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Str 17» Zschvpauer Tagetlatt »» AnzeiOer Betreuung der Elbeschiffer durch die Deutsche Arbeitsfront kNTG.l Um die soziale und wirtschaftliche Lage in der Elbeschiffahrt zu überprüfen und die erforderlichen Unterlagen für die von der Reichsbetriebsgemeinschaft Verkehr und öffentliche Betriebe beantragte Aendcrung der Tarifordnung für das Stromgebiet Elbe. Oder und märkische Wasierstraßcn zu beschaffen, haben der Reichs sachschafls- und Stromgebietswalter der NBG. IN sowie der Sachbearbeiter des Sondertrenhänders für die Bin« nenschiffakrl eine Elbcstrombereisuna unternommen und die Elbeschiffer auf ihren Fahrzeugen besucht. Tie KommissionSmitglieder unterhielten sich einge- hend mit den Schiffern über die sozialen Verhältnisse, hielten Ausspracheabende ab, an denen über 500 Binnen- schifser tcilnabmcn, um alle Kranen durchzusprechen und bcsichtiatcn ladende und löschende Fahrzeuge. um auch hier aenaue Feststellungen über die Tätigkeit der Schiffs besatzungen in der Ladung zu treffen. Handwerksmeister, Euch geht es an! kNSG.j Unter den in diesem Jahr ernannten dreißig NS.-Musterbetrieben war das Handwerk würdig ver treten gewesen: es lieferte dadurch den Beweis, daß es mit der gesamten deutschen Wirtschaft im gleichen Schritt marschiert und die Forderungen des Nationalsozialis mus voll und ganz versteht. Es wird damit auch gezeigt, daß der Kleinbetrieb zu denselben Erfolgen kommen kann, wie der wirtschaftlich gut untcrbante Großbetrieb. Das deutsche Handwerk nimmt unter der national sozialistischen Wirtschaftsführung einen unerhörten Auf schwung auf wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet. Die Seiten sind vorübcrgeganaen, in denen die Handwerks- ärbeit mißachtet und der billige Schachtelkram bevorzugt wurde. Oftmals muß das Handwerk infolge seiner Eigen- art zurückstehcn und kann nicht so offen und glanzvoll sein Bekenntnis zum Nationalsozialismus ablegen wie die Großbetriebe: der Leistungskampf der Be- triebe aibt dem Handwerk dies^ Möglichkeit. In die ser sozialistischen Leistungsvrobe gibt nicht der große Geldbeutel und die zahlreiche Gefolgschaft sondern der Geist, die Kameradschaft und die innere -Haltung allein den Ausschlag. Die Kleinarbeit des Betriebes, das enge Zusammenarbeiten zwischen Meister, Geselle und Lehr ling ließen in den Handwerksbetrieben eine festgefügte Gemeinschaft erwachsen und deshalb wird das deutsche Handwerk beim Leistungskamvf in vorderster Front mar schieren und durch restlose Beteiligung seine national sozialistische Ausrichtung beweisen. Vollkommenheit nicht Voraussetzung fNTG.l Viele Betriebe vertreten die Meinung, daß der Leistungsstand für die Beurteilung im Wettkampf der Betriebe maßgebend sei. Die Gauwaltung der Deut schen Arbeitsfront weist ausdrücklich darauf hin, daß diese Ansicht falsch ist. Der Leistnngskampf beginnt mit dem Betricbsappcll am 3. August und damit auch die Verwirklichung der Ziele, die sich der Betrieb steckte. Es können und sollen deshalb nicht nur die Betriebe teil- nebmen. die Vorbildliches geleistet haben, sondern auch all, anderen Betriebe, die in Zukunft zur Tat f<yrc»te« wollen. 238 Anmeldungen an einem Tag! (NSG.) Die Gauwaltung Sachsen der Deutschen Ar beitsfront teilt mit, daß am Montag, 26. Juli, 238 An meldungen zum Leistungstampf der deutschen Betriebe eingegangen sind. Sächsische LandeSlottcrie. Die 4. Klasse der laufen den 211. Lotterie wird am 9., 10. und H. August gezo gen. Die Erneuerung der Lose mnß bis zum 31. Juli erfolgen. Aus Sachsens Gerichtssälen Ueber 2860 Mark unterschlagen. Chemnitz. Eines groben VcrtrauenSbruchcs hatte sich der am 16. April 1891 geborene Paul Reinhold schuldig gemacht, der sich nun vor einer großen Strafkammer des Landgerichtes Chemnitz verantworten mußte. In seiner Eigenschaft als Betriebsleiter einer Kemtauer Firma ge hörte es zu seinen Obliegenheiten, Außenstände einzuziehen. Er lieferte aber von etwa 1931 bis 1936 an die betreffende Kontoristin der Firma hauptsächlich nur Wechsel und Schecks mit dem Bemerken „es ist wieder eine a-Contozahlung" ab und behielt Bargeld in Beträgen von 20 bis 80 Mark für sich. Er veruntreute auf diese Art in der genannten Zeit eine Summe von 2800 bis etwa 2700 Mark. Die unter schlagenen Gelder benutzte er zur Ausbesserung seines Wirt schaftsetats. Wegen fortgesetzter Untreue in Tateinheit mit Unterschlagung verurteilte die Srafkammer den Angeklag ten zu einem Jahr und drei Monaten Gefängnis und 600 Mark Geldstrafe. Von einer Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte sah das Gericht noch einmal ab, mit der Be gründung, daß Neinhold, der in Kemtau Ortsgrnppenleiter war, durch den Ausschluß aus der Partei hart genug ge straft sei. * Konkursvcrbrechen und Verleitung zum Meineid. C h e m n i tz. Der am 22. November 1886 geborene Al fred Emil Ulbricht aus Annaberg hatte sich wegen Kon kursverbrechens und wegen Verleitung zum Meineid vor einer Strafkammer des Landgerichtes Chemnitz zu verant worten. In einem Nachlaßkonkursverfahrcn seiner ver storbenen Ehefrau, das im Dezember 1936 vor dem Amts gericht Annaberg eröffnet wurde, beseitigte Ulbricht Gegen stände sKlavier und Musikalienf im Gesamtwerte von etwa 2000 Mark. Außerdem verschwieg er einen Pfandschein und Wohnnngsgegcnstände. Er behauptete, daß er sie bezw. seine Stieftochter bei Lebzeiten von seiner Frau erhalten habe. Den Schauspieler H. wollte Ulbricht in dem zu erwartenden Anfcchtnngsprozeß bewegen, zu seinen Gunsten auSznsagen, daß Ulbricht das Klavier und die Musikalien von seiner Frau geschenkt bekommen habe. Das Gericht verurteilte Ulbricht zu 1 Jahr und 6 Monaten Zuchthaus und erkannte ihm die bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer voü drei Jahren ab. * Lopj'rigkt b> ^ukvvärts-Verlsz, Lettin 88 14. Fortsetzung. Die alte Dame sagte steif: „Nebenan ist ein Ankleide raum, mit einem breiten Divan, heizbar ja nicht." Sie öffnete eine Tapetentür. „Also, es wird gleich gegessen. Ihr werdet euch schon entrichten. Beliebst du warmes Wasser, Erdmuthe?" „Durchaus nicht." „Du kannst Mulsine zu mir sagen, wie dein Mann." Das kam etwas zögernd heraus. „Bei mir drüben werdet ihr es sehr mollig finden. Da steht der beste Ofen. Der große Salon ist eingemottet und zugedeckt. Ich lebe in zwei Räumen. Die Tischglocke läutet zweimal. Das heißt: Hände waschen und dann kommen. Die Kommodität ist links um die Ecke, unter dem Bild der Ahnfrau, die scch- zchnhundcrtscchsunddrcißig in der Reformation streitbar mitgctan hat. Tas weißt du ja wohl noch, Kurt?" „Ja", sagte er. „Und die Kommodität hat sich nicht verändert. Hutter dem Audrinopelvorhang geht es noch ganz zu wie im siebzehnten Jahrhundert." Das wurde überhört. Naiudorff verschwand aggressiv im Ankleidezimmer. Man Hörle ihn darin rumoren. Glas klirrte, ein Fenster- flügel wurde energisch geschlossen. Aber als er wiedec kehrte, war er betont korrekt, äußerte nichts, erwiderte aber auch nicht das schelmische Lächeln seiner Frau. „Weißt du, Kurt, ich bin tadellos abgehärtet. Ich werde nebenan schlafen, gut verpackt, und du machst es dir hier behaglich." „Liebes Kind. Ein Offizier..., was fällt dir ein? Es ärgert mich nur diese Schurigelet und diese Enge." Eine heisere, aber wuchtige Tischglocke schrie. Gesittet ging das Paar hinüber, an stummen Türen vorbei, hinter denen kein Leben mehr war. „Hier gehören wieder Kinderstimmen herein", sagte Muihe. Er nickte ihr zu. Ein weiches Rot stieg in beider Wangen. Ihren Arm sest in den seinen pressend, trat er mit ihr in das kleine Bibliothekszimmer, in dem man sich vor Tisch versammelte. Die Muhme hatte jetzt gastfreie Liebenswürdigkeit an gelegt. Ein weibliches Faktotum und ein als Diener ver kleideter Gärtner brachten den Suppentops und entkorkten eine bestaubte Weinflasche. Das Faktotum wirkte originell. Teils trug es den Stempel einer Untertanin, sehr stark geprägt. Daneben war es Vertrauensperson bis zu einem gewissen Grade, alles wissende Hausmaus, sofort beleidigt, leicht gerührt, übereifrig. Eine vollständige geistige Kirchenstille leuchtete von ihrer Stirn. Ihre vorquellenden Augen blickten töricht. erpaunr ve: vcm kleinsten Ereignis, aber Wcibchenaugen waren es doch. Die hafteten sofort auf der Erscheinung der jungen Frau, nahmen das weiße Tuchkleid, Meister- werk eines ersten Schneiders, bis ins kleinste in sich auf; sie knickste dabei von Zeit zu Zeit. Ihre Herrin rief sie: „Wirbelchen", und hielt sie scharf in Atem. Die beiden Zimmer, die die Muhme bewohnte, waren schön; nur echte, edle Sachen schmückten sie, an denen Er innerungen hingen. Sogar mehrere wertvolle Bilder. Aber keine Porträts. Von Menschen sah man nur Ahnen an ven Wänden, nicht eben reizvolle. Prachtvoll gestickte Vor hänge sprachen von der vielen Zeit, die verstorbene Gut schlagerinnen aus so etwas verwenden tonnten. In der Bibliothek herrschte eine Dämmerung, die jede Lese- möglichlcit ausschloß. Nur Bünde in Schweinsleder füllten die Regale, aber wohnlich war der Raum doch. Den Eß tisch, schön gedeckt, zierte kostbares Silber, Porzellan und Glas. Auf anspruchsvollen Schüsseln erschien eine ver blüffend einfache, derbe Hausmannskost, ganz genau ein geteilt und berechnet. Von dem Wein wurde nur Nain- dorff ciugeschcnkt. Wasser gab es nicht. „Trinken bei Tisch mackn stark", sprach die übcrschlanke Muhme. Das eingemachte Kompott, aus Mispeln und Quitten, schmeckte etwas dumpf, aber man wagte nicht, etwas davon liegen zu lassen. Kurt schnitt ein Gesicht und erzählte eine Anekdote von guten österreichischen Mehlspeisen. „Ungesund. Auch etwas ordinär", sagte die Muhme. „So? Aber ausgezeichnet." Vor und nach Tisch wurde gebetet. Das Gespräch er wärmte sich langsam. Der Muhme schmeckte es. Muthe ahnte nicht, wie genau sie beobachtet wurde. Ihr Mann sah es wohl. Er empfand Triumph, glückliche Genug tuung. Eine'klcine natürliche Ehrfurcht, Reverenz, lag in ihrer Behandlung der Hausherrin, etwas altmodisch, ab^t reizend, keine Spur davon von Kritik oder gar Ironie. „Abends sollt ihr Unterhaltung haben. Ich habe den Herrn Pastor für euch eingeladen." Raindorff gähnte. „Ist es noch immer der Reimann?" „Gewiß. Mein guter lieber Reimann." „Predigt er noch so lange?" „Mir ist es nicht zu lange." „Und wiederholt sich dabei zehnmal." „Da merkt man sich'- besser, empfindet eine sanfte, sichere Führung — und du, kleine Frau, bist du fromm oder weltlich?" „Fromm", sagte Muthe. „Zum Weltlichen ist es noch nicht gekommen, weil ich doch gleich geheiratet habe." „Und das scheint bei mir nichts Weltliches zu sein", sprach Raindorfs trocken. Da lachte die alte Frau zum ersten Male so herzlich frisch aus unverbrauchten Tiefen, daß Wirbelchen und Schweppe sie ganz entsetzt betrachteten. Sie klopfte Muthe auf die Schulter. „Hast schon recht, eS so aufzufassen. 1.« moaäe — das kommt immer früh genug." Nach einem prächtigen schwarzen Kaffee, mit einem alten raren Schnaps, dem auch die Muhme zweimal näher- trat, wurde es offenbar, daß sie wertvolle und auch schreck liche Eigenschaften besaß, unter anderem die, sich niemals auSzuruhen während des Tages. Sick nach Tisch aus- Dirn-t««, »7. Juli 1017 So »erde« Rettler gezüchtet. Chemnitz. Wegen Bettelei hatte sich das Ehepaar W vor dem Einzelrichter zu verantworten. W. hatte von 193« bis zum 2. Februar 1937 wiederholt bei einem hiesigen Ein wohner Vorgesprächen, seine Notlage geschildert und dadurch nicht unerhebliche Beträge erhalten. Schließlich nützte W die Gelegenheit so aus, daß sich der freudige Geber ge zwungen sah, gegen ihn polizeiliche Anzeige zu erstatten, nm den lästigen Bettler loszuwerden. Das Urteil des Amts- gerichtes Chemnitz lautete gegen W. auf 4 Wochen Hait. Die Ehefrau wurde freigesprochen, weil sie nur die Briefe -es Ehemannes überbracht hatte. In der Urteilsbegrüm -ung hob der Einzelrichter hervor, daß im nationalsoziali stischen Staat niemand mehr zu betteln brauche. Die Wohl- fahrtseinrichtungen unterstützen jeden in Not geratenen Volksgenossen. Weiter betonte der Einzelrichter, daß es ein falsches Mitgefühl sei, Bettler zu unterstützen. Dadurch werde dieses Univesen nur gezüchtet. Betrügerische Versicherungsvertreter erschwindeln 14 000 M. Chemnitz. Eine Kette von Betrügereien beging der am 1. November 1901 in Chemnitz geboren« Leberecht Alfred Kurt Lohse, der als Vertreter für ein« Magdeburger Ver sicherungsgesellschaft von 1933 bis 1936 in Chemnitz und im Erzgebirge tätig war. Lohse besuchte die Kundschaft der Versicherung und täuschte ihr vor, daß die Versicherungs gesellschaft eine Auslosung vornühme und dazu Gewinn anteile zu günstigen Bedingungen ausgebe. In vielen Fällen fielen die Leute auf dieses Schwindelmanöver, das üch Lohse raffiniert zurechtgelegt hatte, hinein, und gaben meh rere 100 Mark zum Erwerb von Gewinnanteilen. Allein diese Einnahmequelle genügte Lohse nicht und er schröpite seine Opfer durch einen weiteren Trick, indem er ihnen nach einiger Zeit mitteilte, daß sie eine Freipolice von mehreren tausend Mark gewonnen hätten. Als Steuer seien für die Freipolice — in einem Fall — die Kleinigkeit von 1380 M. zu leisten. Auch dieser raffinierte Trick gelang Lohse, der zu diesem Zweck Schriftstücke fälschte und falsch anfertigte. So gelang cS ihm in neun Fällen 14 000 Mark zu erschwindeln In Adorf hatte er dem Kunden sogar eine Hypothek von 3000 Mark zngcsichert. Als er den Antrag aber nach Magde burg einreichte, radierte er diesen Zusatz weg. Mit Lohse hatte sich auch sein „Vorgesetzter", der am 26. Dezember 1886 in Zwickau geborene Max Albin Schütz aus Makranstädt (Versicherungsinspektor) wegen Betrugs in zwei Fällen zu verantworten. 'Schütz wußte von dem Treiben seines Ver treters und beteiligte sich sogar in zwei Fällen dabei. Bei der Schwere dieses Falles kamen natürlich für Lohse keine mildernden Umstünde in Frag«. DaS Urteil lautete gegen Lohse wegen fortgesetzten gemeinschaftlichen Nückfallsbetrn- ges in Tateinheit mit gewinnsüchtiger Privaturknndcnfül- fchung anf ein Jahr und neun Monate Zuchthaus und 3000 Mark Geldstrafe, ersatzweise weiter« 100 Tage Zuchthaus. Die bürgerlichen Ehrenrechte wurden ihm auf drei Jahre aberkannt. Da er geständig war, rechnete ihm die 24. große Strafkammer des Landgerichtes Chemnitz fünf Monate anf die Untersuchungshaft anf die Strafe an. Schütz erhielt wegen gemeinschaftlichen Betrug? in zwei Fällen acht Mo nate Gefängnis. II III strecke» — korreurl Lockere Weiber machen so etwas. Sie lehnte fich auch niemals an, saß bolzcngerade, gähnte nie. Rasdorfs verzog sich schleunigst, nachdem er ihr die Hand geküßt und etwas gemurmelt hatte. Sie schaute ihm, ohne Kommentar, gedankenvoll nach. „Du, Erdmuthe, er wird jetzt auf die Couchette sinken. Du mußt ihn besser erziehen." Hierauf belegte sie ihr Opfer für den ganzen Nachmittag. Unglaublich, wie Wieselhaft sie laufen konnte, wie scharf sie sah, und dann auch wieder nicht sah. Ihr Ge spräch, zuerst selbstherrlich kommandierend, wurde all mählich nicht uninteressant; wuchs manchmal empor zu einer gewissen Anmut. Wohlwollen sprach daraus, das sich steigerte. „Schade, daß du nicht in einem adligen Fräuleinstift gewesen bist, ganz abgeschlossen. Aber das ging ja wohl nicht." „Gott sei Dank, nein." Die Muhme räusperte sich. Sie zeigte ihr Haus, in dem sie immer gelebt, den Gatten, ihre zwei Kinder ver loren. Der Sohn war auf der Jagd verunglückt, die Tochter zu zart für das Leben gewesen. „Gottes Wille", sagte sie mechanisch, faltete flüchtig die Hände, aber ihr Atem ging nicht rascher, ihre Augen blieben kalt. Nur das netzhafte Fältchenwerk, über ihr Gesicht gebreitet, sprach von qualvollen Erlebnissen, von dumpfem Gram, der unterirdisch gewühlt, von einer Resignation, die etwas Schauriges hatte. „Mein Mann und ich, wir waren Vetter und Base, reinstes Blut, mein Mann ein glänzender Grandseigneur. Einst rauschte in diesen Zimmern hier Glanz und Leben. Hier lärmten, spielten meine Kinder, wie es ihre Vorfahren getan. Da steht noch das Klavier." Sie verstummte plötzlich, sah starr vor sich hin. „Kommt ein Vogel geflogen", sagte sie, kaum hörbar. Im Garten, der, schlecht gehalten, mit einem verwilder ten Pflanzenreichtum, unter dünnem Schnee dalag, zeigte sie: „Das waren ihre Beete. Komm in den Park. In: Park, da sind sie überall, die Kinder. Die Futterhäuschcn haben sie mitgebaut, für Vögel, Hasen und Rehe. Sie kannten die Fasanenschlupfe. Ueber uns hier oben, in ven Buchen und Ahornbäumen, deren Alter man gar nicht mehr weiß, lebten damals immer Turmfalken. Mein Junge und die wilden Gesellen, die liebten sich zärtlich. Wenn er ihnen pfiff, dann riesen sie Antwort. Als er dann starb, sind sie fortgezogen. Es ist bei uns kein junger Falke mehr. Nur noch im Wappen." Die Gutschlagerrn stand still unter den gewaltigen Bäumen, als sie das flüsternd sagte. Einen Augenblick war es, als schwanke sis und würde nach vorn fallen. Sie richtete sich schnell wieder auf, schaute empor in die Wipfel, die sie weit über sechzig mal grünen, sich entblättern gesehen. Ein Kopfschütteln, geisterhaft, hilflos kam sie an. Die junge Frau trat bewegt beiseite, ein armes Herz auf seinen Wegen nicht zu stören. Sie sog den Duft dieses Winters hier ein, dachte: Was Lenz und Sommer hier sein müßten. Sie wußte nicht, wie sehr sie selbst sich ein« fügte in diesen Rahmen. IKortsetzung folgtf.