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Dresdner Journal : 17.12.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-12-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189612171
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18961217
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18961217
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-12
- Tag 1896-12-17
-
Monat
1896-12
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 17.12.1896
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v-zu-Spret«: Hür Dre«dc.: oierieljährlich: «Mart -otzjf., bei den »auei »ich deutschen Posianswllen m«iteyny7tich2Mark; außer- balb bei Deutschen Reiche« Poß» und Ltempelxuschlag. Gin-«Ine Nummern: lO Ps Grschetne«: Lt-lich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abend«. Feruspr-Anschluß: Nr. 129L. Dresdner M Zonrnal. A«k»»dt«n««««ebttzr«»: Für den Raum einer gespal tenen Zelle kleiner Schnst >0 Ps Unter „Eingesandt" die Zeile SO Ps Bei Tabellen- und Ziffernsatz entsprechender Ausschlag Herausgeber: Königlich« Expedition de« Dresdner Journal« Dresden, Zwlngerstr. «0 Fernspr.-Anschluß: Nr 1295 18S«. W2S3. Donnerstag, den 17. Dezember, abends. Amtlicher Teil. Ansage. Se. Majestät öev König und Ihre Majestät öie Königin werden in den Paradesälen des Königlichen Schlosses am Neujahrstage, Freitag, de« I. Januar 1887, Mückrvünschungs-Gour-en in nachstehender Reihenfolge anzunehmen geruhen und zwar: Nachmittags 12 Uhr 45 Min.: von dem Königlichen großen Dienst, (Versammlung im rothen Salons Nachmittags 1 Uhr: von den Herren Staatsministern, (Versammlung im Banketsaale) Nachmittags l Uhr 15 Min.: von den Herren des 6orp8 äiplomatigu« und den am Königlichen Hofe vorgestellten fremden Cavalieren, (Versammlung im Banketfaale) Nachmittags 1 Uhr 30 Min.: von den am Königlichen Hofe vorgestellten einheimischen Herren vom Civil, sowie von den Herren Militärs z. D. und a. D, (Versammlung der Herren der 1. und 2. Klasse der Hofrangordnung, einschließlich der Königlichen Kammer herren, im Banketsaale; der Herren der 3., 4. und 5. Klasse, sowie der am Königlichen Hofe vorgestellten, in der Hofrangordnung nicht mit inbegriffenen ein- heimifchen Herren, im Ballsaale) Nachmittags 1 Uhr 45 Min.: von der Generalität und den Offiziers-Corps (Versammlung in den Gobelinszimmern der II. Etage). Anzug: Die Herren vom Civil: Uniform oder Hof kleid (Oulu). Die Herren vom Militär: Oala (Generalität: duukles Beinkleid). . Ihre Majestät Sie Königin werden Abends 7 Uhr 30 Min.: die Frauen Oberhofmeisterinnen, die Zutritts damen und die Hofdamen, Abends 7 Uhr 45 Min.: die Damen des Ovrps äiplowatigu« in Allerhöchstihren Zimmern empfangen Meide Königliche Majestäten, sowie die anwesenden Prinzen und prinreshnnrn des königlichen Lsaules, Königliche Hoheiten, werden Abends 8 Uhr die genehmigten Vorstellungen der angemeldeten Damen und Herren in der Mräsentatic>n-L-Gc>ur anzunehmen geruhen. (Versammlung des Königlichen großen Dienstes .^Abends 7 Uhr 45 Minuten im rothen Salon.) Zu der Abends 8 Uhr 30 Min. stattfindenden Agseuidlve versammeln sich die am Königlichen Hofe vorgestellten fremden und einheimi schen Damen und Herren im Banketsaale, die Herren der 4. und 5. Klasse, welche nicht in Begleitung ihrer Damen erscheinen, sowie die in der Hoftangordnung nicht mit inbegriffenen Herren im Ballsaale. Die anwesenden Prinzen und Prinzessinnen des Sönigiichen Hanse», Königliche Hoheiten, werden in der Assemblee die allgemeine Glück wünschungS-Cour entgegennehmen. Anzug: Die Herren vom Civil: Uniform oder Hof kleid (6sla). Die Herren vom Militär: 6ulu (Generali tät: weitzeS Beinkleid). Die Damen: an manteuu. Jede Trauer wird für diesen Tag abgelegt. Dresden, am 16. December 1896. Königliches Oberhofmarschallamt. Anfahrt der Wagen: Alle Equipagen fahren in das Königliche Schloß . durch das nach der katholischen Hofkirche ge legene grüne Thor ein. Abfahrt der Wagen: a) Hofequipagen vom Stallhofe durch das Jagd- Ihor (Diener erwarten die Herrschaften auf der Jagdtreppe). d) Equipagen der Herren Gesandten und Staats minister vom kleinen Schloßhofe durch das Thor nach dem Taschenberg (Diener erwarten die Herrschaften auf dem obersten Absatz der Ober- Hofmeisterin-Treppe). e) Alle übrigen Equipagen vom großen Schloß hofe durch das Thor nach der Schloßstraße (Diener erwarten die Herrschaften im Garde reiter Wachtsaale I. Etage, Aufgang durch die Kellereitreppe). Für die zu Fuß nach dem Königlichen Schlöffe kommenden Herren wird die Pforte Ecke der Schloß straße und dem Taschenberg geöffnet sein Wekanntrnachung. Zu Schwurgerichtsvorsitzenden für die im ersten Kalendervierteljahre 18'97 beginnende Sitzungsperiode sind nach 8 83 des Gerichtsverfassungsgesetzes von' 27. Januar 1877 ernannt worden. bei den« Landgerichte Dresden der Landgerichtsdirektvr Frommhold, Leipzig Landgerichtsdirektor vr. Franze, - - - Chemnitz - Landgerichtsdirektor Gvlitz, Bautzen - Landgerichtsdirektor Abee, Freiberg - Landgerichtsdirektor von Wolf, - - - Zwickau - Landgerichtsdirektor Wolf, Plauen - Landgerichtspräsident vr. Hartmann. Dresden, den 15. December 1896. Der Präsident des Ä. S. Obcrlmidesqerichts. Werner. Dietel. Erueuuungeu, Versetzungen rr. tm öffeutttcheu Dienste. Departement der Finanzen. Bei der Poü Verwalt ung sind ernannt worden: Wünsche, Rohen und Reimann, zeither Postpraklikanten, als Postsecreläre im Bezirke der Kaiserlichen Ober-Postdirecnon zu Leipzig Im SteschSftSbereiche des v»an«eltsch-lutherischen LandeSronsistartums sind oder werden demnächst solgende Stellen erledigt: da- Pfarramt zu Pieschen (Dre«den II) — »l. V(A)— Collator: das Evang.-luth LandeSconsistorium, da- Diaconat zu Mutzschen (Grimma) - Kl. I — Collator: da-Evang-luth. LandeSconsistorium; das Psarramt zu Harten stein (Schneeberg) — Kl. Ill (A) — Collator: Se. Durch laucht Fürst von Schönburg-Hartenstein in Wien, das Psarr amt zu Königswalde iWerdau) — Kl. I — Collator: da» Evang luther. LandeSconsistorium Dagegen wurden an gestellt, bez besördert: Paul Pollack, PredigtamtScandidat, als Diaconus in Groitzsch (Borna); Otto Paul Bieweg, PredigtamtScandidat, als Hilfs- geistlicher in Thurm (Glauchau): Friedrich Arthur Schlegel, Pfarrer in OberhermerSdors, als Pfarrer in Hohenfichte (Chemnitz ll); OScar Max Tammenhain, PredigtamtScandidat, al- Hilf-geistlicher in Ernstthal (Glauchau); Franz Richard Walter Dittrich, PredigtamtScandidat, als Diaconu-in Rötha (Borna); Karl Heinrich Kannegießer, Pfarrer in Thierfeld, al- Pfarrer in Rüsseina (Meißen). nichtamtlicher Teil. Zur Orientfragr. Aus Wien wird uns geschrieben: Die Anwesenheit des Botschafters v. Nelidow in Wien ist von den Konjckturalpolitikern als An laß zur Verbreitung zahlreicher Gerüchte über den gegenwärtigen Stand der fogcnannten türkischen Frage benutzt worden. Diese Gerüchte sind nur zum kleinsten Teile geeignet, sachliche Aufklärung zu bieten. Die meisten verraten nur das Bestreben, dem Sensations bedürfnisse des zeitnuglesenden Publikums entgegen zukommen. Wäre in der That schon zw scheu den Mächten eine Einigung dahin erzielt, daß im Falle einer ablehnenden Haltung des Sultans und der Pforte den europäischenReformvorschlägen gegenübereinc Flottendemonstration vor Konstantinopel oder ein ähn liches drastischesEinschreiten erfolgcnsolle,so würden sich die beteiligten Staatsmänner gewiß sorgsam vor jeder vor zeitigen Kundgebung derartiger Absichten hüten. Die Bulletins, welche von diesen Dingen erzählen, entstammen daher offenbar keineswegs den vielzitierten „besten Quellen", sondern dem Bestreben, einige Abwechslung in die etwas eintönigen Berichte über die Verhandlungen der Kabinette zu bringen. Es handelt sich dabei nur um die Erneuerung von Behauptungen nnd Vermutungen, die schon seit Monaten bald von London, bald von Paris aus kolportiert worden sind und auf die man nur zurückkommt, weil man sich verpflichtet glaubt, einen Kommentar zu dem Wiener Besuche v. Nelidows zu liefern. Thatfächlich dürfte dieser Besuch überhaupt nicht die große politische Bedeutung gehabt haben, die ihm von mancher Seite beigemessen wird. Das Wiener Kabinett besitzt selbstverständlich durch den normalen Verkehr mit den anderen Regierungen und speziell durch die Berichte der Botschafter stets vollen Einblick in den Verlauf der Verhandlungen, die über die Fragen der administrativen und finan zielten Reformen im türkischen Reiche zwischen den Mächten gepflogen werden. Denn die hervorragende Mitwirkung Österreich Ungarns an den zu bewältigen den Problemen wird allseitig als selbstverständlich und notwendig betrachtet, obschon die österreichisch ungarische Regierung unter den heutigen Verhältnissen keineswegs geneigt ist, eine führende Rolle bei jenen Verhandlungen oder den zu ergreifenden Maßnahme» zu beanspruchen. Sie ist jedoch zur Mitwirkung bereit und sie vertritt mit Nachdruck das allgemeine Interesse an einer friedlichen Regelung der Lage der Türkei, welche Regelung nach der hier herrschenden Ansicht nur durch das dauernde loyale Zusammenwirken sämtlicher Groß Mächte erreicht werden kann. Hiernach wird auch dec Meinungsaustausch zwischen Hrn. v. Nelidow und den österreichisch-ungarischen Staatsmännern kaum besondere und wichtige Ergebnisse zu Tage gefordert haben, da eben die Lösung des orientalischen Problems nur durch das Einverständnis aller Mächte und nicht etwa durch Sondervereinbarungen einzelner Regierungen angebahnt werden kann und soll. Der Verkehr unserer leitenden Persönlichkeiten mit dem Vertreter Rußlands bei der Pforte konnte vielmehr nur die Eindrücke ergänzen, die man hier bereits aus dem Gange der unter Beteiligung aller Kabinette geführten Verhand lungen empfangen hatte. Und diese „Ergänzung" wird auch kaum das Bild der diplomatischen Situation, so wie es noch vor der Ankunft v. Nelidows in Wien zu fixieren war, wesent lich verändert haben. Wohl aber hat man hier mit Genugthuung aus den Äußerungen des hervorragenden russischen Politikers neuerdings entnommen, daß die leitenden Kreise in St. Petersburg großes Gewicht auf die Übereinstimmung zwischen dem russischen und dem österreichisch-ungarischen Vorgehen in der Orient frage legen und daß die russische Regierung mit Ent schiedenheit versichert, sie wünsche die Anwendung einer Methode, welche die Festigung der Verhältnisse des türkischen Reiches und die Aufrechterhaltung dieses staatlichen Organismus durch reformatorische Mittel ermöglichen solle. Auch darf man nach den Erklärungen Hrn. v. Nelidows mit erhöhter Be stimmtheit auf die Fortdauer der Harmonie der Mächte in betreff aller das Reformprogramm selbst berührenden Einzelheiten zählen. Die Angabe» aber, »ach welchen dieses Programm bereits formell festgestellt wäre, sind verfrüht, und es wird dadurch das Resultat der erst in Konstantinopel einzuleitende» Botschafterkonferenzen in ziemlich leichtfertiger Weite antizipiert, ehe die entscheidenden Beratungen, deren glatter Verlauf durch mauche Zwischenfälle beeinträchtigt werden kann, überhaupt begonnen haben. Aus dem hier Gesagten geht hervor, daß ins besondere auch die Behauptung, die Einmütig leit der Großmächte erstrecke sich auch schon ans die Wahl der Zwangsmaßnahmen, die bei einer ablehnenden Haltung der Pforte durchzuführen wären, den Ereigniffen voran eilt. EineEinigung in dieserRichtung ist bisher nicht erzielt worden und der Verlauf der Konstantinopler Konferenzen wird erst erweisen, ob das Prinzip der eventuellen Anwendung von Pressionsmaßnahmen die bedingungs lose Billigung sämtlicher Kabinette finden wird. Zu nächst leugnet man weder hier noch anderwärts die erfreuliche Bedeutung der Thatsache, daß die Harmonie der Mächte bei der allgemeinen Besprechung jener Aktion nach manchen Dissonanzen wieder voll zur Geltung gekommen ist, und man betrachtet diese Har monie als eine der Bürgschaften für den praktischen Erfolg des diplomatischen Einschreitens. Aber vorder Hand fehlt es eben noch an einer bestimmten Einigung der Mächte über die mehrerwähnten Prefsionsmaßnahmcn. Wäre diese Einigung in der nächsten Zeit nicht zu beschaffen, so könnte man den Resultaten der in Szene gesetzte» diplomatischen Intervention nur mit bescheidenen Erwartungen entgegensehen und die bis zur Stunde in den Verhandlungen der Kabinette erzielten Ergeb nisse würden dann nnr einen theoretischen Wert haben. Erst die weitere Entwickelung der Dinge wird die Aufklärung bieten, ob die Schritte der Mächte dies mal in einer Form erfolgen können, welche die Pforte hindern dürfte, die Bemühungen Europas durch ihre nur allzu bewährte Verschleppungstaktik abermals zu vereiteln. Kunst und Wissenschaft. Konzert. Das am Mittwoch von Hrn I. L. Nicode veranstaltete dritte Konzert hatte ein zahlreicheres Publikum-versammelt als es ze vorher an diesen bedeut samen Musikabenden zugegen gewesen ist. Wir vermerken das mit großer Genugthuung im Hinblick auf den außer ordentlichen Einsatz geistiger und auch materieller Mittel, den Hr. Nicode bis jetzt geleistet hat, um sein von frischester Initiative bestimmtes, für unser Konzertleben förderliches Programm durchzuführen Gestern kamen Liszts Dante-Symphonie und „Manfred" von Byron mit Schumanns Musik zu Gehör. Ersteres Werk ist unlängst in einem Konzert der König! Kapelle vorgetragen worden und wir haben dainals unsere Stellung zu der Symphonie so klipp und klar angegeben, daß wir jetzt genau so wenig Neigung, wie wir sie zu einem nochmaligen Anhörcn dieser Musik empfunden haben, zu einer wiederholten Aussprache darüber in uns spüren. Wir schicken nur voraus, daß die gestrige Wieder gabe nach einer maßgeblichen Aussage in hohem Grade ge lang, und greifen im übrigen auf ein hervorragendes un mittelbar zeitgenössisches Urteil zurück, das Earl Banck, der unvergeßliche musikalische Mitarbeiter am „Dresdn Journ ", nach der ersten Ausführung de« Werkes in Dresden (am 7. November 1857) in unserem Blatte veröffentlicht hat. Was da von ihm allgemein über das symphonische Schaffen von Liszt, über Programm- und Zukunftsmusik und speziell über die Dante-Symphonie gesagt worden ist, hat, obwohl wir heute bezüglich mancher Punkte wie der Harmonik und Instrumentation weniger empfindlich sind, durch die gedanklich« Selbständigkeit und Fülle wie durch die klassische Form des Ausdruck« noch vollen und bleiben den Wert und wird von vielen in vielem mit be wundernder Zustimmung gelesen werden Es heißt da: „LiSzt, dem eine lange Reihe von Jahren hindurch eine schöpferisch musikalische Erfindung versagt, aber dafür eine geniale Reprodnltwnskrast und ein, hohen und un gewöhnlichen Ideen mit Energie zustrebender Geist gegeben war, hat sich mit diesen Eigenschaften neuerdings der reformatorischen Komposition zugewendet Er wählte dazu namentlich die Programmmusik und unterwarf in kürzester Zeit eine hübsche Anzahl der sublimsten und erhabensten poetischen Vorwürfe für den Menschengeist der musikalischen Transkription Die Frage über die Berechtigung der Programm-Musik ist eine unfruchtbare, wenn nur die Musik an und für sich echte Musik ist Es wird freilich darauf ankommen, daß das Programm nicht durch seine Spezialität das Wesen der Instrumentalmusik aufhebt, welches darin besteht, mit unbegrenzter Freiheit in unsrer Empfindungswelt eben das Unsägliche, in Worte nicht zu Fastende zu wecken Und die von der Programm-Musik unzertrennliche Tonmalerei wird schön sein, fobalv sie mit ihrem schildernden Ausdruck zugleich unsre richtige Em pfindung und Seelenstimmung erzeugt und solange sie nicht zur bloß materiellen Darstellung herabsinkt Die Programm-Musik gewährt aber den wesentlichen Vorteil, das Bestreben des Komponisten an hohe Ideen anzu- knüpsen, welche die Reflexion und die poetisch und malerisch illustrierende Phantasie anregen und die eigentliche musika lische Gedankenarmut verdecken helfen. Das speziell er klärende und geschickt gemachte Programm erweist ganz genau, warum die Musik gerade so ist und nicht ander«: es bietet zudem den Zuhörern ein interessante« ,jeu ck'e-^rit, in dessen Geistreichigkeit sich diese mit dem Komponisten teilen, und das namentlich Denen große Genugthuung gewährt, die sonst bei der Musik nichts zu denken finden Li«zt wird selbst am besten wissen — denn bei einer so geistreichen Persönlich- lichkeit muß man eine verborgene Selbstkenntnis vorauS- setzen —, wie wenig seine ursprünglich musikalische Schöpfungvkraft, sein Gedankenreichtum, fein Gestaltungs vermögen im richtigen Verhältnis zu den hohen Ausgaben stehen, die er sich wählte Sein kühnes, geniale« Wollen steht mit seinem Können in argem Zerwürfnis. Seine Motive find llcm und phrasenhaft abgebrochen, die Melodik ist arm und zerrissen, die thematische Verarbeitung ist zwar vorhanden, weicht aber von der veralteten Weise ab: sie besteht mehr nur in nebcneinandergestellten Wieder holungen der Themen in verschiedensten Tonarten und neuen instrumentalen Klangwirkungen. Und hier ist ein Grundprinzip der Kunst verlassen. Wenn ein Maler einige menschliche Figuren in verschiedenster Stellung, Mimik und Färbung auf seiner Leinwand vielfältig neben einander malen wollte, so entstände daraus noch kein Bild. Unsre alten Pleister ließen es sich saurer werden Sie entzücken durch den organischen, in großen, melodischen und harmonischen Linien gestalteten Ausbau der Tongebilde, welcher, von der Kraft des Gedankens und von der Tiefe der Empfindung getragen und durchdrungen, Gehalt und Form in schönster Einigung hinstellt. Dafür treten hier andere Mittel ein: eine raffiniert und künstlich zugefpitzte Harmonik und Rhythmik; die härteste, da« Ohr verletzende und unruhig verwirrende Modulationsweise in chromatischen und enharmonischen Fortschreitungen, ohne den Unterbau einfacher und gefunder Harmonien: ein überladenes Ge flecht von Zweigen und Ästen, denen der tragende Stamm fehlt Der Grundlage des Wohlklanges in der Musik ist mit freiester Ausschweifung und Bizarrerie zeitweise Valet ge sagt. Aber LiSzt ist nicht arm an geistreichen Intentionen, an einer genial-phantastischen Regsamkeit und einer energi schen Thätigkeit Es war ihm weniger um die Vollendung feiner Ausgaben, als um seine Stellung als musikalischer Reformator dabei zu thun So suchte er mit Reflexion nach poetischen Gebilden, bei denen er mit idealer Illusion und erhitzter Einbildungskraft Neue- und Unerhörtes zu Tage fördern könne. Mag hier ein täuschung-volles Ziel vorliegen, so ist es doch ein ehrlicher Fanatismus, der danach jagt Li«zt scheut vor keinem Mangel musikali scher Erfindung und Gestaltungskraft, vor keinem Zer bröckeln und Zerfallen der Form, vor keinem unorganischen Tongetümmel und höllischen Mißlaut zurück: er bildet sich m immer neuen Anläufen mit vag umschweifender Phan tasie seine eignen Formen: er setzt für die einfache und unmittelbare Wahrheit des Ausdrucks auch die geschraubteste Affektation desselben: er giebt das Rätselhafte, nie Geahnte mit prophetischer Sicherheit und erfreut sogar die Unein geweihten von Zeit zu Zeit durch da« Natürlichere und Einfachere, um so mehr vermöge der mystischen Umgebung. Eine Hauptsache ist ihm die Farbenmifchung der Klang wirkungen im Orchester. Nicht als ob er dies mit Meister schaft beherrschte, im Gegenteil fehlt ihm jener kenntnisvolle Gebrauch der Instrumente, um mit ihrer vollen Eigentüm lichkeit Wohlilang, Fülle und bedeutsamen Ausdruck herzustellen Aber er versucht eben alles ohne Furcht vor der Pein der Instrumente und der Hörer, und da er mit Geist, künstlerischem Scharfblick und poetischer Intention versucht, gelingt ost genug eine höchst reizende, effektvolle und völlig neue Tonwirkung. So scharfsinnig gesuchte und poetisch empfundene Kombinationen heben die thematischen Gedanken, felbst die kürzesten Phrasen häufig zu einer schönen und charaktervollen Bedeutung und zu momentan schwungvollen und kühnen Steigerungen, oder dringen doch interessante Apercus hervor: Erscheinungen eines künstlerisch genialen und geistig elastischen Beginnen«, die dann wieder durch das jetzt noch ungenießbare Zukünftige in seiner Musik paralysiert werden „In den symphonistischen Dichtungen zu Dante, deren musikalische Möglichkeit hier nicht untersucht werden mag, erscheint Liszt in voller reformatorischer Ungebundenheit „Uwieiuto o^rvi 8perun/u!" Wohl sind die verschiedenen Themen in ihren Wiederholungen und Wiederanklängen für ein musikalisch geübtes Ohr faßlich und klar, und ebenso sehr da«, wa« der Komponist hat malen wollen: die höllischen Qualen, und diese sind sogar mit einer in« Physische übergehenden Wahrheit au«gedrückt Aber da« künstlerische Verständni« des geistigen Gehalt«, die Auf fassung de« JdeenbaueS und der in sich zerfallenden Formen dieser Tongebilde geht mir ab, und e« muß.
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