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eine furchtbare Zeit“ schrieb er in einem Brief des Jahres 1878, ,,versucht man, sich in die Geschehnisse hineinzudenken, so wird einem bange zumute . . Und ein andermal beklagt er die „freche, hartherzige Willkür des Petersburger Präfekten“ (d. h. des Bürgermeisters): „Die Haare stehen einem zu Berge, wenn man erfährt, wie mitleidlos, hart, unmenschlich die Jugend behandelt wird.“ Aus dieser Stimmung heraus ist die Vierte Sinfonie entstanden. Das in der Einleitung ertönende Fanfaren motiv ist nach seinen eigenen Worten das „Samenkorn der ganzen Sinfonie“. Es versinnbildlicht „das Fatum, das Schicksal, jene verhängnisvolle Macht, die unser Streben nach Glück sich nicht verwirklichen läßt . . . Diese Macht ist unbesiegbar und unentiinnbar“. Im Hauptteil des ersten Satzes kündet dann das erste Thema von Ergebung und fruchtloser Sehnsucht, das zweite, nach einem großen Ritar- dando und Diminuendo in der Soloklarinette einsetzend, von Träumen, in die man selbstvergessen sinkt, um dann um so rauher von der Wirklichkeit, vom Ruf des Schicksals geweckt zu werden: „So ist denn unser ganzes Leben ein unablässiger Wechsel harter Wirklichkeit und flüchtiger Traumgebilde . . .“ Der zweite Satz mit seinem zuerst von den Oboen angestimmten, dann von anderen Instrumenten auf genommenen b-Moll-Gesang drückt nach den Worten Tschaikowskis „eine andere Stufe der Schwermut“ aus. „Es ist jenes wehmütige Gefühl, das uns des Abends ergreift, wenn wir einsam dasitzen, ermüdet von unserm Tagwerk, ein Buch auf den Knien, das unserer Hand entsank. Erinnerungen brechen in Mengen auf uns ein.“ Der dritte Satz, durchweg Streicher-Pizzikato, unterbrochen nur von einem kurzen Mittelsatz, „drückt keine bestimmten Empfindungen aus ... Es ist einem weder heiter noch traurig ums Herz“. „Bildfetzen jener Art, wie sie uns beim Einschlafen durch den Sinn huschen“, das vergessene Bild betrunkener Bäuerlein, ein Gassen hauer, irgendwo in der Ferne ein militärischer Aufzug . . . Der vierte Satz aber zeigt den Weg aus der Sackgasse der individuellen Abgeschlossenheit. So nämlich erklärt der Komponist der Freundin das ideelle Ergebnis seiner Vierten Sinfonie: „Wenn du in dir selbst keinen Anlaß zur Freude findest, so suche sie in anderen Menschen. Geh ins Volk, sieh, wie es versteht, heiter zu sein und sich ungehemmt der Freude hinzugeben . . . Sage nicht, alles auf Erden sei traurig. Es gibt schlichte, aber tiefe Freuden. Freue dich an fremder Freude. Es ist immerhin möglich, zu leben.“ Dieses „Gehe zum Volke!“ hat Tschaikowski musikalisch in den kraft- und lichtvollen Partien des Finales und dadurch zum Ausdruck gebracht, daß er den letzten Satz als eine Paraphrase des Volksliedes „Es stand eine Birke im Felde“ anlegte. Er hat mit jenen Worten das Musikideal ausgesprochen, das auch die sowjetischen Komponisten beseelt. Prof. Dr. Karl Laux LITERATURHINWEISE Hans Schnoor: „Weber, Gestalt und Schöpfung“; Abert: ,,W. A. Mozart“; Dennerlein: „Der unbekannte Mozart“; Zagiba: „Peter Tschaikowski“ 6500 Ra III-9-5 1158 0,6 ItG 009/58