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Nr. 1S4 Zschopauer Tageblatt «nd Anzeiger Sonnabend, den 1.2. Juni 1ÜS7 IchcsdmK der MdtlW HNdM iiid KemdeWe NchvMi Schuljahr 193K/Z7 Von Stuüienrat Koh läse. (Fortsetzung). Prüfungen. Die Aufnahmeprüfungen sanden an den ersten Schultagen statt. Geprüft wurde in der Handelsschule Deutsch (Nachschrift und Aufsatz: Meine Gedanken über die Wahl am 29. 9. 1930) und Rechnen; in der Gewerbeschule Deutsch (Nachschrift) und Rechnen mit Formenlehre. Eine Prüfung der zeichnerischen Fertigkeiten wurde iu den ersten Unterrichtsstunden «»geschlossen. Dio schriftlichen A b g a u g s p r ü f n n g e n der Handel -- schule fanden in den letzten Februarwochen statt. Geprü't wurden drei Klassen iu folgenden Fächern: Lehrlingsklasse H 3 Betriebswirtschaftslehre (Frieding): Teilfragen: Bahntarife, Haftung der Reichsbahn, Auslandszahlungsverkehr, Bier jahvesplan und Außenhandel, Einstellung von Zahlungen, Voraussetzung für eine Fabrikgründung, die Tätigkeit der Banken im Wirtschaftsleben, Vorteil des Scheckver kehrs, die gesunde Grundlage einer Währung ist nicht ein Goldfonü, sondern? — Aufsatz über den Vierjahresplan als Gesamtfrage (Welches Ziel hat der Vierzahresplan von 1936?) Briefverkehr (Frieding): Angebot verfassen im Stil eines Werbebriefes, Auftragsbestätigung eines Büromaschinen werkes, minder gute Auskunft über eine zweifelhafte Firma. Deutsch (Stübler): Aufsatz: Was merke ich vom Vierjahres plan? Buchführung (Frieding): Fabrikationsbnchhaltnng einer Baumwollspinnerei? Der Bruttogewinn soll auf dem Verkaufskonto nachgewiesen werden. Die Buchungssätze des Grundbuches sind auszuarbeiten. Kaufmännisches Rechnen (Frieding): Vertausskalknlation im Exportgeschäft. Englisch (Meyer): Geschäftsgang Import of Tea — In qniry. Sending Price-list. Order. Adviee vf Dispatsch. Französisch (Meyer): Briefe: Demande de prix eourant. Jnvoi d'un catalogue. Konfirmation d'nne evmmande. Demande de prix. Wirtschaftserdkunde (Kohlase): Spanien. Der Rheiugvld expreß. Deutsche Schiffahrtslinien. Wo liegen lein zeichnen auf blinder Karte): Kapstadt, Santos, Reiv Orleans, Manila, Oslo, Liverpool, Barzelvna, Evlombo? Warenkunde (Kohlase): Kampf dem Verderb — Abfallver Wertung in der deutschen Industrie. Deutsche Heimstoffe (Zellwolle, Buna, Synthetisches Benzin, Kunstharz usw ). Warenbestimmungen: Bernstein, Kaolin, Anthrazit, Sago, MaciS, Kochsalz, Kette und Schuß, Rum, Zweitaktmotor, Camembert, Mako, Zimt, Rubin, Morphium. Staatskunde (Stübler): Deutschlands Kampf gegen Ver sailles. Ziele nationalsozialistischer Rassenpolitik und ihre Verwirklichung. Reichskurzschrift (Drechsel): 5 Minuten Ansage zu über tragen, Geschwindigkeiten von 100 1-10 Silben. Vollklasse V 2 K (Knaben) Betriebswirtschaftslehre (Müller): Handel und Staat (In ¬ nere nnd äußere Handelspolitik, Zollwesen, Handelsge- richksbarkeit, staatliche Versicherung, Steuergesetzgebung, Staatsmonopole). Schriftverkehr (Müller): Bestätigung eines Akkreditiv-Auf trages. Deutsch (Müller): Schwieriges Diktat über Satzzeichen. Buchführung (Müller): Kurzer Gang im amerikanischen Journal. Bnchungssätze znm Abschluß. Transitorische Posten. Wie regelt sich die gesetzliche Gewinnverteilung bei der offenen Handelsgesellschaft? Wie erkennt man die stillen Reserven in einer Bilanz? Welches sind die Er- svlgSkonten bei einem Warengeschäft, einer Bank, einer Fabrik, einer Hypothekenbank? Kaufmännisches Rechnen (Frieding): wie bei H 3. Wirtschaftserdkunde mit Warenkunde (Müller): Das wich tigsten Reisland der Erde und die wichtigsten Ein- und Ausfuhrhäfen. Die Zinnländer der Erde und die Vertei lung der Verbraucher. Die Weizengegenden Judiens. Was erhält Deutschland aus Niederlündisch-Jnöien? Wirt schaft Chinas und ihr Verhältnis zur Bevölkerung. Ja pans geopolitische Lage und Kraftlinien. Die wichtigsten Weltwasserstraßen. Wodurch wird die Wirtschaft Süd afrikas gekennzeichnet? Vergleich zwischen Südafrika nnd Australien. Welche Länder sind besitzmäßig an Ame rika beteiligt? Llaatskunde (Frieding): Welche überstaatlichen Mächte woll ten das deutsche Volt auf ewige Zeit iu Ketten legen? Die richtunggebenden Ziele des Programms der Bewegung. Die Dentnng der Flagge der Bewegung. Welche Zustände wurden durch das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit beseitigt? In welcher Lage befand sich das deutsche Volt, als das Parteiprogramm vertündet wurde? War um heißt die Bewegung NSDAP.? Der Werdegang des Führers. Die Parolen der Reichsparteitage seit 1933. Welche Scheingründe wurden gegen Deutschland bei der Wegnahme der Kolonien ins Treffen geführt? Neichskurzschrift (Brenner): 5» Minuten Ansage in den Ge schwindigkeiten 110—120 Silben. Vvllllasse V 2 M (Mädchen) Betriebswirtschaftslehre (Kohlase): Das neue Aktienrecht. Förderungseinrichtnngen des Ausfuhrhandels. Begriffs bestimmungen: Was ist bz G, Limit, Freihafen, Rembours- kredit, eif, fvb, GmbH., Code, Betriebsgemeinschaft, DAF., Knx, Reederei? Schriftverkehr (Kohlase): Ein Briefgang aus ihrem Ge schäftszweig mit Warenlieferung, Rechnung, Mängelrüge nnd Zahlung durch Postscheck. Werbung (ZeitiingSanzeige oder Brief) für das Osterfest. Tabellarische Uebersicht (Preisliste). Deutsch (Drechsel): Schwierige Nachschrift. Buchführung (Kohlase): Abschlußtabelle mit Noh- und Saldvbilanz, Inventur uud Erfolgsberechnuug eines Fa- brikgcschüfteS mit transitorischen Posten. Kaufmännisches Rechnen (Drechsel): Prozentrechnung. Wcchselrechuung. Kontokorrent. Englisch (Brenner): Dictation. Uebersetzung deutscher Sätze inS Englische. Briefausgaben nach Angabe. Wirtschaftserdkunde mit Warenkunde (Meyer): Wie verteilt sich in Sachsen die Textilindustrie? Woher stammt der Ausdruck Rauchwaren? Der größte deutsche Rauchwaren- platz. Wo gibt es in Sachsen Nutzsteine und welche sind das? Die deutschen Hochösengebiete und die deutschen Eisenerzgebiete. Drei sehr bekannte deutsche Städte, die Glaswaren Herstellen. Von welchen Staaten beziehen wir Eisen? Zwei bekannte Porzellanstädte und ihre Erken- nnngSzeicheu. WaS versteht man unter Kleineisenindu strie? Wähle dir einen der nachfolgenden Industriezweige uud beschreibe den Fabrikationsprozeß der Rohstoffe, gib di« Gegenden an, wo diese Industrie besonders anzutref fen ist und berichte, was du sonst noch aussagen kannst: Textilind ust rie, Metallindustrie, Glas m a re ni nd ustr i e, Papierindustrie, Ton- und Zementindustrie, Kohlen- und Oelindustrie, Bausteiuinöustrie, Nutzholzindustrie. StaatStunde (Drechsel): Der Luftschutz. Reichskurzschrift (Drechsel): 5 Minuten Ansage in den Ge schwindigkeiten 100—160 Silben, Uebertragung auf Schreib maschine. Sonderprüsungen. Auf Anordnung des Ministeriums fand in allen Klassen sämtlicher sächsischen Schulen eine Sonderprüfung statt, die sich auf Deutsch (Nachschrift) und Rechnen erstreckte. Die Aufgaben hatte der Direktor der Schule zu stellen. In der Handels- uud Gewerbeschule wurde zunächst für alle Schüler und Schülerinnen eine Nachschrift gegeben, ge trennt für Handelsschule und Gewerbeschule; es ist möglich, daß die Nachschrift für die Gewerbeschüler etwas zu schwer ivar. Das Ergebnis war in der Handelsschule 42 mal I, 58 mal II, 33 mal III, 7 mal IV und 2 mal 0 (über 20 Fehler), der Durchschnitt also 2,00 — II; in der Gewerbeschule 54 mal I, 122 mal II, 115 mal III, 91 mal IV und 126 mal 0 (über 20 Fehler), der Durchschnitt 2,94 — III. Im Rechnen waren die Aufgaben nach den Jahrgängen nnd den einzelnen Fachrichtungen verschieden. Das Ergeb nis war in der Handelsschule 67 mal I, 32 mal II, 31 mal III, 12 mal IV und 1 mal 0, der Durchschnitt 1,87 — II; in der Gewerbeschule 232 mal I, 140 mal II, 75 mal III, 32 mal IV und 9 mal 0, der Durchschnitt 1,91 — II. Insgesamt sind in der Handelsschule im Deutsch 6,33, im Rechnen 9,09^ ungenügende Leistungen, in der Gewerbe schule im Deutsch 42,71-L und im Rechnen 8,40unge nügende Leistungen zn verzeichnen. Die höchste Fehlerzahl in der Gewerbeschule war bei der Nachschrift 100. Die Schule muß ja auch Schüler ausuehmen, die den Ansprüchen nicht genügen, wenn sie in den betr. Berufszweigen als Lehrlinge angenommen werden. Um die Ergebnisse für die Zukunft zu bessern, ist ungeordnet worden, die Grundlagen der Rechtschreibung und Zeichensetzung immer wieder zu be tonen, wenn auch namentlich nach der Herabsetzung der Stundenzahl und den dauernd wachsenden Anforderungen der Technik wenig Zeit dafür vorhanden ist. (Schluß folgt.) in 1936 b> ^.ukcvürts-Verlag, - z gr 24. Fortsetzung. In dem weichwelligen Haar saß, wie dorthin verflogen, ein Schmetterling aus Smaragden und Perlen und übcrsprühte ihr wunderbar gepflegtes Haar, wenn si» sich hin und her bewegte, mit buntem Juwelenfcuerwcrk. Die Zofe betrachtete ihre Herrin mit Andacht, ganz in Verzückung versunken. „Tic Seüora ist die schönste Frau in ganz Spanieno rief sie voll Uebcrzeugung. Gisela lächelte ein wenig, erwiderte leise: „Ich gefall» mir ja auch ganz gut, Conchita, aber ich habe Angst vor dem Konzert." Eben öffnete sich die Tür, und Manuel Salvador trat ein. Er lies; einen Laut des Entzückens hören. Gisela hatte ihm vorher nicht verraten, was sie sich für diesen wichtigen Abend für eine Toilette hatte arbeiten lassen. Er wußte aber, daß er sich auf ihren Geschmack verlassen durfte; oft genug hatte sie das bewiesen seit ihrer Vep hciratung. Dennoch war er erstaunt, wie sie es wieder verstanden hatte, ihre blonde Zierlichkeit zu geradezu ver- blüffcnder Geltung zu bringen. Er nahm ihre Rechte und streichelte darüber hin, sagtt auf deutsch, damit ihn die Zofe nicht verstände: „Wenn dich dein deutscher Kleinstadtbräutigam von damals sr sähe wie ich jetzt, ich glaube, er verlöre den Verstand." Gisela war es, als sähe sie mit einem Male Werner Hagen dicht neben ihrem Munne stehen. Aber nur schatten haft und verschwommen. Sie zog die Brauen ein wenig hoch, antwortete: „Ich meine saft, ich hätte das damals nur geträumt." Sie macht» eine flüchtige Bewegung mit der Rechten, als schiebe sie etwas Störendes beiseite. „Jetzt nur nicht den Kopf mit solchen Nebensächlichkeiten belasten! Es gilt, ihn für das Konzert klar zu behalten." Er nickte: „Natürlich, du meine wunderschöne Frau!" Sie gingen in den Salon, der in Moosgrün und Gold gehalten war. Alfonso de Casajuana wartete hier. Er war etwas kleiner als Manuel Salvador, von ras- sigcm andalusischen Typus. Er hatte eine sehr duukl« Haut und Augen, die wie schwarze Flammen glühten. Ein winziges Bärtchen saß über seinen ein wenig auf geworfenen Lippen. Er verneigte sich tief vor der schönen blonden Frau, vielleicht zu tief. Gisela reichte ihm die Hand zum Kusse, und sie erschrak; denn sie fühlte deutlich, wie seine Zähne ein wenig ihr» Haut berührten. Wie ein leichter Biß war es. Sie entzog ihm die Hand, legte sie auf den Arm ihres Mannes: „Es ist Zeit, Manuel!" Und dann befand sie sich im Künstlcrzimmer des großen Konzcrthauses. Niemand außer ihrem Mann war bei ihr, denn so hatte sie cs gewünscht. Die ersten Nummern der Konzertfolge bestritten ver Pianist, der ein Künstler von bedeutendem Ruf war, und Manuel Salvador. Dann erst wollte Manuel Salvador seine Frau auf das Podium führen. Während Gisela sich ganz allein befand, kam noch ein mal vas Bangen mit ungeheurer Gewalt über sie und lähmte ihr die Glieder. Ihr war zumute, als müsse sie fliehen. Heim in die schöne, elegante Wohnung im Paseo de Gracia. Warum hatte sie den Ueberredungen ihres Mannes nicht widerstanden? Warum hatte sie sich nicht lieber damit begnügt, nur seine schöne, verwöhnte Frau zu sein? Warum hatte sie sich vom Ruhm blenden lassen? Das alles ging Gisela jetzt durch den Kopf. Sie fuhr zusammen, als ihr Mann plötzlich vor ihr stand. Er lächelte strahlend: „Hörst du cs, nimm mi«, wie sie rasen, wie sic in die Hände schlagen, bis es schmerzt, wie sic mcinen Namen rufen?" Er bog seine schlanke Ge stalt etwas zurück. „Garamku, das tut gut, das ist ein Genuß, dem sich kein anderer ans Erden vergleichen läßt! Komm, Gisela, nun bist du an der Reihe." Er nahm ihre Geige ans dem Kasten, stimmte sic nach, dann drückte er sic ihr in die Hand. „Keine Furcht, jetzt gilt es zu zeigen, was du in drei Jahren bei mir gelernt hast. Du bist meine einzige Schülerin, mach' deinem Meister Ehre, ge liebte Fran!" Es klang etwas theatralisch. Aber Gisela war längst an die südländische Art gewöhnt. Sie erhob sich, spielte eine Kadenz, und der Ton des schönen alten Instruments, das ihr Alfonso de Casajuana eines Tages geschenkt hatte, brachte sie wieder völlig zu sich. Weg mit der törichten Angst, sie wollte und mußte siege»! Und sie siegte! Zuerst wohl durch ihre bezaubernde Vlondheit, dann aber auch durch ihr Spiel. Ihre Geige sang eine Kompo ¬ sition ihres Mannes, die er eigens für sie geschrieben. Ein Konzertstück, in dem sie ihr Können brillieren lassen konnte. Als sie den Bogen senkte, setzte betäubender Beifall ein, und Gisela war es, als stürmten große Wogen von Glück über sie hin und benahmen ihr den Atem. Sie neigte den Kopf, sie lächelte ihr süßes, weiches Lächeln, und dann spielte sie zusammen mit ihrem Manne ein Duett. Manuel Salvador war ihr an kühnem Schwung, an Fingerfertig keit und Genialität bedeutend über; aber sie verstand es, tiefes Empfinden mitklingen zu lassen. Nebeneinander standen sie beide auf dem Podium und dankten immer wieder für den Beifall des Publikums, der nicht enden wollte. Bis sich Gisela zu einer Zugabe entschloß. Das alte böhmische Sterbelied, diese seltsame, düstere und doch so wundersam bezwingende Weise, die sie ihrer toten Mutter gespielt hatte, die schenkte sie ihren Hörern. Weiche Akkorde schwangen sich auf, wanden sich sanft und leicht zusammen zu klingenden Kränzen, die wie aus vunklen Rosen waren, zwischen die sich weiße, heilig-reine Lilien einschoben. Gisela hatte sich unwillkürlich zu dem Lied entschlossen, ohne erst viel darüber nachzudenken, ohne zu ahnen, welchen Erfolg sie damit erzielen würde. Erst schien es, als hätte sie nicht klug gehandelt; denn keine Hand rührte sich, nachdem sie die Geige abgesetzt hatte; aber es war nur Ergriffenheit, die stumm blieb, die sich erst sammeln mußte. Man hörte deutlich, wie eine Dame schluchzte, so hatte die fremde, eigenartige Melodie aus sie gewirkt. Manch Finger tupfte verstohlen am Augenrande; aber mit einem Male toste es los, als wollte man eine Schlacht gewinnen. Und Gisela verneigte sich wieder und immer wieder, erglühend vor Glück und Stolz. Kein einziger auch noch so flüchtiger Gedanke flog in die kleine Stadt zurück, in der ein einsamer Mann stunden lang vor einem Bild saß, auf dem man ein blondes Mädchen im Brautgewand sah. Vor dem Bild seiner Braut, die unfaßbar jäh aus seinem Leben gegangen war, die ec als Tote beklaqte, und die er nicht veraesieu konnte. ^elltreünte8 Kapitel Die neue Schallplatte Es war dämmerig in dem großen Zimmer. Au; ver Couch saß Lore Hagen und träumte vor sich hin, wie so oft, wenn sie sich allein befand. Und immer dachte sie dann dasselbe, immer dasselbe. Die Tür öffnete sich, und fast gleichzeitig wurde das Licht eingeschaltet. Eine schlanke, aber doch kräftige Dome, Mitte der Vierzig, war eingetreten, rief vorwurfsvoll: (Fortsetzung folgt).