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Dresdner Journal : 11.12.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-12-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189612112
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18961211
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18961211
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-12
- Tag 1896-12-11
-
Monat
1896-12
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 11.12.1896
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der Berufsgenoffcnschaslen für 1895, wurde Kenntnis ge nommen Dem Ausschußbericht über den Entwurf von Bestimmungen, betreffend die Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel, wurde die Zustimmung erteilt — Die Budgetkommission de» Reichstag» hat gestern die Beratungen de» Militäretats begonnen — Die „Hamb. Nachr." schreiben: Dem Staats sekretär des Auswärtigen Amtes, Hrn v. Marschall, wird für sein Einschreiten und Auftreten gegen die be kannten Preßintriguen vor Gericht uneingeschränkte» Lob und Anerkennung, nicht nur von der offiziösen Presse und der „Köln Zta " zu teil, sondern auch von den klerikalen und demokratisch-sozialistischen Blättern. Wir lasten un untersucht, welchen Motiven der außergewöhnlich warme Ton auf Seiten der letzteren entspringt; daß es Genug- thuung über einen dem Staatsinterefse geleisteten Dienst gewesen sein sollte, ist aus verschiedenen Gründen wenig glaubhaft Bielleicht erklärt sich, soweit nicht zweifelhaftere Instinkte dabei im Spiele sind, das Verhalten zum Teil aus den Zugeständnissen, welche in diesem Prozesse den demokratischen Auffastungen durch das Erscheinen von Reichskanzler, Ministern und Botschaftern vor den gericht lichen Schranken gemacht worden sind. Wir stehen aller dings auch auf dem Standpunkte, den neulich die „Bost. Ztg" aus früheren Berichten und Reden des Fürsten Bismarck konstruiert hat, daß die absoluteste Öffentlichkeit ein sehr wertvolles Requisit des modernen Regimes sei, aber wir unterscheiden dabei doch zwischen Vorgängen, die ihrer Ratur nach vor den Strafrichter gehören, und solchen, bei denen die» nicht der Fall ist; demgemäß sind wir der Ansicht, daß eine Gerichtsver handlung kaum al» der geeignete Ort für die Behand lung von Kontroversen zwischen Ministern zu betrachten, sondern daß das Staatsministerium eher als das zu ständige Forum anzusehen sein wird. Der feste Zusammen schluß im letzteren ist allerdings durch die 1890 erfolgte Aushebung der KabinettSordre von 1852 gelockert worden, und es wird erinnerlich sein, daß die Weigerung des Fürsten Bismarck, ihrer Beseitigung zuzustimmen, einen der letzten Gründe seines Rücktritts gebildet hat Wir halten es für eine Malice de» Schicksals, wenn heute ein Blatt wie die „Frkf. Ztg." der Hoffnung Ausdruck geben kann, „der Prozeß Leckert möge dazu beitragen, den Mit gliedern der Regierung etwas mehr Zusammenhang und Rückgrat zu geben." Wir finden es begreiflich, daß Hr v. Marschall mit seiner Behandlung der Frage vor Gericht bei der „Frkf Ztg." und anderen Blättern ähnlicher Richtung sich beliebt gemacht hat; von anderer Seite wird ihm vielleicht der Vorwurf nicht erspart bleiben, daß er doch etwas mehr als absolut notwendig und nützlich war, in die Anschauungen des früheren Staatsanwalts zurück gefallen ist und den Diplomaten zu sehr abgestreist hat. — Nach amtlichen Nachrichten über den Angriff auf das Kaiserliche Konsulat in Laurenco Marquez hat sich der Vorfall wie folgt abgespielt: Am 8. Dezember nachmittags erfolgte gelegentlich einer Prozession durch eine große Zahl von Portugiesen, unter denen sich namentlich auch Elsenbahnbeamtc befanden, ein Angriff gegen das Konsulatsgebäude. Es wurde nach dem Konsul Grafen Pfeil mit Steinen geworfen und ein Fenster zertrümmert Der Anlaß war, daß zwei im Dienst des Konsulats stehende Neger mohammedanischer Konfession vor der Pro zession die Mütze nicht abnahmen. Durch die Intervention portugiesischer Polizeibeamter wurde, wiewohl erst nach längerer Dauer des Tumults, die Ruhe wiederhergcstellt. Der Konsul erbat die Unterstützung S. M. S. „Eondor" aus Port Natal. — Der „Reichsanzeiger" schreibt: „Wir sind zu der Erklärung ermächtigt, daß die gegen hochgestellte Per sonen gerichteten Treibereien bereits in dem am 7. Oktober d. Js. in Hnbcrtudstock abgehaltenen Kronrate zur Sprache gekommen sind Aus den Vortrag, daß als Verfasser des bekannten Artikels der „Welt am Montag" der Agent der politischen Polizei v. Lützow ermittelt worden sei, haben Sc. Majestät der Kaiser schon damals besohl"», daß die Angelegenheit streng untersucht und nach allen Richtungen hin klargestellt werde." — Zwischen der konservativen Partei und dem Zentrum finden im Reichstag zur Zeit Verhandlungen statt, um eine gemeinsame Aktion in der Margarine frage vorzubcreiten. Sobald zwischen diesen beiden Par teien eine Vereinbarung zustande gekonimen ist, sollen auch Mitalieder der andern Fraktionen zur Unterstützung ge- worben werden Aus den deutschen Münzstätten sind im Monat N ov emb er d.Js geprägt worden: 14 763 360 M in Doppelkronen, 2 935 100 M in Kronen, 2 t 1 375,40 M. in Zehnpfennigstücken, 92 717,75 M in Fünf- und 55 826,53 M in Einpfennigstücken Die Gesamtaus prägung an Reichsmünzen, nach Abzug der ivieder ein gezogenen Stücke, bezifferte sich Ende November d. Js auf 3 093 730 630 M in Goldmünzen, 494 229 234,80 M in Silbermünzen, 54047 670,35 M in Nickel- und 13 376 009,97 M in Kupfermünzen. — Das preußische Abgeordnetenhaus erledigte gcitern in erster Lesuna den Vertrag zwischen dein Reich und dem Königreich der Niederlande, wonach die Kosten für die Unter haltung des Seeseuers aus Borkum und iür die Beleuchtung, Betonung und Bebakung der Unterem- künftighin bei jähr liche, Abrewnuna non Preußen und den Niederlanden zu gleichen Dellen getragen werden sollen E« folgt die Beratung de« Antrages Schenckeodorfk, wonach dem gewerblichen, landwirtschaftlichen, kaufmännischen und weiblichen Fort- bilduogSschulwesea vermehrte Staatsmittel zugewendet werden sollen. Abg v Scheackendorss (nl.) begründet seinen Antrag mit der wirtjchaftlrchen und sozialen Bedeutung de« ForibildungSschulwesen«. da« sich in Preußen, weil die staat liche Fürsorge hinter den Ausorderuagen der Zeit zurück geblieben sei, im Stillstand, ja teilweise im Rückgang befinde Redner verlangt, daß, um sür die sittliche und Charakterbildung der Heranwachsenden Jugend bestehende Lücke zwischen der Entlassung aus der Volksschule und dem Antritt de« Militär- dienstrS auszufüllen, obligatorische Fortbildung«schulen mit fester staatlicher Unterstützung eingesührt würden, und will seinen Antrag einer besonderen Kommission von 1« Mit gliedern überwiesen wißen Abg v. Kölichen (Ions.) beton«, daß seine Partei der Tendenz des Antrages zubimme. Die formale Seite kc-ielben und seine finanzielle Tragweite müßten jedoch zunächst in der Bndgrlkommission geprüft werden. HandelSminister Breseld führt aus, daß ei« gesetzlicher Zwang zur Einführung von Fortbildungsschulen nicht bestehe und auch sein Bedenkliches habe; die Errichtung solcher Schulen werde nach Einreichung eines Etat« und SchulplancS genehmigt und zwei Drittel der Kosten würden durch staatlicde Zuschüsse ge deckt, wosür besondere Fonds biftändcn Tas FortbüdungSschul- wesen könne nur gedeihen, wenn eS auf diese Art Sache der Ge meinden bleibe Ans diesem Wege seien bisher keineswegs ge ringe Erfolge erzielt worden, und die Zahl der Schulen und Schüler wachse stetig. Dem H»use werde ein von Sachverstän digen auSgiarbeiteter Normalplan, eine Gesamtübersicht über die b.stehenden Schulen und die Verhandlungen der Kommission für gewerbliches Unterricht-wesen zugeken, welche zu Anfang dieses Jahres getagt habe. Abg. Wallbrecht (ntl) spricht sich im Sinne deS Antragstellers aus Abg v. CzarlinSki (Pole) verlangt, daß in den Fortbildungsschulen der polnischen Landes teile deren Muttersprache berücksichtigt werde. Finanzminister Miquel erinnert daran, daß auf seinen Antrag zuerst eine Position für das Fortbildungsschulwescn in den Etat eingestellt worden sei, daß man also an seinem guten Willen sür die Sache nicht zweifeln dürfe. Aber ein Zwang zur Errichtung von Schulen dürfe nicht dekretiert werden, sie müsse der notwendigen individuellen Ausgestaltung halber Sache der Gemeinden bleiben. Die Erhöhung der SlaatSzuschüsse müße mit dem wachsenden Bebürsnis Schritt haüen; ein plötzlicher Sprung könne nichts nütz n. Die Regierung werde auS dec Kommissionsberatung gern neue Gesichtspunkte gewinnen Abg Knebel (ntl.) spricht sich im Sinne des Antrages und sür obligatorische Errichtung von Fortbildungsschulen auS. Reg -Rat Müller spricht im Austrage des verhinderten Landwv lschostSministerS dessen Sym pathie sür das Fortbildungsschulwescn aus und legt die Schwierig keiten dar, die wegen de« häufigen Unvermögens ländlicher Gemeinden der Errichtung solcher Schulen entgcgenständcn Abg Glattfelter (Z) betont, daß sür die Charakter bildung die Familienerziehung die Hauptsache zu leisten hab», und will einen Zwang zum Besuche nur bei gewerb lichen. nicht aber bei landwirtschaftlichen und kaufmännischen Fortbildungsschulen gelten lasten Die Fortbildungsschulen müßten mit der Kirche in Verbindung bleiben und auch den Religionsunterricht pflegen. Abg. v. Tzschoppe (srcikons.) erkennt einen Hauptwert der Fortbildungsschulen darin, daß sie eine segensieiche Konkurrenz gegen die sozialdemokratische Litteratur und gcg,n den Bildungsdünkel der Sozialdemokratie abgäben. Finanzminister Miquel betont, daß die Fort bildungsschulen sich in ihrem Lehrstoff aus das Notwendigste beschränken und praktischen Fachunterricht an die Spitze stellen müßten, um die Schiller in ihrem Lcbcnsberufc zu fördern Nach dem Schlußworte de« Abg. v Lchenckendorls (nat-lib) wird sein Antrag einer besonderen Kommission von 14 Mit gliedern überwiesen. — Nächste Sitzung Sonnabend Breslau. Eine Versammlung der Vertreter der christlich-sozialen Vereinigung für Schlesien, die bisher beiden Richtungen offen stand, hat mit Rücksicht auf das Ergebnis des Erfurter national-sozialen Partei tages einstimmig die Trennung von den National- Sozialen und den Anschluß an die christlich-sozialc Partei beschlossen Hamburg. Wie der Stauerverein nachweist, arbeiteten am Dienstag in 38 Stauereibetrieben 1950 Schauerleute; unter normalen Verhältnissen Hütten 3180 arbeiten müssen — Die Belästigungen der Arbeitenden durch Ausständige mehren sich. Die Polizei ist ivicdcrholt in Anspruch genommen worden und hat mehrere Verhaftungen vorgenommen. Lsterreich-Uttnaru. Wien Im Abgeordnetenhaus« erklärte Minister präsident vr. v. Bilinski gestern, die Regierung sei sich der Pflicht der Einführung sozial-politischer Re formen vollständig bewußt; er wies diesbezüglich auf die Zivilprozeßordnung hin, auf die progressive Einkommen steuer, sowie auf die Gesetze zu gunsten der Staatsbeamten und der Staatsdiener, und auf den Ausbau der Arbeiter schutzgesetzgebung. Der Minister verwahrte sodann die Regierung gegen den Vorwurf, daß sie durch den Vor behalt der Einführung der erhöhten Börsensteuer für einen günstigen Zeitpunkt der Börse mehr Wohlwollen entgegen bringe, als der Landwirtschaft und dem Gewerbe und be tonte, daß es sich bei der Börsensteuer doch um eine Er höhung handle, während durch die Herabsetzung der Grundsteuer-Hauptsumme und durch die Abschreibung der Grundsteuer bei Elcmentarschädcn eine Verminderung der Lasten der Landwirtschaft erfolgt sei Vr. v Bilinski wies schließlich aus die Nachlässe hin, welche sich nach der Steuerreform von 1898 und bei der Ertragssteuer ergeben würden — König Alexander von Serbien, welcher gestern abend hier eintraf, wird sich bis Montag hier aufhalten und dann direkt nach Belgrad zurückkehren Buda-Pesi In der gestrwen Sitzung de» A bge- ordnetenhause» nahm der Ministerpräsident Baron Banffy da» Wsrt zur Beantwortung der Interpel lation de» Abg. Polonyi über die auswärtige Lage. Er sagte: „Der Abg Polonyi hat in der Sitzung vom 2. Dezember eine Interpellation an mich gerichtet, die ich an jenem Tage nur kurz und nur teilweise be antwortete, indem ich mir vorbehielt, auf dieselbe ein gehender zurückzukommen Diesem Versprechen will ich jetzt nachkommen Vorher sei e» mir aber gestattet, in aller Kürze auf einige Bemerkungen de» geehrten Abge ordneten einzupehen Der Hr. Abgeordnete hat bemerkt, daß in letzter Zeit die sogenannte orientalische Frage in eine Gärung geraten sei, welche zu einer nahen Lösung dränge Es liegt mir fern, die Bedeutung der Fragen, welche im Oriente und speziell im türkischen Reiche einer Lösung harren, ableugnen zu wollen, aber ich glaube doch bemerken zu müssen, daß in den letzten Monaten und namentlich seit der Thronrede vom 6. Oktober, die sich auch mit unseren Beziehungen zum Auslande besaßt», keine solche Veränderungen im Orient eingctrelen sind, die die damals bestandene Lage zu verändern geeignet ge- wesen wären. In einem Punkte stimme ich mit dem ge ehrten Abgeordneten vollkommen überein. Bei Besprechung de» DreibundvertrageS sagte er, daß das gegebene Wort König und Nation in so hohem Maße binde, daß nie mand unsere ernste und feste Absicht unseren vertrags mäßigen Verpflichtungen nachzukommen, bezweifeln werde Eine solche ehrliche und loyale Auffassung der Sachlage kann die Regierung nur mit Freude begrüßen und sei es mir auch gestattet, darauf hmzuweisen, daß gerade aus Anlaß der vom Abg Polonyi erwähnten Veröffentlichungen der „Hamburger Nachrichten" die maßgebendsten Faktoren und die gesamte öffentliche Meinung in Deutschland sich auch nachdrücklich für eine unverbrüchlich loyale Durch führung der vertragsmäßigen Verpflichtungen, die Deutsch land im Dreibundvertrage auf sich genommen, ausgesprochen haben Um nun auf die Beantwortung der einzelnen Punkte der in Rede stehenden Interpellation überzugehen, so habe ich schon in meiner vorläufigen Antwort am 2. Dezember die Ehre gehabt, die Gründe darzulegen, warum die letzte Thronrede keinen Pafsus über die aus wärtige Politik enthielt. Wa» den zweiten Fragepunkt betrifft, ko hat sich die internationale Lage seil dem 6. Oktober nicht geändert. Ich kann dieselbe auch heute aus Grund gepflogener Rücksprache mit dem gemeinsamen Minister des Äußern als vollkommen fried lich erklären. Hinsichtlich der weiteren Fragepunkte, die sich auf die bekanntcü Enthüllungen der „Hamburger Nachrichten" beziehen, habe ich schon in der Sitzung vom 2. Dezember erwähnt, daß dieselben ein bereits der Geschichte angehörendcs Thema betreffen, und muß ich unter Hinweis auf die im deutschen Reichstage vom Reichskanzler Fürsten Hohenlohe und dem Staatssekretär Frhrn. v Marschall gemachten erschöpfenden Darlegungen und mit Rücksicht auf den überaus heiklen Charakter der Frage darauf verzichten, mich auf eine weitere Erörterung derselben einzulassen Ohne aber aus die historischen De tails der Frage einzugehen, habe ich zur Beruhigung deS Hrn. Interpellanten die Erklärung abgegeben, daß ein Vertrag, wie der in Frage stehende, heute zwischen der deutschen und russischen Regierung nicht besteht und daß unsere Beziehungen zu Deutschland die besten und in timsten sind, sodaß der Dreibund heute wie zuvor die unerschütterliche feste Basis unserer Politik und, was ich wohl ohne Überzeugung sage, auch eine der stärksten Stützen des europäischen Friedens bildet." Polonyi entgegnete, so heikel sei keine Angelegenheit, daß das Parlament nicht das Recht und die Pflicht habe, sich auf- zyklären. Die Politik Deutschlands sei unverläßlcch Der Präsident unterbrach mit den Worten: Deutschland sei unser Freund und Bundesgenosse; er könne nicht gestatten, ehrenrührige Ausdrücke zu gebrauchen. Polonyi er widerte, daß er nicht von der heutigen Regierung Deutsch lands spreche, sondern von jener, die eine Rückversicherung gemacht habe. Aber das Mißtrauen fei auch heute gerecht fertigt. Wer uns einmal hintcrgangen, könne das wieder thun. — Im weiteren Verlaufe der Sitzung antwortete der Ministerpräsident Baron Banffy auf die Interpella tion Kossuths wegen der Kündigung des Zoll- und Handelsbündnisses mit Österreich, indem er bestätigte, daß die Kündigung durch die ungarische Re gierung erfolgt sei Die letztere wäre hierzu genötigt ge wesen, weil bis zum Schluß des Jahres das Zollbündnis nicht hätte erneuert werden können, und es nicht im Interesse Ungarns läge, das Bündnis unverändert weitere zehn Jahre bestehen zu lassen. Die Regierung wäre nicht verpflichtet, die Kündigung dem Abgeordnetenhaus anzu melden. Sie würde dies dennoch gethan haben, wenn Kossuth mit seiner Interpellation ihr nicht zuvorgekommen wäre Diese Antwort wurde ebenso wie die Antwort auf die Interpellation Polonyis zur Kenntnis genommen Frankreich. Paris Die Royalisten des Maine-et-Loire- Departements planten schon lange eine Manifestation gegen das die Besteuerung der Güter der Klosterorden betreffende Accroifsement-Gesetz. Die Trappistiner von Gardes hatten die Bezahlung der Taren verweigert und deshalb pfändete ihnen die Steuerbehörde einen Ochsen ab. Die« wurde der Anlaß zu der geplanten Manifestation, für deren Ausführung der Graf de Maille und der Herzog von Plaisance die Initiative dadurch ergriffen, daß sie Sammlunaen veranstalteten, um den Trappiftinern einen neuen Ochsen zu kaufen. Gestern nachmittag ging die Manifestation in Szene Der Ochse, ein stattliche» Tier im Gewichte von 720 Kg, wurde, mit Blumen bekränzt, unter Lodgesänaen auf einem Wagen von dem Dorfe Chemilsi- nach Garde» gebracht. Den Wagen leiteten die Diener dc« Grafen de Maill«. Hinter demselben schritten dessen ältester Sohn, der Herzog von Plaisance und der Herzog von Brissac AIS der Zug da» Dorf verließ, wurde „Nieder mit dem Ochsen, hoch die Republik!" geschrien, aber die Manifestanten ließen sich nicht einschüchtern und kamen ohne Fährlichkeiten nach Gardes. Hier wurden sie von einem Musikcorps eingeholt und unter der großen Dorsulme übergab Graf de Maille den Trappiftinern den neuen Ochsen — allerdings nur leihweise —, indem er in einer Festrede gegen den Fiiku» und die „atheistische Regierung" protestierte Die Festversammlung begab sich sodann in die Kapelle, wo der Herzog von Brissac selbst das Credo anstimmte und wo alle von einem Pater au» Belle-Fontaine den Segen erhielten * Pari». Der Generalgouverneur von Indochina, Rousseau, ist gestern vormittag in Hanoi plötzlich ge storben. -- Die Kommission zur Vorberatung der Zucker steuervorlage hat den vom Deputierten Graux erstatteten Bericht angenommen — Die „Academie Fran^aise" wählte gestern den Dichter Andre Theuriet und den Geschichtsforscher Van- dal zu Mitgliedern — Das Kriegs Ministerium scheint entschlossen, an gesichts der jüngsten Ausschreitungen, die herkömmliche Feier des Tages der heiligen Barbara, der Schutz patronin der Artillerie, in der Artillerietruppe künftig zu unterdrücken vel«te«. Brüssel. Auf eindringliche Vorstellungen des Schöffrn- Kollegiums, welches gestern nachmittag eine Sitzung hielt, willigte Bürgermeister Buls ein, seine Demission zurückzuziehen. Italien. Rom. Ebenso groß wie der Haß gegen CriSpi ist bei einem Teile der italienischen Politiker die Furcht vor der Wiederberusung dieses Staaatsmannes zur Herrschaft Um ihn „unmöglich" zu machen, werden immer wieder skandalöse „Enthüllungen" ins Werk gesetzt, durch die der greise Crispi in den Schein unlauterster Geldgier gebracht werden soll, bei denen bisher nichts für Crispi ernsthaft Belastendes herausgekommen, aber doch hier und da , etwas hängen geblieben" ist. Tie neueste Ausgeburt des Crispi- Hasses war die angeblich aus Hoskreisen stammende Aus streuung, Crispi habe sich am Sonnabend zum König be geben, ihm die politische Lage des Landes, die Unzufrieden heit des Heeres, den Verfall des AutorltätsprinzipS und den allgemeinen Marasmus in düsteren Farben geschildert und den Verlust des Thrones und den Sturz der Dynastie prophezeit, falls der König sich zum Wohle der nationalen Frei heit, Unabhängigkeit und Einheit nicht zu einem Staats streiche entschließe, für dessen Gelingen er cinstehen könne. Crispi als Befürworter eines Staatsstreiches und zumal unter den gegenwärtigen Verhältnissen — das war ebenso albern wie böswillig ersonnen. Aber nicht genug daran, wurde hinzugesügt, der König habe Crispis Auseinander setzungen ruhig angehört und dann mit lächelnder Miene sich nach dem Gesundheitszustände seines GasteS erkundigt Trotz der handgreiflichen Unwahrheit, ja Unmöglichkeit dieser Geschichte sanden sich Leute, die sie glaubten. An sie verschwendete CriSpi ein „Dementi", in dem er erklärte, daß er den König seit der Hochzeit des Kronprinzen über haupt nicht mehr gesprochen habe und an die Anbietung seiner Dienste gar nicht denke. — In der Deputiertenkammer erregte gestern der Abg. Macola durch eine Anspielung aus eine dem Afrika- forscher Obersten Debocard verliehene Ordensauszeichnung lebhafte Bewegung Der Kriegsministcr Pelloux und der Ministerpräsident di Nudini verteidigten die Haltung der Regierung. Es folgten sodann heftige Auftritte zwischen den Abgeordneten Macola, Mocenni, Jmbriani, Ferri und Santini. Die Sitzung wurde unterbrochen. Santini soll Ferri seine Zeugen geschickt haben. — Nach Wiederauf nahme der Sitzung wurde die Beratung ohne weiteren Zwischenfall fortgesetzt. Spanien. Madrid Auf den Philippinen haben die Truppen bei San Fernando über die Rebellen einen vollständigen Sieg davongetragen, wobei die letzteren 112 Tote und eine große Anzahl von Verwundeten aus dem Schlacht- selde zurückließen, während die Truppen keine Verluste hatten. In den Provinzen wurde unter dem Schutze der Truppen mit der Einbringung der reichen Ernte begonnen, ohne daß hierdurch der Felddienst der Truppen irgendwie beeinträchtigt wurde. — Ein offizielles Telegramm aus Havanna bestätigt den Tob Maceos und des Sahne« van Maximo Gomez. Der erstere hat, wie ein bei ihm vorgefundenes l«ch wen, doch ist Vie Wiedergabe der Augupusdrucke mit der Schloßkirche im Hintergründe von zweifellosem Reize Max Pietschmann verdient vor allem durch sein lebens frisches Centaurcnpaar, Gotthardt Kühl durch seinen licht durchfluteten Fleischerladen unsere Beachtung. Paul Baums Studie zu seinem (von der Dresdner Galerie erworbenen) Gemälde „Trauer" vermag die Wirkung dieses so un gemein stimmungsvollen Bildes nicht in vollem Maße wiederzugebcu Seine farbige Hochätzung „Landschaft" wird kaum nach jedermanns Geschmack sein Von großer Eigenart ist die Kopfleiste von Fidus, die einen von hoher Burgwarte in die wilde Waldlandschast hinauslugenden Jüngling darstellt und in dezenter Weise mit dem ihr folgenden, kunstkritischen Beiträge harmoniert Überhaupt verdient die ausgezeichnete Verbindung der zeichnerischen mit den littcrarischen Beiträgen bcrvorgchoben zu werden Die Wiedergaben verschiedener Darstellungen von LukaS Kranach und einiger plastischer Figuren vom Dome zu Meißen dienen in erster Linie als Demonstrationsobjekte sür die kritischen Beiträge: „LukaS Kranach" von Max Friedländer und „Die altsächsischc Bildnerschule im l 3. Jahr hundert" von August Schmarsow (Schluß folgt) Zum Weihnachtsbüchertisch. Der alte Brauch, die Auswahl zu Festgeschcnkcn be stimmter Bücher mehr nach ihrer weihnachtlichen Ausstatt ung als nach einem weihnachtlichen Inhalt zu treffen, hat zu wunderlichen Folgen geführt Es giebt in gewissen Familien kleine Sammlungen dieser Art, die Muster stücke für die Moden deS Drucks und Einbands aus zwei Jahr zehnten sind und dabei nicht ein Buch enthalten, was man im nächsten Jahre wieder zur Hand hätte nehmen mögen Würde nicht schlechthin nach der äußern Erscheinung der Bücher gekauft und geschenkt und wollte man sich ein klein wenig mehr um Gehalt und Bedeutung der zierlichen Banvchen bekümmern, so käme man deshalb wahrlich noch nicht ins Gedränge. Denn eine Anzahl, namentlich von poetischen Veröffentlichungen, sind immer vorhanden, die jeder Forderung an die festliche äußere Erscheinung ge nügen, und selbst wenn es durchaus nichts längst Bekanntes, sondern das „Neueste vom Neuen" sein soll, finden sich allezeit ein paar Bücher und Büchlein, die inhaltlich soviel Wert besitzen, daß man sich auch außer der Festzeit ihrer erfreuen kann Von den zahlreichem Eingängen der letzten Wochen seien einige wenige hcrvorgehoben, die alle in besonders reichem oder zierlichen Gewände erscheinen und doch etwas bedeuten würden, wenn sie in schlichtester Aus stattung auf den Markt getreten wären. Voran stehen hier die „Bozener Mären und Märchen" von Hans Hoffmann (Leipzig, Verlag von A G. Liebeskind 1896). Es sind fünf durchaus reizende, von wirklich poetischer Stimmung getragene, auf dem schönen landschaftlichen Hintergrund des farbenreichen Etschthales spielende, ernste und fröhliche Märchen und Novellen: „Wasser! ein Weinmärchen", „Ter Jrrtrank", „Die heilige Kümmernis", „Die Totenhochzeit", „Die Leiden deü jungen Plattners", von der nicht gewaltigen, aber frischen und kernigen Gestaltungskraft und dem liebenswürdigen Erzählungstone erfüllt, die frühere Dicht ungen HanS Hoffmanns durchdrungen haben. Wer einen raschen Einblick in die Weise des Buches gewinnen und sich vom anheimelnden Reize dieser Geschichten überzeugen will, braucht etwa nur die anmutige Einleitung zu dem Weinmärchcn „Wasser!" oder die Seiten zu lesen, in denen der junge Peter Plattner auf das weltliche Schrifttum verfällt und ihn« ein Buch in die Hände gerät, das „vor mehr als zehn Jahren in Leipzig herauSgegebrn, jetzt sogar nach Bozen in einem Exemplare seinen Weg ge funden hatte, während r« doch sonst schon damals zu den vielen Segnungen diese» glücklichen Städtchens gehörte, daß daselbst mit Büchern nicht viel Unfug getrieben wurde" Die „Bozener Märchen und Mären" sind Marie v Ebner-Eschenbach gcwikmet und die Widmung ist mehr als zusällig, es handelt sich bei ihnen in der That um eines der besten Zeugnisse, daß die feinere, poetisch durch leuchtete Erzählungskunst im Getümmel der Buchmachcrei noch nicht untergegangen ist. In geschmackvoller Ausstattung und von Curt Liebich anmutig illustriert, treten uns neue „Geschickten aus unserer Zeit" von Hermine Villinger (Stuttgart, Verlag von Adolf Bong u. Co , 1897) entgegen, die die eigentümlichen Vorzüge der Verfasserin wieder voll be währen Unter den vier Geschichten des Buche»: „Von»", „Aus dem Feenreich", „Revisors" und „Die Bas" möchten wir der erstgenannten und der dritten, einem prächtigen Genrebild zur „Frauensrage" (mit den, Trumpf: „Nun, Fratz, und wie ist's mct Dir, hast Tu Dich jetzt besonnen, was Tu werden nullst?" Sic kicherte neben ihnr auf gehobenen Schürze hervor: „Geheirat' will ich werden!"), den Vorzug geben Die Bilder entsprechen den hübschen kleinen Einfällen und Zügen der Wortzeichnung, die vier Geschichten sind von der gelegentlichen Neigung der Ver fasserin, allzusehr ins Rosenrote zu malen, freier als einige ihrer kurz vorangegangenen Bücher — Ein schon seit längerer Zeit anerkanntes und beliebtes Buch, recht eigentlich ein Weihnachtsduch: „Zur Neu- jahrSzeit im Pfarrhause von Nöddebo" von Henrik Scharling (Nicolai) ist in sechster, von L. Freytag nach dem Dänischen neubearbeiteter Auslage (Tretden, Verlags buchhandlung von Gerhard Kühtmann) neu erschienen Der frische Inhalt diese« Studenten- und PsarrhauSidyllS bringt un» lebhaft zum Bewußtsein, wie gleichartig, trotz aller politischen Gegnerschaft, die dänischen Zustände und Lebensverhältnisse unsren deutschen sind Beinahe kein fremder Zug tritt uns in der naiv humoristischen Darstellung dieser Weihnachtsferiengeschichte, in dem Ge- mütSlrbrn diese» Studenten entgegen, dessen vorzeitige Der- lobungSnöte so drastisch durch die Verlobung seiner Brüder mit den Psarrerttöchtcrn endigen, zwischen denen der all gemein Verliebte hin- und herschwantt. Ta der Trugschluß des achtzehnjährigen Fuchses „Ter berühmte Doktor Swift hat gesagt, daß der Mensch sich dadurch von dem Tier unterscheide, daß er lachen kann, und daraus habe ich den weiteren Schluß gezogen, daß, je mehr ein Mensch lachen kann, er um so vollkommener sein muß, und da nun junge Mädchen am allermeisten lachen, so müssen junge Mädchen auch die allervollkommenstrn Menschen sein" ein ziemlich allgemein verbreiteter ist und um die Weihnachtszeit eine besondere Kraft erlangt, so ist der Erzählung „Im Pfarr hause von Nöddebo" noch eine lange und weitreichende Wirkung verbürgt Ein sehr feines und fesselndes kleines Buch bietet Hans Grasberger in der Wiener Künstlergcschichte „Adam und Eva" (Leipzig, Verlag von Georg Heinrich Meyer, 1896). Es ist cine seltsame Mischung von Dichtung und Wahrheit, die Gestalt de» Wiener Bildhauers HanS Gasser geht durch die kleine Erzählung hindurch, das Ganze aber wirkt lebensvoll und gewinnend und sichert Hans Gras berger, dem Verfasser von „Allerlei Deutsames" und „Maler und Modell", mehr und mehr einen Platz unter den Novellisten, die in den Spuren Heyses und Storms wandeln Auch die Märchen „Zu Olims Zeiten" von Rudolf Heinrich Greinz (Ansbach, C Brügel u Sohn) sind in einzelnen Partien lebendig, ernst ergreifend oder fröh liches Lachen erweckend Der kleine Band enthält originelle Motive, viel reizvolle Einzclmalerei und trifft den Märchcn- ton vortrefflich Eine stattliche Sammlung humoristischer Dichtungen, die unter dem Titel „Dichter-Humor" zusammengestellt von Fritz Reuther (Dresden, Verlag»anstalt) soeben in sehr eleganter Ausstattung veröffentlicht wird, mag aus mehr als einem Weihnachtstisch willkommen sein. Vom alten Gellert und Lichtwer bi« zu Scheffel und Carmen Sylva hat ein halbe« Hundert deutscher Poeten zu dieser Anthologie beigesteuert Sie bringt neben Allbekanntem
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