Volltext Seite (XML)
ZUR EIN F Ü H R U N G Kurt Striegler schreibt zu seiner „Slawi schen Rhapsodie“: Die alte romantische Stadt Bautzen, ihre herrliche Umgebung, die sagenumwobenen Berge Czorneboh und Bieleboh, die interessanten Sitten und Ge bräuche und die farbenfrohen Gewänder der slawischen Bevölkerung, dazu das Sprachen gemisch und die zum Teil innigen, zum Teil herben und übermütigen Volksweisen er wecken mir schöne Erinnerungen aus meiner Kindheit. Unter dem Schutze meiner ehr würdigen, aber lebensfrohen Großeltern durften wir Kinder alljährlich während der Schulferien dort unsere Jugend austollen. Später wurde ich durch meine Ehe mit einer Gebürtigen aus Radibor bei Bautzen mit diesem Fleckchen Erde noch mehr ver bunden. Ich freute mich, als mir vor ca. 2 Jahren eine Liedersammlung zugestellt wurde, mit der Bitte, diese Volksgesänge irgendwie zu ver wenden. Dies gab den Anlaß zu meiner „Slawischen Rhapsodie“, in der ich 12 der schönsten und charakteristischsten Lieder verwendete. Das Werk ist in 5 Sätze gegliedert, von denen jeder einzelne in klassischer musi kalischer Form aufgebaut ist. Es ist also kein sogenanntes „Liederspiel“, wozu man bei oberflächlicher Betrachtung infolge der Anzahl der verwendeten Volksweisen ver leitet werden könnte, es anzunehmen, son dern eine vollständig sinfonisch durchge arbeitete Komposition. Die Benennung „Rhapsodie“ schien mir schon durch die Verwendung der Unter titel: Frohe Arbeit — Sehnsucht — Heitere Spiele — Leid — Volkstanz — bedingt zu sein. Franz Schubert schrieb seine siebente Sinfonie in C-Dur im März des Jahres 1828, das auch sein Todesjahr werden sollte. Schubert (1797—1828) führte ein Leben, das er selbst, im Hinblick auf die Jahre ab 1823, wo er sich eine tuberkulöse Erkrankung zu zog, als einen „Martergang“ ansprach. Aber in der Sinfonie in C-Dur ist weder eine Todes ahnung noch der Anklang an sein leidvolles Leben zu spüren, vielmehr erhebt sich Schu bert als echter Romantiker in eine Welt, die traumhaften, außerirdischen Ursprungs ist. Als Robert Schumann dieses Werk im Jahre 1838 bei Schuberts Bruder im Nachlaß ent deckte, war er begeistert von den „himm lischen“ Klängen, sah allerdings auch sofort die „himmlischen Längen“ des Werkes, womit er in pietätvoller Verschleierung eine Kritik an Schuberts lyrisch-epischer Breite der Form, an seiner nicht enden wollenden Themendarbietung ausdrückte. Schuberts C-Dur-Sinfonie ist anders als die gedanklich scharfe und knappe Sinfonie eines Haydn oder Beethoven, er neigt zu einem köstlich ruhevollen Verströmen seiner lyrischen Ein fälle, er reiht wundervolle Perlen gleicher Größe und gleicher Form aneinander, so daß eine Kette von unvergleichlicher Schönheit entsteht. Schubert hat eine andere innere Dynamik als Beethoven — ihm fehlt in der Sinfonie jenes Element der dramatischen Straffung, das Beethovens Werken ihren titanischen Zug gibt. Schubert war als Sin foniker nicht titanisch. Er war Lyriker, er war Träumer, nach innen gewandter Mensch voll von Gesang und Melodie. Mit dieser Ein stellung kann man sich den vier Sätzen seiner 7. Sinfonie in C-Dur nähern,mit ihr wird man auch die schnellen Sätze (1., 3. und 4.) ver stehen, die im Grunde ebenso lyrisch und liedmäßig sind wie der 2. Satz. „Himmlisch“ ist alles nach Schumanns Worten, was in diesem Werke erklingt. Lassen wir uns etwas von diesem Abglanz des Himmels über strahlen! Johannes Paul Thilman