Volltext Seite (XML)
Zum sSeventen Tas 2. Beilage des Lschopauer Tageblattes und Anzeigers s»«n-ben-, 20 msrz „er Der arme Soaklag Der Tag des Einzuges in 3erusa!em - Der Palmsonntag, auch Palmarum genannt, hieb früher der ,,grüne Sonntag", hier nnd da auch der „schwarze" Sonntag", und zwar bezog sich das „grün" aus den erwachenden Frühling und das „schwarz" aus die nun folgende Karwoche, die „Schwarze Woche". Seltener sind die Bezeichnungen „Blumenostertag" oder „Ostern der Blumen", aus denen der Ton österlicher Vorfreude klingt; sie erinnern an uralte Bräuche, die auf die heidnischen Pslanzcnweihen zurückgehen. Das eigentliche Symbol des Palmsonntags, der Palmenzweig, erinnert an Christi Einzug in Jerusalem, wo ihn die Menge umjubelte und ihm Palmenzweige, im Morgenlande seit jeher als Willkomm geltend, entgegen- schwenkle. Schon die ersten Christen feierten den in allen vier Mvangelien geschilderten Einzug Christi in Jerusalem durch grobe Umzüge, die nach dem Hauplgottesdienste stattfanden, wie uns der Kirchenhistoriker Epiphanius schon aus dem Anfang des vierten Jahrhunderts berichtet Die erste ausführlichere Schilderung einer solchen Palm- sonntagsprozession stammt aus der Feder der frommen Pilgerin Silvia Aetheria, die gegen Ende des vierten Jahrhunderts von Gallien aus eine Bittfahrt ins Heiligk Land unternommen hatte. „Am Palmsonntag in allei Frühe", schreibt sie, „zogen Bischof und Volk aus der Toren der Stadt hinaus zum Oelbcrg, wo zunächst eir Gottesdienst abgehalten wurde. Dann kehrten sie, fromm« Weisen singend, auf verschiedenen Wegen wieder in di, Stadt zurück. Alle Kinder aber, sogar jene, die noch nich gehen konnten und von den Müttern auf den Schulterr getragen werden mutzten, hatten Oelzweige oder Palm zweige in den kleinen Händen." Auf einigen uns erhalte nen altchristlichen Marmorsarkophagen ist der Einzug ir Jerusalem in Reliefform festgehalten, über dem die Glorn der himmlischen Heerscharen zittert. Mit dem Aufblühen der Mysterienspiele begnügte fick das Volk nicht mehr mit blotzen Umzügen, sein naive- Weltbild- verlangte, die Gestalt des Heilands selbst zr sehen, es wollte die biblischen Vorgänge leibhaftig dar gestellt sehen. Zuerst übernahmen die Geistlichen, späte, Mitglieder der Gemeinde oder Ministranten die Rolle dc- auf einem Esel dem Zuge voranreitendcn Heilands. Dst früheste zuverlässige Mitteilung über einen solchen Um zug in Deutschland findet sich in der Lebensbeschreibung des heiligen Ulrich von Augsburg aus dem zehnten Jahr- l ändert, der ausführlich die kindhafte Freude des Volkes an diesen „himmlischen Umzügen" darstellt. Fortan blieb der sogenannte Palmesel der Mittel- punkt der Palmarumfeier. Schließlich kam man auf den Gedanken, einen hölzernen Palmesel zu schnitzen und auj dessen Rücken eine in biblische Gewänder gehüllte Holz figur zu setzen; diese hölzernen Eselreiter standen auf einem Trett mit Rädern und wurden von den Natsherrcn oder von angesehenen Bürgern, manchmal auch vom Totengräber, durch die Hauptstraßen des Ortes gezogen Die Geistlichen im Ornat, die Bürger im Sonntagsstaat und die weißgekleideten Kinder gaben mit ihren Fahnen das Geleite. Der Zug endete in der Kirche, wo der Palm- escl neben dem Altar Aufstellung fand Spätere Zeiten habe!« den Sinn dieses Umzuges nicht mehr so recht ver- WwMtge, Palmese! Md PoluMllNlseier standen, und so kamen die Palmesel, unter denen sich osi künstlerische Stücke befanden, in die Rumpelkammern. Heute findet man hin und wieder ein Exemplar in volkskund lichen Samlungen. Wir Heutigen lesen wohl noch von dem Einzug in Jerusalem, wir hören in der Predigt da von, können uns jedoch kaum mehr ein Bild machen von unseren Vorfahren, die glaubten, dabeisein zu müssen, grüßend die Palmen zu schwingen und gemeinsam den Herrn zu grüßen, deren vom Heiligen Miste ergriffenes Herz voll war von den hohen Geheimnissen, für die es keine zeitliche Entfernung gab von dem, was die Heils geschichte erzählt, denen (man denke an Oberammergau) ihr Heimatort zur Stadt Christi wurde. Heute werden am Palmsonntag — ein kärgliches Ueberblcibsel der damaligen Palmarumfeiern — Palm- büschcl geweiht; anstatt der Palmblätter nimmt man meistens die Blüten der Salweide, des Haselstrauchs oder auch Tannen, Wacholder und Buchsbaum. Tie geweibten Zweige werden sorgfältig aufgehoben und in Stuben und Ställen, auf den.Acckern und in den Weinbergen ange bracht als Schutz gegen Gewitter und Hagclschlag. Die sorgsame Hausmutter weiß auch die heilende Wirkung des „Palms" zu schätzen. Vielerorts ziehen die Kleinen mit ihren Palmen von Haus zu Haus, sagen ihr Sprüch lein her und erhalten kleine Gaben, die sic an die Zweige hängen. In der äußersten Ecke des westfälischen Münstci- landes hat sich eine sehr alte Sitte in die Gegenwart bin- übergerettet, die an die vorchristliche Zeit erinnert: das Palmstocksuchen. Ter „Palmstock" besieht ans einer von der Rinde befreiten, weißgeschälten Krone eines jnngen Kiesernbanmcs. Die Enden der einzelnen Zweige und Zweiglcin werden mit größeren und kleineren „Palm- vögclchcn", d. h. mit. kleinen ans Kuchenteig geformten Vögeln verziert, während die Stütze von einem rotwangi gen Apfel oder von einer gebackenen Brezel, dem „Kreke- ling", gekrönt wird; Ketten von gebackenem Obst oder Zuckerzeug vervollständigen den Schmuck. Am Palm- sonntagmorgcn müssen die Kinder den in einem Winkel des Hauses versteckten „Palmstock" suchen; wenn sie ihn gefunden haben, stürzen sie auf die Straße und rufen: „Palmsonntag". Nachher wiro der Schmuck verschmaust. Zweifellos sind die gebackenen Vögel des Palmstocks eine Erinnerung an die germanischen Frühlingsfeiern, bei denen die gefiederten Himmelsboten als Künder des kom menden Lenzes besonders geehrt wurden. Dn tzWM des SWsals Bekanntlich ist es nicht icdem zuträglich, wenn das Schicksal ihn allzu lehr verwöhnt. Manchem Muttersöhnchen srommi -s wen mehr, wenn einige Hammerschlage es zum Manne harien. Aber eine solche Kur gehl nicht immer gut aus... Ta wohme in der Masaryk-Kolonie zu Preßburg der Fleischhauer Johann Nowak, der während der vier Jahrzehnte seines Lebens von einem unaufhörlichen Pech verfolgt wurde. Er ließ es nie an Fleiß und allem guien Willen fehlen. Trotzdem geriet er durch fremde Schuld zweimal in Konkurs. Zweimal mutzte er den Laden icbUcßcn und büßie dabei schließlich sein ganzes Vermögen ein. To sehr er sich auch mühie — er wurde der Gläubiger nicht ledig. Unaufhörlich liefen die gerichtlichen Zahlungsbefehle bei ihm ein. Er versuchte, als Fleischergeselle eine Anstellung zu erhallen, aber vergeblich. Er gerier immer tiefer in Nol. Zuletzt versuchte er es, bei der Stadtverwaltung von Preßburg einen Posten zu erhalten. Tie Sache zog sich rn die Länge. Guie Freunde, die sich für den redlichen Mann verwandten, konnten wenig ausrichlen. Die Monate verstrichen. Ta pochte es eines Nachts an seine Tür. Johann Nowak fuhr aus dem Schlafe. Notdürftig bekleidet stürzie er sich, ans Fenster. Traußen standen zwei Männer und riefen ihm zu, er solle sich am nächsten Morgen im städtischen Notariat melden. Ter Schlaftrunkene war vom Donner gerührt. Hennen sich schon wieder die unerbittlichen Gläubiger an leine Ferien? Würde er denn niemals vor ihnen Ruhe haben? Tas war mehr, als er ertragen kennte. In feinem Nachigewande wrang er zum Fenster hinaus und rannte die Straße entlang. Die kalte Nrchiluft rief ihn in die Wirklichkeit zurück. Er ward teincs ungewöhnlichen Aufzuges inne, und da er gerade vor einer Gastwinschall anlangte, rannt- er hinein und ve langte von dem Win Hose, Rock, Hut und Schuhe. Er sei wegen fürchterlicher Kopfschmerzen von Hause fortgelaufen, redeie sich der seltsame Ankömmling aus. Er werde das Geliehene wfon zurückbringen. Der Wirt gab ihm das Gewünschte. Nur Schuhe konnte er nicht liefern. Also mußte sich Johann Nowak die nackten Füße mit Leinenlappen umwickeln... Aber der gefällige Gastwirt hm nichts davon zurückerhalten. Am anderen Morgen fand man auf den Schienen einer Eisenbahnbrücke den verstümmelten Körper eines Mannes, in dem man den unglücklichen Fleischhauer er kannte. Er hatte das elende Leben von sich geworfen. Er wollte nicht ichon wieder als ein armer Sünder vor dem Notar stehen. Nachträglich stellte sich allerdings heraus, daß er die nächtliche Botschaft mißverstanden hatte. Kein Gläubiger war ihm auf den Ferien. Nicht als Schuldner sollte er sich melden. Er sollte viel mehr eine Anstellung erhalten... Ein HM verdunkelt die Studt Zippo ist ein überaus temperamentvolle: Hun). Ten Schaden bat Herrchen... Aber kürzlich war cs denn doch gar zu arg. Ta mußte der Mann 150 Mark Strafe zahlen. Ein Kraftwagen ging in die Brüche. Einer der Hauplstrange der Fernfprechlcitung von Edcnrvwn wurde zerschnitten. Und in der ganzen Stadt ging das Licht aus. Die Uriache aber war nur die: Zippo hatte auf einem Rücksitze des Auws geiessen. Ta wurde es ihm wohl zu langweilig, und er sprang nach vorn, geradeswegs aus das Steuerrad. Nun war das Unglück geschehen. Der Wagen sauste gegen einen Mast der Licht leitung, und daran knüpften sich alle die weitreichenden Folgen, die schließlich in die Verfinsterung der ganzen Stadt mundeten. MMvehr Der Komponist Johannes Brahms lieble es nicht, von überschwenglichen Menschen gefeiert zu werden. Einst wirkte er ruf einem Hauskonzert im Schlöffe der Gräfin Lipinski in Wien mil. Er irrig eigene Werke vor und brachte schließlich eine feiner Sonaten zu Gehör. Kaum waren die letzten Akkorde verklungen, da erhob sich die Fürstin von Drachenberg und reichte ihm eine Rose, die sie von ihrem Kleide gelöst hatte. Dann ergoß sich der Schwall über den Künstler: „Wie wundervoll, Meister! Dieje mnigen Adagios Ihrer Kompositionen! Wie kann ein Sterblicher nur solch überirdische Melodien schaffen..." Ader Brahms blieb ungerührt: „Furchtbar einfach, Durchlaucht, meine Verleger be stellen sie bei mir!" Ter Wk LHNWel Heitere Grcnzergeschichte von Walther Neubach. Korbinian Niedermoser, Leiter des Zollpostens in Ober- hadersdorf, hatte einen schlechten Tag. Wenn man mit der ersten Post vom Hauptamt ein Schreiben bekommt, dessen Inhalt man in der Beamtensprache als „Zigarre" zu bezeich nen pflegt, wenn man dann noch Ohren haben soll 'für Weiberzeug und Liebesgeschichten, nein, das ist zu viel^selbst für den Korbinian Niedermoser, den sonst so leicht nichts aus der Ruhe bringen kann. Aber ein Aerger, der zuerst den Beamte» Korbinian und dann auch noch den Korbinian privat ankommt — da kann nur eine Pfundswut Erleichterung ver schaffen und erst recht dann, wenn ein und dieselbe Person an dem ganzen Kram schuld ist. Wenigstens richtete sich Korbinians Wut nur gegen eine» Menschen, wenn's auch in Wirklichkeit eig^ptlich zwei waren. Aber die Liebesgeschichte könnte man noch ertragen. Schließ lich ist der Franzl, der Sohn vom Mühlenwirt drüben im Oesterreichischcn, ein ganz fescher Bursche, die Gastwirtschaft geht gut, und vierzig Joch Wiesen- und Ackerland sind immer hin ins Bayerische umgerechnet, über sechzig Tagwerk Land. Das hat auch noch alles seine Zeit, denn vorerst dient der Franzl noch bei den Kaiserjägern rn Innsbruck, und schließlich ist die Liesl Korbinians Einzige, der er einmal nicht das Leben so sauer machen will, wie es bei ihm der Fall war, als er vor dreißig Jahren sich seine Rest aus dem Allgäu geholt hat, er, der Korbinian Niedermoser, damals Sergeant mit einer schönen Uniform und wenig Geld, und sie, die Rest, die Tochter vom reichsten Bauern mit schönen Kleidern und viel Geld. Wenn nur die Geschichte mit dem Alten, mit dem Mühlenwirt, nicht wäre... Die Spatzen Pfiffen es vom Dach, daß er seine Hände im Spiel hatte bei so manchem Faß Wein und manchem Ballen Tabak, der von drüben herübergeschmuggelt wurde. Nachweisen konnte man ihm nichts, dem Bazi, so schlau stellte er es an. Das wußten auch dkd österreichischen Grenzer, die gleich neben der Mühle ihren Schlagbaum hatten und in ihrer Freizeit Äern beim Mühlenwirt einen roten Tiroler oder einen Gum- Poldskirchener tranken. Wie Korbinians Beamte das letzte- mak das Klß Erwischt hatten, das vierzehn Tage vorher beim Mühlenwuct auf dem Schanktisch gestanden hatte, da lachte der alte Sünder nur. „Js dös a Beweis? I kann mit meinen Fasscrln machen, was l wüii: t kann sie verkaufen, verbrennen, verschenken oder wegwerfcn. Und was dann mit passiert, geht mi gor nix an, reinweg nix." - Und jetzt halte das Am: in Landshut wieder so einen Fall in Händen, bei dem die Spuren, die nachtz der Mühlenschenle - führten, recht eindeutig waren; aber wiederum fehlte das Tüpfelchen aus dem i, und das sollte Korbinian laut Anwet- suna seiner vorgesetzten Behörde draufsetzen, er als Leiter des zuständigen Zollpostens. Da mußte eine Abhilfe geschaffen werden! Erwischen und überführen ließ sich der Mühlenwirt nicht, das hatte Korbinian schon lange heraus; blieb also nur der Weg über den Franzl und die Liesl, nm endlich einmal seine Ruhe zu bekommen vor beruflichem Aergcr und Schimpferei im Haus. Es war zwar schon recht spät am Nachmittag, der Schnee lag hoch, und Korbinian Niedermoser hätte Besseres zu tun gewußt, als eine Schlittenfahrt über die Grenze zu machen; aber solche Sachen soll man nicht auf die lange Bank schieben. Also spannte er seinen Rappen ein, rief seiner Rest, die in der Küche herumhanticrte, etwas zu, was sie nicht recht verstand und auch gar nicht verstehen sollte, nnd fuhr los. Die kalte Abendluft war gerade dazu angetan, um seine Wut ein wenig abzukühlen und die Gedanken im Kopf so anfmarschieren zu lassen, daß sie den Mühlenwirt gleich im ersten Angriff über rennen mußten. Sollte er es erst noch einmal dienstlich ver- suchen oder halb offiziell oder gar ganz privat? Sicher kam er damit bei seinem Gegner am weitesten, denn sie kannten sich schon viele Jahre. Als Korbinian Niedermoser nach einstündiger Fahrt in l die Mühlenschenke trat, war sein Feldzugsplan fertig. An der empfindlichsten Stelle wollte er seinen Gegner anpackcn, an ! seiner Eitelkeit. Beim dritten Glase Wein war es soweit, daß j er dem Mühlenwirt ein hohes Loblied ans seine gnt geführte j Gastwirtschaft, seine gefüllten Scheunen und Ställe singen ! konnte, und gerade wollte er, der Korbinian Niedermoser, j leutselig näher rücken und sagen, daß man es, wenn es einem i so gut ginge wie ihm, dem Mühlenwirt, eigentlich nicht nötig hätte, sich noch Geld durch Dinge zu verdienen, die ein anstän diger Mensch nickt tut. Aber der Mühlenwirt hatte das Lob lied auf seinen Terlaner und seine Ochsen falsch verstanden, weil er wußte, wem sein Franzl zu tief in die Augen geschaut batte, und da sagte er ganz gerade heraus, daß er nichts dagegen hätte, wenn in einem Jahr die Liesl in die Mühlcn- schenke einzichen würde. Damit hatte zwar Korbinian Niedermoser nicht gerechnet, aber er erkannte sofort den Vorteil seiner Lage, daß zukünftige ! Schwiegerväter anders niiteinander reden können als zwei Männer, die sich zwar aut kennen, aber das Gesetz durch ganz verschiedene Brillen ansehcn. So nahm er sich ein Herz, wies darauf hin, daß er zwar in einigen Jahren in den Ruhestand gehen würde, aber dennoch nicht gut seine restliche Dienstzeit und Amtsperiode als Schwiegervater eines Mannes verleben könne, besten Vater zumindest in den Augen seiner Behörde... und so weiter. Das schien auch dem Mühlenwirt einzuleuchten, den« er zog mit einem Male kräftig an seiner Pfeife und sagte dann: „Gual is, Niedcrmoser. I nehm' a Rücksicht auf di, die Liest und meinem Buam. Aber wo du heut' zum letztenmal in amtlicher Eigenschaft bei mir g'wesen bist, will i noch a Wetten mit dir machen. Um was, is mir gleich. I komm' ja eh' jeden Sonntag zum Kirchgang zu euch 'nüber. Verlier' i. dann steh n hier zwanzig Zigarren für di; verlierst du, dann zahlst du mir zwanzig beim .Goldenen Hirsch' in Oberhaders dorf, die i dann aufrauch', wenn i drüben bin. I wett' mit dir, daß morgen früh um zehn Uhr ein Faßl Roter drüben in Oberhadcrsdörf ist, Roter hier aus meinem Keller." Das ging dem Korbinian Niedermoser denn doch zu weil; das Versprechen vom Mühlenwirt hatte er ja, und die Liesl war auch versorgt, gut versorgt sogar, aber er wollte doch bewei sen, daß er schließlich noch auf seinem Posten war und daß er sich nicht frozzeln ließ, weder privat noch amtlich. „Kannst mir gleich schon eine von den Zigarren geben, Mühlenwirt. Dann fahr' i jetzt schnurstracks naä; Hause, und eh' es Mitter nacht is, hab' i dein Faßl Wein." So schnell kam Korbinian Niedcrmoser noch nie von der Mühlenschenke nach Oberbadersdorf; er konnte es kaun^ erwar ten, bis der Knecht das Roß und den Schlitten aus dem Stall brachte. Und dann wurden sämtliche Grenzposten alarmiert; Korbinian selbst war die ganze Nacht unterwegs und tauchte an allen Straßen und Wegen auf. Als der Morgen graute, war Korbinian Niedcrmoser zwar müde und durchgefroren, aber er trug das beruhigende Gefühl mit nach Hause, seine Pflicht getan, ein« in frivoler Weise angekündigte Gesetzesübertretung vereitelt und rein privat noch ein Kistchen Zigarren gewonnen zu haben. Kur; vor dem Kirchgang war auch der Mühlenwirt da, im „Goldenen Hirsch", wie verabredet, und Korbinian Nicdermoscr bekam erst einen Schreck, als der Mühlenwirt zwanzig Zigarren bei der Zensl bestellte mit der Maßgabe, das Geld bei Herrn Niedcrmoser einzukassicren ... „So, Niedcrmoser, komm', jetzt holen wir das FaU Wein. Der Wein vertragt es nit, wenn er zu lang in de^Kält'n draußen ist." Dann nahm er den Korbinian beim Arm, führte ihn in sein eigenes Häuschen, gab der Rest die Hand und meinte, der Korbinian bliebe leichtsinnig und verschwen derisch bis in seine alten Tage. Dann ging er in den Stall, wo der Schlitten stand, und zeigte dem Korbinian das Faß Wem, das hinter dem Sitz auf den Kufen fcstgeschnallt war und das Korbinian Niedermoser in voller Uniform höchst eigenhändig über die Grenze gefahren batte. Aber der Mühlenwirt hielt den Mund, und bei der Wette war auch niemand zugegen gewesen, und so konnte Korbinian Ni-dermoier noch ruhig seinen Dienst tun, bis der Franzl als Unteroffizier aus Innsbruck heimkam.