Volltext Seite (XML)
S14 Das Unwesen des Werfens mit Steinen und dergleichen auf den Plätzen und Straßen hiesiger Stadt hat Ln einer Weise überhand genommen, daß polizeiliches Einschreiten dagegen geboten erscheint. ES wird daher hiermit jenes Werfen ausdrücklich unter Strafandrohung verboten mit dem Bemerken, daß für Zuwiderhandlung hiergegen Seiten der Kinder deren Eltern und Pfleger zur Verantwortung werden gezogen werden. * Zu Ueberwachung der Beachtung dieses Verbotes ist die Polizeimannschaft besonders angewiesen worden. Schneeberg, den 29. September 1873. Der Stadtrat h. Geier. Im Interesse der Besitzer von Gebäuden hier machen wir darauf aufmerksam, vaß Anträge auf Megultrung der Versicherungen bei der LandeS-Jmmobiliar-ÄrandversicherungSanstalt zur Ausgleichung des Mißverhältnisses, welches durch das Steigen der Materialtenpreise und Arbeitslöhne zwischen dem gegenwärtigen Bauwerthe und den bei früheren Catastrationen angenommenen Neubau» und Zeltwerthen »er Gebäude entstanden ist, bei Verlust des NechteS der Antragsstellung spätestens bis zu und mit dem 1. November dieses Jahres schriftlich oder mündlich hier anzubringen find. Schneeberg, den 29. September 1873. D er S t a d t r a t h. " Geter. Nr. 28 vom diesjährigen Reichsgesetzblatt ist erschienen und liegt in der RathSexpedttien zur Einsichtnahme aus. Inhalt: Handels- rc. Vertrag mit Persien; Zusatzacte zu demselben. Schneeberg, den 27. September 1873. Der Stadt rath. > Geter. TageSgefchichte. Wochenschau. Victor Emanuel und abermal Victor Emanuel!— Victor Emanuel in Wie», Victor Emanuel in Berlin, das war das große Hauptthema der ver flossenen Woche, durchgeführt, verbrämt und aufgeputzt mit hundertfache« lang- athmigen und breitspurigen Variationen von den großen und kleinen Zeitungen aller Farben und aller Parteien. Nur die ultramontanen Blätter „Germania, Vaterland rc. rc." haben Victor Emanuels und seines Besuches mit einigen kurze«, mißtönigen Variationen in Moll und mit knappen Schattenrisse« grau in grau oder grau in schwarz gezeichnet, gedacht, denn die Ultramontan«« find bös, bitterbös über den freundlichen Empfang und die herzliche Aufnahme, die dem bekanntlich mit de« kleinen Kirchenbanne belegte« König Victor Emanuel an den Höfen zu Wien und Berlin zu Theil geworden ist. Bor allen Dingen aber können die Ultramontanen Victor Emanuel weder vergessen noch vergeben, daß er so frei und ungenirt war, den Kirchenstaat mit der ewigen Roma mir «ichtS, dir nichts bei passender Gelegenheit i. I. 1870 zu annectiren. Was übrigens die Aufnahme Victor Emanuels Setten der Bevölkerung in der wer denden Weltstadt Berlin anlangt, so stimmen alle unpartheiischen Blätter darin überein, daß sich die Bewohner Berlins de« Könige Victor Emanuel gegenüber viel kühler, zugeknöpfter und theilnahmloser bewiesen haben, als wle die gemäch lichen Wiener. Loch konnte sich die Berliner Presse nicht enthalten, de» Witz spielen zu lassen, ja eS find sogar, um einem in Berlin „allge«ein gefühlten Bedürfnisse" zu genügen, eigens zur Verherrlichung der Ankunft und des vter,- oder fünftägigen Aufenthaltes Victor Emanuels t« Berlin drei, sage und schreibe: drei besondere Feftzeitunge» erschienen, die in ihrer Art Unglaubliches, d. h. unglaublich Unverschämtes letst n. So brachte, um nur ein Beispiel an zuführen, eine dieser drei F-ftz imngen folgende niedliche Notiz: „Schärfen wir zunächst unseren schönen Frauen und Mädchen die Vorsicht ein: Riegel zu in stiller Nacht, Emanuel geht — auf die Jagd!" Solchw Scherze uno W tzr halber hat sich nun ein wüthrnder Federkrieg zwischen der „Nationalzeit." und der erzfrommen „Germania" entspannen. Die Nationalzeitung legt diese „schmuzigen Flugblätter" und „elende» Witze" den Ultramsntanen zur Last, währen» die Germania sprudelt, nur die Lid ralen könnten solche Gemeinheiten auSbrüten. Vor der Hanv schimpfiren beide genannten Blätter noch in höchst unanständiger Weise aufeinander, ob ab.r die Ultramontanen oder die Liberalen die Urheber dieser Flugblätter sind, das ist trotz deS Schimpfes noch nicht be kannt geworden. — Was übrigens der Zweck, die wahre Ursache zu der Reise Victor Emanuels nach Wien und Berlin ist, darüber ist in den Zei tungen in diesen Tagen schon so viel geschrieben worden, daß eS Wasser in daS Meer tragen hieße, wenn wir hier noch viele Worte d-Shalb mach'» wollten. Daß aber wichtige nnd politische Zwecke von Victor Emanuel verfolgt werden, wenn er persönlich mit den Kaisern von Oesterreich und Deutschland verkehrt hat, daS kann keinen Augenblick zweifelhaft sein. Fürst Bismarck hat übrigens V ctor Emanuel zwei Tage lang warten lassen, bevor er von seinem Barzin in Berlin einzelroffen ist, denn während Victor Emanuel am 22. Septbr. in Berlin eintraf, erschien Fürst Bismarck erst am 24. in Berlin, hat aber dann eine anderthalbstündige Unterredung mit dem König von Italien gepflogen. Nun, in anderthalb Stunden kann viel Wichtiges besprochen werden. Der großen Hofjagd in HubertuSstock hat aber Bismarck nicht beigewohnt, weil er wirklich (sagen und behaupten die Einen) sehr angegriffen ist und der Ruhe bedarf, während die Andern sich in die Ohren zischeln, BiSmarck hatte sich deshalb so zurückgezogen, wohne der großen Jagd aus dem Grunde nicht bei, well er höchlich darüber verstimmt ist, daß General Manteuffel, dem er nun einmal nicht mit liebreichen Gesinnungen zugethan ist, vom Kaiser mit »cm Marschallsstab ausgezeichnet wurde. Während der Jag» in HubertuSstock hat aber Fürst Bis marck längere Z.it mit dem italienischen Ministerpräsidenten Minghetti unter vier Augen verkehrt. Frankeeich hat in der verflossenen Woche, was die Klärung seines inneren HaderS und seiner inneren unerquicklichen Zustände anlangt, auch keine« Gkdritt vorwärts gethan, ganz im Gegentheil haben sich die Gegensätze nur noch mehr verschärft. Während das Ministerium Broglte mit einer seltenen Hart näckigkeit und Verblendung fortfährt, seinem Chambord die Wege auf den Thron zu bahnen, werden die Republikaner immer unzufriedener mit den gegenwärtigen Zuständen. Go wurde anfangs der verflossenen Woche der .Kölner Zeitung" aus Paris geschrieben: „DaS Wallfahrtsfieber und die Betheiligung einer großen Menge »on Offizieren der franzöfische« Armee an dieser ultramontanen Parade trage» bereuS ihre Früchte. Ei» aufmerksamer Beobachter wird kaum verkennen können, daß durch die ackerbauenden Klaffe» deS platten Landes und die Arbettcrbevölkerung der Stadt eine dumpfe Gäh- rung geht, die einen nahen und furchlbaren Sturm ahnen läßt. Die Aufregung äußert sich bereits thatsächlich an de» verschiedensten Punkten deS Landes. Was in Savoyen, m Auvergne, in Poiton, in NwernaiS und sogar zu Saint-Denis vor den Tbore« von PartS geschehen ist, zeigt, daß der Unwille deS Volkes sich Luft zu machen sucht, trotz der Präfecten mit der eisernen Faust und de» Sen- darmen der Regierung de Broglte'S. Zu Thonon in Savoyen wurdm die Pil- ger von Allengy mit vem Rufe ausgenommen: „I, de» See mit den Pilgern l Nieder mit den Pfarrern! Nieder mit den Jesuiten!" Italien ist zwar das Land, wo die Citronen reifen und die Orange» glänzen, aber eS ist auch das Land, wo das Räuberhandwerk fort und fort in der üppigsten Blüth: steht. Während Italiens König im kältere» Deutschland von Hoffest zu Hoffest eilt, leidet sei» San» schwer unter den blutigen Thate» der roheste» Räuberbande». So sind die Schilderungen über die RrchtS- und Sicherheitszustände in Italien in der That wahrhaft traurig. Während der Zett von etwa anderthalb Jahre» wäre» über hundert Mordthaten vorgefallen und nur in de» allerseltenste« Fälle» war dem Mörder etwas geschehen, obgleich mehrere der unglückliche» Opfer mitte» auf de» frequentesten Straßen der Stadt erdolcht worden waren. Diebstahl und Straßenraub find an der Tagesordnung, und die Polizei, wenngleich sie die Thäter ke»»t, wagt nicht, Hm» an sie zu legen, weil da» Messer unfehlbar ihre V.rwegenheit mit dem Tode bestrafe» würde. DaS Raub- und Mordgesindel ist zu einer Art berechtigter Macht ge worden, nur mit der Eigenthümlichkeit, daß die gesetzliche Macht ihr gegenüber ohnmächtig ist. Und ähnliche Klagen erschalle» aus alle» Provinzen. So treibt » der Gegend vox Assist ein entsprungener Mörder fein Unwesen. Leute, die rüher gegen ihn auSgssagt haben, werden ermordet gefunden; unter Ander» an» «an so einen Hauderer, der zwischen der Eisenbahnstation und Sradt fährt, n seinem Blute am Wege, «ährend Wagen und Pferde spurlos verschwunden in». Und das in einer der bevölkertste» Provinzen, und während :n Assisi e'.bst ein Detachement Militär liegt! Glückliches Italien!" Spanien ist durch seine frühere heillose Miß virthschaft so tüf in den Schlamm gerathen, daß man begierig sein kann, ob eS im Stande ist, sich wie der vollständig emporzuarbeite». Trotz der berechtigten Hoffnung, welche dem Lande die weise und energische Politik der neuen Regierung einflößt; «rotz der durchaus patriotischen Hütung, welche alle liberale» Fractionen in de, letzten Sitzungen beobachtet haben, indem ste die Regierung ermächtigte», die ronftt- tutionellen Garantien aufzuhebe», den Rest der Reserve bis zur Stärke vo» 70,000 Min» einzuberufen, den Familie» der Konskribirten, die sich nicht stel len, ein: Geldstrafe aufzuerlegen und neue Steuern auszuschreiben oder j de an dere Finanzoperation auszuführen, durch welche sie die bewilligten 100 Millio nen aufzubrinzen hofft: — trotz all-dm ist die Lage Spaniens noch immer dieselbe traurige, uns eS wird wahrscheinlich noch einige Zeit dauer», daß sich eine Wendung zum Bessern bemerklich macht. Der Einberufung der Reserve stellen sich große Schwierigkeiten entgegen und der Regierung fehlen die «oth- wsndigsten Dinze, ste hat weder Soldaten, noch Pferde, noch Ausrüstungsgegen stände. In zwei vollen Monat n hat man nicht mehr a S zweitausend Mann für die Belagerung von Karthagena aufzubringen vermocht; ein Jahr ist ver gangen, seitdem der Aufstand in Katalonien ausbrach und heute noch kamt man den Karliste» nicht mehr als 12,000 Mann entgegenstellcn, die nach Knstelar'S eigenem Geständnisse der Sache der Republik mehr schaden als nützen, und in den Provinzen VaSconqada und Navarra ist man auf die Defensive beschränkt; die Befestigungen von Bilbao sind noch nicht vollendet und wenn die Stadl nicht in die Hände der Karlisten fallen will, so ist st; auf die Bertheidiaung durch die Bürger angewiesen. Demnach müssen die Anstrengungen des Ministeriums und der Patrioten vorerst darauf hin gerichtet sein, KriegSvedürfniffe in genü gender Menge zu beschaffen, und eS läßt stch nicht sermeiden, daß die Karlisten ebenfalls die Zett benutzen, stch besser zu organisire» und daß der Aufstand Di mensionen annimmt, die er nie hätte annehmen dürfen. Nordamerika. Der große Krach m Wien, dem cö dort noch fort während nachbröckelt, und dessen Mruerriffe, wie sich erst jetzt zeigt, tief in da» Geschäftsleben aller Branchen hineinreichen. ist mit seinen Rachdonnern in Berlin, München rc. kaum verhallt, so tönt über de« atlantischen Ozean her über aus Amerika daö Getöse eines neuen kommerziellen Zusammensturzes von einem Umfang, der sich nach den noch ziemlich verworrenen und sich «ider- prechenden Nachrichten, die bis jetzt vorliegen, nicht völlig ermeff n läßt, aber mmerhi» höchst beträchtlich sein muß, weil die Meldungen, trotz ihr-S fiberhaf- en Charakters, »on dem sichtlichen Bestreben eingegeben sind, den erschrockenen europäischen Geldmarkt zu beschwichtigen und den unvermeidlichen Rückschlag hinauSzuzözern, bis man in Amerika erst selbst wieder weiß, wo einem der Kopf steht. Ueberspekulation, wie in Europa, und mißglückte Spekulation, die Folge allzustech unsoliden GebahrenS, über daö schließlich dem blödesten Schwär mer für nordamerikanische Städte- und Eisenbahn-Schwindelpaviere die Augen entsetzt aufgtnge», sind die bis jetzt übersehbaren nächsten Urfach n der Börsen- KrifiS, die in Rewyork ihren Anfang genommen und nach den Reigen eröffnen den große» Häusern Jay Cooke und Fiök und Hawkeö eine ganze Reihe win diger Banken in ihren Schlund hinabgezogen hat. Deutschland. Berlin, 27. Sept. Sowie die Begrüßung, welche der König Victor Emanuel bei seiner Ankunft in Berlin «eilens des Hof-S und Volkes fand, eine freudige und herzliche war, ebenso konnte der Abschied gestern Abend ein sympathischer genannt werden. Lange vor 10 Uhr, der für die Abreise be stimmten Stunde, hatten stch riesige Volkömassen, sowohl vor dem Bahnhofs gebäude der Görlitzer Bahn als in den unmittelbar an dieses stoßenden Straßen eingefunden. Aus vielen Fenster» und von vielen Dächern winkten Deutsche und Italienische Fahnen dem Kaiserliche» Gaste zum Abschiede zu. DaS Bahn hofsgebäude, vor welche« wieder Flaggenbäume errichtet waren, welche vie Farben Deutschlands und Italiens trugen, war durch Gasflambeaur und benga lische Flamme» prächtig erleuchtet, und der König von Italien ko nte, wen» er de» weiten dunkel« Platz vor dem Bahnhöfe und die durch Petroleumla«peck' nur sehr spärlich erleuchteten Straßen der nächsten Umgebung sah, leicht denke», man habe hier künstliche Dunkelheit geschaffen, um den Effect vrr Beleuchtung zu hebe«. Während der ganze« Zett, welche die Fahrt vom Opernhause bis