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Wettengel. Gläsel. Berlin, 15. December. Die Erledigung der Civil-Ehe-Vorlage durch «ine Commission ist jetzt definitiv aufgegeben, nur die Clericalen find dafür. Die erste Lesung wurde bis Mittwoch verschoben, weil eine freie Commission von Delegirten aus allen Fraktionen außer derjenigen der Ultramontanen für morgen V-rbrfferungSanträge bezüglich der eventuellen Bestellung von Geistlichen zu Standesbeamten, der Koftenüdernahme durch den Staat und nicht durch die Gemeinden und der Eintheilung der Amtsbezirke vorberetten will. Die Zustimmung der Regierung wie deS Herrenhauses zu den einzelnen Amendement ist gesichert. Berlin, 15. December. Die liberale deutsche Presse beschäftigt sich an leitender Stelle fast durchwegs mit dem Gesetzentwürfe über die obligatorische Civil-Ehe. Sie preist eS als den ersten durchgreifenden, weil organisatorische« Schritt in de« Kampfe gegen Rom, daß die preußische Regierung sich endlich entschlossen hat, dem verderblichen Einflüsse deS CleruS auf die Familie einen Riegel v»rzuschtebe». Einigermaßen verstimmend wirkt nur der 8. 6 des Ent wurfes, welcher der Regierung das Recht vorbehält, auch Geistliche mit der Schließung von Ehen und der Führung der CtvtlstandSregtster zu betrauen. Die liberalen Blätter trösten sich mit der Zuversicht, daß sich gar kein katholischer Geistlicher finden wird, welcher unter den gegebenen Verhält nissen die Führung der StandeSregister und die Schließung von Ehen überneh men möchte. Wir theilen diese Zuversicht schon deshalb nicht, weil sie mit de« Wortlaute deS Gesetzes in Widerspruch steht. Nach 8. 6 nämlich ist der mit den in Rede stehenden Functionen betraut- Geistliche nicht nur ermächtigt, son dern auch verpflichtet, dieselben zu übernehmen, und in Anbetracht des Umstan des, daß eS vielfach an qualificirten Personen mangeln wird, hat diese Bestim mung auch einen guten Sinn, zumal die Anstellung der CivilstandSbeamten eine jederzeit widerrufliche ist. Gleichwohl wird 8. 6 zweifellos scharfe Debatten im Abgeordnetenhause Hervorrufen, und es wird immerhin als eine beträchtliche Verbesserung deS Entwurfes angesehen werden können, wenn sich die Regierung entschließt, den 6 fallen zu lassen. Denn geleugnet kann eS nicht werden, daß die Befürchtung, eS könne durch die Anstellung von Geistlichen eine arg« Verwirrung hervorgerufen werden, eine begründete ist. Berlin, 1ö. Dec. Die Leiche der Königin-Wittwe wird in der Nacht vom Dienstag zum Mittwoch nach Potsdam bis zur Wildparkstation, von da nach Park Sanssouci und nach Schloß Sanssouci gebracht. Hier findet die Ausstellung Statt. Das Bcgräbniß erfolgt am SamStag in der Friedenskirche neben Friedrich Wilhelm IV. Die Schlösser Sanssouci bei Potsdam und Char lottenburg, welche der Hingeschiedenen Königin als Wittwensttze bestimmt waren, kommen nun wieder an die Krone zu unbeschränktem Gebrauche zurück. Seit 1805, da die Mutter König Friedrich Wilhelm'S III. hier gestorben, hat in Preußen kein Todesfall einer vrrwittweten Königin Statt gefunden. Im Jahre 1797 war Friedrich'- deS Großen Witlwe, fast 82 Jahre al', gestorben. Man vermuthet, daß die Armee auf einige Zeit Trauer anlegen werde. Berlin, 17. Decbr. Der „Reichsavzeige»" publicirt eine Verordnung vom 6. Decbr. über den Wortlaut deS künftigen BischofSeideS, wonach die Bischöfe den Staat-gesehen Gehorsam schwören und sich eidlich versuchten, die geistlichen Gemeinde zu Treue gegen de» König und zur Vaterland-liebe, sowie zum Gehorsam gegen die Gesetze anzuhatten und nicht zu dul»m, daß dir un- lergebenen Geistlichen hingegen Lehren und Handeln und femer gelobe», keine di- öffentliche Sicherheit gefährendr Gemeinschaft oder Verbindung innerhalb und außerhalb des LanveS zu unterhalten. Bei Kenntniß von solchen dem Staate nachkhetlige Anschläge verpflichten sie sich, letztere auzuzeigen. Berlin, 17. December. Das Abgeordnetenhaus erledigte die erste Br- rathung deS CivilehegesetzeS. Der EultuSminister rechtfertigt die Vorlage. Die prirrciptelle Regelung der Frage sei nur durch di: obligatorische Civilch: mög lich, was Staat und Kirche auf dm Ihnen gehörigen Boden stelle. Der Roth stand der durch von gesperrte» Priestern geschloffenen und deshalb ungiltigen Ehen entstanden, sei um so größer als die davon getroffenen Personen bei der Allgewalt deS katholischen CleruS den Ansprüchen der StaatSregierung keinen Glauben schenken. Der Minister erklärt, die Regierung lege au- praktischen Gesichtspunkten größere» Werth darauf, daß auch Geistliche zu EtvilstandSbe« amten ernannt werde» könnten. Während der Rede tritt BiSmarck ein. Als Tage-geschichte. Eine mannhafte Antwort auf päpstliche Anmaßung. Folgende- ist der Wortlaut der Note, mit welcher der schweizerische BundeS- rath dem päpstlichen Nuntius seinen Beschluß, betreffend die Aufhebung der per manenten Vertretung de- heiligen Stuhle- in der Schweiz, zur Kenntniß bringt: Bern, 12. December 1873. An Msgr. Agnozzi, Geschäftsträger des heilige» Stuhles in der Schweiz! Am 8. d. M. erhielt der BundeSrath durch die Ge- sandlschaft der schweizerische» Eidgenossenschaft bet Sr. Majestät dem König von Italien den ofstciellex Tert eines DocumenlS mitgetheilt, welches, „Lpmtola Lne^clioa" von Sr. Heiligkeit dem Papste PiuS IX unter dem Datum deS 21. November 1873 an die Patriarchen, Primate, Erzbischöfe und Bischöfe der katholische» Kirche erlasse» worden war. Wenn dieses Document, welches in der Schweiz zur vollständigen Veröffentlichung gelangte, welche die Preßfreiheit bedingt, sich auf die Bekanntmachung der Beschlüsse deS obersten Pontifer der römische» Kirche betreffend Frage» der Doktrin und DiScipltn beschränkt hätte, so würde sich der BundeSrath nicht im Geringsten mit ihm beschäftigt haben. Die Glaubensfreiheit in den verschiedenen Konfessionen hat er dis jetzt immer geacht.t und er wird sich auch ferner bemühen, derselben Achtung zu verschaffen Aber die Encycltca vom 21. November 1873 enthält und präcistrt, betreffend verschiedene in der Schweiz gesetzlich constltuirte Behörde» und gewisse von diesen Behörden regelmäßig gefaßte Beschlüsse, Anklage» direciester und schwerster Natur. Unter der Zahl dieser Anklage» figurirt die der Verletzung deS öffentlichen Glau bens und die, mit der Ausweisung eines Priesters aus dem schweizer Gebiet einen schimpflichen Act voller Schande für seine Anordner wie für seine AuS- führer begangen zu habe». Obwohl die weltliche Gewalt deS Papstes nicht mehr besteht, glaubte der BundeSrath die d.plomatischen und officiellen Bezieh ungen mit dem heiligen Stuhle bis jetzt erhalten zu müssen. Er that dies au- Rücksichl für den obersten Pontifer und dessen gegenwärtige Lage, aus persön licher Achtung für den gegenwärtigen Geschäftsträger de- heiligen SmhleS, Dessen versöhnendem Geist er gem volle Anerkennung zu Theil werden läßt, und au- Achtung für die religiösen Gefühle der schweizer Katholiken. Da aber der Papst mit Beachtung dieser Beziehungen und daraus nothwendig folgenden Rücksichten mit großem Aufsehen gegen die schweizer Behörde» und ihre Grund lagen schwere und wiederholte Anklagen erhebt, liegt eS in der Pflicht und Würde des BundeSrathcS, zu der Ueberzeugung zu gelange», daß eine perma nente Vertretung deS heiligen Stuhles in Ser Schweiz unnützlich geworden ist. In Folge dessen hat der BundeSrath mit der Bitte, seiner Regierung davon Mitthe.lung zu mache», die Ehre Msgr. Agnozzi zur Kenntniß zu bringen, daß in Folge der Handlung-weise »eS heilige» Stuhle- die schweizerische Eidgenossen schaft den Geschäftsträger deS Papste- nicht «ehr als bei ihm accredi- tirten diplomatischen Vertreter anerkennen kann. Der BundeS- rath ersucht Msgr. Agnozzi, ihm das Datum, auf welches er seine Abreise fest- zustelle» beabsichtigt, mitzutheilen Veritfchkand. und partiempei « , - Ä 5 t , g-gen sofortig- Bezahlung WWÄntn de» vor Beginn der Auktion bekannt zu machenden Bedingungen an die Meistbietenden versteigert werden. Hef die zu versteigernden Hölzer vorher besehen will, hat sich an den mitunterzeichneten Forstinspector zu wenden. KöNW. Forßrentamt Eibenstock imd Revierverwaltmrg Allersberg, . - am 17. December 1873. derselbe Seitens eines Mitgliedes vom Centrum an seine früheren abweichenden Ansichten über diese» Gegenstand erinnert wird, erklärt er, ich bin heute kein Fraction-mitglied mehr, bin Minister und muß mich der persönliche» Meinung dem StaatSgedanke« unterordnen. (Stürmischer Beifall.) Posen, 15. December. Anläßlich der bevorstehenden AmtSentsetzung de- Erzbischofs LedochowSki schreibt dessen Letborga», der „Tygodnik Katolicki" u. A. folgendes: Bereiten wir u iS auf eine r schrecklichen Augenblick vor, auf den, wo unser hochwürdigster Oberhirt ins Gefängniß abzeführt oder sogar d«S LandeS verwiesen wird. Aber was auch eintreten mag — ob er hinter de« Gefängnißgitter über die gerechte» Gesetze deS SlaateS Nachdenken wird, der ihn noch vor Kurz m mit ausgezeichneter Ehrerbietung umgab und ihn nach Ver sailles einlud und wissen ließ, daß er eS wünsche, wenn er die Stimm- für den Heiligen Vater erh be — dieses Staate-, welcher sich brüst-t, an der Spitze der Cultur zu marschtren und wie kein anderer als Rechtsstaat zu sein, ob er das Schicksal der MermillodS oder LachatS theilen wird — überall hin wird ihm die Liebe und Achtung und der Gehorsam seiner Geistlichkeit und frommer Schäflei» folgen. Diesem und keinem anderen Hirten, mag er mit kaiserliche» Diplomen versehen sei», oder Engelskleider anhaben, werden wir alle gehorchen — alle ohne Ausnahme, die wir fest zu unserem katholischen Glauben stehe» und unserer Schwüre eingedenk find. Kassel, 14. December. Wie vorauszusehen war, haben die von dem evangelischen Gesammt-Confistorium zu Kassel in Folge ihrer beharrlichen Reni tenz abgesetzten neun Pastoren NiederheffenS, an ihrer Spitze der streitbare Vil mar in Melsungen, in bündigster Form erklärt, daß sie die über sie v : hängte Maßregel, als von einer widerrechtlich eingesetzten Behörde ausgehend, nickt an erkenne« und sich daher, die ja allein nur von Christus abgesetzt werden können, auch fernerhin al- die rechtmäßigen Seelsorger der betreffenden Kirchspiele be trachten. Gleichzeitig behaupten die Herren, daß auch die bisher von ihnen ge leiteten Schafe keinen neuen Hirte« folgen, so«der» die Heilmittel der Religion allein nur von den Abgesetzten verlangen dürfe». E'ne Zuwiderhandlung gegen den kirchlichen UkaS würde also eine neu: Art Ketzerei bedeuten. Indessen ist selbst in den Gemeinden der Abgesetzten die Zahl dieser verumthlichen Ketzer so groß, daß bei der Schlußbilanz die ganze Opposition ei» sehr ärmliches Re sultat aufzuweisen haben wird. Mit Genehmigung deS Reichskanzlers wird bestimmt, daß die nach der Bekanntmachung vom 16. Nsv. eingeführte» Formulare zu Post-Packetadreffe» vom 1. Januar 1874 ab für sämmtliche innerhalb des Deutschen RetchSpost- gebietS zur Einlieferung kommenden Packete, und zwar sowohl für die gewöhn liche» und rekommandirten Packete, als auch für die Packete mit Werthangabe in Anwendung zu bringen find und Begleitadreffen anderer Art demnächst an den Postanstalte» nicht mehr angenommen werden. I» Betreff der Benutzung der Post-Packetadreffe» wird auf die Vekan»tmachu»g vom 18. November Be zug genommen. Im Besonderen wird darauf aufmerksam gemacht, daß da- Einlegen offener oder geschloffener Briefe in die Packete nur bet den Versen dungen innerhalb Deutschlands, sowie nach Oesterreich-Ungar» gestattet, dagegen bei de» Packeten »ach anderen Ländern nicht zulässig ist. Der Coupon der Post-Packetadreff-n darf zu brieflichen Mtttheilungen im Verkehr innerhalb Deutschland-, sowie »ach Oesterreich-Ungarn, der Schweiz, Norwegen, Schwe den, Dänemark und Helgoland verwendet «erden; bet Packeten und andere» Ländern ist nur die Angabe he- Namen- und Wohnort- des Absender- gestat tet. Formulare zu Post-Packetadreffe» find so» jeder Postanstalt und durch die bestellenden Bote» zum Preise von 3 Pf. für 5 Stück zu beziehen. Oesterreich. Wie», 13. Dec. „Franz Deak legt sein Mandat nieder." Diese selt same Kunde aus Pesch beherrscht heute Alles. Sie ist officiel hieher gemeldet worden. Der stebenzigjähriae Mann, durch Alter und Krankheit gebeugt, scheint seiner Auflösung mit Riesenschritten entgegenzugeh«, — anders ist wohl sein Verlassen der Arena gerade in diesem kritischen Momente nicht zu deuten. Un garn wird sich sobin auf eine noch trübere Stunde gefaßt machen müssen. Der Vater des Ausgleich- legt da- Scepter, welche- er so maßvoll und weise geführt, in einer Zeit nieder, in welcher sein Leben-werk eben die schlimmste Probe zu überstehen hat. Von recht- und von link- sucht man gleichzeitig da- Resultat seines Mähens und Schaffens zu unterwühlen, und diejenigen, welche diese- Kleinod zu schützen berufen wäre», die Führer der Deakpartei, verzehre» sich in gegenseitiger Beshdung und jähem Mißtrauen, eine- verderblichen persönlichen ErgeizeS voll. Heute richtet sich vor dem Patriotm Ungarn- drohender denn je die Frage auf, ob sein Vaterland überhaupt fähig fei, mareriel jene Selbstän digkeit zu ertrage» und durchzufiihren, die ihm der Ausgleich von 1867 geschaf fen und erwirkt hat. War doch noch in de» letzten Tagen, obwohl Deak'S Schatten noch Alles zu regiere» schien, die Unbotmäßigkeit der Einzelne», um nicht von Undank zu reden, gefährlich weit gediehe». Ma» hörte Deak'S Ein fluß oft genug als den Urquell all der inneren Zerrüttung bezeichnen, an wel cher Cabinet, Partei und Vaterland brach lagen. Freilich wagte sich derlei noch nicht auf de» offene« Markt, nicht auf die Straße, nicht in das Parlament. Aber in vertraulicher Clubfitzung entfiel manch verwegene-, pietätlose- Wort, und nun mag auch bald wohl die letzte Rücksicht schwinde». Der „alte Here"