amerika gegangen. Die Pläne, welche Gustav Adolf von Schweden und nach seinem Tode der Kanzler Oxenstierna zur Begründung von Kolonien in Amerika entwarfen, waren aus die Teilnahme von Deutschen an der Be siedelung berechnet, gelangten jedoch nicht zur Ausführung Unter den Holländern, welche Neu-Amsterdam, da« heutige New «Porl, gründeten, ließen sich auch viele Deutsche nieder, sodaß man >614 al« da« AnfanaSjahr der deutschen Auswanderung noch Amerika ansehen muß Dir planmäßige Auswanderung wurde zuerst von protestantischen Sekten durchgeführt, die sich im Hrimatlande in der Bethättgung ihrer religiösen Uederzeugungen beengt fühlten und in dieserhalb mit ihm auSeinanderzusetzen. Übrigens trifft die Behauptung der Blätter, der Finanzminister habe Er Majestät dem Kaiser seiner Zeit in einer Denkschrift die Gründe sür die Wahl <deS 3 proz Typu« dargelegt, nicht zu; soweit wir unterrichtet sind, ist dies seitens des damaligen Staatssekretärs deS Reichsschatzamtes geschehen Ter Sympathie für die Loyalisten hat in so offener Weise und in so abstoßender Form die Demokratie bisher wohl noch nicht Ausdruck ver liehen, als es in dem nachstehenden Aufsatze seitens der „Frankfurter Zeitung' des Hrn. Sonnemann geschieht: Es gehört schon eine gute Portion von Unverstand oder Böswilligkeit dazu, um aus dem Einspruch der sozialdemokratischen Stadtverordneten in Berlin gegen eine größere Geldbewilligung für die Feier deS hundert jährigen Geburtstags Kaiser Wilhelms l. Argumente für die Jnaugurierung einer neuen Umsturzgefetzgebung herzu leiten, wie das in edlem Wetteifer die „Norvd Allg.Zig." und die „Post" thun. Dazu berechtigt weder die Abstimmung jener Stadtverordneten, noch auch die von ihnen abgegebene Begründ ung, so verschieden man sie auch beurteilen mag. Ter ganze Vorgang würde nicht mehr als lokale Bedeutung beanspruchen, wenn die reaktionäre Presse ihn nicht in ungebührlichster Weise aufgebauscht und dabei einen Ton angeschlagen hätte, der die gewöhnlichsten Begriffe von Takt und An stand völlig außer Acht läßt. Was haben denn die fozial- demokratifchen Stadtverordneten so „Anarchistisches" gethan, um mit der „Nordd. Allg. Ztg " zu reden? Sie haben eS ab gelehnt, 20 000 M zur Anschaffung einer in vielen Exemplaren an Schüler zu verteilenden Festschrift über Kaiser Wilhelm I. zu bewilligen. Das war ihr gutesRecht, unddarin liegt weder eine Vaterlandslosigkeit noch ein Anarchismus, denn man kann ein sehr guter Patriot und Freund der Ordnung sein und doch solche Geldbewilligungen prinzipiell verwerfen. Sie haben es dann noch für erforderlich erachtet, ihr Verhalten des näheren zu begründen, und an diese Begründung klammert sich die gemachte Entrüstung an. Ja, ist denn die gegebene Begründung etwas wirklich so Üngcheuerliches und Unerhörtes, um davon so viel Wesens zu machen? Sie hätte geschickter und taktvoller in der Form sein können, sie wäre vielleicht besser ganz sortgeblicben; aber materiell berechtigt sie auch nicht entfernt zu den starken Worten, die sie hervorgerufen hat. Daß man es für angebrachter hält, städtische Mittel für die Linderung von Not und Elend als für derartige Festschriften zu verwerten, ist ein Stand punkt, der feine gute innerliche Berechtigung hat und keineswegs als ein spezifisch sozialdemokratischer oder gar anarchistischer gelten darf. Auch der Hinweis auf die Zeit des Sozialisten gesetzes war vom sozialdemokratischen Standpunkte aus begreif lich und erklärlich. Wir halten den Hinweis freilich nicht für angebracht, weil er sich mit der konstitutionellen Auffassung in Widerspruch setzt, daß die Verantwortlichkeit für die erlassenen Reichsgesetze der Reichskanzler, nicht der Monarch trägt, und daß daher jede Kritik des Sozialistengesetzes — und selbst die härteste kann nicht zu scharf sein — sich gegen den damaligen Reichskanzler, den Fürsten Bismarck zu richten hat. Weist aber auch die Erklärung der Sozialdemo kraten in diesem Punkte einen Mißgriff auf, und mag man ferner gegen ihre Form Einwendungen des Se- fchmacks erheben, gegen Recht und Ordnung kämpft sie nicht an. Umgekehrt gefährden gerade die Blätter, welche sich hier als Stützen von Recht und Ordnung aufspielen, diese durch ihre böswillige Verdrehung der Thatsachen am allermeisten: sie, die sonst immer über Verhetzung klagen, schlagen einen hetzerischen Ton an, der den inneren Frieden stören muß, und das fortwährende Rusen nach neuen Umsturzgesetzen ist so sehr wider die staatliche Ruhe und Ordnung, daß alle frei heitlich gesinnten Elemente entschieden hiergegen Protest cinlcgen müssen An sich läge ja gar keine Veranlassung vor, sich mit derartigen Ausführungen zu befassen, die nur zeigen, welche Abgründe zwischen allen wahren Vater landsfreunden und den Geistern liegen, die in der „Frankfurter Zeitung" ihr Wesen treiben. Die Sache gewinnt aber doch ein anderes Ansehen, wenn man sich vergegenwärtigt, daß Hr. Sonnemann mit seiner Zeitung einer der wichtigsten Faktoren bei der Neubildung der geplanten „großen liberalen Partei", der Partei des „gesamten Bürgertums" ist; ohne ihn und seinen Anhang, der leider noch in Süd deutschlaud eine außerordentliche Macht besitzt, ist es gar nicht denkbar, die große Vereinigung der Demo kratie, des Freisinns und der „linken" National- Uberalen für die nächsten Wahlen zu schaffen, von Amerika eine Stätte suchten, wo sie ungehindert ihres Glaubens leben konnten Den Anfang machten in dem schon genannten Jahre 1683 die Mennoniten, indem sie Germantown am Hudson im Gebiete des jetzigen Staates New-Pork gründeten. Von hier verbreiteten sie sich nach dem Gebiete des Delaware und anderen benachbarten Gegenden, wo noch heute gar manche Spuren des Deutsch tums wahrnehmbar sind. Den Mennoniten folgten Tunker, Schwenkseldianer, Mystiker, Pietisten, Quäker, Herrnhuter und andere Sekten, auch Anhänger der christlichen Haupt kirchen, der lutherischen, reformierten und katholischen, aus solchen Ländern des Reiches, wo sie in der Minderzahl waren, und schließlich religiös-kommunistische Schwärmer. Mut, Gottvertrauen und Organisationstalent erleichterte den Führern dieser Scharen die Ausführung ihrer Pläne. Die Herrnhuter ließen sich zuerst am Savannah nieder, zogen aber aus dieser Fiebergegend bald weiter nach Norden, bis über den Ohio hinaus. Sie haben es vor allem verstanden, die Nothäute zu gewinnen. An den von den Sekten gegründeten Sammelplätzen fand die neben der planmäßigen einhergehende unorganisierte deutsche Ein wanderung eine Stütze; doch kam es nicht zur Bildung einheitlicher deutscher Gebiete, weil sich die verschiedenen Sekten mit Mißtrauen gegenüberstandcn Daran scheiterte der Versuch der Einigung, den 1743 der Stifter der Herrnhuter Gemeinde, Graf Zinzendorf, machte Der Entschluß zur Auswanderung war in jenen Zeiten nicht leicht, denn die überfahrt brachte damal« Schrecken, von denen man heute keine Ahnung mehr hall Der vierte Teil der Auswanderer starb während der Überfahrt, und noch mehr sanden nachher infolge der abgestandenen Leiden rm neuen Land« ein frühe« Grab Die Schiffs kapitäne und ihre Leute behandelten ihre „Frachten", wie sie die Au«wanderer nannten, mit großer Roheit, und wer endlich heil an Land kam, ging einem wahren Sklaven- leden entgegen; denn nun mußten die Kosten der Über fahrt aboerdient werden, nicht in freier Arbeit, fondern
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