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fort ein«» VerhaftSbefehl gegen ihn erlassen. — Rach Wiederaufnahme der Sitzung ist der erste Zeuge der Eommandant Ttssier, der erklärt, daß ihm Ge neral de France am 22. mittheilte, Marschall Mac Mahon werde de« Mar schall eine Depesche senden, um ihn aufzufordern, nach dem Norde» zu «ar- schiren. Der Eommandant befand stch in Mouzon, wo er ein Pferd rcquirirte, um die Botschaft an Bazaine zu sende«. — Der Unterpräfect von Montmedy, d'Aubrnel, der erklärt, daß seine Voten nicht nach Metz gelange» ko»»te», ist der nächste Zeuge. Ihm folgt der Eommandant Reboul, der in Montmedy befehligte. Er sandte vier Boten mit der Depesche Mac Mahon'- nach Metz. Zwei derselben konnten bis »ach Thionville gelangen. — Verth.r An welchem Tage? — Reboul: Am 23. Ich habe den Smpfangschein vom Obersten Turmter. Die nämliche Depesche wurde an den Maire von Longuyon und an den Kommandanten von Verdun gerichtet. — Der Zeuge Thomas, Eisenbahn- bof-Jnspector in Montmedy, hat die chiffrirte Depesche des Marschalls Mac Mahon durch Fräulein Leonard gesandt. Sie wurde vom Maire von Longuyon »n Empfang genommen. Die Depesche sagt, die chiffrirte Mittheilung durch vier Boten nach Metz zu sende». Der Maire sandte mehrere Bote», die aber gefangen wurden. Die Depesche wurde auch von Montmedy nach Metz durch Boten gesandt. Sie mußten am 23 von Montmedy abgeye». — Regie- rungS-Commtssar: ES gab eine andere Depesche vom 19. bis 20. — Bazaine: Ich glaube keine andere Depesche erhalten zu haben, als die chiffrirte. — Präs.: Nach dem, was sie in der Untersuchung sagten, liegt hier mehr als ein Jrrthum, eine Art von Erfindung vor. — Zeuge erklärt, daß er verwirrt gewesen wäre; er laS die Journale u»d nahm die übersetzte chiffrirte Depesche für eine neue. — RegterungS-Eommtssar: Ich habe für de» Augenblick nichts zu sagen. Die Sache iü aber seltsam. — Der Zeuge wird zur Verfügung des Gericht- gehalten. Einige Zeuge», die als Boten nach Metz gesandt wurden, sage» aus, daß fie nicht bis dorthin gelangen konnten, während der Schriftsteller Reno», der zur Gesellschaft für die Verwundeten ge hörte, sich am 20. nach dieser Stadt begab, ohne auf einen einzigen deutschen Soldaten zu stoßen, Um 5j Uhr wird die Sitzung geschloffen. Versailles, 29. October. Das Verhör der Zeugen, welche über die Verbindungen zwischen dem Marschall Bazaine einerseits, und der kaiserlichen Regierung, Mac Mahon und der Regierung der National-Vertheidigung anderer seits au-zusagen habe», wurde heute fortgesetzt und hat in so fern hohes Inte resse, als durch dieselben festgestellt werden soll, ob Bazaine die Depesche vom 22. August, in welcher ihm der Marschall seinen Marsch in der Richtung von Metz ankündigt, am 23., wie der Oberst Lewa! behauptet, oder erst am 31. erhalten hat. Der erste Zeuge, der heute aufgerufen wurde, «ar «in Zollwächter, der al- Bote, aber vor dem 22., benutzt worden war. Der nächste Zeuge ist Serot, der während des Krieges kaiserlicher Procurator t« Rethel war. Der selbe berichtet, daß der Schiffs-Lieutenant RequeS am 22. August zu ih« ge kommen sei, um ihm mitzutheilen, daß er sich «ach Metz in Misst»» begebe. Derselbe habe ihm eine« Brief der Kaiserin an den Marschall oder die Mar schallin Bourbaki gezeigt, und er ihm hierauf drei Briefe an Beka»»te etnge- händigt, um fie zu bitten, ibn bei seine» Unternehme« zu unterstütze«. Später sei ihm die Sache jedoch aufgefalle», und er habe deßhalb a» de» KrtegSmintster telegraphirt, um zu erfahren, ob Roques eine Risston habe. Der Minister habe geantwortet, daß dieses nicht der Fall sei, woraus er Befehl gegeben, NoqueS zn verhaften. Dieser VerhaftSbefehl konnte aber erst am 25. auSgesührt werden, zu welcher Zeit RaqueS nach Rethel zurückkam. Er habe denselben ge«au unter sucht und emen Geleitschem deS Ministers, den schon erwähnten Brief an Bour baki und einen vom 24. Äugust ausgestellten Geleitschei« deS Obersten Stoffel bei ihm gefunden. NoqueS habe gesagt, er sei in Carignan gewesen, wo er den Kommandanten Magnan gesehen; seine Misston habe er nicht zu Ende führen könne», da cS ihm unmöglich gewesen, nach Metz zu gelangen. NoqueS sei dann wieder freigelaffen worden, weil die Herren Duperret und Laurtsto» ihn gekannt, und der Prinz Murat, dem man den Brief der Kaiserin an Bourbaki gezeigt, diesen für echt erklärt habe. — Der CchiffSlieutenant NoqueS wird nun als Zeuge vorgeführt. Aus seine« Aussagen geht hervor, daß er am 21. in die Turlerieen berufen und betraut wurde, stch nach Metz zu begeben, um den Marschall zu fragen, wohin man die Lebensmittel bringen solle. I« Carignan kam cr am 23. an; dort sah er dm Commandanten Magnan und hörte zugleich, daß alle Verbindungen mit Metz abgeschnitien seien. Specielle Versuche, durch die feindlichen Linien zu gelangen, hat er nicht gemacht, da er des Deutschen nrcht mächtig sei. Am 24. kam er zur Armee von Mac Mahon zurück und wurde ein erstes Mal auf der Eisenbahn von einem Gendarme« als preußischer Spion und ein zweites Mal auf Befehl deS kaiserlichen ProcuratorS Serot verhaftet. — Präs.: WaS enthielt der Brief der Kaiserin? — NoqueS: ES war ein einfaches Schreiben, um mich bei dem Marschall einzuführe«. — Präs.: In Carignan machte« Sie keine» anderen Versuch? — NoqueS: Nein. Meine Misstorr war zu Ende. Ich hatte von dort auö, am 23, eine telegraphische Depesche mit Mitthcilungen über die Deutschen gesandt. — Präs.: Wußte man am 23. in Carignan, daß Mac Maahon seinen Marsch geändert habe und »ach dem Norde« marschtre? — NoqueS. Man wußte cS; er» Etsenbahn- beamter hatte die Indiskretion, eö auf dem Lahnhof anzukündtge«. — Der RegierungS-Commiffar stellt nun »och einige Frage« an den Zeugen. Er will wissen, ob er mit dem Commandanten Magnan über die Veränderung im Mar sche Mac Mahon'S gesprochen. Z uge behauptet, daß er ihm mttgecheilt, was er auf dem Bahnhof gehört. — Reg.-Comm.: Vor dem Berichterstatter sag ten Sie, daß der Kommandant Ihnen gesagt, Mac Mahon würde am 27. tu Stenay sein (der 27. ist das Datum, welches Mac Mahon für sein Eintreffen in Metz in seiner Depesche vom 22. Bazaine angab), antwortete NoqueS, daß er diese- Datum genannt, aber erst, nachdem ste beide die Karten «achaesehm. Er gesteht zu, daß Magnan ihm gesagt, daß Bazaine ohne eine HülfSarmee Metz nicht verlassen könne. — Reg-Comm.: Der kaiserliche Procurator Serot behauptet, daß der Brief der Kaiserin nicht an Bazaine, sondern an Bourbaki gerichtet war. — NoqueS: Derselbe war an Bazaine gerichtet. — Der Präsident macht auf den Widerspruch in der Aussage der Beiden aufmerksam und verfügt deßhalb, de« Zeugen Serot zu rufen. Dieser besteht daranf, daß der Brief, welche» er bet NoqueS gefunden, an den General oder die Generali» Bourbaki gerichtet gewesen sei. Er selbst hat den Brief nicht, wenn Mch die übrige» Papiere, welche er bet dem Zeugen fand. Der Brief wurde de« Prinze» Murat gegeben, der ihn behielt. De« Kaiser hat Serot th» nicht gezeigt. — Zeuge NoqueS widerspricht zuerst, hält eö aber alsdann für möglich, daß er vielleicht auch einen Brief an Bourbaki gehabt. Ein Schreiben an Bazaine habe ihm die Kaiserin aber auch mitgegebe«. Es sei ei» kleiner Zettel in spanischer Sprache Lewesm, und er will von cinrm Officier, der in Deutschland gefangen war, er ¬ fahren haben, daß Herr de Beaumont stch denselben als ein Andenken zugeeignet habe. — Präs, (zu NoqueS): Ihre Erinnemngen komme» Ihnen allmählich zurück. Erkläre» Sie Sich über die verschiedenen Puncte. — Zeuge, der äußerst verlege» ist, gibt nun «och ei«ige verworrme Erklärungen, worauf dann beide Zmgm entlasse» werden. — Dle beiden nächsten Zeugen find ein Friedens richter und der Eommandant Vasseur. Die Aussagen des ersteren find ohne Interesse. WaS Vasseur anbelangt, so hatte derselbe am 11: im Auftrag de- Marschalls Leboeuf, der damals «och Generalmajor der Rhein-Armee war, ein- RecognoScirung bis «ach ChalonS ge«acht. Am 19. wollte er nach Metz zu- rückkehren, da man th» überall für eine« preußischen Spion hielt. In Mont- mely angekomme«, wo er den Commandanten Magna» und den Beneral-Jnten- dante» Wolff fand, war eö ihm unmöglich, ungeachtet der Versuche, welche er machte, nach Metz zu gelange». Am 25. sandte er eine Depesche an Mac Mahon, um ihm Mittheilungen über die Stellung des Feindes zu mache». — RegierungS-Commissarr Kannten Eie am 23. den Marsch der Armee von Mac Mahon? — Vasseur: Nichts Bestimmtes. Am 26. erhielt ich ein Schreiben deS Hauptmanns Clapero», der mir denselbe» ankündigte. — Zeuge Vasseur blieb bi- zum 12. Septe«ber bet dem Commandanten Magnan. Ueber die Bemühungen, die derselbe machte, um Nachitchten an Bazaine gelangen zu lasse«, weiß er nichts Genaues. Er behauptet nur, daß Magna« einmal eine Depesche in einer Cigarette absandte, die er versiegelte. Er will auch Lagnor und einigen andern Boten Geld gegeben haben. Der Präsident entgegnet, daß er früher gesagt, er kenne Lagnor nicht, worauf Zeuge eine unverständliche Er klärung herausstottert. — Um 2) Uhr wird die Sitzung suSpendirt. Deutschland. Berlin, 3. Rov. Die Reichsregierung wird nunmehr in Ausführung deS Artikel 8 deS ReichSgesetzetzeS mit der AußercourSsetzung der LandeSgold- münzen Vorgehen, und zwar soll dieselbe mit dem 1. April 1874 ei,treten, von welchem Tage ab Niemand mehr zur Annahme von solche» Goldmünzen ver pflichtet ist. In den Monate» April, Mai und Juni sollen die Landeskassen die resp. LandeSgolvmünzen einziehen. Vom 1. Juli ab nehmen die Landes kasse« dies« Goldmünzen auch nicht mehr zur Umwechselung an. Preußische FriedrichSd'or und kurhesstsche Pistole» gelte« hierbei 17 Mark, die württem- bergischen, badischen und hessischen Zehn- bezw. Fünfguldenstücke, die württem- bergischm Guldenstücke ä 23 Fl. und die 500-Kreuzerstücke werden nach dem Rennwerthe umgerechnet. Auf Schau- rc. Münzen hat die Maßregel keine An wendung. Bemerkt sei, daß bisher für etwa 7 Millionen Thaler Goldmünze» bereits eingezogen worden. München, 31. Oktober. Ueber eine bemerkenöwerthe Kundgebung deS Königs Ludwig berichtet ein hiesiges klerikales Blatt, der Bayer. Cur., im We sentliche» Folgendes.- „Der König hat jüngst wieder Gelegenheit genommen, ei nem wackeren Veteranen unserer Berge gegenüber seine Gesinnung kundzuzcbcn und zwar mit dem besonderen und ausdrücklichen Auftrage: eS solle Land und Volk erfahren, wie sein König denkt. Der Hergang ist folgender: Am 12. Oct. feierte der Veteranen-Verein Garmisch die Enthüllung eines den Gefallenen im Kriege gewidmeten Denkmals. Das Fest war ein echt bayerisches, durch und durch blauweißeS, und von demselben bayerischen Geiste war auch di-: F.strede erfüllt, welche der Schriftführer deS Vereins hielt. Festverlauf und Rede fan den zwar nicht den Beifall einiger fortschrittlicher Beamten, der König aber, wel chem die Enthüllungsrede nachher überreicht wurde, hatte eine um so größere Freude daran. Se. Majestät ließ den Festredner zu sich bescheiden, unterhielt sich mit demselben in Z stündiger Audienz und bemerkte unter Anderem: Er, der König habe seine Gesinnungen seiner Zeit der Füssener Deputation gegenüber ausgesprochen ; Zeitungen hätten versucht, zu behaupte», jene Worte (des Tadel- wegen Verdrängung der bayerischen Farben durch die deutschen) seien nicht ge sprochen wordkn; er habe sie aber gesprochen, damit das Volk erfahre, waS er wolle. Bei dem Feste in Garmisch waren nur blau-weiße Fahne« stchidar. Der König lobte d»S z „Man ehrt mich, äußerte er, nur in meinen LandeSsarbcn und in keinen anderen". In Bezug auf die Thatsache, daß der Festverlauf einigen fortschrittliche» Beamten nicht genehm war, b-merkte Se. Majestät: daß er die bayer sehen Beamten bezahle, nicht ei» anderer Fürst und daß folglich jene ihm, dem König, Gehorsam, Trcue und Anhänglichkeit schuldeten; in Bayern habe man nur Einen Fürsten. Se. Majestät sprach sodann die Hoffnung aus, daß das GebirgSvolk noch gut bayerisch sei, anderwärts lasse freilich die bayerische Gesinnung nach und nehme die preußische zu. Der König, der bereits früher zu dem Denkmal 200 fl. gespendet, ließ sodann dem Veteranen-Verein Garmtsch abermals 200 fl. zustellen und machte dem F stredner eine goldene Uhr mir gol dener Kette zum Geschenk, ihm wiederholt den Wunsch aus sprechend, daß die königliche» Worte ebenso wie die patriotische Festrede im Volke verbreitet werden möchten. Frankreich. Die neuesten Mittheilungen über die Lage in Frankreich stimmen alle darin überein, daß die politische und Pfäffische Reaction jetzt vermuthlich Mac Mahon auf den Schild erheben und für e ne mehrjährige Verlängerung seiner Regierungsgewalt agitiren wird. Er verdient diese Auszeichnung, denn seine Regiemng hat ihr bisher aufs tapferste n die Hände gearbeitet. Bei Licht betrachtet ist der moderne Bayard wenig anderes, als der Handlanger der Cham- bordisten gewesen; an ihm lag eS nicht, wenn die Pläne der Fusiomstcn scheiter ten. Da Heinrich V. stch für jetzt unmöglich gemacht hat, ist der Marschall nicht mehr an das überhaupt nicht ernst gemeinte und unzweldeutig ausgesprochene Wort gebunden, seinen Präfidentenstab t» den Graben werfen zu wollen, wen» die monarchische Restauration fehlschlägt. Der Klerisei wäre natürlich ein Man«, wie Graf Chambord erwünschter gewesen, aber sür den Heiligen HerzenSkönig wird Frau Marschallin deu Ultramontanen ganz guten Ersatz zu geben wissen. An den Grafen von Paris ist für den Augenblick wohl nicht zu denken; nicht allein fast die gesammte Linke, sondern auch die äußerste Rechte würde ihm ent gegentreten. Das linke Centrum hat die Wichtigkeit sofortigen Handelns i« gegenwärtigen Moment sehr richtig erkannt, aber mit der Resolution, sofort die Organisirung der conservativen Republik in Angriff zu nehmen, ist »och nicht viel gethan; eS wird großer Ausdauer, Energie, Muth und eines klaren AugeS bedürfen, wenn da- linke Centrum sich nicht von der Reaction, die mehr al te in rother Gespenstcrfürcht arbeiten wird, übertölpeln lassen will. Wenn eS dm Republikanern jetzt nicht gelingt, aus dem Provisorium in daö Definitivum überzugehen, so wird eS in Frankreich nie zur Republik kommen. — Die Fran zösische Presse ist jetzt natürlich ausschließlich mit dem Briefe des Grafen Cham bord beschäftigt. Im ersten Augenblicke zeigte stch in de» Reihen der KönigS- macher dle größte Bestürzung. Gesammelter klingt bereits, was im „Journal