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Dresdner Journal : 13.01.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-01-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189701132
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18970113
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18970113
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-01
- Tag 1897-01-13
-
Monat
1897-01
-
Jahr
1897
- Titel
- Dresdner Journal : 13.01.1897
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v<1—»ret«: Kür Dresden vierteljährlich: 2 Mark ö0 Pf, bei den kaiser lich deulfchen Postanstaltrn cucxiiahrlichSMark; außer- halb de» Deutschen Reiche- Post» und Etempelzuschlag Einzelne Nummern: 10 Pf Erscheine«: Täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abend«. Fernspr.-Lnschluß: Nr 1L-L Dres-ner S Hoimml. Snkün-tßuußSßeb-tre«: Für de» Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift 20 Pf Unter „Eingesandt" die Zeile SO Pf. Bei Tabellen- und Zifserusatz entsprechender Ausschlag. Herausgeber: Königliche Expedition de« DreSoner Journal- Dresden, Zwlngerstr. 20. Fernspr.-Anschluß: Nr 12SZ ^S9. 1897 Mittlvoch, den 13. Januar, abends. Amtlicher Teil. DreSVeu, 13. Januar. Se. Äönigl. Hoheit der Herzog Robert von Württemberg ist gestern Nachmittag 5 Uhr 50 Min. nach Stuttgart abgereist. Dresden, 4. Januar. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem in den Ruhestand getretenen Oberlehrer des Realgymnasiums zu Döbeln Professor Gustav Fürchtegott Emil Märkel das Ritterkreuz 2. Klasse vom Verdienstorden zu verleihen. Dresden, 9. Januar. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Direktor der 4. Be zirksschule in Leipzig, Eduard Gustav Theodor Urbach, das Ritterkreuz 2. Klasse vom Verdienstorden zu ver leihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Ober-Telegraphenassistenten Teucher in Dresden das Albrechtskreuz zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Gendarm Ernst Julius Haubold in Niederschöna aus Anlaß seines Uebertritts in den Ruhestand das Allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. Dresden, 9. Januar. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Drechsler Friedrich August Schetelig in Markneukirchen das Allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. WekannLrnachung, die Unterstützungen zum Gebrauche des Bades Elster betreffend. Zum Zwecke des Gebrauchs des Bades Elster können vom Ministerium des Innern bedürftige Personen durch I Geldbeihülfen aus den Mitteln der „Sächsischen Stiftung", mit deren Bewilligung auch der Genuß freien Bades auf die Dauer von vier Wochen und Befreiung von der Kurtaxe ver bunden ist, II. Verleihung von Freistellen im Augustusstifte zu Bad Elster, mit welchen freie Wohnung im ge nannten Stifte, jedoch ohne freie Kost, dem nächst aber ebenfalls freies Bad und Befreiung von der Kurtaxe verbunden ist, III. blose Bewilligung freien Bades auf die Dauer von vier Wochen und Befreiung von der Kurtaxe unterstützt werden. Es wird in diesen Beziehungen Folgendes zur Nachachtung bekannt gemacht: 1. Die Bewilligung der Vergünstigungen unter I und III ist an die Bedingung gebunden, daß der Kurgebrauch in Bad Elster während der am 1. Mai beginnenden und am 30. September schließenden Saison entweder in der Zeit vom l. Mai bis 10. Juni oder vom 20. August bis zum Schlüsse des Monats September erfolgt, wogegen die Bewilligung unter II je auf Monatsfrist, vom 1. Mai, 1. Juni, 1. Juli, I. August und l. September an gerechnet, gewährt wird. 2 Unterstützungen aus der Sächsischen Stiftung (s. oben unter I) können stiftungsgemäß nur An- .gehörigen des Königreichs Sachsen bewilligt werden. 3. Wer um eine Unterstützung zum Gebrauche des Bades Elster nachsucht, hat in dem Gesuche bestimmt anzugeben, um welche von den Vergünstigungen unter I, II und III er sich bewirbt. 4. Bewerbungen um die genannten Unterstützungen sind spätestens bis zum 31. März laufende» Jahres bei dem Ministerium des Innern anzubringen. Dem Gesuche muß beigefügt sein: a) ein von einem approbirten Arzte ausgestellte-, eine kurze Krankengeschichte mit enthaltendes Krank- heitSzeugniß, welches nachweist, daß für den Kranken der Gebrauch des ElsterbadeS angezeigt ist, auch wenn bereits früher ein solcher stattgefunden hat, die Zeit und den Erfolg dieses früheren Kurgebrauches an- giebt, d) bei Bewerbungen um Unterstützung aus der Sächsischen Stiftung der Nachweis der sächsischen Staatsangehörigkeit, e) ein obrigkeitliches, die Angabe des Alters und der Familienverhältnisse des Kranken enthaltendes Zeugniß, auS welchem hervorgeht, daß der Kranke, bei Ehefrauen auch, daß der Ehemann nicht in der Lage ist, die Kosten der ärztlich verordneten Kur in Bad Elster ohne besondere Unterstützung zu bestreiten. Dresden, am 5. Januar 1897. Ministerium des Innern. ns- v. Metzsch. Gebhardt. vrneunuugen, Versetzungen rc. im öffentliche» Dienste. Departement Per Justiz. Der Rechtsanwalt Carl Hempel in Dresden ist zum Notar sür Dresden-Neustadt aus so lange Zeit, al- er dort seine ordentliche Geschäftsstelle haben wird, gemäß der Notariatsordnung vom 5. September 1892 ernannt worden. — Der Rechtsanwalt Hermann Meisel in Dresden ist zum Notar sür Dresden-Altstadt auf so lange Zeit, al- er dort seine ordentliche Geschäftsstelle haben wird, gemäß der NotariatSordnung vom 5 September 1892 ernannt worden. — Der Rechtsanwalt Max Undeutsch in Dresden ist zum Notar sür Dresden-Altstadt aus so lange Zeit, als er dort s-ine ordentliche Geschäftsstelle haben wird, gemäß der Notariatsordnung vom 5. September 1892 ernannt worden. Departement der Finanzen. Dem zeitherigen präd Forstassessor Döring ist unter Ernennung zum etatmäßigen Forstassessor die Hilssbeamtenstclle aus CarlSfclder Revier im Forstbezirke Eibenstock übertragen worden. Departement des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Ostern zu besetzen: die (vorbehältlich der Genehmigung der obersten Schulbehörde) zu gründende 3 ständige Lebrerstelle in Cossebaude. Kollator: das König! Ministerium veS Kultus und öffentlichen Unterrichts. Einkommen: neben freier Wohnung im Schulhaufe oder Wohnungsgeld von 180 M. sür einen un verheirateten und 300 M. für einen verheirateten Lehrer 1100 M. AnsangSgehalt bis zum Höchstgehalte von 240V M Gesucht sind bi- zum 1. Februar an den König!. Bezirk-fchul- inspektor für Dresden-Land Schulrat Grüllich ernzurerchen Zu befetzen: die Nebenschulstelle in Lichtenau. Kollator: die oberste Schulbehörde Einkommen, neben freier Wohnung und Gartcunutzung UVV M. vom Schuldienst und 26 M vom Kirchendienst Gesuche sind unter Beifügung sämtlicher Prüfungs- und AmtSführungSzeugnisse bis zum 31. Januar bei dem Königl. Bezirksschulinspektor Schulrat Lohse in Zwickau einzureichen Nichtamtlicher Teil. Die Parlamente in Tentschlaud nutz Frankreich sind fast gleichzeitig wieder zusammengetreten. Der Deutsche Reichstag hat gestern in der üblichen schwachen Besetzung seine Beratungen wieder begonnen, und es ist sehr wahrscheinlich, daß der Verlauf der gestrigen Sitzung — natürlich von einigen AuSnahme- tagen abgesehen — für die weitere Tagung vor bildlich sein wird. Ein halbes Dutzend Sozialdemo kraten werden sich in jeder Sitzung der Reihe nach auf der Tribüne postieren, werden allerhand Beschul digungen und Verdächtigungen gegen die Regierung und die Beamten im Reiche vorbringen, die Re- giernngsvertreter werden, soweit es ihnen den zum größten Teile gänzlich unerwartet kommenden Beschwerden der Herren gegeniiber möglich ist, kurz antworten und die Vertreter der übrigen Parteien Kunst und Wissenschaft. Konzert. Am Dienstag hat Hr. Kammersänger Eugen Gura im Musenhause vor stattlichem Hörerkreise einen Loewe-Abend gegeben Acht Jahre ist der Künstler unseren Konzertsälen ferngeblieben, und welche Genüsse unserem musikliebenden Publikum dadurch entgangen sind, hat der gestrige Abend wohl allen zu vollem Bewußtsein gebracht. Seit dem letzten Auftreten dieses Meisters und seit dem Bungert-Abend der Frau Lilli-Lehmann hat uns kein Gesangskonzert solche reine Freuden beschert, keines uns in solche FeicrtagSstimmung versetzt wie das gestrige, in welchem der größte deutsche Balladenkomponist und sein größter Interpret in vollendet harmonischem Bunde frisch, imng und bedeutsam zu unseren Sinnen und Herzen sprachen Es war einer jener seltenen Abende, die den berufs mäßigen Beurteiler seiner Pflichten entheben und ihn widerstandslos dem großen Chor der bewundernden Hörer zuführen; ein Abend, an dem er vor der reichen kunst spendenden Persönlichkeit die Waffen streckt und es für unwesentlich erachtet, sich selbst und den Lesern von einem anderen al« von dem rein musikalisch-geistigen Eindruck der Leistungen Rechenschaft zu geben Eugen Gura gilt seit einem Vierteljahrhundert al« ein oder vielmehr als der Meister de« epischen Gesänge«, de« Balladenvortrag«; al« solcher wirkt er noch heute mit größter Kraft'und Macht, wenn auch die Zeit feiner Stimme Schmetz und Weichheit geraubt bat- Man weiß, welch großen Stimmumfang, welche Klarheit der Aussprache, welche Beweglichkeit und Mannigfaltigkeit in Tonfeinheiten Loewesch« Balladen von ihrem Sänger fordern Über alle« das verfügt der Künstler noch un bedingt sicher und frei, macht e» seinen poetischen Inten tionen dienstbar in Gestaltungen voll herzlichen Empfinden«, tiefen Gefühl« und feurigen Aufschwung« Innerlich un mittelbar an dem poetischen und musikalischen Leben der Balladm beteiligt, vermag er sie auch mit unmittelbarer Wirkung ^nachschöpserisch und ohne Nebenblick auf den Effekt einfach, wahr und groß zu gestalten, sofort unsere Phantasie zu erregen, Situationen und Gestalten rasch und klar, gleichsam plastisch vor unser inneres Auge zu rücken, unsere Herzen dafür zu entzünden und festzuhallen. Wer gestern die altschottische Ballade „Tom der Reimer", „Urgroßvaters Gesellschaft", „Das Erkennen", „Die Leiche zu St. Just" von Gura gehört hat, wird über seine außer ordentliche Beherrschung des referierenden Stil«, über seine Kunst des Individualisierens, über seine bewundernswerte Kraft, jede Tonzeile, ja jeden Ton zu beleben und zu be seelen, auch ohne unsere Bemerkungen im Klaren sein; Andern aber läßt sich dieses reiche, von lauter poeti schen Antrieben bewegte Gestaltungsvermögen, diese vor bildliche epische Vortragskunst in Worten nur schlecht be greiflich machen Hr. Gura beendete seine gestrigen Dar bietungen mit dem zugegebenen „Nöck". Das war sehr glücklich gewählt, denn was in diesem Stücke so warm aus dem Munde des Sängers klang, das regte sich in den Herzen der Zuhörer als Wunsch an den Künstler selbst: „Komm wieder Nöck, Du singst so schön". Die Klavierbegleitung, welcher in Loeweschen Balladen eine wesentliche Aufgabe zufällt, wurde von Hrn Eduard Behm (Berlin) pianistisch und musikalisch fein und aus drucksvoll, wenn auch mehrfach mit etwa» zu weit gehender Diskretion auSgeführt H P „Aucassin und Nicolete". Lyrisch-romantische Oper in vier Auszügen von SophuS Michaelis. Musik von August Enna. In der organischen Natur lebt ein ungeheurer SchaffenS- trieb. Au« altem Gemäuer blühen Blumen hervor und in die Ritzen eine« halbverwitterten Felsblocke« senken sich Wurzeln, au« denen ein Baum kümmerlich emporwächst An da« kummervolle Dasein einer Tanne, die statt im fruchtbaren Waldboden Wurzel zu treiben, auf einem öden Felsblock sich angesiedelt bat, erinnert das Lo« so manche« dramatischen Komponisten, der, gestachelt von einem werden entweder zu Hause oder im Frühstück-zimmer sein, jedenfalls aber sich stumm verhalten. Und in den sozialistischen Zeitungen, die natürlich die einzige Lektüre der meisten Arbeiter bilden, erscheinen Tag für Tag in spaltenlangen, wörtlichen Wiedergaben die Reden der Parteigrößen, verbrämt nur durch einige kurze Bemerkungen, wie die Vertreter der Regierung sich unter den „Peitschenhieben" der sozialistischen Redner „gewunden" hätten, wie dieses oder jenes Regierungsmit glied in höchst „unglücklicher" Weise zu entgegnen versucht hätte, kurz wie der Tag „voll und ganz" den Sozialisten gehöre und wieder einen „glänzenden" Sieg der „Arbeiterpartei" bedeute. In den freisinnigen und demokratischen Blättern werden die sozialdemokratischen Redner zwar etwas kürzer behandelt, aber von einer energischen Zurückweisung der Sozialdemokratie wird man in ihnen nicht das geringste finden. Im Gegen teil: Die Nähe der Reichstagswahlen und das Be wußtsein, daß die Gefolgschaft der Herren Pinkus und Sobernheini und der übrigen Herren von der Produktenbörse allein noch keine sreisinnigen Wahl siege schafft, weist die überzeugungstreuen Blätter von der bürgerlichen Demokratie schon jetzt mit zwingender Notwendigkeit darauf hin, es mit den Sozialdemo kraten nicht zu verderben, damit dann bei den Stich Wahlen, dieser schönsten Einrichtung unseres Parlamen tarismus, der Lohn in Gestalt von einigen Tausenden Wahlstimmen der Genossen nicht ausbleibt. Und so findet man in dcn Parlamentsberichten derjenigen Blätter, die dem „gebildeten, freisinnigen Bürgertume" die Richtungslinie für sein politisches Verhalten an- geben, regelmäßig und selbst bei den spaßhaftesten Exkursionen des alternden Hrn. Liebknecht und seiner jüngeren Genossen einige für diese Herren wohl wollende Bemerkungen, und wäre es auch nur die Behauptung, daß die betreffenden sozialistischen Reden „doch" sehr viel „Zutreffendes" enthalten hätten, daß gewisse Zustände bei uns „scharf gegeißelt" worden seien u. s. w. Und dabei hat dieser Reichstag, an dessen Ver handlungen das deutsche Volk thatsächlich von Tag zu Tag weniger inneren Anteil nimmt, ein Arbeitspensum von außerordentlicher Fülle vor sich und es steht ihm die Entscheidung über Fragen zu, die für unser Volk von der allergrößten und einschneidendsten Wichtig keit sind. Erledigt ist bisher.erst in erster Lesung die Postdampfersubventionsvorlage und das Zwangs- vollstrrckungsgesetz; was aus der ersteren wird, ist zweifelhaft, die Annahme des letzteren ist gesichert Noch ganz unberührt ist die Novelle zu den Unfallversicherungsgesetzen. An neuen Vorlagen stehen in Aussicht, ob in naher oder ferner, muß abgewartet werden, die wichtigsten und umstrittensten der Session: das Auswanderungsgesetz, daß sich auf die Aus wanderung nach fremden Ländern beschränken wird und darum in kolonialen Kreisen nicht allgemein ge fallen will, die Militärstrafprozeßordnung, welche im BundeSrat demnächst abgeschlossen wird, die Organisation des Handwerks, das neue Handelsgesetz buch und schließlich die neue Seemannsordnung. Aus der Initiative des Hauses ist eingebracht der Margarinegesetzentwurf, der wohl aussichtslos ist, da er die Forderungen erneuert, welche der Bundesrat im Laufe dieser Session bereits als unannehmbar be zeichnet hat. Dazu kommt der Etat, der bis zum 1. April in 2. und 3. Lesung erledigt werden soll und diesmal in besonderem Maße Anlaß zu längeren Debatten geben wird. Bein» Militäretat werden die Bewaffnung der Artillerie, die Verstärkung der fran zösischen Armee, die Militärstrafprozeßresorm, falls dis dahin die Vorlage noch nicht vorliegt, die Ehren gerichte und sozialdemokratische Militürmißhandlungs- klagen erörtert werden; der Marineetat wird wieder klerikale und radikale Beschwerden über Weltmacht und Flottenpoliük bringen, der Kolonialetat wird blinden, unersättlichen Schaffenstrieb, aus dem öden Fels- gestein eines unfruchtbaren Textbuches seine Musik aussät. Wohl sprießt ihm da vielleicht ein Evelweißstern entgegen, nimmermehr aber ein markiger Stamm, nimmer die stolze Schönheit eines hohen Wuchses. Der Samen, der in das Große treibt, erwacht zu siechem, hinfälligem Leben. Ich will nun mit diesem Gleichnis — schreibt F Pfohl („Hamb Nachr") in seiner Besprechung der vorgestern am Hamburger Stadttheater mit Erfolg ausgeführten Ennaschen Oper — nicht ohne weiteres sagen, daß das Drama „Aucassin und Nicolete" ein öder Felsboden sei und die Musik des hochbegabten Dänen August Enna eine verkümmerte Tanne Aber sicherlich folgte auch Enna einem blinden Schasienstrieb, als er dieses Textbuch in die Hand nahm, um es zu komponieren; denn seine Unergiebiakeit in dramatischer Beziehung liegt so offen zu Tage, daß nur eine Seele, die schwer ist von Musik, die bedrückt ist von einer strotzenden Überfülle an Musik, sich in dieses Drama ergießen konnte. . . Der Beurteiler legt dann die Unzulänglichkeiten des Textbuches mit seinen marklosen Ge stalten, seinen dunklen Punkten und seiner sprunghaften Entwickelung und seiner Zusallsdramatik des näheren dar und fährt fort: Das Buch hat aber dennoch seine positiven Seiten, Szenen, über die eine feine, poetische Stimmungs- malerei auSgegossen ist und äußerliche Reize. Es bietet Kampfszenen von ehernem Klang, bewegte Massenbilder, glänzende Aufzüge, Troubadour-Romantik, liebliche Schäfer szenen, angehaucht von arkadischer Poesie, landschaftliche Bilder, reich an Farben und Formen, und vor allem lyrische Szenen von intimer Stimmung; Vorzüge, die einem Opernbuch immerhin eine gewiße Anziehungskraft verleihen, auch wenn sie nicht im stände sind, über die empfindlichen Mängel de« Drama« selbst hinwegzutäuschen Da« Drama selbst läßt sich heute eben nicht mehr al« eine «znnntit« oössiisspabls der Oper — wie ehemals — behandeln; und wenn die musikalische Opernproduktion der Gegenwart von der großen Reform Wagner« einen wahren ebenfalls, zumal in den leitenden Stellen, in der Kolonialverwaltung und der größten Kolonie Personal- Veränderungen vvrliegen, zu ausgiebigen Erörterungen führen. Auch die Vorgänge an der Produktenbörse werden ihre Erörterung finden müssen und es wird auf Mittel und Wege zu sinnen sein, wie dem gegen wärtigen, einen Hohn auf die Gesetze darstellenden Verhalten der Berliner Getreidehändler entgegen gearbeitet werden kann. Auch in der französischen Kammer wird es nicht an Streit und Feindseligkeiten, an Angriffen der Radikalen und Sozialisten gegen die Regierung fehlen. Aber der Mehrheit der Franzosen erscheint da- Ministerium Meline, wenn es auch weit entfernt ist, für die ihm zur Seite stehenden Mehrheitsparteien das Ideal einer Regierung zu sein, doch, und zwar wohl mit Recht, als die zur Zeit immerhin noch relativ beste Kombination, und so bezeigen denn die ausschlaggebenden parlamentarischen Parteien nicht die mindeste Lust, sich ohne zwingende Notwendigkeit von ihm zu trennen, am allerwenigsten, weil es den Umsturzelementen der Linken also gefallen würde. Von einer Wiederholung des Experimentes mit einem radikalen Ministerium ü In Bourgeois will das Land entschieden nichts wissen und daher werden die parlamentarischen Ver handlungen in Frankreich — soweit überhaupt in Frankreich eine Berechnung der Zukunft möglich ist — voraussichtlich in der nächsten Zeit keinen Re gierungswechsel im Gefolge haben. Rhodes und das parlamentarische „(Bericht". Den „Berl. Neuesten Nachrichten" wird aus London geschrieben: Bon all den an die Adresse des englischen Publikums ge lichteten Agitationen des Hrn. Rhodes in Südafrika ver dient nur ein einziges Moment ernstliche B>achtu g, das Ab kommen nämlich, das er bezüglich der Eisenbahnen in Rhodesia getroffen hat. Die ganze südafrikanische Frage ist ohne ein Eingehen aus die Eisenbahnangelegenheit überhaupt nicht zu verstehe». Tie Kapkolonie ist in ihrer wirtschaft lichen Zukunft gar arg durch die Eisenbahnpolitik des Trans vaal bedroht und wenn, was nunmehr außer Zweifel steht, die Transvaalregierung zieibewußt bei dem Ausbau der ihr ge hörenden bczw. an ihr System sich anschließenden Bahnlinien beharrt, so steht es mit den Aussichten der Kapbahnen schlimm genug. Das weiß Herr Rhodes so gut wie Herr Krüger, es wißen es auch die Kaufleute in der Kolonie. Der Enthusiasmus, den Herr Rhodus gefunden zu haben wähnt, ist deshalb sehr wohl durch die Thatsache erklärlich, daß man in Capctown ganz genau erkennt, wieviel auf dem Spiele steht. Persönlich braucht darum Cecil Rhodes noch durchaus nicht über ein großes Kapital von Beliebtheit zu verfügen. Nun ist es aber mit den au» Südafrika in den letzten Wochen nach hier gelangten Nachrichten über Rhode» Em psang ein eigenes Ding Leute, die Bescheid wissen, lächeln nur, wenn man von diesen Dingen zu sprechen beginnt. Kurz gesagt: Die Berichte, dir über die begeisterten Huldigungen aus den verschiedenen Elappen der Rhodcsschen Fahrt eintraken, sind bestellte Arbeit gewesen Die unter dem erhebenden Ein druck des Augenblicks „improvisierten" Dankadressen und Trinksprüche waren zum Teil durch dcn indiskreten Telegraphen schon hier bekannt, bevor sie programm gemäß noch gehalten wurden, und der Beutel der South Afrika Company, der soeben durch eine neue Emission wieder straff gespannt worden ist, könnte allerlei erzähle» von dem, was seine Verwalter an Opfermut und Hingabe leisten, wo es sich um den Ruhm des Herrn und Meisters handelt Soviel darf man aber jedenfalls zur Ehre der hiesigen maßgebenden Kreiie sagen, daß diese auch keinen Moment an die spontanen „Ova tionen" in der Kapkolonie geglaubt haben und daß mit ganz wenigen Ausnahmen auch die ernste Presse in Loudon und noch mehr in der Provinz zu dem Gebaren des Hrn Rhodes sich sehr skeptisch verhalten hat Der unzweifelhaft beste Beweis dafür, daß man an die „kultur- und fiiedensördernde Mission" des „Kap-Napoleon" nicht recht glaubt, ist aber das Verhalten seiner ehemaligen Anbeter aus Throgmorton-Avenue, der Minenspekulanten Diese haben stets eine feine Wiverung und setzten auf die Meldung der oratorischen Manöver ihres früheren Abgotts so gleich eine entschiedene Baisse in Minenwcrten in Szene. Wie die Tinge aber gerade in der Afrikapolitik liegen, so muß man diesen Elementen stets den sichersten Instinkt zutrauen. Nutzen ziehen will, so kann e« nur die Erkenntnis sein, daß ein wahres und in sich vollendetes Drama der alleinige Fruchtboden »st, in dem die Musik des dramatischen Kom ponisten sich anwurzcln kann Leider aber wird Wagner nur in seiner künstlerischen Eigenart nachgeahmt, an der großen Erkenntnis aber seines Wirkens, dem Drama, geht man achtlos vorbei Man darf von August Enna sagen, daß seine Musik ein durchaus charakteristischer Ge samtausdruck des von ihm komponierten Textbuches ist Vor allem, seine Musik knüpft mit ihren feinsten Fäden an die Lyrik und an die Gefühlsromantik des Dramas an, sie ist wirklich lyrisch-romantisch Enna hat in dieser Oper Stimmungsbilder von wundervollem und intimem Zauber geschaffen; die Liebesszenen am Ende des ersten Aktes mit ihrem Sphärenklang und die Szenen zwischen Nicolete und Aucassin im letzten Akt atmen ein so zartes Gefühl, daß man an der lyrischen Begabung des Kompo nisten nicht zweifeln kann Etwas wie ein Hauch von innerer Glut, die man nur fühlt, die aber nicht in leben digem Feuer emporloht, trifft seine Erotik. Weniger stark sind die Mittel, mit denen er als Dramatiker wirkt; es fehlt ihm für die dramatischen Episoden der Hand lung an jener großen Auffassung und an jener mächtigen Gestaltungskraft, die den ganzen Gcfühl«- inhalt der Situation musikalisch auszusprechen vermag. Ennas Musik als Ganzes betrachtet, giebt von einer interessanten und reichen musikalischen Begabung Zeugnis Wenn die melodische Erfindung auch nicht auf eine voll ständige Ursprünglichkeit Anspruch erheben kann, so nimmt sie doch überall einen Ausstieg in eine Sphäre de« vor nehmen und gewählten Meli«ma Enna liebt chromatische Fortschreitungen und eine besondere Freuds hat er an parallelen Sextakkordreihen, wie sie dem Mittelalter in den sogenannten taki ftorckoni bekannt waren; e« sind melodisch-harmonische Fortgänge, in denen Ovarien von Terzen begleitet werden Auch Verdi liebt diese Harmo nien, die immer gut klingen, die aber den einen Übel-
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