Volltext Seite (XML)
TageSgefHieALc. Wochenschau. 3« deutschen Reiche arbeitet seitdem 2. November der Reichstag, d«n» obwohl der Reichstag bereits am 29. Oktober feierlich eröffnet wurde, so ivar er am erste« Tage, wie stets, »och reicht beschlußfähig, und da», war«» drei Tage zu der» KonstituirungSarbkite» erforderlich. Endlich am 2. November komtte der Reichstag an die etgintltche Arbeit gehe»; allei» so viele u»d so umfanareiche Gesetzesvorlage» rc. wie dieses Mal habe» dem deutsche» Reichs tag früher nie vorgelegen. Wir erinner» nur an die große» Justizvorlage», die Verfassung der Gerichte, das Cwil- und Strafverfahren, an das höchst um fangreiche Militärbudget, an das Landsturagesetz rc. rc. Dre Fraktionen haben stch bereits über einen parlamentarische» FeldzugSplan geeinigt, um diese in der That riesige Arbeit-Menge in möglichst kurzer Zeit zu bewältige». Ma» will alle irge»d wichtige» Vorlagen an Kommissionen verweisen, diese» bis Mitte oder Ende November (also 14-20 Tage) Zeit zur ungestörten Arbeit lassen und dann in rasch aufetnandcrfolgenden Sitzungen d,S so höchst umfangreiche Ma terial bewältigen. Auf diese Weise hofft man bis Weihnachten den Schluß der Session ermögliche« zu könne«. Auf de« Papiere «immt sich dieser Plan allerdings recht hübsch aus, ob er sich aber in der Ausführung bewähren wird, wird Deutschland zu Weihnachten erfahre«. Z« der 4. Sitzung deS Reichstages am 4. November werden ohne DiS- cusston angenommen dir Postverträge zwischen Deutschland und Chili bezügl. Peru, der Gesetzentwurf, betreff, die Abänderung dcS Gesetzes über das Post- tarwesen; hierauf fand die erste und zweite Derathung drS Gesetzentwurfs wegen Einführung der ReichSmünzgesetze i« Elsaß-Lothringen statt und der letzte Gegen stand der Tagesordnung war die erste Berathung des Gesetzentwurfs über Markenschutz. — In der 5. Sitzung am 5. November stand die erste Be- rathung deS Landsturm gesetzeS auf der Tagesordnung, worüber mir bereit« da- Wichtigste in unserer SonntazSnummer (Nr. 260) unter „Perlin, 5. November" mitgecheilt haben. Heute wollen wir zu dem Land sturm gesetz nm »och bemerken, daß durch dtescS Gesetz die Wahlpflicht j-deS Deutschen vom 32.-42. Lebensjahr ausgedehnt wird, und nach einer Berechnung der „Köln. Zeit." werden sofort mit Einführung des Landsturmes demselben 515,000 aus gediente alte Soldaten überwiese», welche Zahl stch in Zukunft auf 8 bis 900,000 Mann erhöhen würde. Und diese munmalhunderttausend Mann kann der Kaiser, nach dem Gesetzentwurf auch zur Ausfüllung der Landwehr ver- wenden, ja das Gesetz schließt nicht einmal eine B-rwendung derselben auß-r Landes auS! — Die erstmalige Herstellung der Re ichS ka ssen scheine, die an die Stelle der so verschiedenartigen Kaffenbillet« treten werden, erfordert die Summe von anderthalb Million Mark. — In der Angelegenheit d;S Grafen Harry Arnim hat die verflossene Woche nichts N ueS von Wichtigkeit gebracht. In Oesterreich-Ungarn ist seit dem 20. Oktober der ReichSrath in Wien versammelt. Gegenwärtig beschäftigt er sich mit der Berathung deS Lud- getS, und da stellt sich heraus, trotzdem die Steuererhöhungen eine jährliche Mehretnnahme von 12 Mill. Gulden ergeben dürften, daß das Deficit dennoch — fünfz hn Mill. Gulden betragen wird. Wie dieses nicht eben unbedeutend- Deficit gedekt werde« soll, wird weiterer Entschließung Vorbehalte». In Oester reich geht eS nun einmal ohne Deficit nicht ab. Zn Frankreich hebt sich die Hoffnung der Republikaner immer mehr, daß sie doch endlich siegreich aus dem mehrjährigen heiße» Kampfe hervorgehc» werden. Die Legitimisten haben den Republikanern gegenüber ihr Spiel durch inneren Hader und Zwist verloren, und — wie es seit einigen Wochen allen Anschein hat — den Loaapartisten wird eS genau so gehen, denn der Zwiespalt im Lager der Bonapartiflen greift immer weiter um sich und wird immr un heilbarer. Außer der offenen Fehde deS Hofs von Chifilhurst mit dem Prinzen Napoleon, die von der Wahlkampagne auf Korsika sich herschreibt, hat mau eö jetzt auch mit Rouher, dem Ervicekaiser und eigentlichen Macher zu thun, welcher nach gewisse» Mittheilungen bet Hofe, will sagen bei der stolzen Eugenie und ihrem Herrn Soh», in Ungnade gefallen sein und als Leiter der Agitauon durch Fleury ersetzt werden soll. Man macht, wie eS scheint, den ehemaligen Minister Napoleons lll für Len Bruch mit dem rochen Prinzen verantwortlich, man wirft ihm Rachsucht und Gewaltthätigkeit vor, und man meint, die Fraktion drr gemäßigten Bonapauisten unter Emil Girardi» wolle stch für das Septen- »at erklären und im Parlamente an Mac Mahon «^schließe». Kurzum, die frmbere Gesellschaft ist auf dem Wege, stch recht gründlich zu verzanken, und die Organisation des BoeapartiümuS, welcher eine» Augenblik der Republik ernstliche Gefahr drohte, macht Miene aus dem Leim zu gehe». Daß stch dessen du Republikaner mehr als herzlich freu:», lieg, auf der Hand. — Der alte Thier« rührt stch auch wieder gewaltig unv ruft nach allen Eckm und Enden durch Briefe und Zeitungartikel auS: Dis Monarchie ist heute für Frankreich faktisch unmöglich; nur die konservative Republik tft die einzig mögliche Re- LierungSform sür Frankreich. Wenn man de« neusten Nachrichten au« Spanier» Glauben schenken darf, so bereitet sich auf dem Kriegsschau plätze ein großer Schlag vor. Do» Karlo-, von allen Seilen eingezwängt und t« seinem eigene« Lager täglich durch Rebellion seiner zügellosen Bau den bedroht, will eS nämlich versuche», an der Sitze seiner Getreuen dir Gbro-Linie zu durchbrechen. So melden nämlich die neusten karlistischen Nachrichten. Unter solchen Umstände» ist es geboten, eine» Blick auf dir ,S tärk-verhält Nisse beider Armeen zu werfen. Dem Präten denten stehen »ach ungefährer Schätzung zur Anfügung 30,000 Mann In fanterie, 60 Geschütze und 1000 Pferde; den republikanischen Generalen Mortones und Lasern«, die ihm gegenübeistchcn, 35,000 Mann Infan terie, 3000 Pferde und 65 Geschütze. Republikaner und Karlisten sind also ziemlich gleichstark, erstere hätte» bei einem Vorfloß der Prätendentenbauden nur den Borchetl, dieselben in gedeckten Stellungen auffange» zu können. Nc- brigens ist di« ganze Nachricht von dem beabsichtigten Ueberschreiien der Ebro- liZje mit einiger Vorsicht auszunchmenz einerseits hat Don Karlos schon zu ost «tue» solchen Schritt ang-kündigt, ohne ihn auSzuführen, andrerseits sollen aber im karlistischen Lager in der Thar ernstlich- Erörterungen geflogen werden, den Krieg überhaupt ganz einzustelle» unv ein Uebereinkomme» mit Serrano . abzuschlteßen, der, was seine Person betrifft, einer solchen Beendigung des gan zen Kampfe« durchaus nicht abgenegt ist, trotz der trüben Erfahrungen, die er bereits auf diese« Felde gemacht hat. Uns scheint aber so viel klar zu sein r Seit Wochen geht eS «it den Karlisten ganz entschieden — Bergunter. DaS scheint auch der Prüder deS Lon Karlo«, den Prinzen Also .so, bezogen zu haben, Spattie« gänzlich zu vetlaffen und sich-nach Gratz in Steuer««»! zurück zu ziehen. AuS England m.lden die neuste» Nachrichten, daß dea Kohlenarbeltem das Striken im vorgen und vorvorgen Jahre nichts genützt hat, den« Vis KohlenwttkSbefltzer sehen stch genöthigt, wolle» sie die Arbeite» auf ihren Wer ken nicht ganz einstellen, die Arbeitslöhne von 60,000 Kohl-ngrub-narbeitem abeimals um zehn Nroz nt herabzusetzen. 3« Ganzen haben aber die Löhne der Kohlenarbeiter seit dem Monat Mai dieses Jahres einen Rückgang von 28 Prozent erfahren. Domtfchlamd. AuSwanderungSlustige« »ach Amerika fei die Warnung an« Hrrz gelegt, welche die „Newyork-TtmeS" in einer ihrer letzten Nummer» enthält. Ackerar- b-iter sollen »icht im Herbste überstedel», wen» sie »lcht t» Winter verhungert» wollen. Schreiber und Kaufl Ute ohne Capital find absolut »icht zu gebrauche». Geschickte Handwerker würden ohne Zweifel lohnende Beschäftigung finde», wen» nicht die Arbeitervereine ihnen i« Wege stände« und fi- zwänge», stch de» StrikeS anzuschließen. Am willkommenste» find Farmer mit einem gewisse» Capital«, aber nur im Frühlinge; und i« Allgemeine» gilt von ganz Nord amerika der Satz, daß dasselbe wegen der augenblickliche» GeschästSklemme keine großen AuSstchte» sür Fremdlinge bietet. Frankreich. Paris, 7. November. Nachrichten au» Hendaye zufolge scheinen die RegierungSttuppen in Verbindung mit der Besatzung von Jrun die Belagerer auf franzostscheS Gebiet werfen zu wollen. General Pouriet ist durch neue Instructionen angewiesen, die Verletzung des französischen Gebiets zu verhindern- Italien. Rom, 3. November. Unsere Minister beginnen allmählich doch fcho» bedenklich die Köpfe zu schüttel« über die Candidatur Garibald;'», di« st« ur sprünglich ungläubig oder Loch «it vornehmem Lächeln ausgenommen hatten - wie unparteiische Beobachter verstchen», hat die italienische Demokratie Ler Regie rung gegenüber eine sehr günstige Stellung, da besonder- durch die Verhaftungen aus d-r Villa Russi, die sich größtentheils als grund- und haltlos erwiesen, die öffentliche Stimmung eine gereizte geworden ist. Spanien. Madrid, 6. Nov. Die Cailiften in Arragonien haben nach einem für sie unglücklichen Treffen b-i Villafranra, in welchem Ke einen Verlust von 140. Todten und 260 V-rwundet.n hatte«, ihre Streiikräft« gechült. Die von den Carlisten errichtete Patronenfabrk und di- von ihnen angelegte Telegraphen leitung sind von den RegierungStrupp-n zerstört worden. Letztere habe» 25,000 Re mington Patronen erbeutet. — Oberst-Lieutenannt Navarro hat bei Amposta eine katliftische Abheilung geschlagen und derselbe» einen Verlust von 63 Todten und 36 Gefangenen beigebracht. Nach Mittheilungen aus Jrun vom heutigen Tage haben Lie Carlisten Petrolcumbomden in die Siadt geworfen. DaS Feuer wurde von den Fort- und den Kanonenbooten lebhaft erwiedert. Die spanische Grenzstadt Jrun, um deren Besitz die r> publikanischen und karlistischen Truppen schon seit längerer Zeit kämpfen, ist in der letzten Tagen wieder in den Vordergrund getreten. Die Cacksten bombardirien v-e Stadt. Jrun, so schreibt ver ziemlich zuverlässige Lorrespondeat der „N. Pr. Z g." noch unter« 2. November aus St. Jean de Luz, will man von carüftlscher Seil« durchaus erwerben; das G-f cht am Sonnabend, weich ö sich gestern, Sonntag, in den RachNitlazSstanden wiederhol«, ka >n nur als Vorspiel ange sehen werden. Die Zusammenziehung hinreichende Kräfte in Gmp iMa ist oe- fohlen und der erttsch wende Angriff wird in der Mitte oder am Ende dieser Woche auSgeführt werben. Es ist wohl möglich, daß die C l.listen den Platz nehmen; denn die kleine Besatzung ist schlecht ausgerüstet, ohne G ld und durch die Verhältnisse an sich schon mürbe gunach-. Doch htt sie sich bei Lem ersten Angriff gut gehalten, und eö war genug, daß sie die feindlichen Truppen zurück zuschlagen vermochte. — ES ist eine Eigenchümlichkeit dieses Vü-ge krie^eS, daß von einer gemeinsamen Handlung gegen den karlistischen Feind durchaus nicht die Rede ist. Mir Ausnahme von Bilbao (wohin sich damals allerdings die Harptlnuchl der streitenden Parteien conccntrirt hatte) und Puigcerda ist kein Ort in s-rner bedrängten Lage durch freiwilligen SuccurS der republikanischen Truppen gegen Lie karlistischen Angriffe geschützt worden. So z. B. wäie cS bei dem letzten carlistifch.n Angriff auf Jrun sür die repai l kanischen Besatzungen von Feuemarabia, Rentaria und auch St. Sebastian eine Kieinigktt gewesen, dem erstgenannt n Orte zu Hilfe zu kommen, aber Niemand rührte stH. Am diesseitigen Ufer der Bidaffoa standen die spanischen Osficiere aus F ientaradia und sahen sich dm Verlauf deS Gefechte» an. Warum sie lischt mit ihren Leuten eingriffen, um dem Feinde, so vnl Schaden wie möglich zuMfügen? Es tft nicht Sitte! Freiste darf man sich dann allerd ngö nicht wundern, w.nn vre Plätze inmitten des CaeliömuS, die noch zur Madrider Regierung halten, schließ lich auch überwunden werden und in diesen Provinzen sec Prätend-nt schließlich alleiniger Herr wird. Ganz in derselben Lage ist j.tzl Pampluna; Morone- hat die Aufgabe, mit seinen 16,000 Man von Tafalla aus den O.t zu ent setzen, unv wagk sich ihatsächlich nicht vor, um zunächst die karlistischen Stel lungen bei CaraScal und Puenm la Reina aazugrüfen. Jedermann ist über zeugt, daß er sich in Marsch setzen wird, wenn Pampluna capttulirt hat. Unter seiner Trupp, n soll übrigens über daS Benehmen vrssklben die böseste Stimmung herrschen, nno man darf sich nicht wundern, wenn er eines Ta.,eS sich aus dem Staube machen muß. Die Osficiere der höhere» Chargen sind durchau- richt geneigt, dieser Unzufriedenheit zu steuern, im Gcgenthetl, sie betheiligen stch selbst sehr stark daran, indem auch sie ihrem Aerger offen durch Worte Lust machen. Königreich Sachsen. In Zwickau beabsichtigt ma» ei» eigene« Theatergebäude, au welchem eS bis jetzt noch fehlte, zu errichten und zwar auf dem an der Gartenstraßr bi- a» die Parkanlage» sich erstreckende» Wiesengrundflück. Für de» Bau selbst ist vor der Hand die Summe von 150,000 Thlr. bestimmt, zu welcher die Ltadt auS eigene» Mittel» beträgt, während Z durch eine gegen billige Zinse» auf- zunchmende Anleihe beschafft werden soll. AuS Meißen, 5. November., schreibt das „M. Tgbl.".- Die Dcmpf- schifffahrten nach Riesa haben wegen deS noch ungünstiger gewordenen Wasser- standeS der Elbe eingestellt werden müsse». Die Elbe gewährt in diesem Zu stande besonders von unserer alten Elbbrücke aus an der Eindämmung bei« Winte.Hafen «in wahihaft klägliches Bild, wie «o noch nie dagewesen. Immer mehr deS felsigen Flußbettes wird vor der Brücke sichtbar, und das Fahrwasser ist auf «inen schmalen Streifen zusammcngesallen. * Gegenüber Len Preise» der Nahrungsmittel in der Jetztzeit dürfte eS inte- ressant sei», zu erfahre», wie hoch stch i» frühere» Jahre» di« Ausgabe» sür die Küche u. s. w. btliefe», u»d manch« sparsam« Hausfrau wird sich dies« billig«»