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rbso «er ien t« allerherzlichsten Beziehungen herrschen? Deutschland. Berlin, 5. Roo. Das Unwohlsein des Kaisers ist fast ganz gehoben, doch ist demselben von den A-rzten große Schonung empfohlen worden, und damit erscheint eS sehr zweifelhaft, ob der Kaiser, wie eS allerdings in de: Absicht lag, den Landtag in Person wird eröffnen können. Die Verschiebung vcS EröffnungStermmS des Landtages vom 10. d. M., wie «S allerdings be schlossen war, auf den 12., soll übrigens auch mit Rücksicht auf das Unwohl sein des Kaisers erfolgt sein. Berlin, 5. Nosember. Die heutige Prov.-Eorresp. erklärt als Gesammt- ergebniß der ihr vorliegenden Wahlnachrtchten einfach und rund; „Der Schwer punkt des Abgeordnetenhauses wird unzweifelhaft in der liberalen Partei liegen." Zu diesem wichtigen Resultate hat — allerdings neben anderen Umstände» — namentlich auch das in zahlreichen Wahlkreisen treu beobachtete Zusammengehen der verschiedenen Abschattungen der großen liberalen Gesammtpartei wesentlich mitgewirkt. Es läßt sich wohl hoffe», daß dieses Zusammengehen auch im Hause selbst fortvauern und sich noch weiter befestige» wird. Die Regierung wird da»» im Hause für eine energische liberale Politik eine zuverlässtge Stütze, gegen et waige AbwetchungSversuche aber auch eine» kräftigen Widerstand finde». Stettin, 5. November. Auf eine Anfrage eines hiesigen HandlungS- hauseS bei dem ReichSkanzleramt über die Sicherheit deutscher Schiffe in spani schen Bewässern ist, wie die „Ostsee-Ztg." meldet, von diesem mttgetheilt, „daß in spanischen Gewässern zwar Schiffe Seiner Majestät Marine zum Schutze deutscher Interessen stationirt find, für die Sicherheit einzelner Handlung-Unter nehmungen indeß selbstverständlich keine Gewähr zugesagt werden kann." Posen, 6. November. Heute ist der gepfändete Galawagen nebst Pferde« des Erzbischofs LedochowSki öffentlich vom KrelSgericht verkauft worden. Käufer war ei» Polnischer Kellner, welcher mit 612 Thlr. Meistbietender blieb. Das „vraunschw. Tgbl." berichtet über die bereits telegraphisch gemeldete Niederlage der Soctalisten in Meerdorf: Gestern, 2. November, tagte hteselbst, wie eS 14 Tage zuvor durch Placat bekannt gemacht war, eine Abiheilung der Braunschweiger Social Demokraten, an deren Spitze Herr Bracke juo. als Redner stand. Derselbe machte im Eingänge seiner Rede die Bemerkung, daß der nie dere Stand, z. B. Arbeiter rc. nicht mit gleicher Gerechtigkeit, den Reichen und Wohlhabenden gegenüber, behandelt «erde und führte als Beweis dafür unser Wahlgesetz an, namentlich das der Stadt Braunschweig für die Wahl der Stadt verordnete». Dann bezeichnete der Redner das Reichs Wahlgesetz als et» gutes und löbliches, machte aber dabei die Bemerkung, daß Herr v. Bismarck, seiner Anficht nach, dieses Gesetz nicht mit UeberzeugungStreue ausgearbeitet habe. Hier wurde der Redner durch die Bemerkung unterbrochen, daß eS sich nicht gezieme, eine so hochstehende Person in öffentlichcr Volksversammlung zu vemnglimpfen. Bracke verbat sich zwar die Unterbrechung, konnte aber deS entstehende» Tumults wegen nicht wieder zum Rede» gelangen, wobei man häufig de» kräftigen Ruf hörte: Bracke heraus: Nachdem der Lärm etwa ; Stunde gewährt hatte, machte Bracke mit seinem Anhänge Anstalt zum Abgchen. Nun entstand ein Schubsen und Stoßen, wobei die Socialisten Re- vcloer aus den Taschen zogen, um die aufgeregte Versammlung zu schrecken. Dieö hatte aber die entgegengesetzte Wirkung: Die Waffen wurden den Händen der Svcialtsten entwunden, eö entstand eine allgemeine Rauferei, wobei zerrissene Kleidungsstücke und auSgeraufte Haare genug zum Vorschein kamen. — Rach einem Bericht, welchen der „VolkSfreund", das Orga» der Braunschweiger So- ctaldeu okraten, bringt, wäre Herr Bracke „mit einigen Rippenstöße», Püffe» und Knüffen, mit einem zerrissenen Vorhemd, dem Verlust vvn fünf Haare» und mU zerbrochenem Stocke" davongekommen, während seinem Consrater Tanz nach Verlust seines mit drei Schuß geladenen Revolvers „die Uhr zerbrochen, der Stock abhanden gekommen und die sämmtlichen Kleidungsstücke, vom Ueber- zteher bis zum H.mde zerrissen" seien. Frankreich. Die „Republique franxaise" bemerkt zu den neuesten Anschläge» der Rech te«: Ist eine solche Rolle des Herrn v. Mac Mahon würdig? Jedenfalls aber stellt man die Sache anders an, wenn man eine dauerhafte Institution gründen will. In diesem Augenblick freilich handelt cS sich darum, das Drin gendste zu besorgen, und da man einen Mann unter der Hand hat, bedient man sich seiner. ES gab eine Zeit, da man uns sagte, das schönste Lob deS Mar schalls sei, daß er außerhalb der Parteien und über ihnen stehe. Den Conser- vativen ist weniger daran gelegen, daß der Marschall auch ferner dieses Lob verdiene. Sollte ihm selbst aber eine solche Veränderung seines Charakters und seiner Rolle gleichgiltig sein? Wir wagen eS zu bezweifeln. Wie dem sei, so liegt eS klar auf der Hond, daß die Verlängerung der Gewalten ein eines gro ßen Landes, wie Frankreich, und sogar der Versammlung, die eS vertritt, un würdiges AuSkunftSmitttl ist. Da gilt kein Schwanken. Will man das Land constituiren, so muß man eS befragen, so lautet das Programm d«S Vertrages von Lordeaur und seine Bedingungen müsse« ausgeführt «erden. Aber weder die Monarchisten, im wahren Sinne des Wortes, noch die Republikaner, wel cher Schattirung fie angehören mögen, können an der Constituirung eine- hybri den Zustande- Mitwirken, welcher weder die Monarchie noch die Republik ist, und welche uns unter der Gunst neuer Umtriebe unfehlbar neue« und baldigen Krisen entgegenführen würde. Paris, 5. November. Die von mehreren Journalen gemeldete Nachricht von der Verhaftung des Oberste« v. Stoffel bestätigt sich nicht. Nach einer heute von ihm veröffentlichten Erklärung hat derselbe sich unmittelbar nach Be endigung des Verhörs am Dienstag mit dem Verlangen an das KriegSministe- rium gewandt, ungesäumt wegen der Angelegenheit der angeblich von ihm unter schlagenen Depeschen vor ein Kriegsgericht gestellt zu werden. Paris, 7. Rov. I» der Angelegenheit der de- EomplottS zur Gefan gennahme der Marquise von Mac Mahon sowie der Thetlnahme und der Pro paganda für die Internationale beschuldiaten Personen ist vom Zuchtpoltzeige- richte zu Auto» da- Urtheil ergangen. Zwei der Angeklagten find zu 4, einer gu 3 und einer zu 2 Jahren Gefängniß vrrurthetlt worden. — Der Deputirt« Turquet (Linke) wird, de« Bernehtnen nach, heute al- Amendement zu dem Ehanaarnierschen Anttage in der Nationalversammlung beantrage», über die vorgeschlagent zehnjährige Verlängerung der AmtSdauer de- Präsidenten Mar Mahon eine allgemein« Volksabstimmung eintreten zu lassen. Pari-. So sehr auch augenblicklich die Actte» der KönigSmacher qesun- ke», so habe» fie noch nicht alle Hoffnung aufgegebe», vor de« Zusammentritt der Kammer eine neue Jntrtgue zu schürze». Um Zeit zu gewinne», soll dem Marschall Mac Mahon al- General-Lieutenant auf »«bestimmte Zeit die Regierung übertragen werdsn. Glücklicherweise werden die Herren RoyaltSe», so fei» auch die Sache eingefädelt ist, um sich die bonapartistischen Stimme« zu sichern, Henn Thiers auf ihrem Kreuzweg treffe», und da eS ihnen jetzt nicht mehr möglich werde» dürfte, eine Debatte durch Majoritäts-Beschluß unmöglich zu machen, so. hat die Sache eine weniger gefährliche Seite. Daß aber die Re publik noch immer auf schwachen Füßen steht und keineswegs bereits als ge rettet zu betrachten ist, geht aus dem Auftreten deS Herrn Gambetta LouiS Blanc gegenüber hervor. Letzterer, der noch weniger als der Er-Dictator seine Jacobinet-Natur verleugne» kan», b sprach bereit- die Eventualität eines au- alte», erprobte» Republikaner» zusammengesetzte» Mi»isteri«mS, al- ihn Gam betta unterbrach und auSrief: „Wir haben gar nichts zu prätendiren, wir müs sen etnfach gehorche»! DaS linke Eentrum muß die Rettung der Republik vollende». Dieses allein ist im Stande, dies zu thun. Ihm gehört die poli tische Leitung. Wir sind vorläufig HtlfStruppe» i« Dienste der Republik." Schließen Sie au- diesen Worte», dere» Ein», wenn auch gerade nicht die Form, ich verbürgen kann, wie groß die Befürchtungen der letzte» Tage in dem republikanischen Lager waren. Auch die 15 Bureaus der Nationalversammlung wählten heute ihre Vorsitzen den und Schriftführer. Bet 9 derselben habe» die Conservative», bei den 6 übrig:» die Republikaner die Majorität. Rußland. Warschau, 2. No». Di« Russe» beabstchiigen, i» dem an »ectirten Theile Chiwa'S am Amu-Daria, an einem Punkte, der 80 Werst (11H Meilen) von Chiwa und 200 Werst (28j Meilen) von Buchara entfernt ist und an der große», über Meschched und Mern nach Buchara und Turkestan führenden Han delsstraße liegt, eine Stadt namens Alexandra-PetrowSk zu erbaue». Auf diese Weise hoffe» sie daS ganze Netz der wichtigste», de» Ha»del mit Mittelaste» vermittel»den Handelsstraße» zu beherrschen. In dem von Rußland anneciirten Gebiete befinde» sich mehrere Städte, von denen daS 60 Werst (8H Meilen) von Chiwa entfernte Schuracha» die größte ist; die Stadt Kongrad soll jedoch im Best- deS ChanS bletbm, dadurch, daß Rußland den oberen Theil des Amu-Daria und daS ganze rechte Ufer in Händen hat, erhält eS Chiwa eben so in Abhängig keit, wie e- durch den Besitz der Quellen deS Zerasscham Buchara sich unter würfig gemacht hat; denn im Moment kan» eS de» Strom diese- Flusses hem me», die Kanäle sperren, und das ganze mit seiner Sristenz vo« Amu-Daria abhängige Land aushungern. Spanien. In Spanien find die Zustänve bei der Berufung Castelar'S an die Spitze der Erecutivgewalt keineswegs besser geworden. Die alte» ParteizwistigkeUe» dauern fort, die Einheit im Ministerium ist gelockert und der Präsident der Re publik die Zielscheibe vo» Beschuldigu»ge» und Angriffe». Unter welch trost losen Verhältnissen Castelar die Erbschaft j Salmeron'S angettet-n, welche Schwierigkeiten vo» alle» Seiten auf ihn eindrangen und noch fortwährend auf ihn eindringen, daß man sich selbst Illusionen hingegeben, über die ein vernünf tig Denkender höchstens mitleidig die Achsel» hätte zucke» solle» — daö Alles vergißt man; weil man in der Noth deS Augenblickes Alles bewilligte, was Castelar als «oolUtio sine 4», 00a der Uebernahme deS schwere» Amtes ge fordert hatte, verlangt man nun auch, jetzt müsse daS Vaterland gerettet sein. „Alles ist dieser Regierung zugestanden worden, ruft das „Tiemplo", Belage rungszustand, Aufhebung der individuellen Garantien, Reserven, außerordentliche Steuern und ZwangSanlehen, vorläuge Censur und eine ganze Menge anderer Auönshmemaßregeln — zugestanden vo» einer parlamentarische» Majorität, die sich dem Strome deS Volkswillens »tcht widersetze» konnte. Und was ist da- Resultat nach fast zwei Monaten? Wohin Hai uns die Schwäche, das Schwan ke», die Nachgiebigkeit dieser Regierung und vor allem Castelar'S, ihr Lieb äugeln mit den Intransigenten und mit den Radikalen gebracht? Auf den Ma sten unserer schönsten Schiffe weht die schändliche Flagge deS CantonaliSmuS; die Carlistische Insurrektion setzt ihren verderbliche» Marsch fort, die DiSciplin im Heere ist noch immer nicht wiederhergest-llt, die öffentliche Ordnung und Sicherheit liegt am Boden; von Handel und Gewerbe kann man nicht reden, ohne über die allgemeine Armuth und de» gänzliche» Mißkredit i» Klagen au-zu- brcchen; de» dringendsten Bedürfnissen ist man nicht im Stande, nachzukommen, die Wittwen und Waise» unserer Soldaten, der Veteran, der für da- Vater land sein Blut vergossen, find genöthigt, vo» Thür zu Thüre gehend sich das Brod zu erbetteln, dessen die Regierung sie beraubt. Welche Enttäuschung für die, die glaubten, Iwelche Genugthuung für die Zweifier, welch' schreckliche Si tuation für Allel" Wenn dies düstere Gemälde leider auch der Wirklichkeit entspricht, schreibt man der „Rh. Z ", so ist co andererseits durchaus ungerecht fertigt, Castelar für die Situation verantwortlich zu machen. Allerdings haben die Cortes Castelar ermächtigt, außerordentliche Steuern zu erheben, aber eS b zahlt fie Niemand; allerdings ist er befugt, di« Reserve» etnzuberuftn, aber fie stelle» sich nicht; er darf eine Zwangöanleihe emiitire», aber wer zeichnet, wer kann zeichnen bei der allgemeine» Armuth? Er darf im Ausland Finanz- Operationen machen, aber wo fände sich derjenige, der geneigt wäre, sich in eine so unsichere Spekulation einzulaffen? er hat endlich den Belage rungszustand über ganz Spanien verhängt, aber was ist damit gewonnen, da ihm die Macht fehlt, demselben Nachdruck zu verschaffen? Der absolute Maxgel an Allem, was zu einer e»ergischen Kriegführung erforderlich ist, das verbreche rische Treiben der Intransigenten, die nicht Aufopferung genug besitzen, ihre Sonderbestrebunge» zu einer Zeit aufzugeben, da das Vaterland am Abgrunde deS BerderbenS steht, die heimlichen, aber darum nicht weniger schädlichen Jn- triguen der Monarchisten — das find die wahre» Ursache» der gege»wärtigen trostlose» Situation der Spanische» Republik und die eigentliche» Schuldigen find unter Denen zu suchen, die heute am laut.sten gegen Castelar schreien und ihm der Unfähigkeit und Schwäche beschuldige». — Als ob sich alle Gewitter gleichzeitig über Castelar'S Haupte zusammenziehe» wollte, kommt nu» auch noch aus Cuba Hiobspost auf Hiobspost. Nach den letzten in Madrid angclangten Depeschen ni«mt die Insurrektion auf der Insel tagtäglich größere Dimensionen an und «tt der Reise dcS Colontenminister wird wenig oder Nicht- geholfen sei». Der Mangel an Umsicht, di« Kopflosigkeit der dortige» Behörden und <eN so lange „gewisse Gerüchte" nicht osfitiell widerlegt sind, Beweise der Gast freundschaft Er. Majestät deS König- von Baiern nicht annehmen könne, son dern fich innerhalb Baiern- nur auf Erfüllung seiner Pflichte» al- Bunvr-i»- spicror der bairische» Armee- CorpS beschränke» werde. Nu» erfolgt »ach Zah ns frist Pat» tcS Dementi eine Bestätigung und Verschärfung der „gewissen Ge rüchte" aus Allerhöchste« Munde und für die Oeffentlichkeit berechnet möchte jetzt »ch trotz aller osficiösen Schönfärbereien officiöser Optimist, Zweifel sein, daß zwischen dem Münchener und Berliner Cabinete nicht die