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«r. 288 Zschopauer Tageblatt und Anzeiger Mittwoch, de« 22. Dezember 1837 Sächsische SttmeMer'chajlen in vkermke'enthal Nach der Ausschreibung für die Sächsischen Skimcisterschaf- ien am 22. und 23. Januar in Oberwiesenthal werden Abfahrts- and Torlauf, Langlaus und Sprunglauf ausgetrngen. Die Mei sterschaften beginnen am 22 Januar früh mit dem 18-Kilometer- Langlauf (8 Kilometer für Iungmannens. Start und Ziel be- linden sich an der neuen Sprungschanze. Nachmittags solgt der tlbsahrtslauf mit dem Start auf dem Gipfel des Flchtelberges. tim 23. Januar wird früh der Torlaus durchgeführt, dessen Start oberhalb der neuen Schanze liegt. Der Sprunglauf be- ginnt 12.30 Uhr mittags; 17 Uhr Siegerverkündung im Kreis heim Oberwiesenthal. Teilnahmeberechtiat an den Sächsischen Skimsisterschasten sind alle DRL.-Mitalieder Angehörige der Gliederungen der Bewegung, Wehrmacht, Polizei und Arbeits dienst, die sich durch Teilnahme an den Kreiswettläufen die Berechtigung erwarben. Am Torlauf nehmen nur die Vesten des Absahrtslauses teil. In sämtlichen Wettbewerben wird eine Mannschaftswertung durchgesührt. Sächsischer Skimeister wird der Sieger der Kombination aus Lang- und Sprunglauf. Die Meldungen müssen bis 12. Januar mittags eingereicht werden. Weihe der Schanze und Abfahrtsstrecke Mit einer besonderen Veranstaltung findet am 0. Januar die -Einweihung der neuen Sprungschanze in Oberwiesenthal und die Weihe der neuen Oberwiesenthaler Abfahrtsstrecke statt. Die Veranstaltung ist reichsofien. Der Abfaürtslauf wird früh 8.30 Uhr mit dem Start aus dem Fichtelberg ausgetraaen. Der Sprunglauf folgt 12.30 Uhr mittags. Im Kreishelm Ober wiesenthal findet 17 Uhr die Siegerverkünduna statt. Zum Ab- sahrtslaus sind zugelassen alle Männerklassen, Vie Altersklasse 1 der Männer, alle Fraucnklassen und die Jungmannen. Beim Sprunglauf ist die Teilnahmeberechtigung auf die Klassen 1 und A 1 (frühere Zugehörigkeit zur Klane 1 Voraussetzung) sowie die Jungmannen beschränkt. Meldungen sind bis 5. Ja nuar nach Oberwiesenthal zu richten. Skisport zwischen Weihnachten und Neujahr Der Sportplan der sächsischen Skiläufer für Weihnachten und Neujahr fiel auch in diesem Winter reichlich aus; ein Dutzend Veranstaltungen von einer über das Oertliche hinaus gehenden Bedeutung sind für 25. und 26. Dezember sowie 1. und 2. Januar geplant worden. Da überall reichlich Schnee liegt und die Wetterlage ein Andauern des Winters erwarten läßt, kommen Sachsens Skiläufer voll auf ihre Kosten. Im Mittelpunkt der Veranstaltungen zu Weihnachten steht am ersten Feiertag der Erösfnungssprungtaus des WSV Jo hanngeorgenstadt auf der Hans-Heinz-SchEe; hier werden die besten sächsischen Skispringer mit Paul Kraust an der Spitze antreten. Die meisten von ihnen werden sich am zweiten Feiertag beim Sprunglauf des WSV. Aschberg auf oer C. Ä. Seydel-Schanze ein Stelldichein geben. Am Aschberg veranstaltet am 26. Dezember auch der Plauener Skiklub gut besetzte Läufe, und zwar einen 10-Kilometer-Langlauf, Abfahrts« und Torlauf. Im Osterzgebirge führt der SV Altenberg am zweiten Feiertag auf der Sachfenabfahrt am Geisingberg einen Abfahrtslauf durch, ausserdem ein Jugendspringen an der Raupennest-Schanze und vielleicht auch einen Sprunglauf an der Eachsenschanze. In der Oberlausitz startet der Sklklub Sohlandmit seinen Lang- und Sprungläufen, an denen allster den besten Oberlausitzern voraussichtlich auch einige Vertreter Dresdens und des Österzgebiraes sowie des ADW aus Deutsch- böhmen teilnehmen werben. Der Lanalauflührt über 15 Ki lometer; der Sprunglauf wird auf der Schwarzen-Koppen- bchanze ausgetragen. Am Neuiahrstag versammeln sich die besten sächsischen Ski« lvrina-", an der Voatland-Schanze in Mühl leiten, wo der WSV Mllhlleiten seinen herkömmlichen Neusahrssprunglaus austrägt. Der SV Altenberg plant ein Springen an der Sach- kenschanze und Absahrtsläuse am Geisingberg. Der TB Frauenstein trägt sein übliches Neujahrs- und Mann- schnstsspringen aus der verbesserten Hans-Neuber-Schanze aus. Auster der Einzelwertung sindet eine Mannschaftswertung um einen wertvollen Platz statt, wobei drei Sprinaer eines Ver eins eine Mannschaft bilden. Der Zittauer Sklklub führt in Waltersdorf a. d Lausche Absahrts- und Torläufe durch, an denen die Vertreter der Oberlausitz, aus Ostsachsen und Läufer des HDW teilnehmen dürften. Der Abfahrtslauf wird auf der landschaftlich schönen Strecke vom Lauschegipsel herab nach Waltersdorf durchgesührt. Am 2. Januar (Sonntag) steht wieder ein Sprunglauf auf der Hans-Heinz-Schanze, veranstal tet vom WSV Johanngeorgenstadt, im Mittelpunkt; hier wird es erneut zu einem Zusammentreffen der besten säch sischen Skiläufer kommen. Der Plauener Skiklub schrieb für 2. Januar seinen Da verlauf A sch b e r g—Pla uen über 45 Kilometer aus, der von Jahr zu Jahr an Beliebtheit ge winnt und auch diesmal sicher ein Ereignis werden wird. Am gleichen Tag finden Sprungläufe des WSV Erlbach i. V. auf der Hirschleithen-Schanze statt. Schliesslich veranstaltet der Kreis Loerlausitz am 2. Januar im Kurort äohnsdorf bet Zittau seinen Staffellauf über 8 mal 10 Kilometer, bei dem wieder mit einer Beteiligung der deutschböhmischen Verein« des HDÄ. zu rechnen ist. Nicht nur die Jugendliche«, sondern auch di« Erwachsenen nehmen am Reichsberusswettkampf teil. Sie erhalten einen Überblick über ihre Leistungsfähigkeit und damit die Handhabe, sich zu vervollkommnen und so dem Vierjahres- vlan zu nützen ÄMNWZ . Donnerstag, de» 23. Dezember. Dentschlackdsender. 6,30 Konzert. 7,00 Nachrichten. 11,30 Dreißig bunte Minuten. 12,00 Konzert. 13,50 Nachrichten. 14,00 Allerlei von Zwei bis Drei! 15,00 Wetter, Börse, Pro- gramm. 15,15 Froher Melodieiircige». 16,00 Musik am Nach, mittag. 17,00 Stille Nacht, heilige Nacht..." 18,00 Gang durch die Nacht. 18,15 Kleines Unterhaltungskonzert. 19,00 Volkswoihnachten. 19,25 Nachrichten. 19,30 Unterhaltungs konzert. 21,00 Dcntschlandccho. 21,15 Der Tag klingt aus... 22,00 Wetter, Presse, Sport. Deutschlandccho. 22,45 Freund Fritz. Oper. 23,20 Spätmusik. Leipzig. 6,10 Gumnastik. 6,30 Frühkouzert. 6,50 Nach- richten. 8,00 Gymnastik. 8,20 Kleine Musik. 8,30 Konzert. 10,30 Wetter, Tagesprogramm. 11,35 Heute vor ... Fahren. 11,40 Kleine Chronik. 11,55 Zeit, Wetter. 12,00 Konzert. 13,00 Zeit, Wetter, Nachrichten. 14,00 Zeit, Nachrichten, Börse. Märchcnmusik. 15,10 Der Hase nm Denkmalsberg, 15,30 Farbigkeit erfüllt die Welt. 15,50 Brasilien spricht. 16,00 Konzert. 17,00 Zeit, Wetter, Wirtschaftsnachrichteu. 18,00 Deutsche Siedlungen im Tüdostcu. 18,20 Klaviermusik. 19,00 NeichSsendung. 19,25 Nachrichten. 19,30 Unterhaltungs konzert. 20,45 Brigg Santa Fe. 22,00 Nachrichten, Wetter, Sport. 22,30 Volks- und Unterhaltungsmusik. BücherW „Struensee": Leibarzt, Staatsmau«, Geliebter. Ein phantastisches Leben mit fast beispiellos glänzendem Auf stieg und grauenvollem Ende war dem Grasen Struensee beschieden, der schnell vom Arzt zum Minister des Dänen königs Christian VII. aufrücktc. In sein Leben ist auch das Schicksal der unglücklichen Königin Karoline Mathilde ge kettet, die in strenger Verbannung ihr trauriges Dasein be enden mußte. Die Verfasserin, Dr. Irmgard Müller, schil dert in der „Neuen I. Z." die Ereignisse am dänischen Königshose. Sie erhalten die schöne Tiefdruck-Illustrierte „Neue I. Z." mit der spannenden Artikelserie bei jedem Buch- und Zeit^chrifteuhänölcr für 20 Pfennig. x- „Sächsische Köpfe". Sonderheft der „Mitteilungen" des Landesvcreins Sächsischer Hcimatschutz. Verlag des Hcimat- schutzcs, Dresöen-A. 1, Schießgasse 24. Preis er?.« 4,50. — Nicht laut genug sollte man rufen: Sachsen besinnt euch auf euch selbst! Gerade ihr habt ein Recht, jede falfche lächerliche Verzerrung eures Wesens mit Entrüstung von euch zu wei sen. Wenn irgendwen Sie Tradition verpflichtet, dann be stimmt euch, ihr Sachsen! Wie wunderbar fagt Kurt Arnold Findeisen in seinem „Versuch des UeberblickS", mit dem er die neueste Buchgabe vom Landesverein Sächsischer Heimat schutz einleitet, über das geistige Antlitz SachscnS: „immer lag über diesem Gesicht ein Heller Schein rascher Auffassungs kraft, es blitzte von Geist, Witz, Ironie, Satire und sehr häufig auch von streitbarem Drang und kritischer Leiden schaft. Immer hielt einer Neigung zum Beschaulichen eine ausgesprochene kämpferische Haltung die Waage." Damit ich schon bas sächsische Wesen gekennzeichnet, und wenn die Großen des Landes in diesem Buche vorüberschreiteu, finden wir in ihrem Streben, ihrem Kämpfen und Siegen das säch sische Gesicht, wie Findeisen es schildert. Wahrlich — der Sächsische Heimatschutz hat uns mit diesem Sonderheft, das erlesener Bildschmuck verschont, eine herrliche Gabe ge schaffen, die Wegweiser sein sollte zu rechtem Besinnen. M MMM dkl WM M s Roman von Anny v. Panhuys. Die Schritte der beiden Männer hallten in der nächt lich-stillen Straße wider. Der Aeltere beeilte sich schneller zu gehen, aber der andere blieb an seiner Seite. Ein Weil chen herrschte Schweigen zwischen den beiden. Endlich sagte Wittenborn knirschend: „Wenn Sie jetzt nicht machen, daß Sie fortkommen, rufe ich Hilfe herbei, Sie Unverschämter!" „Ganz wie Sie wünschen," entgegnete Heinz Hausmann. „Ich habe nichts zu verlieren, nur zu gewinnen. Wollen Sie mich los sein, dann geben Sie mir das Geld zurück, das Sie mir im Falschspiel abnahmen, Sie Bauernfänger! Sobald ich mein Geld habe, sind Sie von meiner Beglei tung frei/' Wittenborn sann auf eine Gelegenheit, ihm zu entwi schen; aber sein Begleiter beobachtete jede seiner Bewegun gen mit unverkennbarem Mißtrauen. Der Küstriner Platz war überquert, dort drüben in einem der ersten Häuser der Königsberger Straße wohnt» Franz Wittenborn. Er blieb schroff stehen. „Mensch, nun eilen Sie aber, sonst läuft mir die Galle über!" Der Jüngere lachte böse. „Sie haben falsch gespielt und mir dadurch mein Geld abgenommen. Ich verlange meine fünfhundert Mark zurück; es ist mein ganzes Kapital und ich bin stellungslos." „Also sind Sie ein leichtfertiges Huhn," höhnte Franz Wittenborn; „im übrigen, Schluß mit der Geschichte. Da drüben kommen Leute und wir könnten auffallen." „Keinesfalls werden Sie mich los, bevor Sie mir mein Gelo wiedergegeben haben." Franz Wittenborn zuckte die Achseln, ging gerade auf das Haus zu, darin er wohnte, und schloß auf. Der andere drängte sich neben ihn und stand bereits in dem hohen Hausflur, noch ehe Wittenborns Fuß ihn betrat. Jetzt drohte Hausmann: „Wenn Sie mich nicht mit in Ihr» Wohnung nehmen, mir dort mein Geld wiedergeben, ruf» ich hier so laut, daß Sie ein Falschspieler sind, bis alle Hausbewohner zusammenlaufen. Vor allem fordere ich ein« Unterredung von Ihnen." Der Aeltere sah keinen Ausweg, wenn er einen Skan dal vermeiden wollte, und stieg schweigend zwei Treppen hinauf, begleitet von dem jungen Mann, den er erst am vergangenen Abend kennengelernt hatte. Ein langer, schmaler Flur tat sich vor den beiden auf. Wittenborn schritt voraus in ein ziemlich großes Zim mer, das sehr verwohnt aussah, dessen Möbel aber den Stempel einstiger Vornehmheit trugen. Franz Wittenborn chloß, nachdem er das Gas entzündet, die Zimmertür, warf einen Hut auf einen mit grünem Samt bezogenen Pol terstuhl und seinen lleberzieher auf den Tisch. Sein Ge- icht war voll Hohn. „Also, junger Mann, nun sagen Sie, was Sie mir sagen wollen, und zwar rasch, denn ich bin müde. Und reden Sie ein bißchen leise, meine Tochter schläft nebenan." Renate Wittenborn war aber schon wach geworden. Sie hob ein wenig den Oberkörper und unterschied beim Lauschen deutlich zwei Stimmen, die ihres Vaters und ein» ihr völlig fremde Stimme. Die fremde Stimme schrie ganz laut: „Geben Sie mir meine fünfhundert Mark wieder, um die Sie Falschspieler mich betrogen haben. Ich ließ mich leichtsinniaerweise zum Trinken und Spielen verführen; wenn Sie ehrlich gespielt hätten, würde ich gern Vie Zeche für meinen Leichtsinn tragen, doch beschwindeln lasse ich mich nicht. Ich bin stellungslos und mir blieb nichts, nicht so viel, um ein paar Tage Essen und Schlafen bezah len zu können. Also, geben Sie mir mein Geld oder wenig stens die Hälfte zurück. Wer weiß, wie lange es dauert, bis ich Stellung finde." Renate hörte jetzt den Vater sagen: „Das hätten Sie sich früher überlegen sollen; vor allem aber beleidigen Sie mich nicht; ich habe in meinem ganzen Leben noch nicht falsch gespielt. Aber ein gutes Herz habe ich, und deshalb schenke ich Ihnen zehn Mark. Dafür können Sie eine ganze Weile in einem Asyl unterkriechen, und wenn es nicht mehr zu warmem Essen reicht, schmeckt trockenes Brot auch ganz gut." „Verspotten Sie mich nicht noch, Sie Falschspieler," er klang die Stimme des Fremden; „das Geld, das mein ist, will ich haben." Renate sann, wer wohl bei dem Vater sei, und was dieser Fremde damit meinte, daß er den Vater Falsch, spieler nannte. Nebenan aber ging der erregte Wortwechsel weiter, ob wohl die Stimmen jetzt gedämpft waren. Wittenborn machte eine großartige Handbewegung, erbot sich, dem un willkommenen Besucher zwanzig Mark zu geben. „Was soll ich denn damit?" wehrte Heinz Hausmann ab. „Aber ich will vergessen, daß Sie das Geld auf unrechte Weis» an sich brachten, und bitte Sie, es mir leihweise wiederzu geben; Sie erhalten es zurück, so bald ich Stellung gefun den habe." „Für wie dumm halten Sie mich eigentlich?" höhnt» Wittenborn. Er zog eine breite silberne Börse hervor, hielt sie hoch. „Hier drinn stecken Ihre Fünfhundert. Probieren Sie mal, da 'ran zu kommen!" Im selben Augenblick zuckte es ihm blitzschnell durch den Kopf, daß er am Abend zu viel Likör getrunken; der Alkohol verleitete ihn zu Unbe sonnenheiten; man soll Verzweifelte nicht reizen, und die- ser schlanke Junge mit den etwas derben, braungebrann ten Zügen befand sich offenbar in verzweifelter Stimmung. Aber zu spät hatte er sich besonnen, denn schon reckten sich zwei nervige Hände nach der Silberbörse. Er hielt die Börse mit der Linken und wehrte mit der Rechten Heinz Hausmann ab; er achtete nicht mehr darauf, daß er ihn rücksichtslos an Schultern und Brust stieß, schließlich auch ins Gesicht. Plötzlich ward ihm die Börse entrissen, er sah sie nicht mehr. Wut raubte ihm die Besinnung. Er schlug wie wahn-j sinnig auf Hausmann ein, bis dieser, zur äußersten Ver- teidigung getrieben, Wittenborns Hals umspannte, fester und fester. Mit gurgelndem Laut stürzte der zu Boden.,- Schon kniete Heinz Hausmann neben ihm und blickte ent- j setzt in das fahle, verzerrte Gesicht des vor ihm Liegen den. Abscheulich sah das Gesicht aus, wie das eines häß lichen, toten Fauns. Beutelig bauschten sich die Tränensäcks unter den geschlossenen Augen, tiefer kerbten sich die Fur chen ein, die von der spitzen Nase halbrund zu den Mund winkeln liefen, und ein trübes, blaugraues Licht schien über den Zügen zu schwimmen wie Nebel. ' Ich habe ihn erwürgt! durchschauerte es ihn, und Eises kälte überströmte dabei seinen Körper! Plötzlich ruckte -sein Kopf hoch; er starrte auf die Tür, die sich eben mit leisem Quietschlaut öffnete. In ihrem Rahmen stand ein Kind im langen weißen Nachtgewand. Es war ein dürf tige» blasses Mädchen mit großen braunen Augen; da» Lünne, schief zurückgekämmte Haar schien farblos. Heinz Hausmann erschrak vor dem bleichen Eeschöpf- chen, als ständen die Schergen vor ihm, um ihn als Mör- ' der zu verhaften. Er zitterte so heftig, daß es ihm un-! möglich war, sich zu erheben. Ein Helles Stimmchen fragte leise: „Was fehlt denn dem Vater? Ist er krank geworden?< Hausmann biß sich auf die Lippen in mühsam be herrschter Erregung. O, mochte Gott ihm jetzt beistehen! Das Kind hatte ihm eben einen Weg zur Rettung gezeigt.! Er stammelte: „Dein Vater ist ohnmächtig geworden. Wir! besprachen etwas Wichtiges, und da fiel er plötzlich um." Rasch und stockend fügte er hinzu: „Befindet sich sonst noch jemand in dieser Wohnung?" Das Mädchen kniete neben dem am Boden Liegenden nieder. „Mein Vater und ich wohnen allein hier. Mutter ist doch tot, und die Aufwärterin kommt nur tagsüber ein paar Stunden." Mit ihren überaus schmalen Aermchen machte die etwa Zehnjährige einen Versuch, den Vater hochzuziehen. Heinz Hausmann sprang auf, er mußte den Nettungs- weg benutzen. „Quäle dich nicht ab, Kind, du kannst deinem Vaters doch nicht helfen. Ich werde den Arzt rufen. Wo wohnt der nächste Arzt?" Sie gab eifrig und aufgeregt Auskunft: „Drei Häuser von hier nach links, es ist eine Nachtglocke an dem Haus. Vater läßt die Schlüssel immer innen in der Flurtüre stecken, wenn er nachts nach Hause kommt; der Hausschlüs sel ist auch dabei." Er nickte. „Gut, gut, ich hole also den Arzt." Er bückte sich, horchte auf ein Lebenszeichen des am Boden Liegen den mit einer letzten, verzweifelten Hoffnung. Kein Atem zug war zu erlauschen, stumm und starr blieb das verzerrte Gesicht. Mörder! durchzuckte es ihn, und Mörder! schien ihm alles hier in dem dumpfen Zimmer zuzurufen. Heinz Haus mann graute. Er flüsterte dem Mädchen zu: „Ich hole den Arzt und komme sofort zurück." Er atmete auf, als er den Schlüssel in der Flurtür stecken fand. Am selben Messing ring hing der Hausschlüssel. Nun konnte er sich retten. Zunis Glück hatte er Streichhölzer bei sich, sonst hätte er sich in dem fremden Hause nicht zurechtgefunden. Endlich befand er sich auf der Straße. Ewigkeiten schien es ihm, seit er das hohe, düstere Haus betreten. Und ins diesen Ewigkeiten war er zum Mörder geworden. Er schritt über den Küstriner Platz; irgendwo schlug eine Uhr die dritte Morgenstunde. Er schleppte sich durch Straßen und über Plätze, bis er ein Auto fand. Er nannte als Fahr- ziel den Stettiner Bahnhof; dort in der Nähe lag das Gasthaus, in dem er wohnte. Der Chauffeur schrie ihn anis „Sie kratzt wohl der Affe? Da drüben is ja der Stettiner. Bahnhof!" Er wies nach links hinüber. Heinz murmelte: „Ich weiß nicht Bescheid hier in Ber lin," und zwang sich zu aufrechter Haltung. Erst als er sich in dem kleinen Gastzimmer befand und sich unbeobachtet wußte, sank er zusammen wie übermüdet. Er ließ sich auf! einen Stuhl fallen und grübelte dem Geschehenen nach. Er langte in die Tasche seines Jacketts und fühlte, als er secn> Taschentuch suchte, oie Börse, in der seine fünfhundert Mark! sein sollten, um derentwillen er zum Mörder geworden. Er öffnete die Börse. Groß war sein Erstaunen, denn er fand darin außer den fünfhundert Mark noch viel, viel mehr! Gel-, ein« Menge grosier Banknoten. (Forts, folgt).