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Dresdner Journal : 08.12.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-12-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189612087
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18961208
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18961208
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-12
- Tag 1896-12-08
-
Monat
1896-12
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 08.12.1896
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Zweite Beilage zu 285 des AvUkvülA. Dienstag, den 8. Dezember 1896, abends. MüHerscHarr. Unter den vorzugsweise für Knaben bestimmten Weih nacht» büch ern ist vor allen andern eine neue Erzählung de» Perfasfils von „Erichs Ferien" hervorzuheben und zu empfehlen: „Das Rechte thu' in allen Dingen!" Eine Erzählung für die Jugend und deren Freunde Bon H. Brandstädter mit Titelbild von Felix Schmidt. (Düsseldorf, Druck und Verlag von August Bagel) Sie zeichnet sich durch den eigenartigen Reiz und die Art der Darstellung aus, für die die Knabenphantasie besonder« empfänglich ist Rian könnte sie eine Schulgeschichte nennen, denn sie führt uns in die Klassenzimmer und Lehrstunden eines Gymnasiums, auf den Schulhof, auf den Spielplatz, wo der Stärkste und Gewandteste, leider nicht immer der Beste, der Führer ist Mitten in die leicht erregbare Schülerschar mit ihren rasch wechselnden Empfindungen tritt Walter Bardeck, die ideale Gestalt eine» Knaben, der unentwegt „das Rechte thut" und die Liebe aller gewinnt, die ihm nähertreten. Auch die an deren Gestalten treten greifbar und lebenswahr in die Handlung ein Die sprachliche Darstellung ist frisch und kräftig. Viele Schilderungen und Szenen sind voll Innig keit und Zartheit Die Welt unsrer Kolonien erscheint für eine Jugend erzählung benutzt in dem Buche: „Die Auswanderer" von A. Mehnert, mit zwei Vollbildern von R. Starcke und einer Karte von Deutsch-Südwestafrila ausgestattet (Altenburg, Stephan Geibel, Verlagsbuchhandlung), das Abenteuer und Erlebnisse aus den Anfängen deutscher An- . siedelung in Südwestafrika einfach, aber anschaulich.und kräftig schildert und unter der Knabenjugend Sinn und Teilnahme für die kolonialen Bestrebungen, sür die Schick sale der in fernen Ländern für deutsche Macht und deutsche Gesittung arbeitenden Männer erwecken soll Die Sammlung von Jugenderzählungen mit historischem Hintergrund, die sich „Aus unserer Väter Tagen" (Verlag von Alexander Köhler, Dresden und Leipzig) be titelt, ist um drei neue Bändchen mit den geschichtlichen Erzählungen: „Der Spion" von E. Stephan, die in der Zeit des siebenjährigen Krieges spielt, „Aus Wei mars Blütezeit" von vr. R. Siegemund, in der die Gestalten des klassischen Weimar persönlich und lebendig anziehend der jugendlichen Phantasie nahegerückt werden, und „Unter dem französischen Joche" von R. Bah mann vermehrt worden, von denen die letzte in den Unglücksjahren zwischen 1806 und 1812 vor sich geht und namentlich in ihrer ersten Hälfte durch eine Reihe far biger Einzelheiten sehr frisch belebt ist. — Von der im gleichen Verlag erscheinenden „Illustrierten Jugend- und Volksbibliothek" liegen neben den älteren eine Anzahl neuer Bändchen für den Weihnachtstisch bereit. Illustriert von E H. Walther ind da „Fridy der Savoyardenknabe. Rübezahl und die Ostereier. Was der Christbaum erzäh t. Auf Tod und Leben", vier Erzählungen von F Hornig; „Im fernen Westen", eine Erzählung für die reifere Jugend von I. Staacke (mit einem Bilde von Arlbt), „Der Weg zum Herrn", Erzählung von C. Jaeger (mit einem Bilde von Baworowski), ein hübsches und warmes Lebensbild aus den Tagen des Königs Jerome schlimmen Angedenkens. An diese Jugenderzählungen schließen sich zivei Er zählungen „Aus alter Zeit" von G. Schwabe (Döbeln, Verlag von Carl Schmidt) an, die von der Verfasserin selbst illustriert worden sind. Es ist ein ganz hübscher Einfall, an den Wohnort eines Kindes Phantasiestücke über die Vergangenheit dieses Wohnorts anzuknüpfen. Die Geschichten „Das Sorbendorf" und „Der Hund von Honsberg" sind, wie das Vorwort berichtet, zuerst im Manuskript einem leselustigen Lausitzer Kinde gewidmet gewesen, sie werden aber auch über die Lausitz hinaus jugendlichen Lesern höchlich willkommen sein. Ein historisch und poetisch besser als malerisch aus gestattetes Werk sind „Große Männer in Wort und Bild", zwanzig weltgeschichtliche Gestalten für die reifere Jugend geschildert von Adolf Bartels (illustriert von namhaften Künstlern), die der Verlag von Rioritz Schauen burg in Lahr auf den Weihnachtsmarkt schickt Es ist historischer Ernst und selbst poetische Bildkraft in den jambischen Gedichten, mit denen der Verfasser Alexander den Großen, Julius Caesar, Attilla, Karl den Großen, Papst Gregor VII., Friedrich Barbarossa, Dante, Guten berg, Luther, Albrecht Dürer, Shakespeare, Heinrich IV. von Frankreich, Gustav Adolf, Cromwell, Friedrich den Großen, Washington, Goethe, Napoleon !., Kaiser Wilhelm I. und Fürst Bismarck als Helden schildert, die dem jugendlichen Sinne voranleuchten und ihn unwill kürlich höher führen sollen. Auch die „Kaiser-Märchen", der Jugend und dem Volke zum hundertjährigen Geburtstage Kaiser Wilhelms von Karl Neumann Strela dargebracht, von E. H. Walther illustriert (Dresden, Verlag von Alexander Köhler), sollen einem ähnlichen Zwecke dienen Sie sind nicht rein historisch, sondern mehr novellistisch, halb märchen haft im Stile des Andersenschen Bilderbuchs ohne Bilder gehalten, begleiten aber das Leben und die Entwickelung des ersten Deutschen Kaisers aus Hohenzollernstamm und führen junge Leser in eine Welt ein, die ihnen aus den Erzählungen ihrer Eltern und Großeltern noch mannigfach deutlicher werden kann als aus diesem Märchen. Eine kleine Zahl der Weihnachtsbücher ist ebenso ge eignet auf den Gabentisch Erwachsener, als auf den der Heranwachsenden gelegt zu werden. Von diesen Er scheinungen heben wir zunächst das gediegene und ge schmackvoll ausgestattete Buch „Schillers Frauen gestalten" von Julius Burggraf (Verlag von Carl Krabbe in Stuttgart) hervor. Auf Grund eingehender Quellenstudien behandelt der Verfasser ein Thema, das, so groß die Schillerlitteratur auch bereits ist, bisher noch keine Bearbeitung gefunden hat. Er stellt das Leben des Dichters unter die Beleuchtung der Frage, welchen Ein fluß das weibliche Element auf sein Denken und Dichten ausgeübt hat, und verbindet mit der Zeichnung der Frauen in Schillers Leben eine liebevoll in des Dichters Geist sich versenkende Darstellung der weiblichen Gestalten, die Schiller in seinen Balladen und Dramen geschaffen hat. Burggraf vertritt die Ansicht, daß zwischen den Frauen, die der Dichter kannte und liebte, und denen, die er ge dichtet hat, ein unverkennbarer Zusammenhang besteht. DaS Werk verdient namentlich auch in Frauenkreisen weiteste Verbreitung. Ein eigentümliches, zwischen Stammbuch und Spiel liegende« „Gedenk-Album" ist in „Erkenne Dich Selbst!" mit 14 Faksimiles namhafter Frauen und Männer der Gegenwart bereit« in einundzwanzigster Auslage (Verlag von I. I. Weber, Leipzig) erschienen E« vereinigt Stammbuch und Photographrealbum, zum äußerlichen fügt e» da« innere Bild de« Freunde« und der Freundin. 25 geschickt gestellte Fragen veranlassen zu ebenso um fassender als wahrer Generalbeichte, zu einer selbst gelieferten Charakterskizze 14 Faksimile« namhafter Männer und Frauen der Gegenwart zeigen nicht nur, wie etwa eine solch« Generalbeichte abzulegen ist, sondern auch, welch' anschauliche Galerie von Charakterskizzen sich jedermann in „Erkenne Dich Selbst!" anzulegen vermag. * Skalde Brun, ein alter Sang aus dem Hoch gebirge von A Weißer (Bad Harzburg, Rudolf Stolle). Diese episch-lyrische Dichtung ist „allen deutschen Frauen" gewidmet. Wenn auch unserer heutigen Männerwelt in ihrem Kampfe mit dem Drang der Zeit der Sinn für Poesie dieser Art für den Augenblick abhanden gekommen ist, so findet sie doch noch bei den Frauen eine Stätte, und das Werk, welches hier geboten wird, ist der Be achtung der weiblichen Leser auf alle Fälle wert. Die Dichtung verwebt mit einer sich an den Burgberg bei Harzburg knüpfenden Sage aus der Zeil Hermanns des Befreiers eine anmutige Liebesidylle Hauptheldin ist die Tochter eines Skalden und einer Alrune, die durch Zufall im einsamen Radauthale Sigibert, einen der Helden Her manns, erblickt, der verwundete Krieger nach dem Wotan- (Burg-) Berge geleitet, wo sie genesen oder von wo sie nach Walhall eingehen sollen Die Jungfrau entbrennt in Liebe zu Sigibert, heimlich verläßt sie ihre Riutter, um, in Münnertracht gekleidet, als Skalde Brun, dem ge liebten Mann zu folgen. Nach mancherlei Abenteuern und vielen schweren Herzenskämpfen gewinnt sie seine Liebe und teilt endlich mit ihm Not und Tod und Unter gang. Beide überleben ihre Liebe nicht. „Götterhuld ist solch' ein Ende", schließt der Sang Die in vierfüßigen reimlosen Trochäen geschriebene Dichtung zeichnet sich aus durch gute Charakterisierung ihrer Gestalten und edle Sprache, beschäftigt die Teilnahme des Lesers bis zum Schluß und wirkt nicht zum wenigsten durch die aus ihr wehende echte deutsche Empfindung Dresden, 8. Dezember Neu erschienene Bücher und Druckschriften: Aus siebzig Jahren. Lcbenserinnerungen von Wilh. Joh v. Wasiclewsli. Stuttgart und Leipzig. Deutsche Berlagsanstalt. — Calendula Ein Brevier sür Frauen und Jungfrauen. Von M.v. Braunschweig. Nürnberg. Theo Stroesers Kunstverlag. — Von vielen kleinen Siebensachen, die Euern Eltern Sorge machen. 2. verm Ausl Nürnberg. Derselbe Verlag. — Schiller- Werke. Herausgegeben von Ludwig Bellermann. 11. und 12. Bd. Leipzig und Wien. Bibliographisches Institut. — Geschichte Schleswig-Hol steins. Von Werner Fröhlich Flensburg Verlag der Huwald- schen Buchh., O. Hollesen. — Drei Erzählungen von Carl Wolf. Innsbruck A. Edlingers Verlag - Tiroler KriegS- lieder aus den Jahren 1796 und 1797. — Allgemeine Warenkunde. Handbuch sür Kaufleute und Gewerbetreibende. 2v Lsgn. ä so Pf. 17., 20. Lsg. Wien A. Hartlebens Verlag. — Drei Jahre im Lande Hendrik Witboois Schilder ungen von Land und Leuten von F. I. v. Bülow, Premier lieutenant o. D 2. Aufl. Berlin Verlag von Siegfried Mittler u. Sohn. — Schönhausen und die Familie v. Bismarck. Bearbeitet im Auftiage der Familie von vr. Georg Schmidt, v. Berlin. Derselbe Verlag. — Im Ver lage von F. Wilh Grunow in Leipzig: Allerlei rauh. Tiergeschichten für Kinder von O Verbeck Mit 39 Illustra tionen von H. Votteler. — Deutschlands Seemacht sonst und jetzt. Bon Georg Wislicenus. — Novellen Bon Adolf Schmilthenner. — Tas Matterhorn und seine Ge schichte von Theodor Wundt. Berlin. Verlag von Raimund Mitschcr. Vermischtes. * Ein Menschenalter ist verflossen, seitdem Schweden seine Nachbarn einlud, auf dem friedlichen Gebiete der Arbeit in der seiner Schönheit wegen berühmten Haupt stadt sich zu versammeln. Die erste große skandinavische Ausstellung fand im Jahre 1866 in Stockholm statt, die zweite und dritte in Kopenhagen 1872 und 1892, und jetzt rüstet Schweden sich mit allen Kräften zur vierten großen skandinavischen Ausstellung in Stockholm 1897. Nicht nur Schweden allein bemüht sich, die Blüten seiner Kultur am Schluffe des neunzehnten Jahrhunderts vorzuführen, auch die Nachbarländer Norwegen und Däne mark thun dasselbe. Mit einem Worte, der ganze skandi navische Norden gedenkt, im Jahre 1897 in Stockholm die Früchte seiner alten Kultur und seiner bald neunzig jährigen friedlichen Entwickelung der Welt vor Augen zu führen. Der Norden ist seit den letzten Jahrzehnten immer mehr in den Vordergrund getreten Bedeutende Dichter und Künstler haben die Aufmerksamkeit und das Interesse der ganzen gebildeten Welt auf seine Geisteskultur gelenkt. Die Produkte der Industrie, der Waldungen, der Erzlager und der bedeutend entwickelten Viehzucht haben diesem Lande einen immer größeren Ruf auf dem Weltmärkte errungen. Der Strom der ausländischen Touristen, welcher, von der großartigen Natur, von den Bächen, Flüssen und den tiefen Bergseen, von der Schönheit der Sommernächte angelockt, jährlich nach dem Norden zieht, wird immer größer. Vor 30 Jahren war der Norden ein verhältnismäßig noch wenig bekanntes Land In der jetzigen Zeit ist er nicht bloß das stimmungsvolle Touristenland der Mitternachtssonne, der tobenden Wasser fälle, der tiefen Wälder; die Stellung, welche das skandi navische Volk in der allgemeinen Kultur einnimmt, ist jetzt bedeutend geworden Die drei Jahrzehnte, welche zwischen der ersten Ausstellung in Stockholm 1866 und der vierten im Jahre 1897 liegen, mahnen von selbst zu Vergleichen zwischen der ökonomischen Stellung Schwedens jetzt und damals. Betrachtet man zuerst den Ackerbau, den Hauptnahrungszweig Schwedens, so ist das Areal des dort bebauten Erdbodens, welches im Jahre 1866 2'^ Mill. Hektar betrug, jetzt aus fast 3'/^ Mill, gestiegen und die Getreideernte von 17 Mill, auf 24 Mill. Meterzentner, während die Futtcrernte in noch größerer Menge sich vermehrt hat Zum größten Teil durch die im Lande selbstgemachten Erfindungen (Te Lavals Sepa rator rc.) hat sich die Milchwirtschaft seit einigen Jahren zu einem der wichtigsten Nahrungszweige entwickelt. Während Schweden vor 30 Jahren wenigstens 5 Mill. Kilogramm Butter jährlich einsührte, werden jetzt mehr als 25 Mill. Kilogramm ausgesührt. Im Jahre 1866 hatte Schweden ungefähr 1300 000 Kühe, jetzt 1700000, welche an Qualität die früheren weit übertreffen Die Zahl der Schweine ist von 400000 auf 800 000 ge stiegen, und von der Qualität der letzteren gilt dasselbe wie bei den Kühen. Eine glänzende Entwickelung haben ferner die Forstwirtschaft und die Bergwerke auszuweisen. Der Rohexport der Holzwaren, der im Jahre 1866 wohl kaum einen Wert von 30 Mill. Kronen hatte, ist jetzt auf 120 Mill, und noch mehr gestiegen. Die schwedische Forstwirtschaft beschäftigt wenigstens 35 000 Arbeiter und besitzt die größten Holzsägereien in der ganzen Welt. Auch ist eine Holzwarenfabrikation entstanden, durch deren Produkte jährlich eine Einnahme von 20 Mill erzielt wird. Vor 30 Jahren wurde nur Mill. Tonnen Erz jährlich zu Tage befördert, jetzt hat sich diese Menge ver vierfacht. Die Gußeisenfabrikation hatte damals noch nicht die Höhe von 250000 t jährlich erreicht, ist aber jetzt auf 500000 gestiegen In noch viel höherem Grade hat die Stahlfabrikation sich entwickelt Mitte der 60er Jahre wurden in Schweden nur 7000 t, Stahl jährlich pro duziert, jetzt dagegen 170000 t. Die Gießereien und mechanischen Werkstätten haben ihren Jahresbetrieb während dieser Zeit von 8 Mill Kronen auf 53 Mill erhöht: die Zuckersiedereien und Zuckerfabriken von 13 Mill auf 57 Mill , di« Papiermühlen von 3 Mill auf 13 Mill rc. Der Gesamtwert des Imports und Exports Schwedens belief sich im Jahre 1866 auf 220 Mill Kronen, jetzt aber stellt er sich auf wenigstens 7000 Mill Kronen Bei der Handelsflotte ist die Tonnenzahl nur von 250000 auf 370000 gestiegen, dagegen bei den Dampf schiffen von 14 000 auf 180000. Der Gesamttonnen- inhalt der ein- und auslaufenden Fahrzeuge im Verkehr mit dem Auslande ist von 3 Mill, auf 12 Mill Tonnen gestiegen Vor 30 Jahren hatten die Eisenbahnen Schwedens nur eine Länge von 1500 Icm, jetzt aber von >0000 icm (im Verhältnis zur Volksmenge mehr als jedes andere Land Europas). 100000 Km Telephonleitungen hat Schweden bereits erreicht, welche Ziffer in ganz Europa nur von der des Deutschen Reichs übertroffen wird und im Verhältnis zur Volksmenge wahr scheinlich in der ganzen Welt nicht ihresgleichen hat. Was die Zunahme des Wohlstandes anbelangt, so ist zu be merken, daß beispielsweise der Verbrauch von Weizen und Roggen, der in den 60er Jahren 126 lc^ pro Kopf be trug, jetzt auf 180 fix gestiegen ist Der Zuckerverbrauch ist von weniger als 4 üß pro Person auf 14 Kx pro Person gestiegen rc. Während im Jahre 1866 in den Sparbanken des Landes eine Einlage von 38 Mill, sich befand, beträgt der Sparbetrag jetzt über 350 Mill Kronen * Der Schachwettkampf um die Meisterschaft der Welt zwischen E. Lasker und W. Steinitz ist am 4. d Mts nach achttägiger Pause wieder ausgenommen worden. Steinitz hat sich von seinem Unwohlsein erholt, sodaß aus die vom Moskauer Klub geplante Stellvertret ung durch Tschigorin verzichtet wurde Die Partie, bei der Steinitz den Anzug hatte, nahm zwei Sitzungen, am 4. und 5. d. Mts., in Anspruch und endete nach acht stündigem Kampfe mit Remis. Der Stand des Wett kampfes ist demnach: Lasker 5, Steinitz 0, Remis 2. Tschigorin hat den Sieger des Wettkampfes herausgefordert, und Lasker erklärte sich, falls er Steinitz besiegt habe, bereit, mit Tschigorin zu spielen, wenn der Einsatz 4000 Rubel betrage. * Über das Spielzeug unserer Kleinen hat kürz lich Schuldirektor Schreiber in Leipzig einen Vortrag ge halten, der im Hinblick auf die bevorstehende Weihnachts zeit auf besondere Beachtung Anspruch erheben darf. Redner ging davon aus, daß die Spielsachen ein Spiegel bild unserer Zeit bildeten; es sei nicht zu verwundern, wenn demnächst der alte liebe Kreisel, dessen Holz bereits dein Blech gewichen sei, mit Dampf oder Elektrizität in Bewegung gesetzt würde. Er sagte weiter: Spielsachen müssen zur Selbstthätigkeit anregen, müssen die Phantasie wecken, müssen wahr sein; alles Unschöne und Häßliche muß ausgeschloffen bleiben. Hampelmänner mit Kladdera datsch-Gesicht, HanSwürstc mit kopslangcr Nase, ferner köst liches Marzipan in der Form eines sauren Herings, feinste Schokolade in der Gestalt eines alten, verschimmelten Schuhes leiten zur Unwahrheit und Unnatürlichkeit. Nicht gutzuheißen sind auch die mit allem Flitterkram über ladenen Puppengestalten; hier bleibt dem Kinde nichts mehr zu schaffen übrig; es fehlt alle Gelegenheit zur Selbstbethütigung. Und so tragen viele Spielsachen den Charakter der Überladung, und das Kind langweilt sich in mitten der Fülle seiner Spielsachen Vielen Kindern kostet die Anfertigung der Schularbeiten viel Mühe und viel Zeit; eine Arbeit, die in 30 Minuten beendet sein könnte, nimmt 1 bis 2 Stunden in Anspruch Woher kommt das? Das Kind hat nicht gelernt, selbst thätig zu sein, es verlangt Hilfe von außen. Manche Menschen bleiben in dieser Hinsicht zeitlebens Kinder und erwarten fremden Beistand (Staatshilfe — großes Los — Erbschaft rc ). Redner klassifizierte die Spielgcrätc und unterschied I. Spiel stoffe, u) Sand, Steinchen, Holzklötzchen, Muscheln, Bau kästen, Kork, Kiesernborke, d) weichen Ton, Papier, Pinsel und Malkasten, Nußschalen, e) Wasser, Seifenwasser rc. II. Spielsachen: u) Phantasiestücke, Ball, Reifen, Wind rädchen, Drachen, Kreisel, Steckenpferd, 6) Nachahmungen: Puppen, Tiere, Waffen, Küchen- und Hausgeräte, Trommeln, Pfeifen, Trompeten, vielleicht auch Puppentheater, optische und elektrische Kunftkörper, e) Bilderbücher mit Einzeldar stellungen, belebt durch das erläuternde Wort der Riutter. III. Spiele: u) Geschicklichkeitsspiele, IH Zufallspiele, v) Ve- rechnungsspiele Die Spielstoffe werden am geringsten ge achtet und doch besitzen sie infolge ihrer Bildungsfähigkeit den höchsten Wert — Puppen mit Schlafaugen, sprechende, singende und gehende Puppen gehören ebensowenig in eine Kinderstube wie Zufalls- oder Glücksspiele, während z. B. das Schachspiel jedes Kind erlernen follte Zum Schluß gab Redner noch einige beherzigenswerte Winke über den rechten Gebrauch der Spielfachcn (Aufbewahrung in Schrank oder Kiste, Mitbeteiligung der Erwachsenen, Repa raturbedürftigkeit rc.) und empfahl wenig, aber gutes Spielzeug. * Der Vulkan Stromboli (Liparische Inseln) galt schon im Altertum als Wetterprophet Vor kurzem hat sich der Meteorologe A Bergeat, um der Sache aus den Grund zu gehen, einige Zeit auf der kleinen Mittelmeerinsel ausgehalten In Lehrbüchern ist zu lesen, daß der Stromboli bei stürmischem Wetter und im Winter eine besondere Thätigkeit entfalte, bei ruhigem Wetter und im Sommer aber sich wenig energisch äußere So wird seit Homer berichtet; aber nur der italienische Natur forscher Spallanzani hat die Sache geprüft, doch nicht be stätigt gefunden. Und zu demfelben Ergebnis ist auch Bergeat gelangt, welcher zeigt, daß nichts dafür spreche, daß die Zunahme der Thätigkeit des Stromboli eine Folge verminderten Luftdruckes sei, daß diese vielmehr zu Zeiten höheren Barometerstandes mit einer gesteigerten Energie des Vulkans zusammenzuhängen scheine. * Eine merkwürdige Katzengeschichte spielte sich letzter Tage vor den Schranken des Bezirksgerichts Zürich ab Im Monat August wurde in einem Garten im Kreise I eine schwarze Angorakatze von einem jungen Studenten mit einem Flobertgewehr erschossen Die Katze gehörte einem kinderlosen Ehepaar an und war der Liebling der Leute, namentlich der Dame Man kann sich die Trauer nicht vorstellen, die wegen Tötung dieses Kater« bei den Eheleuten herrschte. Der Mörder des Viehes hatte sich zu erkennen gegeben und auch bereit erklärt, eine angemessene Entschädigung zu zahlen: er bot 20 Frcs. Doch damit waren die Eigentümer des Katers nicht ein verstanden, sie verlangten 200 Frc«. oder drohten im Nichtleistungsfalle mit gerichtlicher Klage wegen böswilliger Eigentumsschädigung Da der Student auf eine so große Forderung nicht einging, verklagte der Katzeneigentümer den Mörder seines Lieblings gerichtlich und der Streit kam am letzten Freitag zum ÄuStrage. Der Eigentümer der Katze erschien selbst vor den Gerichtsschranken Er hatte eine glänzende Rede eingeübt, in der er besonders die Tugenden des verstorbenen Katers bervorhob; letzterer sei ein Angorakater mit prachtvollem schwarzen Pelz ge- wesen. An Größe habe er alle in Zürich lebenden Katzen übertroffen Zu diesen körperlichen Eigenschaften habe sich noch eine erstaunliche Klugheit und eine große An hänglichkeit gesellt. Wenn an Sonntagen die Leutchen mit einander spazieren gingen im Garten und der Kater ihnen folgte, so hatten die Vorbeigehenden stille ge standen und den Kater bewundert Der Student habe ohne Veranlassung aus lauter Roheit das Tier getötet Der Geschädigte wäre bereit, 500 Frc«. zu zahlen, wenn er die Katze wieder lebend haben könnte. Er stellte dem Gericht den Antrag, die Zivilsorderung nicht zu behandeln, den Angeklagten aber wegen böswilliger Eigentums schädigung nicht etwa nur mit Buße, sondern mit Ge fängnis zu bestrafen Der Verteidiger des Angeklagten machte geltend, daß der Wert des Katers 20 Frcs. nicht übersteige nach eingezogenen Erkundigungen bei der kan tonalen Tierarzneischule und nach einem Gutachten des Direktors des Zoologischen Gartens in Frankfurt a M Der Kater sei schon zehn Jahre alt gewesen, habe keinen Vrrkehrswert mehr gehabt, und eine Entschädigung richte sich nur nach dem letzteren Er beantragte Frei sprechung des Angeklagten oder nur eine ganz geringe Buße. Das Gericht fand, wie es scheint, doch, daß eine böswillige Eigentumsschädigung vorliege, und verurteilte den Angeklagten zu einer Buße von 60 Frcs., zu einer Entschädigung von 30 Frcs. an den Kläger und zu den Gerichtskosten Der „Katzenfall" ist damit aber noch keines wegs erledigt, da der Geschädigte nun noch eine Zivilklage auf Ersetzung des Werte« des getöteten Katers stellt, indem er eine Summe von 200 Frcs. verlangt. * Wölfe in Tirol Aus Innsbruck, 3. Dezember, schreibt man den „M. N. N": Unser Tirol scheint für Nimrode immer interessanter zu werden. Abgesehen von dem Büren, der sich im Karwendelgebirge herumtreibt und sich jetzt wohl zum Winterschlafe zurückgezogen hat, wurden in voriger Woche drei Wölfe in nicht allzuweiter Ent fernung von Brixen erlegt. Diese Raubtiere scheinen aus Krain herübergekommen zu sein Von der Westküste Frankreichs lausen, wie unser Pariser Mitarbeiter uns unter dem 6. d Mts. schreibt, zahlrcicheUnglücksbotschaften über den letzten Sturm ein. Dieser hat nicht nur beträchtlichen Schaden an Material verursacht, sondern auch einer Menge Menschen das Leben gekostet In Granville stieß der große Drei master „Leopold" beim Einlaufen in den Hasen aus den dort vor Anker liegenden „Prudent". Die Kollission zwischen den beiden Schiffen war so gewaltig, daß letzteres kenterte, während der „Leopold" an den Kais anrannte. In der genannten Hafenstadt rissen sich viele Schiffe von den Ankern los und wurden nach den Kais getrieben, wo fünf Fahrzeuge infolge des heftigen Anpralls scheiterten. In Sable« d'Olonne traf der Dampfer „Vengeuse" mit drei Personen der Mannschaft des Schoners „Angöle" ein, welche er auf hoher See ausgefischt hatte. Der „Angöle" war, nachdem ihm durch den hohen Seegang fämtliche Masten weggerissen worden waren, mit der übrigen Mannschaft untergegangen. Im Hafen von Royan riß sich der Staatsdampser „Aleyon" von Anker los und bohrte mehrere kleine Fahrzeuge in den Grund. Die Sturmflut überschwemmte dort die Kais und die am Hafen gelegenen Boulevards. Statistik und Volkswirtschaft. ' Ter Tarifkamps in den Bereinigten Staaten von Nordamerika beginnt früher, als erwartet worden ist. Wie unseren Lesern bekannt ist, haben die Staatseinnahmen seit einigen Jahren die Ausgaben nicht mehr gedeckt. Im Fiskal jahre 1893,94 ergab sich ein Defizit von 7», im folgenden ein solches von 43 Mill. Dollars. Im letzte» Jahre ging dasselbe ans 26 Mill Dollars zurück. Aber im lausenden Jahre stellte sich die Rechnung wieder ungünstiger, indem in den Monaten Juli bis November die Ausgaben die Einnahme» um 4« Mill. Dollars überstiegen haben Dafür ist in der Hauptsache die Unsicherheit verantwortlich zu machen, welche den Geschäfts verkehr behinderte, solange die Frage der Wahl nicht entschieden war, und sür den Rest des Fiskaljahres kann man eine wesent liche Besserung erwarten Es wirs aber allgemein zugegeben, daß Maßregeln ergriffen werden müssen, uni den Siaatshaus halt ins Gleichgewicht zu bringen, und die dazu ersorderlict en Steuern werden in der Forni erhöhter Zölle erhoben werden Von einigen Seiten wird auch die Erhöhung der Abgaben aus Bier re. vorgcschlagen, aber diese befinden sich sehr in d.r Minder heit. Selbst die Gegner der protektionistischen Politik des neuen Präsidenten nehmen als sicher an, daß er und seine Freunde den Vklsuch machen werde», ihre Ansicht in die Praxis umzusetzen Aber hinsichtlich der Form, in weicher die Revision des Tarifs erfolgen solle, gehen dieMeinuuglN sehr auseinander. Tie sür die Goldwährung eintretcnden Demokraten, welchen der Präsident sür seine Wahl sehr verpflichtet ist, sind entschiedene Gegner einer stärkeren Erhöhung und sic wünschen, daß die Tarisjiage so bald als möglich in ihrem Sinne gelöst werde. Sie ver langen demzufolge, daß, ohne abzuwarten, bis der Präsident in sein Amt eingesetzt ist, was erst im März k Js geschieht, die sogenannte Dingley Bill beraten und beschlossen werde. Diese von dem Kongreß bereits angenommene Bill bestimmt die Wiedereinsührung der Zollsätze des früheren sogenannten Mac Kinley-Tarifs auf Wolle und wollene Waren und einen Zu- chlag von 1b Hy auf die meisten Positionen des gegenwärtigen Tarifs. Man nimmt an, baß diese Erhöhungen ausreichen swerden, um die Staatseinkünfte soweit zu erhöhen, als zu einem Gleichgewicht erforderlich ist und die Schutzzöllner scheine» ge neigt zu sein, lieber aus diesen Kompromiß einzugehen, als es nuf einen Bruch mit den ihnen bcsrcundeten Demokraten, die für die Goldwährung sind, ankommen zu lassen. Aus der andern Seite hält man es für ausgeschlossen, daß der Senat in der gegenwärtigen kurzen Session diese Bill beraten und an nehmen werde, und dann würde sie, wie man annimmt, auch durch das Velo des gegenwärtigen Präsidenten beseitigt werden. Die Mehrheit der Republikaner ist aber ohnehin sür eine drastischere Bchandlung der Tariffrage und sie verlangen, daß, sobald Mac Kinley sein Amt angctreten hat, eine außer ordentliche Session des Kongresses einberusen werden soll, um sich mit dieser Angelegenheit zu beschäftigen. Bis her hat aber Mac Kinley diskret geschwiegen. Er hat sicher seine eigenen Ansichten und Pläne, giedt sie aber jetzt noch nicht preis Biel wird von seiner Ent scheidung abhängen, aber inzwischen erhitzien sich die Gemüter der Gegner mehr und mehr, und die Hoffnung, daß nach der Wahl eine gewisse Ruhe eintieten werde, hat sich nicht erfüllt Die oben ausgesprochenen Besorgnisse scheinen sich rasch zu be stätigen. Wie gemeldet wird, soll Mac Kinltys Regierung- Programm allem Anschein nach lauien: Zunächst eine Tarisnsorm und erst, wenn dies, erprob! ist eine Regulierungder Währungssrage. Was die Währungssrage angeht, so ist die Lage einer Gesetzgebung im Sinne iog. „gesunden Geldes" nicht günstig Nicht allein besteht die Gefahr, daß in der Hitze les Tariftampses dieser al- die wichtigste Sache erscheint, und daß die Währungssrage demzufolge aus eine gelegene« Zeit verschoben wird, sondern es besteht auch die Möglichkeit, daß dadurch die mit den Republikanern hinsichtlich der Währungssrage überein stimmenden Demokraten, sich von diesen abwenden und daß Differenzen entstehen. Diese Befahr ist um so größer, al- die Republikaner bei einigen dem Silber geneigte» Senatoren einen Rückhalt haben in Bezug auf lie Protektionist.sche Polilik. Aber in Bezug aus die Regelung der Währungssrage kann auch eine Verzögerung nur unerfreuliche Folgen baben Die geschlagene Silberpariei ist nicht geneigt den Kamps auf zugeben. Wenn nun die Goldreserve de- Staatsschatzes wieder zurückgkht, wenn infolge des Mangels an Elastizität, der dem amerikanischen Papiergeldumlauf anhaftet, bei einer gleich zeitigen Verstärkung des Geldbedarfs eure Geldknappheit ein tritt, oder wenn sich sonst etwa- Unvorhergesehene- ereignen follte, so werden die Silbrrleute darau- nach Kräften Kapital für ihre Sache schlagen m d die Goldwährung dafür vrrant- antwortlich machen Indessen besinnen sich dir Republikaner vielleicht doch daraus daß Gefahr im Verzüge liegt, und daß fie zunächst auf die Währung-fragr und erst in zweiter Linie auf die Tariffrage hin gewählt sind.
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