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Dresdner Journal : 28.12.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-12-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189612281
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18961228
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18961228
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-12
- Tag 1896-12-28
-
Monat
1896-12
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 28.12.1896
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vei»»«»ri« KRr Dresden dierttljährlich: 2 Mart 50 Ps, bei de» Kaiser- Uch deutschen Posianslalten »«-rltliahilich » Mark; außer halb des Deutschen Reiche« Post- und Etemprljuschlaa. Einzelne Nummern: lo M Erfchrtneu: lägtich mit Au-nahme der koun- und Feiertage abend«. Fernspr -Anschluß: Nr 1S»S DnsSner M Journal. S»tü«dt»»«»S»edützrea: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift »0 Pf. Unter „Eingesandt" die Zeile 50 M. Bei Tabellen- und Ziffernsatz entsprechender Ausschlag Herausgeber: Königliche Expedition deS Dresdner JournalS DreSden, Zwingerftr. 20. Fernspr.-Anschluß: Nr1LV5 ^300. I8S«. Montaq, den 38. Dezember, abends. WM- Wir ersuchen unsere geehrten Post bezieher um rechtzeitige Erneuerung der Be stellungen bei den betreffenden Postämtern, da mit in der Zustellung der bezogenen Exemplare keine Unterbrechung eintritt. Königs. Erpe-ition des Dresdner Journals. Amtlicher Teil. Tres-en, 22. Dezember. Se. Majestät der König haben dem Bezirksschulinspektor Schulrat Professor Theodor Immanuel Michael in Zittau den Titel und Rang als „Oberschulrat" Allergnädigst zu ver leihen geruht. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem stellvertretenden Bevollmächtigten zum Bundesrathe, vortragenden Rathe im Ministerium des Innern vr. August Otto Fischer den Titel und Rang als Geheimer Rath zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, den Hilfsarbeitern bei den Kreishauptmannschasten zu Leipzig und Bautzen Regierungsassessoren Martin Otto Hanovsky und vr. Horst Süßmilch, dem Polizeirath bei der Polizeidirection zu Dresden Paul Woldemar Roch und dem Hilfsarbeiter im Ministerium des Innern Regierungsassessor Friedrich Ludwig Al brecht Krug von Nidda den Titel und Rang als Regierungsrath zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Tonkünstler und Musikschriftsteller Ferdinand Gleich, vormals Musikreferent des Dresdner Anzeigers, jetzt in Langebrück, den Titel Professor der Musik zu verleihen. Gruevaause«' Versetzungen re. tm öffentliche« Dienste. Trpartement der Finanzen. Dem zeitherigen p>ädi- zirten Forstassessor KlShr ist unter Ernennung zum etat- mäßigcn Forstassessor die Hilssbeamlenstellc aus Großpöhlaer Revier im Forstbezirke Schwarzenberg übertragen und der zeit- herige Hilssbeamte dieses Reviers, etatmäßiger Forbassessor Petermann in gleicher Eigenschast aus das Langebrücker Revier im Forstbezirkc Dresden versetzt worden. Departement -eS KnltnS und Sffentliche« Unterrichts. Zu besetzen: d.e Lehrerstclle zu Naundorf bei Gaußig. Rollator: die oberste Schulbehörde. Einkommen: 1000 M Ge halt, 72 M. für Erteilung des FortbildungsschulunterrichtS, 36 M. für Turnunterricht, tOO M. für Heizung der Schulstube und nach Befinden 4b M. der grau deS Lehrers sür Erteilung des Handarbeiisunterrichis. Bewerbungen sind bis zum 15. Ja nuar I8S7 bei dem König!. Bezirksschulinspektor Schulrat Rabitz in Bautzen einzureichen. Nichtamtlicher Teil. Die hohe Politik hat während der hinter uns liegenden Feiertage er freulicherweise auch ihrerseits gefeiert, und zu seiner großen Beruhigung erfährt heute das moderne zeitungs-„wütige" Publikum, daß es nicht das Geringste verloren hat, wenn es zwei Tage lang darauf ver zichten mußte, zum Morgenkaffee mehrere Spalten Wahres und Falsches, Unglaubwürdiges und Be dachtes, Gutes und sehr viel Schlechtes in sich auf zunehmen. Kunst und Wissenschaft. k. Hoftheater. — Neustadt — Am -'5. Dezember: „Moralische Menschen" Lustspiel in vier Aufzügen von G. v. Moser und Th v Trotha (Zum ersten Male) Hr. v. Moser und seine jeweiligen Mitarbeiter haben seit einer Reihe von Jahren ein Gewohnheitsrecht er worben, die UnterhaltungS- und Belustigungsstücke der Festzeit zu liefern. Doch Gewohnheitsrechte pflegen be kanntlich nur so lange aufrechtzubleiben, als sie nicht mißbraucht werden. Äit dem neuen Lustspiel „Moralische Menschen" sind die bühnengewandten Verfasser hart an den Mißbrauch herangekommen, haben sich auch der Sicher heit, das Publikum immer zu packen, so überlasten, daß ihre vielgerühmte und gewandte Technik und allezeit wirk same Routine darüber ins Wanken geraten ist. DaS Stück setzt mit einem glänzenden Ball bei Konsul Strecker in Berlin ein, spielt dann auf zwei verschiedenen Gütern des Hrn. Rittmeister v. Eisen und des Hrn. v. Wernitz und dieser märkische Schauplatz äußert die verhängnisvolle Wirkung, daß Handlung, Charakteristik und gute Laune mehr und mehr im Sande verlaufen Im ersten Akte sieht es aus, al« wollten Moser und Trotha einen An lauf zu der französischen Sittenkomödie nehmen, die nach der Tragik hinüberschielt Doch schon gegen den Schluß dieses Aktes, als Hr v Eisen, unter großem Gelächter des verständnisinnigen Publikums, seine eigene Frau zum Hüter des Don Juan unter den „Moralischen Menschen", de» LegationSsekretärS Graf Waldburg, bestellt, sind wir wieder auf dem Boden des alten und allbekannten Moser- schen Schwankes angelangt, und verbleiben durch alle Verwechslungen, sentimentalen Anwandlungen und drohend ernsthaften kleinen Episoden hindurch auf diesem Nur schade, daß die Situationskunst und die komische Kraft, die Lust an guten und schlechten Späßen und die frische Beweg Das wichtigste Ereignis der letzten Tage ist die — serbische Ministerkrisis. Damit ist alles gesagt. Für diejenigen, die über dieses Ereignis etwas Näheres zu erfahren wünschen, sei das Nachstehende mitgeteilt. Die Krisis ist aus dem Grunde vielleicht be achtenswert, weil sie auf die neueste auswärtige Politik dieses Balkanstaates zurückgeführt wird und das Ver hältnis des letzteren insbesondere zu der benachbarten habsburgischen Monarchie nahe berührt. Als die ersten Anzeichen des nahenden Zusammenbruches der fortschrittlichen Ära in Serbien sich bemerkbar machten, ließ sich das Sprachorgan des fortschrittlichen Minister kabinetts „Videlo" in seiner Verbitterung über den dem Ministerium drohenden Sturz zu der ungeheuer lichen Behauptung Hinreißen, daß König Alexander I. mit seinen Beratern deswegen in Konflikt geraten sei, weil letztere ihm die Mitwirkung an der von ihm während seines letzten Aufenthaltes in Rom und Wie» beschlossenen Neugestaltung der auswärtigen Politik Serbiens versagt hätten. Der über den Ursprung dieses unerhört dreisten Aus falles des Regierung-organs gegen den König zur Rede gestellte Ministerpräsident lehnte zwar die Verantwortung dafür von sich auf die fortschrittliche Parteileitung ab, doch konnte er nicht umhin, sein Demissionsgesuch einzureichen, da in dieser Erklärung das Eingeständnis seines mangelnden Einflusses auf die Regierungspartei enthalten war. Ter König be sann sich keinen Augenblick, die Demission des Kabinetts anzunehmen, bei welchem Entschlusse er sich wohl auch von dem Umstande hat leiten lassen, daß die Mehr heit der Skuptschina durch das fortschrittliche Mi nisterium in unzulänglicher Weise beeinflußt wurde. Die Wahrnehmung, daß letzterem sowohl von der fort schrittlichen Parteipresse, als auch von der regierungs freundlichen Mehrheit des serbischen Parlaments in wichtigen Fragen der Staatspolitik die Gefolgschaft verweigert wurde, mußte schließlich den König zu der Überzeugung bringen, daß ein Regierungswechsel un vermeidlich geworden sei und die Neubildung des Kabinetts in Rücksichtnahme auf die Forderungen der radikal-liberalen Gegner des zurückgetretenen fortschritt lichen Ministeriums vorgeuommen werden müsse. Der gesamte Komplex der sichtbaren Motive der gegenwärtigen serbischen Regierungskrisis macht den Eindruck, daß der König sich schon seit geraumer Zeit nicht in Übereinstimmung mit dem fortschrittlichen Ministerium befand. Letzteres suchte bekanntlich schon seit oen Tagen der Kaiserkrönung in Moskau den „nationalen Boden" in der auswärtigen Politik wiederzugcwinnen und lenkte immer mehr in das Fahrwasser der russischen Balkanpolitik ein, während der König bestrebt war, die durch seine Berater gelockerten freundschaftlichen Beziehungen zu Österreich-Ungarn wieder fester zu knüpfen Der zur Neubildung des Kabinetts aus Wien berufene Staatsmann Simiö wird wohl mit dem Auftrag betraut werden, auf dem Gebiete der auswärtigen Politik dem neuen Ministerium die den Interessen Serbiens entsprechende Richtung zu geben, die König Alexander I. als treuer Hüter der StaatS- interessen in letzter Zeit befolgt hat Tages geschichte. Dresden, 28. Dezember Se. Majestät der König empfingen am zweiten Weihnachtsfeiertage vormittags >411 Ühr im Königl. Residenzschlosse eine vom In nungsobermeister Bäckermeister Biener geführte, aus 8 Meistern und 8 Gesellen bestehende Deputation der Dresdner Bäckcrinuung, welche, einem alten Brauche folgend, zwei große Christstollen überreichte. Danach lichkeil, die eine Reihe früherer Schwänke ausgezeichnet und gegen alle Proteste anspruchsvollerer Kritik aufrccht- erhalten haben, in dem neuen Lustspiel empfindlich erlahmen Zwar läßt sich der Schluß dcS zweiten und auch noch ein Teil des dritten Aktes noch leidlich an und bringt cS zu ein paar wirklich schwankhaften Szenen, doch sowohl der Schluß des dritten Aktes, als vor allem der ganze vierte Akt sind von einer unglaublichen nichts sagenden Breite und Öde Trotz der nagelneuen Erfindung eines jungen russischen Gutsbesitzers, von bestem Herzen und den strengsten Grundsätzen, des Hrn. v Waranoff, der im Gegensatz zu Turgenjews Helden mit keinem Gewehr umzugehen weiß und sich als Tugendbold auf einem fremden Gute so beträgt, daß er nur noch einen Schritt bis zum verdienten Hinausgeworsenwerden hat, wird die Handlung in dem Maße immer schleppender, der Spaß immer dünner, als dieser brave junge Mann in den Vordergrund tritt. Ein Übermaß von Lebenswahrheit oder auch nur äußerer Wahrscheinlichkeit ist zahlreichen früheren Stücken MoserS nicht nachzurühmen gewesen, so leicht mit aller Möglichkeit als diesmal haben cs der oder die Ver fasser noch nicht genommen Vielleicht verschuldet auch nur der Mangel des Sprühfeuers und der Kanonenschlägc aus anderen Schwänken, der Versuch, etwas ernsthafter dreinzusehen, den matten und unwirksamen Eindruck, den das neue Werk in seiner zweiten Hälfte hinterläßt. Die glücklich aufgesetzten Kalauer und Meidinger, denen wir vom „Stiftungsfest" bis zum „Militärstaat" so zahlreich begegnet sind, erscheinen diesmal gleichfalls dünn gesät. Selbst das berühmte mitspielende Requisit, da« von der Gießkanne de« „Stiftungsfestes" bi« zum Zweirad de« „MilitärstaatS" sich wiederholt und erneuert, fehlt diesmal ganz Ohne Schimmel kein Wouvermanns, ohne Requisit kein Moser! Und so läßt sich dem neuen Werke kein lange« Leben prophezeien, so gut e« auch gegeben wird. Denn was seit einer langen Reihe von Jahren zu beobachten war, da» galt auch diesmal: unsere besuchten Se. Majestät den Gottesdienst in der katho lischen Hofkirche. Alsdann fand, wie alljährlich, im Stncksaale des Königl Refidenzschlosses eine von Ihren Majestäten dem König nnd der Königin angeord nete Christbescherung für 16 arme Konfirmanden statt. Die Kinder wurden bei brennendem Tannenbaume mit vollständigen Anzügen und sonstigen nützlichen Gaben beschenkt. Se. Majestät der König geruhten der Bescherung beizuwohnen und hierbei Allerhöchstsich mit den Kindern huldvollst zu unterhalten. Zur Königl. Mittagstafel in Villa Strehlen war Se. Ex cellenz der General der Kavallerie z. D. Adolph Senfft v. Pilsach mit Einladnng ausgezeichnet worden. — Am gestrigen Sonntage vormittags '/-l2 Uhr erteilten Se. Majestät der König nach dem Besuche des Gottesdienstes an die nachgenannten Herren im Königl. Nesidenzschlosse Audienzen: Geh. Rat 0r. Fischer, Senatspräsident Kurtz, Oberlandesgerichtsrat Wilsdorf, Oberforstmeister o. D. Weißwange, Ober förster Böttcher, Regierungsassessor l)r. Mehnert und Königl Musikdirektor Schurig. Nachmittags um ü Uhr fand bei Ihren Majestäten in Villa Strehlen Königl. Familientafel statt, an welcher Ihre Kaiser!, nnd Königl Hoheit die Frau Großherzogin von Toskana und die Prinzen und Prinzessinnen des Königl. Hauses, Königl. Hoheiten, teilnahmen. — Se Majestät der König kamen heute vormittag von Villa Strehlen ins Residenzschloß und nahmen die Vorträge der Herren Staatsminister und Departe mentschefs der Königl. Hofstaaten, sowie militärische Meldungen entgegen. Nachmittags kehrten Se. Majestät nach Strehlen zurück. — Ihre Königl. Hoheit die Frau Prinzessin Johann Georg stattete «it Ihrer Katserl. und Königl Hoheit der Frau Großherzogin von Toskana am zweiten Weihnachtsfeiertage nach mittags dem „Maria Anna-Kinderhospitalc" und dem „Sächsischen Krüppelheime" in Trachenberge einen Be such ab. — Ihre Königl. Hoheiten der Prinz und die Frau Prinzessin Johann Georg veranstalteten für Höchstihr B.amten- und Dienerpersonal am 1. Weihnachtsseiertage nachmittags 3 Uhr im Prinzlichen PalaiS in der Parkstraße eine Bescherung, bei welcher auch die mitanwesenden Familienmitglieder des Personals von den Durchlauchtigsten Herrschasten be schenkt wurden. Deutsche» »eich * Berlin. Die Kaiserlichen Majestäten wohnten an den Weihnachtsfeiertagen dem Gottesdienste bei und verlebten die Festtage im engeren Kreise der Familie sowie mit dem Prinzen und der Prinzessin Adolf zu Schaum burg-Lippe, Höchstwelche als Gäste im Neuen Palais Wohnung genommen hatten. — Die deutsche Reichsregierung hat, wie verlautet, den neuen für Berlin ernannten chinesischen Gesandten Huang-Tsun-Schien abgelehnt. — Dem Vernehmen nach werden Se. Majestät der Kaiser die gerettete „Jltis"-Mannschaft am 8. Februar im Neuen Palais empfangen. Der Mannschaft ist vom Marinekommando ein Ertraurlaub von 14 Tagen be willigt worden. — Die englische „Morning Post" ist mit dem Wider hall, den ihre Warnung vor deutschen Absichten aus die Delagoabai in der deutschen Presse gesunden hat, nicht zufrieden. Insbesondere nimmt sie Anstoß an der Behauptung der „Voss. Ztg", daß die Engländer fort während geheime Verhandlungen wegen Ankaufs der Delagoabai gepflogen hätten, die bisher an dem Wider stande der portugiesischen Minister gescheitert seien, die genau wüßten, daß sie zum Verkaufe dieser Kolonie nie mals die Genehmigung der Dcputiertenkammer erlangen würden Die Verhandlungen hätten aber das Mißtrauen der Transvaalrcgierung erregt. Hierzu schreibt der „Hamburger Corr.": „Es wäre ganz verständlich, wenn die „Morning Post" der „Dost. Ztg." die Versicherung gegeben hätte, die Gerüchte über jene Darsteller erscheinen selten so einheitlich, so stilvoll, als in dem Bemühen die Unwirklichkeiten dieser Schwänke in Realität zu verwandeln Wenn sie dabei diesmal weniger glücklich waren, so liegt dies in der That an den Verfassern der „Moralischen Menschen", denen selbst die wohlfeilen Effekte zu teuer gewesen sind. Prächtiger und lebensvoller in Erscheinung, Spiel und Ton können die beiden Gulsbesitzerpaare gar nicht gegeben werden, als dies in erster Reihe durch Frau Baste (Mary v. Eisen) und Hrn. Bauer (Rittmeister v. Eisen) und demnächst durch Frl Diacono (Frau v Wernitz) und Hr. Gunz (Paul v. Wernitz) geschah Hr. Paul (Leo v. Waranoff) that sein Bestes, den nahezu unmöglichen Naturburschen aus der Ukraine möglich und wirksam zu machen, und sand eine gute Partnerin an Frl. Gasny (Else von Meerfeld). Frau Wolfs (Bertha v. Meerfeld, Stists- dame) erzielte, freilich sehr auf Kosten ihres Charakters als StistSdainc, die stärksten Lachcrfolge des Abends. Die Neigung zur Übertreibung im Grotesk-Komischen mag ja durch Gestaltenzeichnungen, wie sie die Herren Verfasser belieben, gefördert werden, indes giebt's doch auch hier eine Linie, die eine vortreffliche und mit Recht hoch- geschätzte Künstlerin nicht überschreiten sollte. Auch die Herren Müller (Konsul Strecker), Schwab (Legations- sekrctär Graf Waldburg) und Schubert (Dorfwirt Heinrich Strempel) thaten. was an ihnen war, eine günstigere Ausnahme der „Moralischen Menschen" zu bewirken Adolf Stern. Rcsidenzthcater. — Am 25. und 2L. Dezember: „Eine tolle Nacht", große AusstattungSpossc mit Gesang und Tanz in fünf Bildern von Julius Freund und W. Mannstädt. Musik von Julius Einödshöser. (Zum ersten Male ) Da» Residenztheater scheint mit seiner Wcihnachts- novität, der im verflossenen Sommer mit so frenetischem Beifall in Berlin gespielten Posse „Eine tolle Nacht", geheimen Verhandlungen mit Portugal seien völlig grundlos, schon deshalb, iveil die portugiesische Regierung an eine Abtretung der Delagoabai an England gar nicht denke. Dagegen schreibt das genannte englische Blatt, keine deutsche Zeitung habe jemals den Takt und den Mut gehabt, ihre Leser von der Existenz eines Vertrages zu unterrichten, der England ein Vorkaufsrecht auf die Küste der Delagoabai gebe Die öffentliche Meinung in Deutsch land bleibe nach wie vor ohne Kenntnis dieses Vertrags. Zunächst ist diese Behauptung des englischen Blattes das Gegenteil der Wahrheit Dem deutschen Zeitungsleser ist diese Stipulation des englisch-portugiesischen Vertrags vom 11. Juni 1891 nicht nur nicht unbekannt, sondern er weiß sehr gut, daß das Vorrecht Englands nur dann in Kraft tritt, wenn die portugiesische Regierung die Ab sicht hat, einen Teil (oder das Ganze) der südlich vom Sambesi gelegenen, zur portugiesischen Interessensphäre gehörenden Gebiete abzutreten. Den Vertrag kennt man schon, was man aber in Deutschland nicht kennt, ist die ' Absicht Portugals, sich der Delagoabai zu entäußern Man glaubt im Gegenteil zu wissen, daß Portugal eine solche Absicht nicht hat, und deshalb können Auslastungen, wie sie die „Morning Post" enthält, nur den Eindruck Hervorrufen, als suche man in London nach einem Vor wand, um sich der Delagoabai mit Gewalt zu bemächtigen. Jedenfalls ist der Hinweis der „M. P." auf das Vor kaufsrecht Englands nicht dazu angethan, diesen Eindruck zu verwischen " — Die schon mehrfach erwähnte wirtschaftliche Expedition nach Ostasicn wird von Bremen am 27. Januar abgehen Die Zahl ihrer Mitglieder wird, wie die „Wes.-Ztg." berichtet, sich auf zehn belaufen, die die Textilindustrie, die Leder-, Eisen-, Maschinenindustrie rc. vertreten. Sie wird begleitet sein von dem De. Schumacher aus dem Handelsministerium, einem Sohne des früheren deutschen Ministerresidcnten in Columbia und Peru und Generalkonsul in New-Port. Das Auswärtige Amt hat alle Konsuln und Vertreter in China beauftragt, die Ex pedition nach Möglichkeit zu unterstützen. Sie wird ans Reichsamt des Innern berichten, das die Berichte an die Handelskammern weiter befördern wird. Die Mitglieder dürfen keine Privatgeschäfte machen und sind auf die zum Vorteile des Reiches dienenden Untersuchungen beschränkt. — Wiederholt ist neuerdings das Bestreben der katholischen Geistlichkeit des Rheinlandes hervor getreten, eine konfessionelle Trennung der am Rhein gesetzlich kommunalen Kirchhöfe herbeizuführen. Dieses Bestrebens hat sich auch der Erzbischof von Köln an genommen, er ist aber von der Regierung abgewiesen worden Er hatte sich, wie die „Köln. Ztg." berichtet, mit einer Eingabe an den Minister des Innern gewendet, in der beantragt wurde, die städtische Verwaltung in Köln zur Einrichtung konfessionell getrennter Felder auf dem neuen Begrübnisplatze für Ki»ln-Deutz anzuhalten Der Minister hat auf diesen Antrag setzt entschieden, daß er nicht in der Lage sei, dem Wunsche Folge zu geben, da auf dem alten Kirchhofe der vormaligen Stadtgemeinde Deutz die Toten ohne Ünterschied des Religionsbekennt nisses, dem sie angehört hätten, in der Reihe begraben worden und Unzuträglichkeiten hieraus bisher nicht zu Tage getreten seien, auch der neue Kirchhof lediglich aus Mitteln der Stadtgemeinde Köln angekauft und hergestellt worden sei. — In einem der „National-Zeitung" aus London zu- gehenden Berichte über den deutschen Wettbewerb heißt es u a.: ... Etwas muß geschehen, das sieht man wohl, und wenn man dann bei dem erfolgreichen Rivalen Umschau hält, so lernt man — und scheut es nicht zu gestehen —, daß nicht Zölle und Prämien, sondern Lernen und Arbeit das Geheimnis des deutschen Mitbewerbs bilden. „In keinem Staate Europas", schreibt ein sonst durchaus nicht Deutschland bewundernder Autor in der „Fortnightly Review", „giebt es so viele bedeutende Geister, in den großen Städten wie in abgelegenen Dörfern, die nur dafür leben, die Lampe der Wissenschaft brennend zu erhalten. Nirgendwo anders ist der Unter richt in allen Formen so gründlich, zielbewußt, geordnet und frei. Wir pflegen in unserem Dünkel als freie Briten den Deutschen für unfrei zu betrachten Politisch mögen wir dabei einen Vorsprung haben, aber bezüglich des höheren und höchsten Gutes, der Freiheit der Wissen schaft, sind die Deutschen uns um fünzig Jahre voraus. . . Wir rühmen uns, praktisch zu sein. Unser Wertmesser für größeren »Erfolg zu erreichen, als mit einigen anderen Neuigkeiten der jüngsten Zeit. Die Poste ist typisch sür den gegenwärtigen Stand des Berliner Lokalstückes Als vor beinahe einem Halbjahrhundert durch David Kalisch und Salinger die Berliner Poste als neue Gattung auf kam, konnte es den Anschein haben, als berge sie den Keim einer großen und eigentümlichen Entwickelung Damals durste ein scharfsinniger Beurteiler wie der Dichter Gottfried Keller in einem Briefe an H. Hettner die Zuversicht aussprechen: „Diese Possen sind sehr be deutsame und wichtige Vorboten einer neuen Komödie. Ich möchte sie fast den Zuständen des englischen Theaters vor Shakespeare vergleichen. Auch hier sind schon eine Menge traditioneller, sehr guter Witze und Situationen, Motive und Charaktere und cs sehlt nur die Hand, welche den Stoff reinigt und durch geniale Verarbeitung den großen Bühnen aufzwingt. Ein vortreffliches Element sind auch die Couplets; es ist rührend anzusehen, wie un verkennbar hier Volk und Kunst zusammen, unbewußt nach einem neuen Inhalte und nach der Befreiung eines allmählich reif werdenden Ideals ringen." Die damals gehegten Erwartungen sind nicht erfüllt worden Die Berliner Poste ist in der Hauptsache bei ihren Anfängen stehen geblieben, das in ihr liegende aristophanische Element hat keiner zu gestalten verstanden, ja sie hat sich seit den Tagen, da „Hunderttausend Thaier", „Die Mottenburger", „Der Goldonkel" und „Pechschulze" in Szene gingen, nur nach der Seite der komischen Einzelheit und ver überraschenden und blendenden Ausstattung zu entwickeln vermocht Der Einfluß der Operette hat sich in allen neuern Berliner Posten geltend gemacht und da« erhabene Weltstadtgefühl sowie das Be wußtsein vom Ende des Jahrhundert» in der Lokalposte wie im Berliner Roman einen Drang erzeugt, lediglich die Pole de» hauptstädtischen Leben«: den Vergnügung«- schwindel hier, die Verbrecherbank der Kriminalpolizci dort, in den Vordergrund zu rücken Das ganze bürgerliche
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