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schere Nachbar» nicht bloö ein platonischer Liebhaber, sonder» ein werthvoller Bundesgenosse zu sein, ein starkes Heer besitzen müsse. Er wehrt stch also mit dem Reichskriegsminister Kuhn gegen zu tiefgreifende Abstriche au» Militärbud get. Letzterer rief aus, daß nur über seine Ministerleiche der Weg zu solche» Abstrichen führe. Hingegen hat er stch damit einverstanden erklärt, daß er we nigstens keine Nachtragsforderungen zum Militärbudget einbringen werde. Man muß, bei« MarSI heutzutage schon seelenSfroh sein, wenn ein KriegSminister unsereS ErdthetlS die enormen Militärbewilligungen, die er erhält, wenigstens nicht eigenmächtig überschreitet. Gegen ausgedehntere Beurlaubungen führte Baron Kuhn an, daß er zwar jährlich 95,000 Rekruten einstrlle, aber das Gros da von aus Ländern und Völkerschichten, in denen jede Schulbildung mang-le, Leute, die er erst beim Militär zu Menschen machen müsse, die er nicht unter 3 Jahren von den Fahnen enilassen könne, Die Ungarn würden gern bei ihrer Honvedarmee namhafte-Ersparungen machen, da ihnen dieses nationale Spiel zeug doch zu theuer kommt, wenn ihnen ihre früheren Minister nicht ganz ab scheuliche Contracte aufgehalst hätten. So wurde in Pest eine Waffenfabrik errichtet, deren Eigenthümer sich nicht eher zu der Gründung verstand, als bi» ihm nicht contractlich die jährliche Abnahme von 30,000 Honvedgewehren zu einem Preise garanfirt wurde, der höher ist, als Baron Kuhn für seine Ge wehre in anderen Waffenfabriken bezahlt. Aehnlich ist eS mit den Montur fabriken u. derql., so daß alle Herabminderungen der HonvcdcadrcS nicht de» dauernden Aderlässe» jener nichtswürdigen Contracte wehren können. Die Wiener Blätter feierten, schreibt die „Franks. Ztq.", am 9. Mai den Jahrestag deö großen Krachs. Natürlich find eö keine frohen Betrachtungen, in denen sie sich ergehen, sondern trübe Rückblicke auf htngeschwundenen Glanz und Reichthum. Um 1^ Milliarden Gulden soll nach dm DurchschnittSberech MMM die Wiener Börse in den letzten 12 Monaten ärmer geworden sein. 40 Baaken, deren Actten im April 1873 eine» Marktwerth von 105 Millio nen repräscntirten, find heute ohne CourSnotirung, ihre Papiere haben nur noch Maculaturwerth. Im Cafe Daun, dem Hauptversammlungsorte der Börsianer, körnte man am 9. Mai viele weise Gespräche hören. Jeder bildete sich ein, klüger geworden zu sein, d. h. Jeder versicherte, wenn noch einmal die goldene Zeit wiederkehre, sich rechtzeitig aller Schwindclpapiere entäußern zu wollen. DaS ist die ganze Moral, die sich die Mehrzahl aus dem Unglück gezogen hat. Nicht ehrliche Arbeit, sondern nur Schwindel, lautet die Parole unserer unvrr- bcfferl chen Jobber. Man verlangt nur auf vierzehn Tage eine neue glänzende Hausse, um Gelegenheit zu erhalte», ehr die SpeculalionSpaptere wieder bloßes Maculatur geworden, dieselben gegen solide Welche einzutauschcn. Je mehr man die Klagen und Anklagen der Börsianer hört, um so mehr kommt man zu der Ueberzeugung, daß die Regierung recht gelhan hat, als sie sich weigerte, den schwankenden Instituten mit StaatSgeldern unter die Alme zu greifen. Alle Opfer hätten den Sturz doch nur auf kurze Zeit verzögern können; dabei hät ten allein die Schwindler gewonnen, welche dann mit Hilfe des Staates ihre Verluste auf die Schultern der kleinen Kapitalisten gewälzt hätten. Die Bör sianer würden auf diese Weise ihr Schäfchen ins Trockene gebracht haben, aber di- Wirkungen deS Krachs würden sich in den der Börse ferner stehenden Kreisen nm um so stärker fühlbar gemacht haben. Graz, 13. Mai. Amtliche Meldungen besagen, daß sämmtliche Flüsse und Bäche in Steiermark ausgetreten sind und größere Bodenflächen überschwemmt haben. Theilweise ist die Einstellung dcS BahnverkchrS wegen Beschädigung oder Gefährdung deS Bahnkörpers nöthig. Frankreich. Paris, 11. Mai. Die Corr. HavaS berichtet: „Selbstmorde, Selbst morde und wieder Selbstmorde, dos ist das Tagesgespräch. Seit dem 1. Mai haben stch nicht weniger als 31 Personen in die Seine gestürzt. Zählt man die plötzlichen Todesfälle hinzu, die meistens in diese Kategorie gehören, ferner die Opfer des KohlendampfeS und des StlickeS, so wird man eine erkleckliche Anzahl herauSbckommen." Paris, 12. Mai. Der Marschall Mac Mahon besuchte gestern die po lytechnische Schule und das College Henn'ö kV Der Kriegs-Minister General du Baratt und zwci Adjutanten begleiteten ihn. In der polytechnischen Schule fand eine Parade Statt. Die ausgezeichnetsten Zöglinge der Schule wurden ihm vvrgestettt. Er beglückwünschte sie und munterte sie auf, ihren Eifer zu ver doppeln, „da Frankreich daö größte Bcdürfniß an verdienstvollen Männern habe, um sich von seinen UnglückSsällen zu erheben". In dem College Henri's lV. war der Marschall nur, um zu sehen, wclche Fortschritte die militärische Einübung der Gymnasiasten gemacht habe. Obgleich in militätischen Dingen im Augenblick in der Thai Ungewöhnliches geleistet wird, so sind die Heißblütigen doch keineswegs zufrieden. Zu diesen gehört auch die Re- publique Francaise, welche die Regierung der Lauheit beschuldigt, daß sie das zweite Aufgebot (Conlingent) noch nicht zu Uebungen einberufen habe und daß daS Gesetz über die CadreS noch immer nicht volirt sei. Es genüge nicht, eine große Anzahl Soldaten zu haben, dieselben müßten auch gut eingeübt und geführt sein. „Frankreich hat Eile, seine Armee ihren Rang wieder emnchmen zu schm, und eS wird sich erst dann vollständig sicher fühlen, wenn seine mi litärischen Streitkräfte auf dem nämlichen Niveau stehen, wie die der Nachbar völker. Ein Volk, daS nur durch die Sympathiee« der Neutralen oder einen Rest der Scham seiner Feinde beschützt ist, bifindet sich in einer mißlichen Lage, und wir wolle«, daß unser Land schnell aus demselben herauStriti. Paris, 13. Mai. Die Nationalversammlung wählte Buffet wieder zum Präsidenten mit 360 von 387 Stimme». Die Linke enthielt stch der Abstim- anung. In der Versammlung d-S rechten CentrumS thetlte Audch'ret Paöquicr mit, daß die Regierung vor allem die Berathung deS Wahlgesetzes verlange und gur CabtnetSfrage mache. DaS rechte C-ntrum und gemäßigte Rechte beschlossen einstimmig, die Regierung zu unterstützen. England. Windsor, 14. Mat. Der Kaiser von Rußland und der Großfürst Alexis find gestern Abend wohlbehalten hier eingetroffen. Eine ungeheure Men schenmenge begrüßte dieselben enthufiastisch. Die Stadt war festlich blflaggt. Spanien. Madrid, 12. Mai. Der diplomatische Vertreter Oesterreichs, Baron Gravenegg, verlangt energisch SatiSfactio» für Srceffe deS Pöbels gegen da» österreichische Consulat in Valencia. La» rasche und vollständige Ergebniß war, daß ein Adjutant deS GeneralcapitänS von Valencia sich im Consulat «tnkrnd and vor Viceconful Royd, dem Commandanten des österreichischen SchWö. „Klundsberg" und einige» Offiziere» daS Bedauern der Regierung auSdtüive und verbrach, die Schuldigen nach der Strenge des Gesitz-S zu strafen. Wa-rtd. Die Proklamation, welche Don Carlos nach der Aufhebung der Einschließung von Bilbao an seine Anhänger gerichtet hat, lautet: „Freiwil lige, ick sprach immer zu Euch nach einem Siege; heute Ihue ich eS mit demselben Stolze nach einem Rückzüge. Als ich gestern einige Eurer Bataillone vor mir vorbei defiliren sah, las ich auf dem Gesichte jedes Freiwillige» einen größere» Enthusiasmus, als in den Tagen von Montejuria und Somorrostro, und voll Aufregung sah ich Euch vorbeiziehen, Euch mehr bei Eurem Rückzüge als bet den vorauögehenden herotschen Handlungen bewundernd. Die einzigen Stellungen, dis wir verloren, wurde» unter dem verräiherischen Rufe: Es lebe der König! genommen und «S gelang den republikanischen Officieren, diesen Feigen, daS Taschentuch in der Hand schwenkend, unsere Linke zu überrasche», wo sie denn den infamen Ruf: Es lebe die Republik! ausstießen. DaS war das Signal eines wüthenden Kampfes, wie sich nur Spanier einen solchen liefern können. Freiwillige l In dieser Lage fürchtete ich rinen Augenblick: ich fürchtete Euren Muth, Eure Himeißung. Nicht umsonst hatte ich Euch »ach Jb-ro, Estella, Allo, Dicasttllo, Viana Montejuria und in die Riesenkämpfe des 24. und 25. Februar, des 25., 26. und 27. März begleitet, um zu wissen, daß es Euch leicht ist, vor Euren Bayonetten eine dreimal stärkere Armee in die Flucht zu jagen, und wie schwer das Unternehmen ist, Euch Eure Stellungen verlassen zu machen. Aber Ihr habt Euch diSciplinirt gezeigt: Ihr habt begriffen, daß ich, als Vater, Euch nicht nutzlos aufopfern konnte und zum Erstaunen der gejammten republikanischen Armee habr Ihr eine Bewegung auSgeführt, die ruhmreich in der Geschichte sein wüd. Folgt mir immer, habt volles Vertrauen i» Gott und in mich uns gebt Euch nicht der Entmnthigung hin, denn er wird uns schütze». Wir werden in Bilbao und mehr als in Bilbao einziehen. Unsere Fahnen werden im Triumphe von Vera nach Cadir ziehen, um sich dann auf die Punkte zu wenden, wo die Revolution und die Gottlosigkeit uns Schlachten liefern wollen." Dis Lage dieftS Landes ist eine düstere, weil dort rin Bürgerkrieg wüthet, dessen Ende noch nicht abgesehen werden kann; fie wird aber auch keine rosige werden, selbst wenn der CarliSmuö total vernichtet werden sollte. Die Spa nier selbst blicken voller Verzweiflung in die Zukunft, denn sie sehe» rinen Staatsbankerott, eine schwere Handels- und GeschäftSkrisiö mit Riesenschritten herannahen. Felder und Weinberge liege» brach, die Eisenbahnen find zur Hälfte zerstört, ganze Gegenden verödet, die stttl.che Kraft ist gebrochm. Nu», Ihr Herren in Versailles und in Rom, seht auf Euer Werk und freut Euch deö Gelingen». Eine ganze Nation liegt im Todeökampfe: — waS thut da» Euch, Ihr Propheten und G neralpächtcr der Liebe und Versöhnung? König Carl VU. lebt noch und dieses Leben steht höher wie das ruhig- Wirke» vieler Millionen gewöhnlicher Menschen. Einmal wird wohl auch mit Denen Ab rechnung gehalten werden, welche ein leichtfertiges Spiel getrieben haben. Amerika. Newyork, 13. Mai. AuS Chile wird gemeldet: Der englische Mini- st-rresikent forderte die Regierung von Chile auf, den englische» Capilän Hyde, der wegen angeblicher Verschuldung d:S Unterganges deö Dampfers „Tatna" verhaftet war, sofort sreizulafsen und ihm eine Entschädigung von 25,000 Pfund Sterling auszuzahlen, widrigenfalls der Min st-ircfident dis Pässe verlangen würde. Wie es heißt, wird ei» englisches Gcschwad-r vor Valparaiso erscheinen. Bekanntlich wird in dm Vereinigten Staaten noch sehr häufig die soge nannte Zeugenhast in Anwendung gebracht, ein Verfahren, das vollständig unschuldige Personen zur Haft bringt, nur weil sie das Unglück hatte», zufällig Zeuge» eines Verbrechen» zu sein. So mußte der unglückliche Laufbursche Hart, der zufällig mit ansab, wie StokeS seinen Feind Jam S Fiök erschoß, dafür über ein Jahr in einem New Korker Gefängnisse verbringe». Auch befindet stch i» diesem Augenblick eine Frau im dortigen DetcntionShauss, die bei einer Schieß- Affaire zugegen war und als Zeuge festgenommen wurde. Zu einrm Proccß ist cs in der betreffenden Angelegenheit nicht gekommen und wird e» auch nie kommen. Die hohe Polizei, die so eifrig war, de» Zeuge» fcstzunchmeu, hat natürlich den Verbrecher selbst nie zur Haft gebracht. Trotzdem fitzt die arme Frau seit 8 Monatm in Gefangenschaft. Einem Matros n, der auf dem Wege nach seinem im Hafen liegend e» Schiffe an gefall » und beraubt wurde, erging eS ähnlich. Er überwältigte einen der Räuber und überlieferte ihn der Polizei, wMr er nun sammt jenem im Gcfängniß fitzt, während sein Fahrzeug mit seine» Habseligkeiten längst wieder in See gegangen und seine Familie, die er daheim bat, ihres Ernährers beraubt. DsNtliiehes. Schneeberg, 13. Mai. In der gestern Abend abgehaltene» Versammlung des hiesigen naturwissenschaftlichen Verein» sprach Hcir Smunarobcrlchrsr vr. Köhler über die Phosphoressenz der Thiere. Einleitend erwähnte er Beispiels aus dem Pflanzenreiche, di- daö Vermögen habe», Licht auszustrahle» (Kapuziner kreffe, Fmerlilie, Kartoffclknollen, Baumwurzeln rc.) Dann ging er zur Behandlung seine» Thema'S über und zeigte, daß die Phosphoressenz oder Leuchtkraft nicht zu finde« sei bei höheren Thicrm (ras Kunkel» der Auge» der Katz-Ngeschlechter beruht auf dem eigenthümlichen Bau ihrer Augen, und wen» ein Mensch sagt „daß ihm daS F,uer aus dem Augen gesprungen sei," so be- z> ichnet er damit nur einen stark n Reiz de» Sehne, v's.) Bei faulenden Fischen hat man das Leuchten zuerst wahrgenommen. Namentlich aber tritt cö unter de« Insekten auf: Johanniskäfer rc. Daö mit dem Nam.n „Latcrnenträger" belegte Insekt leucht-t nicht, wie man in viele» »aturgeschichtlicheu Werke» llsen kann. Sehr auSführlich behandelte der Referent auch daö durch Millionen mikroskopischer Thi-rchen hervorgebrachte Leuchten deö Mecreö. Im Allgemeinen ist zu bemerken, daß die Leuchrkraft der Thiere sich erhöht, wenn die Temperatur der Luft in der st« lebe» sich steigert, wen« der Sauerstoff gehalt derselben bedeutender wird und wenn — waö speciell von dem Leuchte» deö Meeres gilt, — eine reibende Bewegung eintritt. Was den Zweck dieser den Thiere« innewohnenden Leuchikraft anbelangt, so sprach sich der Vortragende twhin au», daß ste namentlich ein Lockmittel der verschiedenen Geschlechter sein soll. Eibenstock, 12. Mat. Die am gestrigen und heutige» Tage für den GerichtSamtSbezirk Eibenstock hier stattgefundene Aushebung lieferte nachstehende Resultate: Von 336 Gestellungspflichtige» wurden 156 für vollkommen dienst- tauglich erklärt, 115 auf ein Jahr zurückgeftellt, 42 für Ersatz-Reserve I. und I! Claffe geschrieben, und 23 erwiesen stch al» dauernd dienstuntauglich. Hund»hübel, 10. Mat. Gestern hat sich der hier wohnhafte Rector ewe«. W. in einem benachbarten Teiche entleibt. Langjähriges, schmerz haftes Leiden hatte» bei ihm schon öfter Anfälle von Melancholie hervorgeruf-n, während cineS derselben er jedenfalls unbewußt diesen Schritt g-than hat. Ane, 13. Mai. Heute Mittag stürzte in Folge des angeschwollcnen Muldenstromes ein Theil der ca. 11 Meter hohen vöschungömauer an der CH-mnitz-Aue-Adorfer Eisenbahn «in. Die Länge deS Bruches betrug am Nachmittag bereits über 20 Meter.