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Zschopaner Ta-eblatt ««» «»zeige» Donnerstag, den 11. November 1W7 Rah «nd Fm Oer erste Schnee Schneefall in Thüringen, und im Allgäu — Bekommen wir einen milden Winter? Es scheint plötzlich, als wenn das milde Wetter, daS nachgerade unangenehm wurde, ein Ende haben soll und durch borwinterliche Witterung abgelöst werden soll. Die Wctterkundigtn wollen allerdings wissen, daß der erste Kälteeinbrnch Anfang November programmäßig erfolgt . und keinerlei Schlüsse auf den kommenden Winter zu- läßt. Cie sagen sogar, daß wir einen milden Win ter bekommen sollen. Nun, wir wollen uns nicht ans Wctterprophetle ein- laffcn, sondern zunächst nüchtern feststellen, daß in den Bergen der erste Neuschnee gefallen ist. Der Kamm des Thüringer Waldes zeigt eine aller dings noch nicht zusammenhängende Schneedecke, da im Lause des Tages die Temperaturen wieder über Null hinausgingen. Aber auf der Zugspitze hat die einen Meter dicke Altschnecdecke einen Ueberzug von Neuschnee bekommen. Auch in den Alpcntälern sank nachts die Tem peratur unter Null. Im Allgäu schneite es am Mitt woch. Tie Schneedecke reicht jedoch vorerst noch nicht bis ins Tal. Winters Einzug im oberen Erzgebirge. Oberwiesenthal. Ans dem Fichtelberg und im gesamten .«aiwmgebiet sank am Mittwoch bei ziemlich star kem Schneefall, der in kurzer Zeit Wald und Flur in ein nccißrs Kleid hüllte, die Temperatur bis auf minus 2 Grad Eelsius. Am sogenannten Fritzsche-Eck am Fichtelberg ließ die geschlossene Schneedecke schon die Hoffnung anfkommen, daß, wenn noch einige Zentimeter dazukomnren, „Ski mög lich" wäre. Für die Fr«nnde des weißen Sportes dürfte der Anstalt recht willkommen sein. Hunderie von Toien tm syrischen Ltnweiiergebiei Typhus- und Choleragcsahr Nachdem in den syrischen Unwetter- und Ucber- schwemmungsgsbieien das Hochwasser zurückgegaugen ist, läßt sich erst der Umfang der Schäden und die Höhe der Menschenopfer ermessen. Die Rettungsmannschaften haben bis jetzt 600 Tote geborgen. Mehrere hundert Ein geborene gelten jedoch als vermißt und müssen ebenfalls als tot aufgegebcu werden. Zehntausend Häuser wurden vollkommen zerstört, und den Sach- und Flurschaden schätzt mau auf etwa -10 Millionen Franken. Der Sanitätsdienst ergreift zur Verhütung von Epi- dcmicn strenge Maßnahmen. Tie ganze Bevölkerung der von der Katastrophe betroffenen Gebiete wird gegen Typhus und Eholcra geimpft. Bau einer Auiorennstrecke Zwischen Bitterfeld und Dessau — Fahrbahn ohne Mittelstreifen. Trotz der guten Erfahrungen auf der Frankfurter Autobahn blieben doch noch verschiedene Wünsche der Fahrer ossc». Aus diesem Grunde hat man sich ent schlossen, eine neue Nekordstrccke zu schassen, auf der die Oberste Nationale Sportbehörde künftig ihre Weltrekord- Woche durchführen kann. Beim Bau derNeichs- autobahn Berlin —Leipzig wirv suoncy von Dessau ein 20Kilome1crlangeSTell stück ohne den mittleren Grünstreifen in einer geschützten Bodensenke gebaut werden, das völlig eben verläuft. Der Erbauer dieser Strecke, Regierungsbaumeister Dr.-Jng. Baumeister, teilte in einem Vortrag an der Uni versität Halle mit, daß durch die Zusammenlegung der Fahrbahnen ohne den trennenden Mittelstreifen sich ein ungeteiltes Betonband von 27 Meter Breite ergebe. Um den Rennfahrern eine gute Sicht zu bieten, werden die über die Strecke führenden Brücken nicht als Steinbrücken gebaut, sondern als stählerne Bänder von 40 Meter Brackenlänge. Beim Rennen bzw. den Rekordversuchen wird der normale Autobahnverkehr umgeleitet werden. Man rechnet mit der Fertigstellung dieser Teilstrecke noch für das kommende Jahr. Erste Trocknung-anlage für Sö-luplnen 1200 Zentner Grünmasse in 24 Stunden verarbeitet In Großgraben im schlesischen KreiS Oels ist im Nahmen der Erzeugungsschlacht die erste deutsche Trock nungsanlage für Süßluptnen errichtet worden. Damit kommen wir den Bemühungen um Schließung der so genannten Fett- und Eiweißlücke näher. Die Körner der Lupine ergeben nämlich ein Mehl, das wegen seines Et- weißgehaltes von 52 bis 57 v. H. bei Verwendung in der Bäckerei und der Teigwarenindustrie das deutsche Frischei oder das chinesische Trockenei fast völlig ersetzen kann. Das ist, da wir noch einen erheblichen Teil unseres E i - weißbedarfeS aus dem Auslande beziehen müssen, ein wesentlicher Fortschritt. Die Lupine liefert weiter ein beliebtes Fut« t e r, dessen Wert etwa dem d'er Kleie gleichkommt. Wäh rend der Besitzer in Großgraben früher die Süßlupinen grünpflanze nach der Ernte in Silos ansäuern konnte, mußte er, als der Ernteanfall schließlich über 50 000 Zentner Grünmasse betrug, nach anderen Aufbewahrungsmöglich keiten suchen. Er baute daher die riesige Schnelltrock nungsanlage, die in 24 Stunden 1200 Zentner Grün masse verarbeitet. Tas Grünfutter wird gehäckselt und bei mehreren hundert Grad Hitze getrocknet. Sechs Zent ner Grünmasse verwandeln sich so in einen Zentner Trockenmasse, die über 10 v. H. verdauliches Eiweiß enthält und je 100 Kilogramm einen Stärkewert von 37 Kilogramm ergibt. Tie Wissenschaft ist sich einig darin, daß in Groß graben eine wichtige Pionierarbeit geleistet wurde. Vom Reichskuratorium für die Technik wurden 3 Millionen Mark für den Bau von Süßlupinentrocknern zur Verfügung gestellt, wobei daran gedacht ist, daß sich die Bauern mehrerer Ortschaften zum Bau einer Trock nungsanlage zusammenschltcßen. Stellvertretender Gauleiter Schmid gestorben Der stellvertretende Gauleiter des Gaues Schwaben, Franz Schmid, ist an den Folgen eines tückischen Leidens ge storben. Schmid war bereits im Jabre 1821 Mitglied der NSDAP, und gründete im Fahre 1923 die Ortsgruppe Markt Oberdorf. Als Slnrmbannsübrer der SA. errichtete er 1932 die SA.-Füh- rerschule der Standarte 12 in Markt Oberdorf. Auch um den Aufbau des schwäbischen Arbeitsdienstes erwarb sich Schmid besondere Verdienste. Im Februar 1935 erfolgte seine Be rufung zum stellvertretenden Gauleiter. Der Führer ernannte ihn in besonderer Anerkennung seiner Verdienste um die SA. tum Standartennibrer. MS Ml« « UMM Originalroman von Fr. L e h n e, (20. Fortsetzung.) „Doch!" beharrte der Kranke. „Wenn solche sind, dann kommen wir, bitte, lieber nicht darauf zurück! Es ist alles erledigt!" Es schien, als konnte Georg Lornitz den Sohn der Nie- vcrgessenen nicht von sich lassen. „Bitte, noch eine Frage: wie geht es Ihnen, Doktor Hofheim?" „Sie sehen: gut, Herr Kommerzienrat!" lautete die kurze, gemessene Antwort. Allerdings, diesem jungen, blühenden tatkräftigen Menschen ging es gut, das sah man. „Und — und — ?" Tie Frage zu vollenden, vermochte Georg Lornitz doch nicht: er stockte. Ruhig half ihm Herbert. „Sie meinen jedenfalls, wie es meiner Mutter und meiner Schwester geht? Es wird Sie sicher beruhigen, zu hören, daß beide gesund sind und meine Mutter einen Wirkungskreis gefunden hat, der ihr ein erträgliches Da lein sichert. Doch jetzt müssen Sie niir wirklich erlauben, käst ich unsere Unterhaltung abbreche, Herr Kommerzien rat. Die Zeil drängt." Und ohne noch eine Antwort abzuwarten, verliest Her bert mit einer leichten Verneigung das Krankenzimmer. Georg Lornitz starrte vor sich hin; ein oitterer Zug bog seine gekniffenen Mundwinkel noch mehr herab. Was hatte er erreicht? Förmlich gedemütigt kam er sich vor, sein Stolz und fein Selbstbewusstsein hatten empfindlich unter dieser Be- grgnung gelitten. Und dieses Gefühl des Unbehagens hatte er sich selbst zuzuschretben; warum hatte er au die Ver gangenheit gerührt! Als gegen Abend ihn ein anderer Arzt besuchte, fragt» !»r nach Herbert. - „Doktor Hofheim hat heute keinen I lenst!" wurde ihm tzur Antwort. Ob sie auf Wahrheit beruhte? Nun jedenfalls würde *r ihn dann morgen Wiedersehen! Es drängte ihn danach; ihm war, al» habe er dem ungen Arzt noch allerlei zu sagen. Sich rechtfertigen? kein, das hatte er ganz gewist nicht nötig! Dennoch war ! m in seinem Innern etwas, da» wie ew. Wurm nagte und hm llnbehagi n bereitete, seit er in da» klug-., sympathisch« 1 lilnglingsgesicht geschaut. Und er wünschte ausdrücklich -erbert Hofheims weitere Bei -.ndlung, so daß der sich üesem Wunsche nicht entziehen könnt«, wenn er nicht An- ass zu: Verwunderung bei den Kollegen geben wollte. ' Doch wenn Georg Lornitz di« Unterhaltung auf da» Persönliche bringen wollt«, wich er aus. Er hatte mit diesem Manne, dem sehr zu grollen er wohl berechtigten Grund hat.e, gar nichts zu schaffen. Und der Kranke merkte es wohl, dass ihm gegenüber der junge Arzt nicht die warme Herzlichkeit 'mtte, die er sicher anderen Kranken spendete — denn das . lslegepcr- sonal lobte Dvkror Hofheim sehr. Aber Herbert konnte sich nicht dazu zwingen; Georg Lornitz Halle sich zu sehr an Mutter und Schwester ver sündigt: wenn er auch ganz von sich absehcn wollte — er war ein Marn, der etwas gelernt barte und sich überall durchschlagen konnte. Doch oass Lornitz es gewesen, der die stolze schön« Mutier, die zortc Schwester aus ihren Lcbcnsbedingungen geriss-.n und in schweren Daseinskampf gestohen, konnte er dem Manne nicht verzeihen, auch wenn das Recht gesetz mässig auf testen Seite gestanden — denn seinem Handeln lagen unedle, rachsüchtige Beweggründe unter. Aeusserlich natürlich liess Herbert sich von seinen Ge danken nichts merken; doch der Kranke spürte wohl, was in ihm verging, er hatte ja Zeit genug zum Nachdenken. Und immer sah er das Bild der schönen Frau in dem schwarzen K>eide vor sich, wie sie ihm gegcnübergestandcn, als er sie aus ihrem Hause getrieven. Wie hatte sie trotz dieses vernichtenden Schlags doch Haltung und Würde gewahrt! Wie zwecklos war im Grunde sein Handeln gewesen! Ach, und da war eine Stimme in ihm, jeden Tag lauter tönend — du möchtest sie sehen, möchtest sie Wieder sehen! D>« Krankheit hatte ihn sehr müde und schwach ge macht. Nie hatte ihn das Gefühl der Einsamkeit und des Verlassenseins so schmerzhaft erfüllt wie jetzt, da er auf dem Krankenbette lag. Und immer ungestümer regte sich da ein abenteuer licher, wohl kaum erfüllbarer Wunsch in ihm, den er aber mit dem Eigensinn des Kranken nährte und hegte — bis er ihn eines Tages aussprechen mutzte. Er wollte Frau Hofheim sehen! Denn der Tag mar nicht mehr fern, an dem er als Genesener die Heimreise antreten durfte. Und ehe er ging, mutzte er die Frau noch einmal sehen, die das Schicksal seines Lebens ausgemacht und ihn ver dammt hatte, einsam zu bleiben. Es war bei dem Morgenbesuch des Arztes. Herbert war mit der Temperatur des Kranken nicht ganz zufrie- den, auch mit dessen gequältem Aussehen nicht. Da der Heilungsprozetz ganz normal verlief und er auch nichts Beunruhigendes finden konnte, mutzte dieser kleinen Ver änderung etwas Seelisches zugrunde liegen; vielleicht war es Sorge um seine Unternehmungen. Als er dies fragend andeutete, schüttelte Georg Lornitz verneinend den Kopf. Schliesslich brachte er stockend, wie getrieben von einer inneren Macht, seinen Munsch hervor. Al» ob er nicht richtig verstanden, schaute Herbert ihn an. Brandstiftung, um aufzusallcn. In dem Dorf« Nteder- dornberabei Bielefeld brannte in der vergangenen Woche der Bauernhof Kleimann-Eickhoff bis ans die Grund mauern nieder. Dir Bewohner wurden tm Schlaf von den Flammen überrascht, so daß die Tiere zum Teil nicht mehr gerettet werden konnten. Seit dem Brandlage wurde ein seit drei Tagen auf dem Hof beschäftigter 19jähriger Melker ver mißt. Der Kriminalpolizei gelang es bald, ihn in Osnabrück kestzunebmen. Nach längerer Vernehmung gestand er, den Bauernhof vorsätzlich angezündet zu haben. Als einzigen Grund für feine Tat gestand der Festgenommene, daß seine Berufswunsche nicht in Erfüllung gegangen seien. Er habe Schauspieler werden wollen, doch habe ihm sein Vater diesen Wunsch abgeschlagen. Durch die Brandstiftung habe er die Auf- merksamkett auf sich lenken wollen. Seine Liebe zum Theater sei so groß, daß er dafür sogar eine Brandstiftung begehe. Bei Dacharbeite» durch die Decke gebrochen. In einem Glashüttenbetrieb in Großbreitenbach waren Arbeiter damit beschäftigt, ein schadhaftes Dach auszubessern. Sie brachen dabei an einer Stelle durch dt» dünne Decke und! stürzten In di» Tiefe. Dabei erlitt der 6S Jahre alt» Karl Wildj aus Großbreitenbach schwere Verletzungen, denen er bald dar auf erlag. Der gleichfalls in der Hütte beschäftigte Ernst Wild und der Packer Robert Bratfisch wurden mit schweren Ver-' letzungen nach dem Krankenhaus gebracht. Ziegelei niedergebrannt. — Ein Arbeiter verbrannt. NachtS brach in einer Ziegelei in der kleinen Ortschaft Velden an der VilS «Bayerische Ostmark) ein Großfeuer aus, das sich mit rasender Schnelligkeit ansbreitete. Sämtliche Gebäude wurden eingeäschert. Als Arbeiter der Ziegelei aus dem Magazin Oele, Fette und Treibriemen bergen wollten, stürzte plötzlich die Decke ein und begrub eine» Arbeiter unter fick. Er erlitt dabei so schwere Verbrennungen, daß er noch während der Ueberführung ins Krankenhaus starb. Ein anderer Arbeiter wurde von einem mit dem Mauerwerk herabstürzenden bren nenden Balken getroffen und erlitt schwere Brandwunden. DaS 18. Kind. Die Frau des Arbeiters Mocker in Ra guhn schenkte ihrem 18. Kinde das Leben. "Von den acht zehn Kindern leben zwölf. Nachdem schon der verstorbene Reichspräsident von Hindenburg Ehrenpate war, sind nunmehr auch der Führer und Reichskanzler sowie Generaloberst GörtngEhren Paten in der Familie Mocker. Nahkampf im Filmatelier. In einem Pariser Film- atelier wurde unter Mitwirkung mehrerer Sencgalneger ein» Szene für einen Film aus den französischen Strafkolonien ge- dreht. Einer der Senegalneger hatte dem Hauptdarsteller bereits mehrfach in etwas angetrunkenem Zustande die Perückenglatze vom Kopf gezogen. Ein früherer Meistcrringcr, der ebenfalls bei dieser Aufnahme milwirkle, ergriff für den Hauptdarsteller Partei. Der Senegalneger, der bei den Auf nahmen mit einem Seitengewehr bewaffnet war, zog das Seitengewehr und stürzte sich ans seinen Gegner, dem er mehrere Stichvcrletzunaeu beibrachie. Sofort herrschte tm Atelier ein wüstes Durcheinander. Schwarze und Weiße standen sich in äußerst drohender Haltung gegenüber und gerieten ins Handgemenge. Von den Schiebetüren geköpft. Auf einem kleinen Bahnhof in der Nähe von Marseille kam der Zugführer eines Post- zuges aus schreckliche Weise ums Leben. Um das Rangieren des Zngcs vom Postwagen aus verfolgen zu können, stcckis, er seinen Kops durch einen Spalt der Schiebetüren. Unerklär- licherweise schlossen sich die schweren Türen auf einen Ruck, wobei der Unglückliche buchstäblich geköpft wurde. Polizeiwachboot gerammt. — Zwei Beamte ertrunken. Ans der Themse stießen ein Wachboot der Londoner Wasser polizei nnd ein Schlepper in der Nähe von Blackpool zu- sammen. Während der Schlepper keine ernste Beschädigung erlitt, kenterte das Polizciboot. Von der dreiköpfigen Be satzung, die durch den heftigen Anprall über Bord geworfen wurde, konnte ein Polizeibeamter gerettet werden, während die beiden andere» Beamten ertränke». wmrnttausvruche zwingen zur Verlegung einer Stadt In folge eines Berichtes des holländischen Vulkanologen Doktor Stehn über die Wahrscheinlichkeit weiterer vulkanischer Aus brüche auf Neu-Guinea erwägt das australische Kabinett die Verlegung der Hauptstadt Ravaul nach Madang (Kaiscr- Wilhelm-LcmdO „Meine Mutter sehen?" wiederholte er fragend in massloser Verwunderung. Hastig nickte der andere. Herbert wollte ihm jetzt nicht widersprechen, um die Eregung des Kranken nicht zu steigern, obwohl er von vornherein die Unmöglichkeit und Aussichtslosigkeit dieses Wunsches kannte, den Georg Lornitz wohl in einer Minute geistiger Verwirrtheit ausgesprochen; anders konnte er sich das nicht erklären. „Ja, Doktor Hofheim, weil noch einige Fragen zwischen uns schweben." „Wir haben einen Strich unter die Vergangenheit gemacht, Herr Kommerzienrat!" versetzte Herbert leicht ablehnend, „ein Zurückgraben hat keinen Zweck! Wir haben die Trümmer beseitigt — und haben angefangen, neu zu bauen!" Plötzlich fragte Georg Lornitz: „Von dem Freunde Ihres Vaters, dem Ingenieur Martens, haben Sie noch nichts gehört?" „Nein, Herr Kommerzienrat! Wir haben auch jede Hoffnung aufgegeben, nachdem alle Aufrufe in den Zei tungen ergebnislos waren. Bitte, wir wollen nicht meHr davon sprechen." „Ich kann es nicht, Herbert Hofheim, nie! Und schon darum nicht, weil Sie mein Sohn sein könnten, und ich am Abend meines Lebens nicht allein zu sein brauchte." Herbert war tief im Innersten erschüttert. Welchen nie gestillten verzweifelten Schmerz atmeten diese Worte! Er fühlte seinen ganzen Groll schwinden, wider Wil len, und nur ein heiliges Erbarmen mit dem Kranken, in dem er jetzt ganz zu lesen vermochte, erfüllte ihn. War vergeben, vergessen nicht das Grösste in der Welt? Aber Hedwig Hofheim dachte nicht so. Höhnisch lachte sie auf, als der Sohn ihr des Kranken Wunsch brachte. „Nein!" Schneidend kam dieses Wort von ihren Lippen. „Mutter, es ist sein sehnlichster Wunsch." „Den du befürwortest?" Ein leichtes nicht begreifen des Kopffchütteln begleitete ihre Frage. „Bist du nicht auch gegen ihn in Schuld?" fragte er zurück. „Aus diesem Grunde nur! Denn ich — ich habe wahrlich keine Veranlassung, seiner freundlich zu ge denken!" Frau Hedwig errötete doch etwa». „Ach, was weisst du, mein Sohn —" „Genug, um zu wissen, dass kaum einer im Leben ganz ohne Schuld ist dem anderen Teile gegenüber! Und Ge org Lornitz hatte dicht sehr geliebt; er hat dich nicht ver gessen können. Und aus diesem Grunde kann ich auch sein Handeln gegen uns nicht so beurteilen wie im anderen Fall. Es war klein, aber menschlich, daher zu begreifen und in gewissem Er?de auch zu verzeihen. Ich will dir nicht zureden, Mutter. Aber sich gross zeigen ist edel, und eine Menschlichkeit soll man einem anderen nie verwei gern. Zahle ihm deine Schuld zurück!" (Forts, folgt.)