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Der Gericht-schreiber begann seine heutige Ablesung »it den sogenannten Annexen, da der Bortrag de« Hauptbericht« gestern um Ausnahme deck Re- sume", da« erst jum Schluß gelesen werden soll, sein Ende erreicht hatte. Der erste Theil der Annexe erwähnt der zahlreMeq.Bchn, welchL. VRt.dkr kaiserlichen Regierung, und später »on der Regierung der Nationalvettheidigung an Bazaine gesandt wurden, und gibt den Tag uNd die Stunde an, wo die selben in Metz cintrafen. Einer der -HauprbvtenüGambetta'S war der Maurer Risse, der ebenernÄhnte Zeuge. Die Regierung der Rationalvertheidigung machte große Anstrengungen, um «it de« Marschall in Beziehungen zu trete». Die Liste ihrer Boten ist sehr lang. Bet Gelegenheit der Erwähnung der Bo ten, welche Oberst Turnier, Kommandant von Montmedy, an Bazawe sandte, i läßt sich der Bericht scharf über-diesen Officter au« und klagt ihn an, nicht ' Alle« gethan zu haben, was er hätte thun solle». Der Oberst habe, um sich ! zu entschuldigen, geantwortet, daß er sich »icht der Dinge genau erinnere. Diese 1 Entschuldigung ser aber eine schlechte, und der KriegSrath habe darin «inen Per- i such gesehen, sein oft schuldvolles Auftreten zu verbergen. ES scheint, daß der- ! selbe die Dresche vom 22. nicht befördert hat, in welcher Mac Mahon Ba zaine ankündigte, daß er einen Vormarsch auf Metz über Thionville und Langre« versuchen werde. Der Bericht ergeht sich dann weitläufig über da« Auftreten deS Kommandanten Magnan (heute Oberstlteutmant; Bazaine erhob ihn in Metz zu diesem Rang). Dieser Magna» war Adjutant dr« Rarschalls und zugleich dessen Vertrauter. Bazaine hatte diesen zum Kaiser nach Ehalon« ge- sandt, um stch mtt demselben zu vernehmen, und der Bericht will deshalb die Umtriebe Ogist-meot») dieses OfstcterS genau besprechen. „DaS seien aus weichende Antworten", so heißt eS in demselben, „die Schwierigkeit, die er macht, uns heute die Wahrheit zu sagen, zeigt, wie dieser Osficier heute selbst sein Auftreten sehr tadel Haft findet." Gegen 3 Uhr stellte der Gerichtsschreiber plötzlich seinen Vortrag ein, aber der Präsident forderte ihn auf, daS begonnene Kapitel zu Ende zu leftn, worauf dann die Sitzung für eine Viertelstunde suopendirt wird. Während veS ersten Theils der Sitzung hatte sich der Saal nach und nach gefüllt, und bis nach Wiedereröffnung derselben um 3 Uhr 20 Minuten war das Gedränge im Raume d-S Saales sogar so groß, daß man nur mit Mühe nach der Journalistenbank dringen konnte. Das Publikum schenkte jedoch dem Vortrage deS Berichts nur geringe Aufmerksamkeit. Was eS am meisten in- teresfirte, war Bazaine und dann die zehn Richter mit dem Herzog von Aumale an der Spitze. Gleich «ach Eröffnung der Sitzung gibt der Präsident de« Ge- richtSschretber wieder das Wort. Der Bericht beschäftigt sich mit den Depe schen, welche zwischen Montmedy, Thionville und Metz ausgewechselt wurden, und kommt dabei auf de» Oberst Stoffel zu spreche», von dem schon vielfach die Rede war. ES handelt sich dabei um vier Depeschen deS Generals Coffi- «tereS und des Marschalls Bazaine, welche der Oberst unterdrückt haben soll. Die Anklage suchte deshalb den Boten auf, und stellte fest, daß die betreffen den Documente de« Oberst wirkich übergeben worden find, ohne jedoch in die Hände deS Marschalls Mac Mahon zu gelangen. DaS Geheimniß, welches auf dieser Affaire ruht, ist noch nicht enthüllt. Der Gerichtsschreiber liest: „Die Aussage de« Obersten Maffaroli beweist, daß der Oberst Stoffel bet Em pfang der Depesche gesagt hat, „der Marschall hat ganz etwas Andere« zu chun, als sich dämm zu bekümmern!" ES sind übrigens ziemlich viele Depeschen von Marschall Bazaine an den Marschall Mac Mahon im Laufe weniger Tage abgesandt worden; diese Depeschen geben die RückzugSbewegung an, welche nach der Schlacht am 8. gemacht werden mußte. Vier davon find dem Oberst Stoffel übergeben worden und nicht an ihre Bestimmung gelangt; man hat also Ursache, zu schließen, daß ste von dem Oberst Stosst! beseitigt wurden. Der Bericht stützt sich außer den Aussage» der verschiedenen Bo ten auf die schriftliche Aussage deS jetzt verstorbenen Herrn Amyot, Direktor deS TelegraphendiensieS bet dem Kaiser. Diese Aussage bestätigt die vor gehende» Angaben in allen Punkten. Aus Allem geht hervor, daß von den von Metz ins Lager »on EhalonS gesandten Depeschen einige an ihre Bestim mung gelangt find, andere aber unterschlagen wurden. Aber diese Unter schlagungen find nicht daS Werk deS Zufalls gewesen. Einige dieser Depeschen geben die Absicht deS Marschalls Bazaine, von Metz auözurücke«, an; an dere bildeten gewisser Maße» et» korrektiv der ersteren. Nu» find diejenigen, welche von den Projekten deS AuSmarscheS meldete», alle angekommen; von den andern ist im Gegentheil keine einzige angelangt." Der Bericht schließt daraus, daß die Unterschlagung der Depeschen augenscheinlich den Zweck hatten, den Marschall »icht zu entmuthige», ind m man ihm die Unschlüsstgkeit deS Marschalls Bazaine verh-blte und ihn glauben machte, daß die Rheinarmee zu ihm stoßen würde. Daraus ergibt sich für dis Anklage, daß der Marschall Bazaine durch die erstgenannten Depeschen den MarschaKMac Mahon nöthigte, ihm zu Hülfe zu kommen, während durch die zweiten (diejenigen, welche unter schlagen wurden, deren Absendung aber der Marschall Bazaine beweisen kann) der Kommandant der Rhnnarmceeine Entschuldigung für seine Unthätigkeit vorbereitete. Der Marschall Mar Mabon war also überzeugt, daß die Armee des Marschalls Bazai»e in der Umgegend von Montmedy erscheinen werde, ein Punkt, welchen der Kommandant der Rheinarmee selbst bestimmt hatte. Diese Ueberzeugung war so bestimmt bei dem Marschall Mac Mahon, daß von Longuyon bis Montmedy alle Vorkehrungen für eine allgemeine Actio» getroffen waren. Die Bauern wa ren angewiesen, Karre» »it Srroh bereit zu stellen, die Einwohner erhielten Be fehl, große QuanMäien Bouillon bereit zu halten und Dette», kurz, alle«, was für die Verwundete» nöthig sei» könnte. Aber Niemand kam und diese Vorbe- reitunge« waren unnütz, «an weiß, warum. Da er gar keine Nachrichten, keine Depesche» «ehr von Marschall vazai»e erhielt und Überzeugt «ar, daß diese« nur an ri«er «»willentlichen Verzögerung lag, so gab der Herzog von Magenta seiner Bewegung die Richtung, welche »icht, wie er hoffte, unterstützt, schließlich zu der Niederlage von Seda» führte. DaS Aktenstück schließt mit einigen Wor ten über eine der wichtigsten Depeschen des Marschalls Bazaine. Diese Depe sche, überbracht durch de» kaiserliche» Procurator von Saargemünd, Herrn Lalle- maud und Herr» Kulme, wurde dem Marschall Mac Mahon übergebe», und man steht leicht ein, welchen groß« Einfluß ste auf die Beschlüsse des Comman- da nte» der Armee von EhalonS habe» mußte, denn ste meldete die Möglichkeit, di: Truppen aus Metz herauSzuführe». Schließlich gibt der Bericht noch eini ge Aufschlüsse über die Depesche», die »on Metz nach TourS gesandt wurden, und welche man erst in» December lese» konnte, da sie in Ziffern waren und der Schlüssel stch tu Paris befand. Die Sitzung wird um 5 Uhr 25 Minutm geschloffen. (K. Z.) Deutsch!«»^ Berlin, S October. Die Provinzial- Korrespondenz brachte vorgestern einen scharfen Artikel gegen die Ultramontanen mtt Bezug auf die bevorstehenden Wahlen, wori» eS heißt, die Regierung werde auch von den strengsten und durchgreifendsten gesetzlichen Mitteln Gebrauch «acht», um den rö«tschen Utber- mmh auf preußischem Boden entweder zu beugen oder zu brechen. Die Ger mania antwortet bereits heute in eine« ftllminanten Amtel auf die vorstehend erwähnte Auslassung der ministeriellen Provinzial-Korrespondenz. Sie schließt folgendermaßen: „DaS ganze Ratsonne«mt der Provinzial-Korrespondenz hat wohl keinen anderen Zweck, als davor zu warnen, daß bet den bevorstehenden Wahlen die Zahl derjenige» Abgeordneten, „deren ganze« Bestrebe» unter der Führung Ron»« auf de» Ka«pf gegen die Staatsgewalt gerichtet ist", vermehrt werd«! Gut! Das katholische Volk wird auf diese Warnung die rechte Ant wort zu gebe» »erstehen! ES rüstet stch bereits mit einer Freudigkeit und einer Emsigkeit zu» bevorstehenden Wahlkampfe, wie eS in der Geschichte der bis herigen -Wahlbewegtmgen noch nicht dagewese» ist. DaS eben macht die Kraft de« verletzten Gewisse»«! Der heuchlerische und frciheitSschänderische „Liberalis mus" hat e« gewagt^ da« Heiligthum der innere» Ueberzeugung, die Heiligkeit der christliche» Familie anzulasten, um auf de» Trümmer« der christliche« Welt» ordnung die schamlose« Orgien heidnischer Zuchtlosigkett zu feiern; tausend Bitten und Beschwörungen habe« den „Liberalismus" nicht abqehalterr, mit verbreche rischer Hand feine roth« Brandfackel in de« geheiligten Tempel deS Frieds«» zu werft«; .wohla«! er hat den Krieg gewollt, er soll ihn jetzt haben!" Berlin, 10. Oktober. Die Nordd. Allgem.Ztg. bebt heute hervor, daß bie StaatSregirrung durch die erfolgte Vereidigung deS Bischof« Reinken« und durch da« etnge leitete gesetzmäßige Verfahren, um den Erzbischof LedochowSki für die Erzdiöcesen Gnesen und Posen unschädlich zu mache», ihr Eintreten für die GesetzeSautorität bewiesen. Luser imposanten Festigkeit gegenüber möge auch die Bevölkerung an Energie der Pflichterfüllung hinter der Regierung nicht zu rückbleiben. Ma» dürfe vertraue«, daß die Bevölkerung »icht lediglich passt» bleibe. Die Regierung könne den im StaatSintereffe und un allgemeinen Cul- turintereffe unternommenen Kampf nur dann glücklich beende», wenn die LandeS- vertretung ihr zur Seite stehe, die, eines Sinnes mit ihr, ihr die durch daS Bedürfnis deS Augenblicks beanspruchten Mittel gewähre. Der Bischof Conrad von Paderborn hat wegen ver am 1. October er folgten Anlegung von Siegeln an die Hörsäle der philosophisch theologischen Lehranstalt die Klage wegen Besttzstörung gegen die Regierung eingelegt. Posen, 11. October. Wie die „Ostdeutsche Zeitung" vernimmt, hat die Krankheit des Erzbischofs LedochowSky, TyphuS und Kopfgeschwulst, einen bedenklichen Charakter angenommen. Dortmund, 10. October. Die heutige Provinzialversammlung der West- phälischen Altkatholiken fand unter sehr reger Betheiligung statt. Den Verhand lungen ging Morgens 8 Uhr ein Gottesdienst in der evangelischen Marienkirche voraus, bei dem Blschof Reinkens über Epheser 3 predigte und Prof. Reusch die Messe celebrirte. In dem Kölnisch n Hofe wurde um 11 Uhr die Versamm lung selbst durch den Justizrath Schulz aus Bochum eröffnet. Es wurde von anderer Seite dabei der Versuch gemacht, die Verhandlungen zu stören; daS Publicum selbst aber schritt gegen die Ruhestörer ei», von denen dann auch noch 5 verhaftet wurden. Nach diesem Zwischenfalle verlief die Versammlung in voll kommenster Ordnung und Ruhe. Professor Knoodt sprach über die Veränder ungen, die die ursprünglich von Christus und von dm Aposteln gegründete Kir che erlitten und erörterte namentlich den Verlauf deS letzten Vatikanischen Con- kilS und die Fortschritte, die der Altkatholicismus in den drei Jahren seines Bestehens gemacht. Professor Schulte legte in längerer Rede dm RechtSstandpunct dar, auf dem der Attkatholicismus stehe. Bischof ReinkenS richtete daö Schluß wort an die Versammlung, die allen Rednern einstimmig ihre« Dank votirte. Die Versammlung schloß um 2 Uhr. Die zur Einzeichnung für die Mitglied schaft bei der altkatholischen Kirche aufgelegten Listen bedeckten sich mit zahlreichen Unterschriften. Frankreick. Paris, 6. October. Vorgestern lief die Königin Isabella in dem Seebad« DiveS, als ste ihrm Soh», den Jnfantm AlphonS, der von einer Welle fort- geriffe« worden war, rette» wollte, Gefahr mit ihrem Soh»e in der See umzu- kommen. Ein Wächter des LeuchtthurmS war so glücklich, Beide zu retten. Paris, 8. Oct. Die Broglie'sche Partei hat sich, wie man behauptet, mit dem Grafen v. Chambord so überworfen, daß ste jetzt dm Marschall Mac Mahon als Präsidenten der Republik auf Lebenszeit in Vorschlag bringen will. Zum wenigsten befürwortet der Soir, nachdem der FraneaiS ThierS dm Tert gelesen, daß er gegen die Verlängerung der Gewalten des Marschalls sei, eine solche Präsidentschaft. Daß aber solcher „Abschluß" der Krists weder bei den Republikanern noch im Lande großes Vertrauen auf die Zukunft finden wird, ist kaum noch wahrscheinlich. ThierS selbst ist gegenwärtig nicht für die Ver längerung der Gewalten deS Marschalls Mac Mabon. ThierS glaubt, daß ein „PlebiScrt" zu Gunsten der Republik auSfallm werde, und er hält es deßhalb für zweckmäßig, auf die Bemfung an das Volk, wenn fie gestellt werde, einzu- gehm. Was den Plan Broglie's anbelangt, de» Marschall Mac Mahon zum Präfidenten auf Lebenszeit zu ernennen, so hofft derselbe natürlich auf diese Weise zur Monarchie, und zwar zur Monarchie unter dem Grafen von Paris zu ge langen. Er zählt dabei darauf, daß, wenn Graf v. Chambord bis zum Tode des Marschalls Mac Mahon in der Verbannung bleibt, seine Thronbesteigung eine Unmöglichkeit ist und der Graf von Paris dann möglich wird. Selbstver ständlich hat bei diesem Project Herzog v. Broglie auch seine eigme Persönlich keit im Auge. Er glaubt nämltch, daß er mit Mac Mahon an der Gewalt bleibe. — Wie verlautet, haben Grevy, Dufaure und Cafimir Perier die Abstcht, ein gemeinschaftliches Manifest zu v-röffentlichcn. Paris, 10. October. Oberst Stoffel erklärt auf die ihm gemachte Bo» schudigung, Depeschen des Marschalls Bazaine an dm Marschall Mac Mahon unterschlagen zu haben, in einer durch die Zeitungen veröffentlichten Zuschrift, er warte nur auf sein persönliches Erscheinen vor dem Kriegsgerichte, um Vie Erläuterungen avzugeben. — Gestern wurden von der Polizei hier circa 22,000 Photographien des jungen Prinzen Napoleon confiScirt. — Gerüchtweise ver lautete heute, der Vertheidiger Lachaud habe seine VertheidigungSschrist des Mar schalls bereits ausgearbeitet und wolle nach Verlesung deS AnklageacteS die Ver lesung der BntheidtgungSschrift beantragen. Italien. Rom, 7. Ott. Eugenie soll dem Papste ein eigenhändiges Schreiben ha ben zukommm lassen, worin ste die Thronrechte ihres Sohne« der päpstlichen Protektion empfiehlt. Schweiz. Genf, 11. October. Die Ultramontanen haben an den Straßenecken zwei in heftiger Sprache gehaltene Proteste gegen die Pfärrwahlen, welche mor gen von den Bürgern vorgenommen werden sollen, angeschlagen. Die Proteste empfthlen eine absolute Wahlmthaltung.