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Sun» siebenten Las 2. Beilage des Lschopauer Lageblattes und Anzt gers s,nnab-»d,2 I-»«ar,v»r Ter'rote Koloß windet sich durch das Gedränge des Ber- kchrs, hält an Kreuzungen und wird im Strudel wieder vor gerissen. Ein plötzlicher Ruck wirft die Fahrgäste nach vorn. Das ging gerade noch einmal gut, vor den Stoßstangen schlit- teri ein Lastwagen quer gegen den Bürgersteig, Menschen Hüpfen in grotesken Sprüngen zur Seite, nichts passiert, bloß der Fahrer schimpft aufgeregt heraus. Brandeisen winkt gleich mütig ab: selber schuld, paß besser aus das nächste Mal. Weiter, 19 Uhr öl zeigt das Zifferblatt. Tic Anlage, festlich gekleidete Menschen, die ins Theater strömen, Winker raus, der Schutz mann an der Kreuzung gibt die Fahrt frei, links herum, rechts heruyi, in die stillere Seitenstraße, eine Lichtreklame tropft mit rosa Pünktchen über den Tüchern ab und erklärt eine Zahn- Paste für die beste. Ganz sachte und weich die Bremsen hinein, langsam rollt der Wagen an den Straßenbord, legt an wie ein Schiss am Kai (das will gelernt ^ein!): 19 Nbr 53, fahr planmäßig, der Wagen steht. Tie Fahrgäste drängen hinaus. Wie eilig sie es alle haben! Brandeisen setzt die Mütze wieder auf, steigt aus, vertritt sich die Beine. Ob wohl jemand einmal auf den Gedanken kommt, sich zu bedanken? „Rauchen Sie?" fragt jemand neben ihm. Ein Herr, der mitgcfahren ist, hält ihm seine Zigareitendose hin und lächelt. Also doch, denkt Brandcisen, während er sich be- dankt. Schon die ersten Züge bringen Entspannung. Schluß für heute! Auch er lächelt. Morgen hat er seinen Tag Und immer noch leise lächelnd sieht er den beiden Studentinnen zu, die mit aufgeregten kurzen Schritten die Straße hinunter gehen, das Tanzklcid im Köfferchen... Platz am Steuer ein. Es ist doch jedesmal wieder ein sonderbares Gefühl, wenn man sich ans Steuer setzt, Fuß auf die Kupplung, schalten, Gas, mit zwanzig Menschen hinter sich im Wagen, die man da in die Rächt hineinführt. „Jeder Kraftpostrcisende ist gegen Unfall versichert" steht irgendwo. Na ja. Die Schein werfer fressen sich voraus in die Nacht hinein, reißen auf- blinkcnde Stämme aus dem Dunkel, lassen eine. Helle Mauer aufleuchten, bringen eine Scheibe in einem Haus am Straßen rand zum Gleißen; ruhelos, ruhelos tanzen die Lichtkegel vor der dunklen Kühlernase einher, stürzen sich bei einer Biegung aus ein Stück Wald und werfen sich wieder mit einem Riescn- satz nach vorn auf das abrollende Band der Srraße, dessen kleinste Erhöhungen und Mulden sie schonungslos cmhüllen. Und immer folgt ihnen das Auge 8es Fahrers, auch ruhelos, sprunabcreit, immer in Erwartung. Brandcisen spürt wohl, daß er müde ist, cs ist ja nicht scine erste Fahrt heute, und er schaut auf die Uhr, dic er matt erleuchtet vor sich auf dem Schaltbrctt hat. Nock) eine halbe Stunde. Aber erst geht es noch die kurvenreiche Strecke den bewaldeten Höhenzug hinan, wo man'heillos aufpassen muß. Wieder und wieder drehen sich dic weißgetünchten Steinpfostcn vorbei, die jede Kurve markieren. Brandcisen kenni die Strecke wie seine Hosentasche, sonst könnte er nicht mit sechzig Kilometern auf dieser Schlangenlinie entlangfcgcn, l'nks herum, rechts herum, aufblenden, abblcndcn, scharf bremsen. Weil unvermutet ein Wagen aus der Kurve auftauchl. Ein Hase hat sich im Lichtkegel gefangen, von der weißen Flut des Lichts gebannt jagt er geradeaus vor den Rädern einher, die ihm näher und näher kommen... für einen kurzen Augenblick Lichter aus, und gerettet taucht das erschreckte T'er seitwärts ins Unterholz. Häuser erscheinen, ein Torf, vor der Post hält der Wagen. Eine Minute ausruhen: der Marabu steigt aus, die Postsäcke werden ausgetauscht. Und schon gebt's weiter. Aus der Höhe gerät der Wagen noch 'n einen Schauer, Brandeisen muß das Tempo verlangsamen, Regen klatscht gegen die Scheibe, die Straße wird glitschig wie eine Eisbahn, die unter Wasser steht. Dann wird es wieder klar, Sterne blinken auf, aber nein, es sind schon die ersten Lichter der Stadt. Mit weich ausgefederten Sprüngen jagt der Sechs achsel dahin, die verlorene Zeit einzuhokn. Brandeisen nimmt dic Mütze ab, die letzte Strecke war anstrengend, er möchte letzt ausruhen, ausruhen. Er denkt daran, daß seine Frau jetzt zu Hause das Abendessen richtet, nachher wird er die Zeitung lesen, bequem in der Sofaecke sitzen ... Mit einem Ruck reißt er sich zusammen. Brandeisen weiß, daß cs für einen Kraftwagcnführcr nichts Gefährlicheres gibt, als zu träumen. Tief unten liegt jetzt die Stadl im Kessel da, die Lichterzüge der Straßen, farbige Leuchtreklamen, d>e erste Straßenbahn. Mit leisem Summen geht es hinunter. Eilige Privatwagen huschen vorbei, die Gehsteige beleben sich, hell erleuchtete Schaufenster, Kaffeehäuser, ein Kino. Und vor einer halben Stunde noch war man mitten im Wald, wo sich die Füchse auch heute noch guten Tag sagen! Die Miiis ml dem Wring Lie lange Reihe von Begebenheiten, in denen irgend jemand seinen Ehering verlor und nach einer mehr oder minder langen Frist auf eine seltsame Ari wiederfand, ist um einen besonders interessanten Fall vermehrt worden. Ein amerikanischer Farmer aus der Gegend von Atalanta ver mißte das Symbol seines irdischen Glückes seit mehreren Jahren. Aeußerlich hatte er sich mit seinem Verlust schein bar abgefunden, weigerte sich aber verschiedentlich, einen neuen Ring zu kaufen, und Pflegte im stillen auch den Aber glauben, gelegentliche Mißerfolge bei seiner Arbeit kämen nur daher, daß er seinen Ring verloren habe. Eine ähnliche Aeußerung tat er auch, als seine Farm in diesem Herbst von einer Mäuse plage heimgesucht wurde. Aber gerade diese Mäuseplage schaffte seinen Ring zurück, denn in einer der vielen Fallen, die er in seiner Scheune aufstellte, fand er eines Morgens eine Maus, die den Goldreif um den Bauch trug! Es handelte sich um ein noch junges Tierchen, aber der Ring hatte doch schon begonnen, der kleinen Trägerin unbequem zu werden, und war auf dem Rücken des Mäuschens bereits vom Fell Halbwegs überwuchert. Der glückliche Farmer pflegte das Tierchen mehrere Tage, ehe er sich entschließen konnte, es zu töten, um seinen Ring wieder an den Finger zu bekommen. Er selbst bedauerte es sehr, daß jene kleine Maus diesetwegen sterben mußte, wenigstens aber ließ er die kleine Tote aus- stopsen mH versicherte, den Balg zeitlebens zu bewahren. .. Tic Tocrtc hatte cs gar nicht nötig, bei fremden Leuten zu sein, ihr Vater war Förster und ihre Mutter eine Bauern- wüuer mit sehr dicken Gcldsäckcn. Unser Großvater, der ein großer Jäger vor dem Herrn war, kannte ih:cn Vater von der Jagd her. und als das Herzleiden der Großmutter damals so schwer wurde, da hatte sie monatelang bei dem Förster im Walde g-lebt, und Toerrc hatte sie gepflegt und war m.t :n die Stadl gekommen und nachher bei dem Großvater ge blieben. Und als am letzten Wcihnachtsfcst der Hof gekommen war und sich all die nach den Wunschzetteln bestellten Sachen angesehen halte, da hatte der Herzog, unser Herzog, der auch dabei war, zu Tocrte gesagt: „Na Toerte, bist du denn noch immer nicht unter der Haube?" Und die Tocrtc erwiderte: „Nein, Königliche Hoheit, ich brauch nicht ledercin zu heira-en, ich will nur einen Beamten und sonst gar keinen. Nötig hab ich das )a n'chi." Daraus hatte der Herzog, unser Herzog, lachend gesagt: „Na Toerte, do werde ich dir einen Bcamien besorgen, solche tüchtige Tecrn wie du muß Frau und Mutter von sechs Gören werden." Und nun hatte die Toerte einen Beamten, jawohl, einen tüchtigen Beamten, der es noch zu etwas bringen würde. Tas glaubien wir natürlich nicht. Ein Beamter Meier! Was konnte der schon groß werden! Wir haßten den Beamten Meier und nahmen uns vor, ihn auf der Hochzeit mit völliger Nichtachtung zu strafen. So fuhren wir denn an einem herrlichen Julitag in den beiden großen Wiener Wagen zwei Stunden durch den Wald zu Toertes Eltern. Ich sollte Blumen streuen und hatte heimlich in den Korb un.en ein paar Disteln gelegt, dic würde ich dem Beamten Meier als Ausdruck meiner höchsten Ver achtung vor die Füße werfen, und mein Vetter Walter hatte in seinen Taschen ein erstklassiges Sortiment von Kletten, die bestimmt waren, die Frackschöße des Beamten Meier zu zieren. Und ich habe ihm die Disteln vor die Füße geworfen und auch die Kletten sind an seinen Frack gelangt, wofür der arme Waller eine Panke und zwei Ohrfeigen bekam, die er als Auszeichnung für tapferes Verholten vor dem Feinde mit Würde trug. Ich beichtelc dic Distelköpfe, aber Großvater drehte sich kurz um, und Onkel Georg lachte laut. Sonst war es auf der Hochzeit sehr schön, und weil Toerte bei der Trauung sehr weinte, weinten wir mit. Nachher, bei der Tafel, schlich ich zu ihr hin, zupfte an dem langen Schleier, der mir ungeheuer ehrfurchtgebietend vorkam, und drückte ihr einen Z-tttel in die Hand. Dieser Zettel trug das mit drei Blutstropfen bestcmpelte Gelübde, daß wir, ihre Getreuen, sie von dem Beamten Meier befreien würden, wenn sie solche Angst vor ihm habe, daß sie sogar m der Kirche vor allen Leuten weinen mußte. Sie solle nur in dic Geißblattloube kommen, da würden wir auf sie warten, wir, dic tapferen Helden. Und dic Tocrtc kam in die Laube, aber nur, um uns zu sagen, daß sich das so gehöre, eine richtige Braut müsse in der Kirche weinen, und ihr Emil sei der beste Mensch von der Welt und habe sie ebenso lieb wie sie ihn. Und wir sollten Bas aas der Laadstratze Ein Fahrtbericht von Peter Steffan- Tübingen. später oft m ihr kommen, dann würde sie uns unsere L:cb- lingsessen kochen und alle Geschichten erzählen, die wir hören wollten. Und mir würde sie ein Stück von ihrem Braut schleier aufhcben, das bringe Glück. Wir waren sprachlos. Und ticfcmpört. Ich verzichtete sofort auf das Schleieistück und erklärte, niemals zu heiraten, und ganz gewiß keinen Beamten, ,a noch nicht mal den Herzog, der mir ja überhaupt nichts zu sagen hätte, da ich ja in Hamburg wohne und nur in den Ferien hier sei. Und meine Brüder und Vettern sagten, da könne man mal wieder sehen, daß man sich auf W»>bcr nicht verlassen könne, und sie würden nie wieder ein Weib ;u ihrer Vertrauten machen. Da sagte Docrle: ,«Jhr seid ja alle unklug", und ging weg. Ich kochte. „Pöh, und überhaupt der Herzog! Der Groß herzog ist ihm doch über! Und was geht cs uns an! Wir sind Hanseaten und haben einen Senat, und die Senatoren küm mern sich nicht um solche Dinge wie der Herzog. Unsere Kinderfrau ist schon zwanzig Jahre bei uns und braucht keinen Beamten zu heiraten, nein, so sind unsere Senatoren nicht." Tas war das Signal. Die Hamburger stimmten mir zu, und die Mecklenburger nahmen Partei für ihren Herzog, und so fochten wir im Handumdrehen den erbitterten Kampf: „Hie Herzog!" — ^Hie Senat!" aus. Meine neue rosa Schärpe ging dabei in die Hrüche, und Vetter Kurt hatte ein oeritables Loch im Kopf. So endete Toertes Hochzeit für uns. — Fast zwei Jahrzehnte später suchte ich bei einer Ferien reise Toerte auf, die nach dem Tode ihres Mannes wieder in der Stadt lebte. Es war ein hübsches Haus, und ich stellte im stillen fest, daß Toerte noch immer ihre alte Vorliebe für die äußere Reputation behalten hatte, das Treppenhaus und der Flur waren tadellos. Ein kleines Hausmädchen öffnete, und ich fragte, ob Frau Meier zu Hause sei. Dic Kleine sah mich vernichtend an, reckte ihre Zwergenfigur um einen Zentimeter und sägte strafend: „Frau Geheime Kabincttsregistrator sind in der Küche und machen ein." Ich war erschlagen. Brachte dann aber doch so viel Lebensart auf, daß ich eine Karte nahm und bat, mich der Frau Geheimen Kabincttsregistrator zu melden. Die Kleine ging hochmütig, und gleich daraus kam Tocrtc angeschosicn. Unsere alte Tocrte, nicht dic Frau Geheime usw. Sie freute sich aufrichtig, und als ich zeremoniell den Titel hcrfagre, wehrte sie mit beiden Händen ab: „Kind, das bin ich ja man bloß für die andern, Reputation muß sein. Ader für euch —" Ein Jahrzehnt später ist sie gestorben und erster Klasse in der teuersten Ecke des Friedhofs begraben. Aus dem monu mentalen Marmorstein steht in leuchtenden Goldbuchstaben der lange Titel, so daß inan den kleinen Namen Toerte Meier fast übersieht. Aber, wcnn wir auf den Friedhof kommen, wir sehen nur den Namen Toerte und dahinter ein Stücklein goldenes Kindcrland. . _ . Doerte Heitere Erzählung von Henny Alberta Hansen. Solange ich zurückdenken kann, lebte Toerte in Groß vaters Haus. Seit Großmutters frühem Tod war sic sozu sagen oberste Instanz. Es war zwar noch eine Hausdam- da, -aber die betrachteten wir nur als notwendiges Uebel. Aber Toerte! Tocrtc konnte alles, wußte alles, half einem in allen Lebenslagen. Und diese Lebenslagen waren ein ziemlich chro nischer Zustand, wenn man, wie ich und einige meiner Brüder und Vctt-rn, dauernd auf dem Kriegspfade gegen die feigen Sioux war, im lecken Boot aus dem verbotenen Wallgraben räderte oder sich mittels einiger Klimmzüge auf fremden Obst- häumen einnistete. In all solchen Fällen bepflasterte Tocrte die geschundenen Glieder und stopfte auch die größten Löcher kunstgerecht... In ihrer Kommode befanden sich ganz ungewöhnliche Dinge. Da war eine Glasdose mit einem Totenschädel, in der einige schwarze Kügelchen herumkollerten — von einer Frau, die „besprechen" konnte, aus den Haaren eines toten Hundes, Schlangenblut und geweihter Kirchhofs erde hergestellt. Diese Zauberkugeln halfen gegen Pestil nz, Warzen, Haarausfall. Hexenschuß, gegen den bösen Blick und gebrochene Herzen. Die gebrochenen Herzen imponierten mir am meisten, während meine Vettern behaupteten, daß das Quatsch sei.. Und dann hatte Toerte noch einen Zahn von einem tollwütigen Stier, der gegen den bösen Blick und ,eg- liches Behexen schützte, einen eisernen Trauring ihres Groß vaters von 1813, die Chassepotkugel, die ein Franzose im Siebziger Krieg ihrem Vater ins Bein geschossen, ein u Pinienapfel vom Libanon und lauter so herrliche Tinge. Es ist also klar, daß ohne Docrie Großvaters Haus nicht denk bar war. Und doch war es eines Tages ohne sie. Als wir wieder zu den Ferien einrückten, war Doerle nicht da. Wir waren starr. Und erfuhren dann, daß Toerte bei ihren Eltern fei und ihre Aussteuer nähe, weil sie sich verheiraten würde. Toerte und heiraten. Sowas gab's doch überhaupt nicht! War Toerte nicht schon all? Alte Leute aber heiraten nicht. Nein, das war unerhört, mehr als das, gemein, einfach ge mein! Nicht einmal das Versprechen, daß wir alle mit zu ihrer Hocbze-t dürften, half uns über die große Enttäuschung hinw-g. Die Einwände der Mütter und Tanten, daß Doerle doch „erst dreißig Jahre" all sei und noch gut heiraten könne, ließen wir nicht gelten. Erst dreißig Jahre! Sowas? Dann war man alt. steinalt! Und wen heiratete die Toerte? Einen Herrn Meier, jawohl, Meier. Das war gar kein richtiger Name, so hieß jeder dritte Mensch. Und der war so irgend- was beim Ministerium. ,«Irgendwas" waren bei uns Leute, die den ganzen Tag saßen und schrieben und Aklcnstaub schlucken mußten. Und so einen heiratete dic Tocrte! Und wer war daran schuld? Der Herzog, jawohl unter Herzog. Na, sür d-'N waren wir nicht mehr, nee. Und zugcgangcn war Has so, das erzählte uns Tante Käthe: Brandcisen hilft noch dem alten Professor hinein, der .Führer zieht umständlich die Taschenuhr heraus und vergleich! sie mit der Udr am Schaltbrctt: 18 Uhr 33. Brandcisen zieht die Tür hinter sich zu. „Rückfahrt?" fragt er freundlich den Nachzügler, und der alte Herr nickt. Ter Fahrer gibt Signal, der Motor stimmt ein höheres Summen an, und der rote Sechsachser der Kraftpost biegt langsam aus dem Hojraum -es PostgebäudcS auf die Straße ein. Schon rollen sie über die Brücke, zur Linken Schloß und Stiftskirche, die hohen Giebclfronten der alten Siadl, dann wieder Läden zu beiden Seiten; ein großer Mercedes brummt selbstzufrieden vorbei, Aussteuergeschäft! Kleinschmidt hac ^..Billige Woche!", ein Bäckerjunge aus einer E'nfahrt witscht gerade noch vorne vorbei und grinst schon wieder, Bremse: Hindcnburgplatz. -Zwei Studentinnen, die übers Wochenende in die Hauptstadt fahren, zweimal Rückfahrt, Brandcisen weiß -das schon in den Lederköfferchen ist das Tanzkleid. Er nickt Karl am Steuer zu und rückt unwillkürlich die Mütze zurecht. Sanft rollt der Wagen wieder an. Die hohen Bäume der Ahornallee tragen einen roten Schimmer vom Abendschein, das schräge Licht zeichnet alle die feinen Umrisse der Zweige nach. Wie Balken liegen die langen Schatten der Stämme quer über dem Grau'des Asphalts. Eine schöne Sache, io eine Straße, schnurgerade, das sanfte Grau in der beginnenden Dämmerung lockend hingebreitet. Schade, daß man halten muß: Chemisches Institut. Eine dicke Frau mit einem großen Korb, freundlich wie alle Wohlgenährten (so muß man sich Frau Holle vorstcllen!) will mit, und ein kurzsichtiger, schmal brüstiger lunger Mann, der einem Marabu auf bedauerliche Weife ähnlich sicht. Was für verschiedene Menschen es doch gibt! „Wohin fahren Sie bitte? Einfach? Eine Mark dreißig, bitte!" Ter Marabu fährt nach Waldenbuch, die Bauersfrau mit dem Korb, Frau Hotte inkognito, nach Dettenhausen. Während hinten die eine Studentin anfängl, Schokolade auszupacken und der alte Professor sich immer Noch mit einem großen gelbseidenen Taschentuch das Gesicht abwischt, weil er cs vorhin so eilig hatte, setzt Brandeisen sich neben den Mann am Steuer und schaut geradeaus. Tie letzten Häuser des Städtchens blcibcn zurück, mit immer höher werdendem Singen fährt der Wagen in den sinkenden Abend hinein. Tie Landstraße, von Obstbäumcn begrenzt, ein Heller Kanal des Lebens zwischen dem verdämmernden Grün drr Landschaft, tut sich auf. Als sie in der nächsten Ortschaft halten und der Postsack "nereingegcben wird, muß man schon die Lichter einschaltcu. Die Gesellschaft der Fahrgäste ist noch vollständig. Der Pro- 'fcssor bat s.in Taschentuch eingesteckt und döst vor sich hin, die blonden Studentinnen knabbern immer noch an ihrer Schoko lade, usid. das Gesicht des mißmutigen Pferdehändlers am Ende des Wagens ist nicht heiterer geworden. Mitten im Wald ^reffen sie dann den Wagen, der aus der Stadt kommt. Einen Augenblick halten die beiden roten Kolosse nebenein ander. Karl verläßt den Wagen, von drüben kommt der andere Fahrer und fährt als Schaffner mit. Brandcisen mmnn den