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Dresdner Journal : 02.12.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-12-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189612025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18961202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18961202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-12
- Tag 1896-12-02
-
Monat
1896-12
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 02.12.1896
- Autor
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Zweite Beilage zu 280 des Mittwoch, den 2. Dezember 1896, abends. Deutscher Ueichstag. 137 Sitzung vom 1. Dezember, 1 Uhr. Am Tische des BundeSratS: Fürst zu Hohenlohe, v. Boetticher, v. Marschall, v Goßler, Gras v. PofadowSky, Hollmann. Die erste Beratung der Reich-Hau-Halt»etat« sür 1897/98 wird fortgesetzt Abg v. Leipziger (dk): Nach der gestrigen Erklärung de» Reichskanzler» habe ich namcn- meiner politischen Freunde zu erklären, daß wir die Bernsung und Entlassung von Ministern, Beamten und Offizieren für ein ausschließliches Recht der Krone halten (Sehr gut! rechlS) und dementsprechend dem Abg Richler aus das von ihm betretene Gebiet nicht solgen können Sodann habe ich dem tiefen Bedauern Ausdruck zu geben, daß ein so verdienstvoller und nach jeder Richtung hin hervorragender Osfizrcr wie der General v Bronsart unS hat verlassen müssen. (Zustimmung rechts, Lachen links.) Was sodann den Termin handel betrifft, so ist er noch gar nicht ausgehoben, denn diese Bestimmung wird erst mit dem 1 Januar in Kraft treten. Die Börse hat das eckomptiert und gleich nach Annahme des Gesetzes durch Baissespekulation auf die Preise gedrückt Dieser Druck würde noch größer sein, wenn nicht von einzelnen Stellen des Weltmarktes ein Gegendruck ersolqt wäre. Dre Wirkungen des Verbots können wir ebensowenig wie der Abg. Richter übersehen Ich hoffe nach wie vor, daß das Verbot von guter Wirkung für die Landwirtschaft sein wird, und bitte zugleich, daß der Bunde-rat mrt seinen AuSsührungsbestimmungen dafür sorgen möge, daß nicht in irgend einer Weise der Termin- Handel aus Umwegen wieder eingesührt wird. Wenn der Abg Richter unS vorgeworsen hat, baß wir das Zuckerstcuergesetz angenommen haben, so übersieht er, daß das Gesetz sich ganz anders gestaltet hat, als die Borlage war. Die Borlage war weit besser. (Sehr richtig! rechts.) Sie ist keineswegs ver bessert worden. (Zuruf: Sie haben sie doch angenommen!) Wir haben sie nicht alle angenommen. Einige haben dagegen gestimmt. (Abg Roesicke: Wenn Sie alle dagegen gestimmt hätten, wäre sie nicht angenommen worden. Der Präsident bittet, den Redner nicht zu unterbrechen) Immerhin ist dieses Gesetz noch besser als die alten Bestimmungen, wonach mit dem 1 A> gust nächsten Jahres die Aus fuhrvergütung augehoben worden wäre Übrigens ist Aussicht vorhanden, durch eine internationale Berständignng die Prämien abzuschaffen. Wir freuen uns, daß die im Etat für 18S5/96 vorgesehene Spannung von 10'^ Mill, nicht nur ver- schwanden ist, sondern noch eine Auszahlung von 12'^ Mill, an die Einzelstaaten stattfindet Auch im lautenden Etat ist anstatt der vorgesehenen Spannung von 12 Mill, ein reiches Plus von 25'^ Mill, sür die Einzelstaaten heransgelommen. Der Eindruck des vorliegenden Etat- sür 1897/98 ist nicht so günstig Bei Beurteilung des Etais müssen wir auch die ganze Wirt schaftslage des Landes und der Erwerbskrrise betrachten, und ich sehe natürlich die Lage der Landwirtschaft mit ernsterem Auge an. Die Notlage der Landwirtschaft ist im ganzcn Lande groß und das wirki auch aus die kleineren Gewerbe, nicht nur aus dem Lande, sondern auch in den kleineren Stätten, die durch ihre Absatzverhäunisse aus die Landwirtschaft angewiesen sind und die znrückgehende Kaujkraft empfindlich fühlen. Die Notlage der Landwirtschaft hat ihren Grund in den Konjunk turen des Weltmarktes Eine Besserung der Preise, wie sie Hr. ritzen aus den Kosten für die Materialoerpflegung im Militüretat konstruieren will, kann ich nur in sehr beschiänktem Maße zugeben Gegen die Preise von 1891/95 haben wir im Militäretat einen Rückgang von 12 bis 13 Mill.; da der Ver brauch der Aimee etwa 4"h des ganzen deutschen Berbrauchs ausmacht, so können wir daran den Schaden der Landwirtschaft ermessen Die Wirkung der Handelsverträge ist sür die Land wirtschaft noch lange nicht ausgeglichen (Sehr richtig! rechts.) Andere Staaten haben ihre Landwirtschaft durch Zollerhöhungcn geschützt, während uniere Landwirtschaft durch die Meistbegün stigung in den Handelsverträgen geschädigt wird. Die Medr- eiufuhr an Getreide ist nicht allein durch die Zunahme der Be völkerung veranlaßt, sondern eS spricht daber auch die Herab setzung der Zölle mit. Wenn es infolge einer Verfügung der Eisendahnbehörde möglich ist, in den Bahnhofsrestaurants die Verwendung von Margarine anzuzeigcn, warum sollte dies nicht auch sür die anderen Restaurants möglich sein? Dankbar begrüßen wir die Forderung sür besondere Attaches und Sach verständige in der Land- nnd Forstwirtschaft im Auslande. Ebenso willkommen sind uns die 35 OVO M. sür die Bekämpsung der Maul- und Klauenseuche, und wir accep- tieren dankbar die gestrigen Erklärungen des Hrn. Staats sekretärs hinsichtlich der Grenzsperre gegen Dänemark. Hoffen wir, daß den Worten auch Thaten solgen werden. Den Besoldungsverbefferungen stehen wir wohlwollend gegen über. Wir wünschen, daß mit den Gehaltsverbcfferungen an der Stelle fortgefahren werde, wo 1890/91 abgebrochen worden ist. Da auch im preußischen Landtag eine ähnliche Vorlage eingebracht ist, so wird es angezeigt fein, mit der Beratung unserer Borlage zu warten, bis der preußische Landtag sich schlüssig gemacht hat. Die Reichsbeamten dürfen nicht schlechter gestellt sein als die preußischen Beamten. Namens eines Teile» meiner politischen Freunde habe ich noch daraus hinzuweisen, daß nach den Kundgebungen weiter Kreise der Armee seitens der Offiziere der Wunsch laut geworden ist, daß gemäß der im vorigen Jahre gefaßten Resolution des Reichstages in Bezug aus daS warme Abendbrot der Soldaten wenigstens pari pass» mit der Gehaltserhöhung der Offiziere vorgegangen werde. (Zustimmung im Zentrum.) In Bezug aus den Etat der Reichspost möchte ich die Bemühungen des Staatssekretärs der Relchspost wegen einer Reform der Zeitungsposttarise unter stützen Bei der Feststellung des ZeitungSlarifs muß auch da- Gewicht der besörderten Zeitungen maßgebend sein Erfreulich ist die Einstellung von 5000 neuen Beamten und die Fürforge sür das flache Land durch die Errichtung von 250 neuen Post agenturen. Ich spreche dem Hrn. Staatssekretär dasür meinen ausrichtigsten Dank aus In Bezug aus die Postbauten werden wir nach wie vor Sparsamkeit walten lassen, und es tröstet uns dabei die gestrige Erklärung des Reichssekretärs, daß im Bauen neuer Postgebäude in absehbarer Zeit ein Stillstand eintreten soll. Bei allen Ressorts sind Meyrsorderungen für Personalvcrmehrung vorgesehen Die Notwendigkeit dieser Mehrsorderungcn ist für den einzelnen Abgeordneten schwer zu verstehen. Bezüglich des Kolonialetats bedauern wir, daß die ganze Schutztruppe in Südafrika noch beibehalten werden soll, obwohl sie nicht mehr nötig ist. In der Sozialresorm wünschen wir keinen Stillstand. Wir stehen auf dem Boden des Aller höchsten Erlasses von 1881 und sind für eine planvolle Weitec- sührung der Sozialreform. Diese muß sich aber gleichmäßig der Arbectgeber und Arbeitnehmer annehmcn. Für die Kanal gebühren müssen wir eine andere Tarifierung dringend befür worten; de elektische Beleuchtung der ganzen 98 lrm langen Strecke des Nordostseekanals ist doch wohl eigentlich ein LuxaS. (Redner wendet sich sortgesetzt nach rechts, also der Journaliften- tribüne den Rücken zu und ist deshalb sehr schwer und nur bruchstückweise verständlich.) Eine Vermehrung der KanalauS- gaben möchten wir insoweit, al- die Kanalverwaltung sür die nötigen Maschinen sorgen soll, damit die Störung des Verkehrs durch das Auslaufen von Schiffen schnell be seitigt werden kann. Im Militäretat beträgt die Ver minderung der außerordentlichen Ausgaben noch mehr al- die Steigerung der dauernden Au-gabcn. Die Vermehrung der Melber-iter-Delachement- begrüßen wir mit Freuden, möchten aber die Frage anregen, ob die Meldereiter ihre erste Aus bildung nicht bester bei der Kavallerie erhielten. Die Forderung von 31000 M. zur Errichtung einer eigenen Druckerei im Krieg-Ministerium soll den Indiskretionen bei geheimen Ertasten, die auf den Redaktionstisch de- „Vorwärts" geweht werden, steuern; wir sind damit völlig einverstanden. Die Vermehrung der Übungsplätze und die Errichtung eine- neuen Remonte- depot-, da- zur Hebung der LandeSpferdezucht beitragen wird, billigen wir gleichfalls. Der schwerwiegendste Teil de- Etat- ist der Marineetat. Die Mehrforderung von S'-ß Mill bei den dauernden Ausgaben de- Marincetat- beruht zum großen Teil auf der Etellenvermehrung, die in der Denkschrift von 1892 vorgesehen ist und im engsten Zusammenhang mit der Ein stellung von drei neuen Kreuzern steht Die Mehrkosten von 1 Mill M sür die Jndiensthaltung der Schiffe sind mir au- den Erläuterungen nicht ganz klar geworden, wir werden da» ia der Budgetkommission näher prüfen Auch über die Ver ¬ wendung des Seebataillon« müssen wir in der Kommission weitere Auskunft erhalten. Bei den einmaligen Ausgaben dr- MarineetaiS findet eine ganz bedenkliche Zunahme statt Namen- meiner Freunde habe ich zu erklären, daß un< diese Steigerung doch am ernsten Bedenken erfüllt. Wir legen un- zwar nicht wie der Abg Richter sür eine Ablehnung aller Positionen sest, aber wir machen unsere Entschließung von der weiteren Be gründung der Forderungen in der Kommission abhängig »nd behalten un- volle Freiheit der Entschließung vor. Ich kann aber nicht verhehlen, daß alle meine Freunde die Anspannungen des Etats sehr hoch finden Eine Verkürzung der ersten Raten würde an sich keine Ersparung, sondern nur eine Verschiebung aus das andere EtalSjahr sein und wäre nur dann zulässig, wenn die Interessen der Marine nicht geschädigt werden Da bei wird Nicht aus dem Auge zu lasten sein, ob unsere Wersten wirklich so leistungssähig sind, daß sie ohne Vergrößerung und ohne Verstärkung des ArbeiterperjonalS die ihnen gestellten Aus gaben erfüllen können Eine Verstärkung des Tempo! wünschen wir nicht und keinesfalls, daß mehr Arbeiter eingestellt werden, die, wenn ein Rückschlag erfolgt, wieder entlasten werden müssen. Wir stehen aus dem Standpunkt, den im vorigen Jahre die Mehrheit dieses Hauses eingenommen hat, daß mit der Er Neuerung unserer Flotte schnttweiie vorgegaugen werden soll, und es thut mir leid, daß der Ches der Marineverwaltung das bisherige Tempo beim neuen Etat leider bedenklich überschritten hat. Es werden zwei neue Kanonenbote als Ersatz für „Hyäne" und .Iltis" verlangt. Damit steht aber im Widerspruch, daß im Etat von 1896/97 der Bau eines Kreuzers damit begründet wurde, daß die beiden Kanonenbote , Iltis" und „Hyäne" au»- rangiert werden sollen. Warum schickt man nicht andere Schiffe nach Ostasien anstatt Kanonenbote, die aus hoher See doch weiter nichts als Nußschalen sind ? Da ich den „Iltis" erwähnt habe, jo kann ich nicht umhin, auch hier den Gefühlen Ausdruck zu geben, die weiteste Kreise des Volkes durchzuckt haben bei der Trauernachricht von dem Untergang des Schiffes und der braven Mannschaft Mit bewunderungswürdiger Bravour, mit dem Gedanken an Bott und einem Hoch für ihren Kaiser und Kriegsherrn aus der Zunge sind diese Braven in den Tod ge gangen. Möge dieses Beispiel der Treue bi- in den Tod in unserem Baterlande wirken! Es hat aus die ganze zivilisierte Welt einen großartigen Eindruck gemacht, und wenn trotzdem von einer Seite versucht worden ist, diese Braven über den Tod hinaus noch mit Schmutz zu besudeln (Zustimmung recht-; Unterbrechungen bei den Sozialdemokraten) ... ich habe es in den Zeitungen gelesen . . . (Zuruse bei den Sozialdemokraten: DaS ist einfach nicht wahr!), so muß gegen ein solches Vor gehen unser Abscheu im höchsten Grade sich regen. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Behalten Sie ihn nur!) Das Vaterland wird diese Braven in Ehren halten, und wir wollen hoffen, daß derselbe Geist der Treue bis in den Tod in der Armee und in der Marine stets sortleben möge. Für notwendig halte ich die Forderung für die Trockendocks. Die vorhandenen entsprechen nicht mehr den Dimensionen der neuen Schiffe. ES würde uns viel leichter fallen, die Marinesorderungen zu bewilligen, wenn die unglückselige Übertragung aus den außerordentlichen Etat nicht immer mehr Platz griffe Nimmt man an, daß die großen Schiffe eine Lebensdauer von 25 Jahren und die kleinen eine solche von 12 Jahren haben, und berechnet man sür die Er neuerung und Instandhaltung und sür den Ausgleich des Ver brauchs dieser Schiffe rund 16 Prozent, so ist es am besten, diesen Prozentsatz in den ordentlichen Etat einzustellcn Meine politischen Freunde sind immer der Ansicht gewesen, daß das Extra- ordinarium nach Möglichkeit zu entlasten ist. Fernersind wirsür eine Verminderung der Schuldenlast. Wenn die Mehrzahl meiner Freundt sich in Bezug aus dir Schuldentilgung sür die Etats von 1895/96 und den lausenden Etat dem Vorschläge des I)r Lieber an- geschlossen hat, so hat sie es gcthan, ohne ihrem Prinzip hin sichtlich des Verhältnisses zwischen Reich und Einzelstaaten un treu zu werden, damit endlich ein Ansang mit der Schulden tilgung gemacht werde. Der Gedanke eines Schutzes der Einzelstaaten gegen wechselnde und unerwartete Forderungen des Reiches ist uns durchaus sympathisch Wenn die größeren Staaten dergleichen unerwartete Ausgaben vermöge ihrer höheren Einnahmen auch leichter ertragen könne» — die kleineren Staaten können diese Belastung aus die Dauer nicht ertragen. Jeder, der nicht will, daß das Reich mehr und mehr aus den Einheitsstaat hinsteuert, sondern seinen föderativen Charakter behält, muß in diesem Sinne dem Vorschläge des Staatssekretärs zustimmen. Wie alljährlich, wird eS auch diesmal notwendig sein, den größeren Teil des Etats der Budgetkommission zur Prüfung zu überweisen. (Beifall rechts.) Siaatssekretär des Reichsmarineamts, Vizeadmiral Holl mann: Meine Herren, ich will Ihre Zeit nur einen kurzen Augenblick in Anspruch nehmen. Ich denke nicht daran, alles Das zu berichtigen, was die Herren Vorredner gesagt haben; dazu ist der Platz in derBudgeikommission, bezw inderzweiten Lesung. Ich halte es aber doch sür meine Pflicht, einige Irr tümer richtig zu stellen, damit sie nicht unbeanstandet in die Welt gehen. Der Hr. Vorredner war im Zweifel darüber, wie die Zahl der Panzerschiffe zusammenkommen könnte, die >m Etat stehen, da ja doch für die Indienststellung, bezw für die Jndiensthaltung nicht so viele bereit wäien. Er ist im Irrtum. Insofern war die Rechnung falsch ausgestellt, als 4 statt 2 Schiffe der Sachsenklassc in Reparatur angenommen waren; cs sind 2 Schiffe der Sachsenklasse, 4 Schiffe der Brandenburgklaffe, 2 Schiffe der Kaiserklasse, „Wilhelm" und „Oldenburg", zur Verfügung, also eine genügende Anzahl, um die Indienststell ungen wahrzunehmen, die im Etat sind Dann hat der Hr. Vorredner schon daraus ausmerksam gemacht, daß in der gestrigen Rede des Hrn. Abg. Fritzen sich auch ein Irrtum eingefchlichen hat. Er bezieht sich auf das prozentuale Ver hältnis des Ersatzes, das notwendig ist für die Marine zur Erhaltung ihres Bestandes. Ich habe mir gestattet, im vorigen Jahre in der Budgetkommission eine Nachweisung darüber zu Protokoll zu geben, welche Beträge notwendig sein würden, um die Flotte aufzufrlschen bezw zu erneuern. Ich habe ganz besonders daraus aufmerksam gemacht, daß es sich dabei aber nur um die Schiffe handeln kann, die bereits vorhanden sind bezw. in früheren Denkschriften für die Marine gefordert waren Wir haben uns damals die Denkschrift von 1879 zur Grund lage genommen Da waren gefordert 14 Hochjeepanzer, 20 Kreuzer, 6 Avisos und eine Anzahl kleinerer Kanonenboote. Wir haben gesagt: wenn wir diese Schiffe heute erneuern wollen mit den Anforderungen, die heute an Schlacht- und Kriegs schiffe gestellt werden, so würden wir natürlich einen sehr viel höheren Betrag brauchen, als er damals zum Bau notwendig war; wir würden nahezu 5 Proz. in die Höhe gehen müssen. Dann kommt der Ersatz der abgegangenen Schiffe, und da halte der Hr. Vorredner schon die Güte zu bemerken: daß für jede Schiffsklasse eine Altersgrenze gesteckt war, der zusolge etwa 5 Pcoz des Gesamtwertes pro Jahr in Anspruch zu nehmen wäre. Danach handelt es sich um eine Summe von 10 Proz. des Bauwertes der Flotte. Wir würden also, wenn wir den Wert der Flotte aus 320 Mill, annehmen, in diesem Jahre zum Ersatz 32 Mill ansordern können. Nun möchte ich aber daraus Hinweisen, daß wir diese Summe lange nicht ge fordert haben — und das ist auch schon von dem Hrn. Vor redner bemerkt worden; ich habe es nur noch in etwas zu korrigieren Der Hr. Vorredner nahm die Umbauten der Sachsenklasse hinzu. Das sind keine Neubauten, sondern nur eine Erneuerung alter Schiffe, und zwar nehmen diese 4 Schiffe in diesem Jahre 3 Mill, in Anspruch. Außerdem sind noch die 7 Kreuzer, die im Etat stehen, wovon 5 im Bau sind und 2 in Bau genommen werden sollen; diese ersordern im ganzen 22 Mill an Teilraten Dazu kommt eine Rate sür Kreuzer „6" von 1'^ Mill. Ich will Ihnen kein lange- Exempel machen; aber wenn Sie nachrechnen, so werden Sie finden, daß die Marine für den Ersatz ihrer Flotte von den 47 Mill, die sür SchiffSbauten angesetzt sind, nur 20 Mtll sür ihren Ersatz in Anspruch nimmt; sie bleibt also gegen diese 32 Mill noch um 12 Mill, zurück DaS ist ein einsacheS Rechenexempel (Heiter krit ) ES mag Ihnen da» unbequem sein; aber ich will damit nur die Marineverwaltung rechtfertigen. Dir Marineveiwalt- ung hat Sie in dieser Beziehung wahrhastig nicht überrascht, und ich werde ja glücklicherweise in der Budgrtkommijsion Ver anlassung und Zeit genug haben, um den Herren mal die Sache klar zu machen, ich bin überzeugt, Sie sehen den Marine etat dann mit ganz anderem Gencht an wie heute (Heiterkeit); ich glaube, daß diese Beweiskraft meiner Rede beiwohnen wird Der Hr. Abg Fritzen sührte gestern 60 Mill, al» Schiffbausorderungen an, aber der Hr Abg. Fritzen vergaß, daß wir ja nicht 60 Mill sür Schiffbau allein sordern, sondern wir sordern 60 Mill einschließlich Armierung mit Torpedos und Artillerie Ich hatte auch da mals in dem Verzeichnis, wa- ich zu Protokoll gab, gesagt: eS handele sich bei den 10 Proz. nur um Schiffbau; dazu komme noch sür die einmaligen Ausgaben im ordentlichen Etat A Wert der Artillerie und der Torpedos Jetzt giebt eS noch eine An gelegenheit, die der Hr. Vorredner zur Sprache brachte. Ich bin glücklich, daß ich daraus eingehen kann; ich wollte eS nicht, wie man sagt, vom Zaun brechen; nachdem aber die Sache an geregt ist, muß ich es sür meine Pflicht halten, einige Worte darüber zu sprechen - daS ist der Verlust unseres „Iltis". Ich bin dem Hrn. Vorredner im Namen der Marine wahrhaft und innig dankbar, daß er dieser Gesinnung Ausdruck gegeben hat. M. H., als diese Schreckensbotschaft nach Deutschland ge langte, ging eS wie eine tiese Trauer durchs ganze Land. Anderseits bin ich überzeugt und glaube die Volksseele richtig verstanden zu haben: eS war ein Stolz in der deutschen Nation, daß sie solche brave Leute zu den ihrigen zählt. DaS Herz erfüllt sich mit Bewunderung über daS Verhalten dieser braven Leute in den letzten Augenblicken ihre- Lebens. Nun habe ich sehr wohl, ebenso wie der Hr Abg. v. Leipziger, in den sozialdemokratischen Zeitungen gelesen, wie man in dieser Partei darüber denkt Diese Angriffe hätten ja von uns in der Presse erwidert werden können Ich habe aber geglaubt, daß wir diese Angelegenheit nicht zum Streite in der Presse machen sollten (Sehr richtig! rechts); ich habe gedacht. eS wird sich wohl Belegenheit finden, im Reichstag darüber zu reden M H, wir wissen, daß in einer stürmischen Nacht im Juli S. M Kanonenboot „Iltis" Schiffbruch gelitten hat; die wenigen Überlebenden, mit denen wir ein Verhör haben an stellen können, haben un» leider sehr wenig Auskunft geben können über die Ursache des Schiffbruch- Es waren Leute, die an der Navigation und der Führung des Schiffe- keineswegs beteiligt waren. Ein großer Teil wurde im Schlafe durch das Unglück überrascht. Was wir darüber erfahren haben, ist dem Lande bekannt gegeben; wir haben nicht- verschwiegen. Über die Ursache des Schiffbruchs wissen wir nichts; daS Eine aber wissen wir, daß das Unglück der Schiffsbesatzung vollkommen unerwartet kam. Ein großer Teil der Besatzung war unter Deck und schlief; es war keine Gefahr in Sicht. Jetzt sah das klcrne Kanonenboot sich mitten auf einem schroffen Felsen riff Der Kommandant, von dem keine Kunde mehr in die Welt gedrungen, keine andere als die Todes nachricht, hat sich sicher, wie er sich umsah, sagen müssen: diese- Schiff ist rettungslos verloren. Es saß aus einer scharsen Klippe. Die schwellende Woge hob das Schiff, die lausende See warf es aus das Riff. Es war ein Werk der Zerstörung, und es konnte sich nur darum handeln: wie lange wird es dauern, bis daS Schiff untergeht! Da war nach mensch licher Berechnung keine Aussicht, daß vom Schiff aus Leute zu retten waren. Kein Mensch wird daran gedacht haben, in diese wogende Brandung hineinzuspringen. Es wußte auch keiner, wie weit das Festland enlsernt war, denn es war stockdunkle Nacht. Sie wußten nicht, wo sie sich befanden Vom Lande war keine Rettung zu erwarten Das Unglück vollzog sich nach kurzer Zeit. Es brach das Schiff mitten entzwei, die Besatzung wurde getrennt in zwei Hälften, die eine war aus dem Hinteren, die andere aus dem vorderen Schiff. Die Leute konnten nicht wissen, welcher Teil sicherer sei, ob die vordere oder die Hintere Hälste. Die einen suchten nach hinten, die anderen nach vorn zu kommen. Nach Aussage der Leute, die wir gehört haben, sagte sich jeder: unsere letzte Stunde hat geschlagen Der Kom mandant, Kapilänlieutenaot Braun, wie er nun mit feiner Be satzung diesen grausigen Tod vor Augen hatte, gab sich nicht der Todesfurcht hin, was man vielleicht hätte entschuldigen können unter diesen schwierigen Verhältnissen. Er war mit seiner Besatzung eingedenk des Eides, den er vor Gott Sr. Majestät dem Kaiser geschworen hatte, auszuharren bis zum letzten Augenblick und Ihm Treue zu bewahren, bis sich das Auge schließt. Was thaten die Leute? Sie besiegelten mit einen: Hoch auf Se. Majestät den Kaiser diesen Eidschwur, und kurze Zeit daraus war es mit ihnen zu Ende. M. H., es ist wohl gesagt worden, warum haben die Leute nicht zu Gott gerufen? Warum haben sie an ihren Kaiser gedacht und nicht an ihren Gott, dem sie in wenigen Augenblicken vor Augen stehen sollten? Da muß ich sagen, m. H , ich bin der Über zeugung, das kann nur ein wahrer Christ, was diese Leute ge- than haben. (Sehr richtig! Bravo! rechts.) Wenn sie ihren Kaiser vor Augen haben, so haben sie auch ihren Gott vor Augen! (Widerspruch und Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.) Sie haben, m. H., an die Obrigkeit gedacht, die ihnen Gott gesetzt hat (Lebhafter Beifall rechts), und diese Obrigkeit war ihnen das Heiligste in ihrem Herzen. Wie man diese Sache ins Lächerliche ziehen kann, kann ich nicht begreifen. (Sehr richtig! Bravo! recht-) Ich spreche ohne Zorn, m. H., ob gleich ich wohl Veranlassung haben könnte, über die Gesinnung, die sich gezeigt hat meinen braven Ka meraden gegenüber, zornig zu reden Ich habe mir aber vorgenommen, das zu unterdrücken. (Bravo!) Ich will in ruhiger Weise die Thatsache hier erzählen. Al;o, m. H., was war der Grund zu dieser That? Nach meiner Auffassung: die Leute sahen keine Rettung, kein Mensch konnte daran denken, dem Tode zu entrinnen, und nur durch einen wahren Zufall sind die wenigen gerettet worden. Der Zufall ist der, daß das Schiff von der Brandung abfiel und nicht in dieselbe hineingeworfen wurde. Wäre das letztere erfolgt, dann hätte keine Seele Kunde von dem gebracht, was sich ereignete. Es war also keine Aussicht auf Rettung, nach der Voraussicht dieser Leute konnte kaum Kunde von ihrem Thun in die Welt dringen. Also keinerlei Rücksichten irgendwelcher Art, nichts Derartiges, keine Nebenumständc konnten sie dazu führen, zu diesem Hoch aus den Kaiser, zu diesem Beweis ihrer Treue — nein, nur das innere Bedürfnis. Sie waren dem Tode ge opferte Leute, trotzdem vergaßen sie ihre Pflicht nicht; ja, sie setzten sie über die TodeSsurchi. Das waren Helden! (Lebhafte» Bravo!) Der Reichstag, die große Majorität des Reichstags und hinter dem Reichstag das ganze Land werden nicht einen Augenblick zweiseln, davon bin ich überzeugt, diesen Leuten die Palme des Sieges znzuerkennen. (Lebhaftes Bravo!) Sie haben sich selbst bezwungen und der Hr. Vorredner hat mit vollem Rechte gesagt, das ist ein schönes Beispiel, cs ist auch für un» ein leuchtendes Beispiel, und die Versicherung kann ich Ihnen geben, es giebt in der Marine keinen, nicht hoch nicht niedrig, der nicht sagte, er möchte den Leuten nacheifern und es möge ihm in der letzten Stunce, wenn der Tod gewaltsam er folgt, ein ebenso schönes Ende beschicken sein. (Bravo!) Ich weiß nicht, ob die Zeitungen die Gesinnung Ihrer Partei (zu den Sozialdemokraten gewendet» kundgegeben haben Ich hoffe es nicht und kann es auch nicht glauben, aus dem Grunde nicht glauben, weil ich den Glauben an die Menschheit verlieren müßte, wenn ich das annehmen sollte. Die That entspringt der edelsten Regung einer menschlichen Seele, und das muß überall durchdringen (Lebhafter Beifall.) Staatssekretär der Reichsschatzamts Graf v Pofadowsky: Dem Hrn Vorredner aus dem Hause möchte ich bemerken, daß ich bezüglich »er Einnahmen aus den Zöllen nicht auf die wirt schaftlichen Verhältnisse Bezug nahm, sondern nur die absoluten Zahlen nannte. ES kann kein Zweifel fein, daß das Getreide, das nach Deutschland kommt, das hier verzehrt wird, auch hereingekommen wäre, wenn der Zoll 1 M 50 Pf. höher ge wesen wäre. Der Abg Richter hat seine Ausführungen gestern basiert auf da» Mißgeschick der Reichsregierung bei der Finanz- rcform; er wie» darauf hin, welche Summen zur Verfügung ständen, wenn jene Fmanzreform angenommen wäre Hätte man für jene Finanzreform Propaganda machen wollen, man hätte eS nicht erfolgreicher thun können, als es der Abg Richter that. Eine so günstige Entwickclung, wie sie wirklich eintrat, konnte weder die ReichSregierung noch der Abg Richter vorauS- sehen. In der zweiten Reformvorlage ist der Gedanke fester Mehrüberweisungen fallen gelassen worden, sie ging nur von dem Gedanken einer Bilanz zwischen Einnahme und Ausgabe auS, d. h zwischen Überweisungen an die BundeSstaatcn einer seits und der Forderung von Mairikularbeiträgen anderseits. DaS heißt nichts wie: da» Reich sollte, wie jeder Einzrlstaat, auf feine eigenen Einnahmen mit leinen eigenen Autgaben an gewiesen sein Ich glaube, e» giebt Kin größeres Kompelle für eine sparsame Finanzwirlfchast und ich bin überrascht, daß gerade dieser Punkt der Finanzreform feiner Zeit dem Hrn Abg Richter völlig entgangen ist Das Finanzreformgesetz be zweckt aber ferner eine Sicherung der Bunde»staaten gcgen die wechselnden und wachsenden Anforderungen des Reichs und keine Dialektik wird das Berechtigte dieser Forderung der Bundt-staalen auS der Welt schaffen Man kann in den Einzel staaten keine geordnete Finanzwirtschaft führen, wenn man nicht weiß: welche Forderungen kommen vom Reiche, für welche Forderungen des Reiches muß im eigenen LandeSausgabe- etat unter allen Umständen der Platz sreigehalten werven, um diesen Forderungen des Reiches zu genügen? Für die eigenen Finanzen können die Bundesstaaten sich ein richten, da können sie die notwendigen Ausgaben im Notsalle zurückstellen, aber die Matrikularforderung des Reiches ist eine unabwendbare, die muß beschafft werden; das bisherige Verhältnis für die Einzelstaaten ist deshalb um so schwerer, weil sie nicht vorausjehen können, welche Forderungen im eigenen LandeSetat neben der Leistung an das Reich berück sichtigt werden können Schließlich wollte das zweite Finanz- resormgesetz eine Schuldentilgung durch den Ausgleich M H, im Reiche — das kann ich Ihnen vertraulich jagen — gebe ich den AuSgleichSsonds gern preis; denn eS ist meines Er achten» vollkommen gleichgiltig, ob ich in einem guten Finanz jahre die Überschüsse dazu verwende, um Reichsanleihe auf zukausen, in einen Reservefonds zu legen und aus diesem Reservefonds die Anleihescheine wieder zu verkaufen zur Deckung von Fehlbeträge» in kommenden Jahren (Zuruf links) — die preußischen Verhältnisse liegen ganz anders, hieraus darf ich leider nicht eingehen — oder ob man in guten Jahren, wie im lausenden Jahre, aus Grund der lex Lieber die Ueberschüsse von den offenen Krediten abschreibt und demnächst in Fehl jähren das Anleihekonto höher belastet (Zuruf links.) Ich glaube, Hr. Abg. Richler, ein solcher Gedanke der Finanzierung müßte doch Ihren bisherigen Anschauungen auch entsprechen, Sie haben sich früher wiederholt dasür ausgesprochen, man solle keine obligatorische Schuldentilgung im Reiche machen, sondern nach Maßgabe der jeweiligen Ueberschüsse, und man solle in schlechten Jahren dasür das Extraordinarium höher bc lasten. Ich bin allerdings der Ansicht und freue mich, wenn der Hr Abg. Richter das bestätigt, daß man aus diesem Wege dasselbe erreichen kann, was durch den Ausgleichssouds erreicht werden sollte M H., diese ganze Finanzreformgesetzgebuug ist feiner Zeit sofort mit dem Schlagwort Automatengesetz be zeichnet worden; ich glaube, der Hr Abg Richler nimmt die geistige Urheberschaft dieses Bonmots sür sich in Anspruch ES »st ein Ünglück unserer Zeit, daß man mit einem Schlag wort alles tot machen kann. Sobald ein Schlagwort durch die Öffentlichkeit läuft, fühlt keiner mehr die Verpflichtung, selbst zu prüsen, selbst zu denken, sondern man findet sich bequem mit diesem Schlagwort ab M H, wenn man dieses zweite Finanzresormgesctz ein Automatengesetz nennen will, so ist meines Erachtens jedes Finanzgcsctz ein Automaten gesetz, welches eine spezielle finanzielle Gebarung vorschrcibt. Dann könnte man ein Komptabilitätsgesetz, was von der linken Seite des Hauses wiederholt verlangt wird, auch ein Automatengesetz nennen. (Sehr richtig! rechts.) M. H, ich gebe die Hoffnung nicht auf, daß eine Einigung zwischen dem hohen Hause und den verbündeten Regierungen dahin stattjin den wird, daß einerseits die Bundesstaaten gegen unerwartete Forderungen des Reichs geschützt werden, und daß anderseits in der Schuldentilgung nach Maßgabe der finanziellen Ent wicklung im Reiche fortgefahren wird. (Bravo! rechts.) Ter Hr. Abg. Richter hat dann wieder eine sehr herbe Kritik geübt an der Finanzierung des Etats. Er hat gesagt, noch nie habe sich eine Regierung so abgewendet von ihrem eigenen Verfahren im vorhergehenden Jahre. 70 Mill Mehrüberweisungen könnten unter Umständen die Bundesstaaten im nächsten Jahr bekommen, und dabei macht man 56 Mill M. neue Schulden. Er hat dann darauf hingcwiesen, man hätte in diesem Etat ebenso ver fahren sollen, wie das durch das Gesetz, welches der Hr. Abg. Lieber im Hause eingebracht hat, geschehen ist Die Icx Lieber hat aber mit der Finanzierung des Etats absolut nichts zu thun, und ich will Ihnen sofort nachweisen, warum nicht. Ein Etat kann nur aus Grund von Schätzungen ausgestellt werden, und Schätzungen bei den Etats können sich nur ausRechnungs crgebnijse vergangener Jahre stützen. Eine solide Etatswirl- schaft muß indes für diese Schätzungen feste Grundlagen haben Der Hr. Abg. Richter, weiß ich, wünscht aber keine festen Grund sätze bei der Aufstellung des Etats; er will die Einnahmen nach den wechselnden Konjunkturen feststellen. Ich habe aber im Plenum dieses hohen Hauses, wie in derBudgeikommission ans geführt, warum eine derartige Elatisicrung unbedingt schädlich wäre. Wenn wir den Etat finanziert hätten, wie es der Herr Abg. Richter will, dann müßten wir den Schuldtitcl dadurch ganz verschwinden lassen, daß wir die Einnahmen so in die Höhe schrauben, daß sie hinrcichen, nun auch das Extraordinarium mit zu decken Was heißt das aber? Wir würden dann Aus gaben feststellen, obgleich wir gar nicht sicher sind, ob wir die Einnahmen im nächsten Jahr in dieser Höhe bekommen; denn dazu sind eben die Durchschnittssützc von günstigen und un günstigen Jahren in den Einnahme» berücksichtigt, um einem derartigen Defizit zu entgehen. Und was würden wir weiter thun ? Wir würden das Defizit im Reich, das durch Schulden be glichen werden soll, vorläufig allcidings vermeiden; wir würden das Defizit aber aus das Konto der Einzelstaaten schieben; denn die Einzelstaaten würden, wenn diese Übelweisungseinnahme» nicht eingehen, ihrerseits dasür durch die gleich hoch bemessenen Matrikularbeiiräge vor den Riß treten müssen In der Militär kommission, m. H, hat der Hr. Abg. Richter das sehr gut er kannt, denn da sagte er von einem ähnlichen Verfahren, welches angeregt worden war, wörtlich: „Tie clausula, Frauckenstein soll jetzt matigesetzt werden. Das hieße die finanziellen Ver legenheiten des Reichs aus die Einzelstaaten übertragen " Also, m. H., ein solches Schätzungsverfahren ist meines Erachtens nicht durchführbar, und auch der Hr. Abg. Richter hat den springenden Punkt, der gegen ein solches Schätzungsversahren spricht, in der Militärkommission sehr richtig heraurgefunden Er hat auch selbst gesagt: ans so hohe Zolleinnahmen können wir in Zukunft nicht immer rechnen, denn die Haupteinnahmen kommen aus den Zöllen aus Getreide, und die Getreideeinfuhr ist bekanntlich eine wechselnde. Was hat aber nun der Antrag Lieber gcthan? Der Antrag Lieber hat nicht über Einnahmen im Etat disponiert, die wir noch nicht haben, sondern er hat bestimmt, daß, wenn aus den Überweisungen aus Grund der Rechnungen mehr eingeht als im Etat veranschlagt ist, dann ein Teil zur Schuldentilgung verwendet werden soll. Das ist etwas ganz anderes, denn bci einer Etatsveranschlagung über die Durchschnittsiätze hinaus wird über Summen disponiert, von denen wir nicht wissen, ob sie eingehcn ; der Antrag Lieber disponiert aber über Summen, soweit sie wirklich aus Grund der Rechnungen eingchen M. H., das ist überhaupt die Schwäche unseres ganzen finanziellen Verhältnisses zum Reich, daß wir im Interesse einer soliden Etatsaufstcllung gezwungen sind, die Einnahmen nach Dnrchschnittssätzen in den Etat ein zustellen und das Reich gleichzeitig mit Schulden zu belasten, daß aber aus Grund der Rechnungen den Bundesstaaten trotz dem noch erhebliche Mehrüverweisungcn zufließen Während wir Schulden machen aus Grund des Etats, fließen den Bundesstaaten die Überweisungen auf Grund der Rech nungen zu, und diesem Übelstand, der für die Bundes staaten wie sür das Reich meines Erachtens gleich groß ist, muß eben durch ein Finanzresormgesetz abgeholsen werden, und ich kann mir denken, daß man sehr wohl ein Finanzresormgesetz vcreibaren kann, welche- die Bundesstaaten gegen die Schwankungen sichern und in vernünftiger Weise die Schuldentilgung im Reiche sortsühren kann Wenn der Hr Abg Richter gesagt hat: wenn wir so fortsahren. wie cs der Hr Schatzsekietär will, dann kommen wir apodiktisch zu neuen Steuern, so kann ich ihm erwidern: ich wünsche apodiktisch keine neuen Steuern, und ich werde alle Diligenz daran setzen, um die Forderung neuer Steuern so lange hinzuhalten, wie nur irgend möglich «Bravo! rechts und in der Mitte ) Der Hr Abg Richler hat ferner di, Zuckersteuer erwähnt und hervor gehoben, sie hätte nicht mehr eingebracht, als vor dem neuen Gesetze Das sollte sie auch nicht Die Prämie sollte nur im Interesse der Landwirtschaft und Industrie er höht werden» der Export sollte gefördert werden. Ich halte es für ungerechtfertigt, naL fo kurzer Zeit über ein Gesetz den Stab zu brechen Alle Klagen, welche jetzt gegen das Besetz erhoben werden, sind nicht- al» ein Kamps um das Kon tingent. Ter Abg Richter will kein Kontingent, weil er den Rübenbau nicht behindern will, er meint, wir möchten die Prämien sollen lasten und uns über die Steuer einigen Ich bin neugierig, wie er sich die Ausführung in der Praxi» denkt.
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