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1022 Mit de» schmerzlich Ken Gefühlen habe ich der Kammer anzuzeige»: daß Ee. Majestät König Johann heute Morgen gegen 5 Uhr in seinem 72. Jahre verschiede» u»d Seinen langen schwere« Leiden erlegen ist. Gottes unerforschlicher Wille hat, nach de« schwere» Prüfungen Seine- Leben-, Ihm »och einen schweren TodeSkampf beschiede». Die Trauerbotschaft ist bereit- in da-Land gegangen; aber Irden von uns wird es drängen, noch seinen Gefühlen der Liebe und anhänglichen Verehrung in diesem Saale besonveren Ausdruck zu geben. Eine zweifache Tafel ehrender Erinnerung hat Sich unser dahingeschiedener hochgeliebt» König und Herr gerade in diesem Saale aufgerichtet. Wir Alle »ragen noch in frischer Erinnerung, Viele von uns haben es noch mit durchlebt, wie Se. Majestät König Johann, früher als Prinz und Mitglied dieser Kammer, an den Arbeiten und Verhandlungen derselben, sowie an allen ständischen Ange legenheiten de« lebhaftsten Antheil genommen, bi- Gotte- allmächtige Hand ihn plötzlich zum Throne berief. WaS Er in der Zeit seiner 19 jährigen Regierung für das Land als Regent gethan, was Er mit dem Lande, in gute» und schweren Tage» durchlebt, gehört der Geschichte an. UnS ergreift ix diesem Augenblicke vor Allem der Schmerz über den Verlust «i»eS liebenSwnthen u»d geliebte» edlen Kö»igS und Herrn. Mit reichen Gabe» des G-isteS, und ebenso reichen Gaben deS Herzens und Charakters auSgestattet, war e- nicht bloS Sein redliches Wollen, Sein umfassendes Wisse», die steiS frische geistvolle Lebendigkeit Seines W senS, — sondern vor Allem auch das überall hervortretende edle allgemeine Wohlwollen, daß sich in jeder Seiner Handlungen, in Seinem ganzen Sein auödrückte, das stets Aller Herzen, von nah und fern, zu Ihm hingezogen hat. Neben der liebenswürdigen Milbe, die Ihn ausgezeichnet hat, hat Er jedoch auch Beweise Seines festen Willens gegeben, wo eS galt zu halten an Dem, waö Er für recht erkannt hatte. Wir ehren demnach in Ihm nicht bloS den erhabenen Regenten unseres Lande- und Volkes, den auch auf dem Gebiete der Wissenschaft hochgeachtete» geistvollen Mann, sondern hervorragend einen der edelsten Männer unserer Zeit überhaupt, der uns überall in Denke» und Fühlen, Tragen und Dulden, im öffentlichen und Privatleben, Muster gewesen ist, der vielfach und schwer durch das Schicksal heimgesucht, bis in die letzten Stunden Seines Lebens mit edler vertrauensvoller Ergebung in Gottes Fügungen Seine« Volke vorangeleuchtet hat. Wenn die stärkste unerschütterlichste Stütze deS Menschen in allen Verhält nissen de- Lebens das Bewußtsein ist, die Pflichten seiner Bestim mung, seiner speciellen Stellung gewissenhaft erfüllt zu haben, so wissen wir, daß unser dahingeschiedener König Johann diese edelste Kroxe »eben Seiner irdische» KönigSkrone Sich errungen gehabt hat. Treu hat Sein Volk dafür an Ihm gehangen und durch Zeichen der Liebe Ihm zu danken gesucht. Meine Herren! Richt viele Worte find eS, die da- Andenken eines ge liebten erhabenen Todte» am besten ehren. — Sein Andenken ist in unsere Herzen eingegraben. Ehren wir eS noch, indem wir in Trauer, schweigend unS von unsern Sitzen erheben, aus treuem Herzen Ihm noch de» Tribut ehrfurchtsvoller Er innerung Wethen. Möge Gott aber auch unserer hart geprüften Durchlauchtigsten Königin Amalie gnädig sein, und Ihr wie dem ganzen königlichen Hause seine« himm lischen Trost gewähren. Daran schloß der Präsident die Mittheilung, daß Se. Majestät der König Albert die Beobachtung, Aufrechterhaltung und Beschützung der Landesverfassung in Gegenwart des GesamwtministeriumS und der Präsidenten der beide» Kammern in Gemäßheit von 8 138 der Verfaffungsurkunde bei seinem fürstlichen Worte versprochen habe und daß die über diesen Vorgang aufgenommene Urkunde den Präsidenten der Kammern zur Uebergabe an die Ständeversammlung auSgehän- digt worden sei. Der Präsident schloß mit einem Hoch auf Se. Majestät den König Albert. An der entsprechenden Stelle der Rede erhoben sich die Mitglieder der Kammer von ihren Sitzen; in das auSgcbrachte Hoch auf Se. Majestät den König Albert stimmten sie dreimal begeistert ein. An die Zweite Kammer, in welcher die EtaatSminister Frhr. v. Frie sen und vr. v. Gerber anwesend waren, richtete der Präsident vr. Schaffrath folgende Ansprache: Unter dem tieferschütternden Eindrücke deS schwersten Ereignisses, welches ei« Land und Volk treffen kann, eröffne ich die heutige außerordentliche, feier liche Sitzung. Unser theuereS sächsisches Volk und Vaterland hat seine» König Johan« verloren, hat den rechts , vertrag--, verfaffungS- und pflichtgetreue sten Regenten, Se. Majestät der Deutsche Kaiser eine« sei«» treueste« und zu verlässigste« Bundesgenosse«, Deutschland aber eine» warme» Freund seiner Ein heit und Freiheit verloren. DaS Vaterland ruft Ihm, wenn auch i» tiefster Trauer, et« dankbares „Ruhe sanft" «ach! Dasselbe so unglücklich getroffene Vaterland ist aber auch in Sr. Majestät dem Könige Albert mit einem gleich rechts-, verfaffungS- und pflichtaetrcue« Könige gesegnet. Allerhöchstderselbe hat vor einer Stunde in Pillnitz in Gemäß heit des 8 138 der VerfaffungSurkunde bei Seinem Antritt der Regierung in Gegenwart des GesammtministeriumS und der beiden Präsidenten der gegenwär tigen Ständeversammlung bei Seinem fürstlichen Worte versprochen, daß Er die Verfassung des Landes, wie sie zwischen dem Könige und den Ständen verab schiedet worden ist, in allen ihren Bestimmungen während Seiner Regierung be obachten, aufrecht erhalten und beschützen wolle und dieses Versprechen zugleich ausgedehnt auf die Particularverfassuna der Oberlaufitz, welche in der Urkunde vom 17. November 1837 verlautbart ist. Die hierüber ertheilte Urkunde ist den beiden Präsidenten der gegenwärtigen Ständeversammlung auSgehändigt worden. Ich übergebe sie hiermit d» Zwei ten Kammer und werde sie im Verein mit dem Präsidenten der Ersten Kamm» im ständischen Archive beilegen. Bet dies» Gelegenheit habe ich zugleich Se. Majestät dm König Albert um die Gnade gebeten, Ihm verstchern zu dürfen, daß, so tief unser Schmerz sei, so herzlich und innig die Glückwünsche des Landes zu Seinem Regierungs antritte seien, und Se. Majestät der König Albnt war so gnädig, diese aller- unterthänigsten Glückwünsche, wie Er ausdrücklich sagte, mit Dank anzunehmen, und wenn ich nicht ganz irre, Folgende- hinzuzufügen: „Er sei au- derStän- deversammlung hervorgegangen, er werde sich auf die Kammem stützen und mit dieser Unterstützung dn Zukunft getrost entgegen gehm."g Von diesen Ihnen soeben geschilderten Ereignissen tief ergriffe», werde« wir jetzt die zur Fortsetzung unserer Arbeiten nötbige GemüthSruhe und Siimmung «icht gewinne« können, wir müssen uns erst wieder sammvln, und deshalb werde ich, nachdem ich Ihnen noch v »kündigt habe, daß ich zu: nächsten Sitzung durch Karten einlade» werd-, die gegenwärtige Sitzung mit dem Ruft schließen: DaS Andenken an Se. Majestät den König Johann wird in diesem Saale wir im ganzen Vaterlande immer und immer fortleben! Ich füge aber auch in Ihrer Aller Sinne hinzu: Wenn auch die tiefste Trau.r im Herzen, so rufe« wir doch: ES lebeSe. Majestät der König Albert hoch! ES lebe aber auch mit Ihm, mit dem König Albert das theure sächsische Volk und Vaterland hoch! Die Regierung Sr. Majestät deS Königs Albert möge, ja sie wird eine für Ihn und für das Vaterland glückliche sein. Die Kammer hörte diese Rede stehend an, i« die am Schlüsse derselben ausgebrachten Lebehochs auf Se. Majestät den König Albert und das sächsische Volk und Vaterland stimmte sie gleichfalls drei Mal mit Begeisterung ein. Ueber die letzten Augenblicke de- verewigten Königs Johan» erfahren die Dr. R. von zuverlässiger Seite da- Nachstehende: Um daö Sterbebett hatten sich vom Dienstag Abend an sämmtliche Mitglieder deö königlichen Hauses versammelt, um bis zu den letzten Athemzügen deS Königs anwesend zu sein; nur die Kin der deS Prinzen Georg schliefen in dem benachbarten Hosterwitz. Die Königin- Wittwe Maria wurde noch in spät» Abendstunde von ihrem Weinberg bei Wachwitz herbeigeholt. Die wenige« Kräfte deS Königs nahmen von Mitter nacht an sichtlich ab, der Achem ging immer langsamer und die tiefe Rührung, die sich der Familienmitglieder bemächtigt hatte, steigerte sich, da — die Uhr zeigte auf -1 Uhr 55 Minuten — der TodeSengel dre bleichen Schläfe» deS ge liebten Familienoberhauptes küßte. In einem Nebengemachs betete die Geistlich keit. Kronprinz Albert und Prinz Georg umarmten zu wiederholten Male» ihre tiefgebeugte königliche Mutter, die lautschluchzend Avschied nahm von dem theuren Gatten, mit dem sie 51 Jahre lang Hand in Hand treu durch's Erden- lcben gepilgert war. Auch die Prinzessinnen und die Königin Maria sanken weinend der hohen Frau, die nun Wittwe geworden, in die Arme. ES waren Augenblicke der tiefsten Rührung und nur d» Gedanke, daß die ewige Vorseh ung endlich dem stechen Leibe deS schwer heimgesuchten Königs die ersehnte Ruhe gegeben, goß Linderung in die zerrissenen Herze«. Da trat der Beichtvater deS verewigten Königs, Hofcaplan Berner, hervor und an das Sterbebett, um in ergreifender Weise ein tiefempfundenes Gebet zu spreche». Noch eine Umarm ung, noch einen Blick auf die entseelte Hülle deS geliebten Gatten uns VaterS — und das Gemach, das wochenlang Zeuge der Seufzer deö Leidenden und der Thränender hohen Angehörigen gewesen, lag still mit dem edlen, bleich n Tobten da. Noch vor Ablebe« Lr. Maj. deS Königs Johan» habe» weh ere Be- rathungen zwischen den StaatSministern uns den oberste« Hofbeamten bezüglich der Usberfühmng der Leiche von Pillnitz nach Dreöven stattgefunden. Wie wir hören, beantragte der Herr Kri göminister v. Fabrice die Benutzung d § Land weg- mit dem Ehrengeleit einer ansehnliche« Truppenzahl, um die Leickc deS „Kriegsherrn" unter großer militärischer Parade der Residenz zuzuführe». Jedoch erlangte die Ansicht der Hofbeamten die Mehrheit, daß der Wasserweg zu wäh len sei. Hierfür lag auch ein Präcedenz vor, da die Leiche d-S am 6. Juni 1836 i« P:lluitz verstorbenen Königs Anton ebenfalls zu Schiff nach Dresden geschafft wurde. Damals wählte man zwei zusawmengekoppelte Elbzill-n; jetzt ist daS Dampfschiff „Saronia" zum Transport bestimmt. Dasselbe ist bereits schwarz auSgeschlagen. Die Leiche wird unter einem Baldachin aufgebahrt und heute (Donnerstag) Abends halb 7 Uhr von Pillnitz aus mit Fackelbeleuchtung der Appareille zugeführt. Dort nimmt sie die katholische Geistlichkeit m Empfang. Ein feierlicher Zug geleitet sie zur sogenannten Kreuz kapelle der katholische« Kirche, wo sie an den beide» nächsten Tagen von früh 10 bis Nachmittag- 6 Uhr der allgemeinen Besichtigung ausgestellt bleibt. Die feierliche Beisetzung in da- Familienbegräbniß erfolgt unter dem üblichen Eer-moniell. Beim Empfange der königlichen Leiche an der Appareille werden dem Ver nehmen nach auch die Landstände in corpore betheiligt sei«. Auch soll densel ben, wie dem diplomatischen Eorps, eine Stunde bestimmt werden, in der sie zu der aufgebahrten königlichen Leiche Zutritt haben. Der Beisetzung selbst könne» jedoch wegen Mangel an Raum nur die beiden Präsidenten beiwohne». Beide Kammern werden sowohl der Königin Amalia, als der königlichen Familie ihr tiefste- Beileid durch besondere Deputationen ausdrücken. Die Mitglieder dieser durch die Dirrctorie« zu führende« Deputationen find durch daS Looö gewählt worden. Sie bestehen seitens der 1. Kammer au-: LandeSbestalter Hempel, Domherr v. Watzdorf, Herr v. Stammer, die Bürgermeister von Chemnitz, Freiberg und Glauchau: Müller, Clauß und Martini; feiten- der 2. Kammer aus den Abgg. Jungnickel, Köckert, Krause, vr Kretzschmar, Lange und 0r. Minckwitz. Wie man in Hofkreisen »»sichert, stände nach dem Ableben Sr. Maj. des Königs Johann nicht eine allgemeine Huldigung deS gejammten Landes an Se. Maj. den König Albert bevor, sondern zuvörderst dürften nur die beiden Haupt städte Dresden und Leipzig den HuldigungSact vollziehen, späterhin aber König Albert, ähnlich wie seinerzeit König Johann, eine Rundreise durch de.S Land unternehmen, innerhalb welcher die Huldigung der anderen Städte und des Lande- Platz zu greifen hätte Bereit- gestern Vormittag- gingen zahlreiche telegraphische Beileidsschreiben von den Verwandten und fürstlichen Häusern unser- KönigShofeS bei demselben ein. Von besonderer Herzlichkeit und Theilnahme zeugten die Condolenzschreiben deS deutschen Kais»- und deS Kaisers von Oesterreich. Dotschlamd. Berlin, 27. Oktober. Die Nordd. Allgem. Ztg. »örtert de« Anspruch des Papstes, daß alle Getaufte« ihm „««gehören", mit Anführung geschichtlicher Thatsache«, durch welche er seit drei Jahrhunderte« unpraktisch geworden. Der Anspruch wäre heute noch praktisch, wen« nicht die deutsche Gesetzgebung, gegen welche die Päpste stet- protestirten, dafür.gesorgt hätte, daß aus den Pnncipien des Vatikan- nur diejenigen Eonsequenzen gezogen werden, welche wir Deutsche vertragen. Weil die Curie Alle- wolle« muß, könne ihr niemals alles, was fie degehrt, gewährt werden. Die Antwort deS Kaisers sei keine beschränkt-tonfessto- nelle, sondern stehe auf dem Standpunkte der katholische« u«d evangelische» Fürste« Deutschland- der letzten drei Jahrhunderte, auf der alten Rechtsgrundlage deS