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»» I, 2. Beilage des Zschopouer Lag»bla«»s und Anze igera Zum steventen Tas Keine Mett W einer Not, die aus vvbekaM wurde Von Diedrich Eck. Tas ist hier in 1400 Meter Höhe inmitten der kana dischen Felscngebirge, einer wilden, unwirtlichen Gegend. Der Schnee liegt über einen Meter hoch. Ein eisiger Sturm segi durch den engen Einschnitt in den Bergen, Schnee vor sich hertreibend. Drohend, kältcausstrahlcnd türmen sich die ge waltigen Felscnmassen über grenzenloser Einsamkeit und Oedc. Kein Haus, keine Hütte. Nur eine Bahn-Telefonzelle. Vor dieser Telefonzelle habe ich mir ein Feuer gebaut, so, daß der Sturm die Hitze hereintreibt, aber auch den beißenden Qualni des feuchten Holzes. Doch sitze ich immer hin geschützt und warm. Wohlig empfinde ich, wie die Wärme um meine verfrorenen Füße spielt, wie sie langsam die Kleider durchdringt... Nings umher lodern andere Lagerfeuer, an denen wohl dreißig Männer notdürftigen Schutz gegen die atemraubende Kälte suchen. In Papier oder zerrissene Decken gehüllt, nur einige im Besitze eines Mantels, alle schmutzig, unrasiert, zer- lumvt, Stroh als Sohlen in die zerlaufenen Schuhe gelegt, machen sie einen verwegenen und verkommenen Eindruck. Verfrorene Hände halten die Trinkgefäße — alte Konserven dosen mit dünnem Tee — oder die aus einem Holzstück primitiv geschnitzten Löffel mit Haferbrei. Mehr als diese Geräte besitzen sie kaum. Ein Stück trockenen Brotes, ein kurzer ZigarcUenstummel, in irgend einer Siedlung an einer Straßenecke aufgelescn und sorgfältig bewahrt, eine Pfeife voll Tabak gelten schon als unschätzbarer Besitz, von den an deren mit neidischen und gierigen Äugen betrachtet, aus denen Hunger und Entbehrung leuchten. Eng zusammengedrängl hocken die Männer an den Feuern. Es sind Arbeitslose, auf dem Wege aus den westkana- dischen Präriegcbicten über die Felsengebirge nach der west lichsten kanadischen Provinz Britisch-Kolumbien. In lenem Lande, das vielversprechend hinter den Gebirgsmassen liegt, in der großen Hafenstadt Vancouver am Großen Ozean, irgendwo dort hoffen die Männer Arbeit zu finden für die Wintermonate. Törichtes Hoffen das! Sie werden nur eine neue Enttäuschung erleben. Sie wissen es selber, aber sie wollen es nicht wahr haben, und es wäre gefährlich, daran zu rühren. Seit Tagen sind die Männer aus der Reise, manche schon über eine Woche. In der letzten größeren Präriestadt schloß ich mich ihnen an. In leeren Frachtwagcn, an offenen Lager feuern atn Rande der Siedlungen oder auch in einem Wasser- tnrrn ÄevWahn.wurden die Nachte zugedracht. Auf der letzten Wasserstelle, Noch m den Vorbergen, warnte der Stations agent vA "den Schneestürmen. Letztes Jahr, genau auf den Tag, wurden dort bei ihm fünf Manner, die erfroren waren, von einer Holzladung heruntergeholt. Wir wußten, der Mann hatte recht, aber wir wußten auch, daß dies die letzte Möglich keit war, in diesem Jahre noch auf einem Frachtzug über die Felsengebirge zu kommen. Morgen schon konnte es überhaupt vorbei, konnte uns der Weg verbaut sein bis zum nächsten Frühjahr. Als der Zug nach Stunden wieder hielt, erfuhren wir vom Zugpersonal, daß er hier warten würde, um den in einigen Stunden vielleicht folgenden angegliedert zu werden. Es ist hier die steilste Bahnstelle im Gebirge, die von den schweren Zügen nur in Teilen überwunden werden kann. Jetzt nur Feuer schaffen! Das war unser Gedanke. Das Zugpersonal gab uns eine Axt, mit der wir elende Krüppel- tannen schlugen. Oelgetränktes Werg gab dem Feuer einen .guten Anfang, ein ganzer Petroleumkanister wurde irgendwo "rmfgetriebcn, unendliche Wohltat, als die Flammen hochaus prasselten... * Die Männer hier um die Feuer gehören zur Armee der Heimatlosen. Sie sind in jedem Alter, manche noch fast Kind, andere schon Greise. Alle Nationen sind vertreten, alle Typen. .Heimatlos, ohne Frau, ohne Familie, unbehütct, von nie- mandem umhegt, durchziehen sie kreuz und quer das riesige Land zwischen Atlantik und Pazifik. Sie gehören zur großen Kategorie der „Gelegenheits arbeiter" im engsten Sinne des Wortes. Tas heißt, es gibi für sie tatsächlich nur gelegentlich Arbeit. Tas war schon sc in den Wirtschaftshochjahren vor der Krise. Nur konnten sic damals zum Beispiel in der Erntezeit genug verdienen, uw den Winter über in der Stadt bescheiden leben zu können. Tie technische Entwicklung in der kr-nadischen Landwirtschaft har aber von den früher notwendigen rund 100 000 Erute- arbeitern inzwischen weit über die Hälfte überflüssig gemacht. Hinzu kommen die scharf ausgeprägtem jahreszeitlichen Aus wirkungen in vielen anderen Wirtschaftszweigen, verstärkt durch die längst nicht ausgeheilte Krise. Etwa ein Drittel aller kanadischen Lohnempfänger fällt in diese Gruppe der „Gelegenheitsarbeiter". Und nach dieser Gelegenheit suchen sie heute hier und morgen dort. Sie bilden damit eine Ari von Arbeitsuchenden, wie man sie in Europa nicht kennt, ohne festen Arbeitsort, ohne festen Wohnplatz, voller steiei innerer Unrast... Am schlimmsten betroffen sind die erst kurz vor der end gültigen Sperre noch ins Land gekommenen Einwanderer, die in die schlimmste Krise gerieten, ehe sic Fuß zu fassen ver mochten. Unter ihnen viele deutsche Einwanderer, die glaubten, sich hier eine neue Existenz gründen zu können. Die Osttelle der Städte, überlieferungsgemäß die eigentlichen Ausländer- Viertel, sind oft Massenelendsqnartiere, in denen das sprich wörtliche Auswandcrerelend seine fürchterlichste Auswirkung findet. In erbärmlichen Häusern Hausen die Leute zusammen" gepfercht, zu 8 oder 10 Mann in einem Naum, zu zweien in einem Bet». Wanzen ... Krätze ... Abgerissen, zerlumpt, nichi in der Lage, sich Seife oder saubere Wasche zu leisten, sind die Elenden wehrlos dem langsamen, aber unvermeidlichen Ver drecken ausgeseyi. Die Suche nach Arbeit wird immer schwie riger, zudem macht sie hungrig... Mc.n hat erst unter dem übermächtigen Truck der Not eine öffentliche Unterstützung geschaffen. Aber ihren Umfang und ihre Art bestimmt jede "Gemeinde für sich. Wird für Familien mit Kindern noch Halbwegs gesorgt, so gilt dei arbeitslose Ledige immer noch als vogelfrei. Eine einzigc Mahlzeit am Tage, eine kleine Portion Haferbrei und ein Schlafplatz im Asyl — das ist oft die gesamte Unterstützung „Zwei Mahlzeiten und ein Bett" verkörpern schon den ge hobenen Lebensstand. Vielerorts hat Man sämtliche Ledigem überhaupt von der Unterstützung ausgeschlossen. Als zv Wintersbeginn viele Arbeitslose aus der Prärie und von anderer Außenarbeit in die Städte strömten, gab man ihnen den guten Nat, auf Frachtzügen dayin zurückzukehren, woher sie gekommen seien... „Keep moving!" — das heißt auf deutsch: „Mach, das du weiter kommst!" — ist die von den einzelnen Kommunal Verwaltungen ausgcgebcne Losung, nach der man handelt. Man verbietet den sogenannten „drifters", die Städte zu be treten, fängt sie an den Bahnhöfen bei Verlassen der Fracbt- züge ab, steckt sie wegen „Hcrumtreibens" in die Gefängnisse. Der Sturm hat sich gelegt. Kaum weht noch ein ge ringer Luftzug. Hellauf lodern die Feuer, in ihrem Schein nehmen lie umhrrliegenden Felsblöcke und Baumstämme unwirkliche Formen an. Herrlich klar leuchten die Sterne, im blassen Licht des Mondes erscheinen die schneebedeckten Felsen wie in flüssiges Silber getaucht. Ab und zu tönt aus der Ferne das heisere Bellen eines streifenden Wolfes. Eng gedrängt hocken die Männer und starren schweigend in die Flammen... . Leise dringt jetzt über die Berge das Fauchen eines nahenden Zuges... , - Die SM mit dem Tempo Warum Webe« die Wem so Mit Bliese? Bon Hans Ried. Vielleicht rennt man mit einem Aufsatz über die Bedingt heiten des Tempos heule schon Türen ein, die sich von selber geöffnet haben, denn die Blütezeit des Tempos, die Jähre, wo dieses Wort in aller Munde war, neigt sich ihrem Ende zu. Es wird nicht mehr so viel vom Tempo geredet wie noch vor wenigen Jahren, das Wort hat den seltsamen Glanz verloren, der es fast zum Kernbegriff einer neuen Art von Lebensauffassung zu bestimmen schien. Man war damals ein durchaus rückständiger Mann, wenn man es nicht mit dem Tempo hielt. Freilich ist unser Leben in der Zwischenzeit nicht weniger schnell geworden. Aber Geschwindigkeit und Tempo sind zwei Grundverschiedenheiten. Es ist eben zweierlei, ob man etwas geschwind erledigt, weil es aus einem sachlichen Grunde schnell getan werden muß, oder ob man in allen Obliegenheiten nur dann neuzeitlich zu handeln wähnt, wenn m'an sie schneller vorantreibt, als sie jemals angetrieben wurden. Die Zeit aus zunutzen ist ein gesundes Wirtschaftsprinzip, aber das Tempo bezeichnet eine Lebensauffassung, die den Faktor Zeit zum Abgott erhebt, gewissermaßen mit der Uhr in der Hand die Bahnhofsuhr überrunden will. Außerdem war der Glaube an das Tempo schon immer eine papierene und etwas laienhafte Angelegenheit. Die Leser volkstümlicher Schriften erbauten sich herzhaft daran, wenn irgend etwas in Rekordzeit erstanden war, aber die Ingenieure und Architekten selbst, die Männer, die das Tempo zu machen hatten, waren keineswegs seine Freunde. Wenn man eine Straße baut, die gute hundert Jahre halten soll, so ist es herzlich gleichgültig, ob sie eine Woche oder zwei Monate länger braucht, ehe sie fertig ist. Das Zeitmaß, auf das ein Bau hinzielt, nicht das Zeitmaß seiner Äufführung, ist.be- zeichnend für seine Größe. Wenn man sagt, daß etwas sehr schnell, aber nicht sehr gründlich gemacht sei, so liegt schon in der Wortherkunft dieses „gründlich" die Erkenntnis, daß etwas nicht fest genug mit den, Grunde zusammenhänat, auf dem ein Ding stehen muß, wenn es etwas bedeuten soll. Wenn aber ein Ding vielerlei Maßstäben gerecht werden muß, um em ordentliches Ding zu sein, so bedeutet der Zeit- Verbrauch, den es nötig machte, nur einen Teil seiner Ursprungskosten. Was man an dem einen Teil erspart, zahlt man an dem anderen doppelt drauf. Hier liegt die Erklärung für die Frage, warum heutzutage die wenigsten Menschen noch Briefe schreiben, die das Porto lohnen. Es liegt am Tempo. Wenn man in früheren Jahrhunderten einen Snkcl in Amerika hatte, dann brauchte ein Brief seine acht Wochen von »ins zu ihm. Folglich schrieb man selten, denn cs dauerte lange, ehe man auf den letzten Brief überhaupt Antwort hatte. Und wenn man schrieb, tat man es gründlich, gab sich Mühe Mtt feder Mitteilung und las den Brief erst selber drei Male, damit man nichts , vergessen hätte. Heute kann man alle acht Tage schreiben, jeden Brief per Flugpost berichtigen und den Flugpostbrief wieder mit einem Kabel überholen. Das nennen wir dann Tempo. In Wahrheit schreiben wir aber in dreißig Tempobriefe und sechs Kabel nur soviel Wichtiges hinein, wie früher in einen einzigen Segelschiffbrief. Uedrigens gibt es Zeugen für diese Auffassung, das sind die gläsernen Telefon automaten an den Straßenecken. Wenn man sich eine Stunde lang neben folch ein Häuschen stellt, kommen beispielsweise zehn Leute, um es zu benutzen. Einer telefoniert dorthin, wo er eben selber war, denn er hat da nur etwas zu sagen ver- aellen. was nur balbweas wichtig ist. aelaat zu werden. Zweie bestellen etwas, »veil sie sich den kurzen Weg durch die frische Lust ntcyt gönnen, um es gleich abzuholen. Dreie beginnen ihr Gespräch mit der Frage, wie es dem Ttrippenpartner geht, insbesondere, wie ihm der Abend neulich bekommen sei. Eine Frau fragt ihren Mann im Büro, was er heute essen will. Eine andere ruft ihre Freundin an und redet mit ihr übe» eine dritte Freundin. Ein Mann ruft seine Frau an unk lügt ihr etwas von einer dringenden Konferenz vor. Und nur ein Mensch von den zehnen spricht besorgt mit einem Arzt. Daß aber zehn Menschen in einer Stunde einen so entlegenen Telefonapparat aussuchten, das zählt am Ende des Jahres dicke in den Statistiken vom Tempo der Großstadt. Das ist gerade ein besonderes Kapitel, das Tempo der Großstadt. Es stimmt schon, daß unser Leben in der Großstadt in dem Bilde eines Mannes dargestellt wird, der hinter einer großen Schaufensterscheibe stehend zwei warme Würstchen ver zehrt, seine Mappe unter den Arni klemmt, losrennt und aus eine Straßenbahn springt. Aber er rennt nur deshalb so, weil er bei den großen Entfernungen die Hälfte seiner Besorgungs zeit kreuz und quer unterwegs ist. Mit all seinem Tempo hat er am Abend grad soviel geschafft wie sein Fachgcnosse in einer Kleinstadt, der zweimal um den Marktplatz geht. Wenn also das Tempo eine bittere Notwehr gegen die Ungunst ver lorener Wegzeit ist, so besteht kein Grund dafür, aus diesem Tenipo einen Kult zu machen. Aus dem Kampf gegen die verlorene Zeit ist das unberechtigte Kultwort einmal entstanden. Auf diesen, seinen eigentlichen Wert muß es wieder zurückgeführt werden. Es ist menschenunwürdig, zwischen zwei weit entfernten Eisen bahnstationen an jeder Kartoffelmiete angehalten zu werden. Wenn aber eine Reise so schnell geht, daß man ain Ziele nicht weiß, welcher Art die Einzelheiten der Landschaft waren, durch die man fuhr, dann ist es wiederum zu schnell gegangen. Heute schon fahren viele Menschen lieber mit einem Fracht- dampfer als mit einem Ozeanrenner. Sie wollen etwas von ihrer Zeit auf dem großen Meer haben. Freilich ist es mit den Ozeanrcnnern nicht ganz so wild. Sie brausen in vier einhalb Tagen über den Nordatlantik, aber sie messen diese Strecke zwischen zwei Leuchttürmen, bei denen man weder cinstcigen noch aussteigen kann. Von Hasen zu Hafen dauert es dann doch rund sechs Tage. Und in New Tsork wartet man gewöhnlich vier Stunden für die Paßkontrolle und noch zwei Stunden für die Zollabfertigung. Die Minuten, deretwegen die gigantischen Turbinen des Schiffes tagelang wie irrsinnig wirbelten, sind schon wieder vertan, ehe man überhaupt aus dem Hafen herauskommt. Aber bann ist man im Lande des Tempos. Da werden die Autos so schnell gebaut, daß nicht Menschen genug da sind, nm sie zu kaufen. Und in den riesigen Schweineschlachtereien von Chicago ist die Zeit so knapp, daß man darauf verzichtet, die Tiere vor dem maschinellen Abstecher» zu betäuben. Gewiß sind sie die einzige Art von Blutzeugen, die der Abgott namens Tempo beanspruchen kann , ... Die MM SkhewM Es ist fesselnd und ergötzlich zugleich, im öffentlichen Leben den Doppelgang der Ereignisse zu beobachten. Er wickelt sich weil häufiger ab, als man annehmen sollte. Es scheint, als sei alles Geschehen, als seien alle handelnden Personen in der Hand eines Mächtigeren, der hinter der Bühne steht, Marionetten theater spielt und dabei dann ab und zu auch mal eine Anwand lung grimmigen Humors offenbart. So konnte man vor kurzem in den Zeitungen lesen, daß ein höherer ausländischer Offizier Geheimakten verloren halte, die von großer Wichtigkeit waren. Man fürchtete schon, es seien Spione am Werk — da kam schließ lich ein Mann mit der Mappe an, die er auf der Landstraße gefunden haue. Die Akten waren in der Tat gestohlen gewesen. Aber die Diebe hatten ihren Werl wohl nichl erkannt und .also die Papiere einfach in den Schmutz geworfen. Dabei ist es noch gar nicht lange her, daß an der schönen blauen Donau ein ähn licher Streich verübt wurde. Es war dort ausgefallen, daß parkende Kraftwagen ungewöhnlich oft unerbetene Gäste er hielten. Just um die Zeit des stärksten Verkehrs. Die Fälle häuften sich — schließlich waren es an die fünfzig. Groß war die Ueberraschung, als sich herausstellte, daß ein siebzehnjähriger Bursche sämtliche Untaten begangen hatte. Franz hieß die Ka naille — natürlich! möchte man fast sagen. Und der Frömmste muß zugeben, daß es wirkliche Kraftleistungen waren. Der Bursche zertrümmerte die Wagen mit einer Behutsamkeit, die jegliches Aufsehen zu vermeiden wußte. Alle wurden betroffen, die Schauspielerin, die nur einen Augenblick im Senderaum des Rundfunks geweilt, der Dozent, der eben mal noch einen Blick auf die Arbeit seiner Studenten geworfen, der Oberbaurat, der sich für wenige Sekunden entfernt hatte. Er allerdings war am ichwersten betroffen. Er hatte nämlich eine hochpolitische Akte eingebüßt, den Bericht einer Völkerbundskommission! Und vor allem die Arbeit, die in dem Papier steckte... Der Ober baurat halte den Text kurz zuvor in die deutsche Sprache über setzt. Es war eine überaus schwierige und zeitraubende Arbeit gewesen. Und noch dazu völlig vergebens. Man erwischte den starken Franz zwar. Er war auch geständig. Er gab nicht weniger als 45 Diebstahle zu. Er war trotz seiner siebzehn Lenze be reits vorbestraft. Aber wo der Völkerbundsbericht geblieben war... nein, davon wußte er nichts mehr, wirklich nicht. Nun muß die Kommission also nochmals zusammentreten. Und es ist gar nicht ausgeschlossen, daß die neue Sitzung ihre anderthalb Jahre dauert. Das wäre dann wieder ein Doppclgang von Ereignisten, denn genau so lange muß der starke Fran; in Haft sitzen... Das W-se Mess« Wenn ein berühmter Gelehrter früher Barbier gewesen ist, dann ist das kein Grund zum Spott. Aber so unklug war ein Student in der Münchener Anatomie, als ihn sein großer Lehrer, der hervorragende Anatom Rüdinger, wegen der stumpfen Messer tadelte, mit denen der junge Mann hantierte. „Ich verstehe das Schärfen und Schleifen nichl. Ich bin doch kein Barbier gewesen", knurrie der Student, wohl mistend, daß der Profestor einst diesem Handwerk abgelegen hatte. Aber Rüdinger gab ihm eine treffende Antwort: „Ich glaube Ihnen gern, daß Sie kein Barbier gewesen sind. Wären Sic cs gewesen, dann wären Sie es auch geblieben."