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stehen zu bringt»; in demselben Momente wurde aber der Umhängertrmen eines Soldan n, der knapp bei den Schienen lag, von den vor den Rädern der Loco- motwe angebrachten Räumern erfaßt und der Soldat drei Profile «eit fortge- schlrist, bis es endlich gelang, den mit neun Meilen Geschwindigkeit fahrenden Eouri rzug zum Stillstehen zu bringen. Das Gewehr des Soldaten gerieth unter die Räder, wo eS vollständig zertrümmert wurde, und eS muß als ein glücklicher Zufall betrachtet werden, daß der Zug nicht entgleiste. Der Soldat erlitt men Armbruch und soll außerdem an mehreren Stellen deS Körpers er heblich verletzt worden sein. Rach Berichte» von Reisenden soll gestern, und zwar zur selben Zeit zwilchen Rausnitz und Theresienstadt ein ähnlicher Unfall, und zwar ebenfalls in Folge Benutzung deS Bahnkörpers von Seiten der manöv nrenden Truppen, fich ereignet haben. DaS Böhmisch-Leipaer Wochenblatt bringt aus Haida folgende Notiz: Wie bekannt, hat der Papst ven durch polizeiliche Maßregeln in der Bornahme frommer Bußfahrten gestörten Katholiken gestattet, Wallfahrten im Geiste zu unternehmen. Von tiefem Danke für dieses von ihm durch die Gnade des heiligen Geiste« ausstrahlende und seinen Schafen so uneigennützig gebotene billige Ersatzmittel durchdrungen, bildete fich ein Comite, welches sofort zur Linderung der schicklichen Noth deS Heiligen Vaters Sammlungen von PeterSpfennigen im Geilte veranstaltete, welche ein nie geahntes Resultat ergaben. ES wurde beschlossen, vollzählig eine Wallfahrt im Geiste nach Rom zu unternehmen, um dort dem Heiligen Bater dieses Resultat im Geiste zu Füßen lege» zu können. Frankreich. Paris, 11. September. AuS BagnereS-de-Bigorre ist jetzt auch eine von 400 Personen dieses Ortes unterzeichnete Adresse an Thierö abgegangen. Der selbe wird darin der Befreier deS Gebiets und der Washington Frankreichs ge- «annr. Die Stimmung, die in diesen Gegenden herrscht, ist übrigens äußerst antiroyalistisch. Dies zeigte sich beim Banket, das bei Gelegenheit deS land- wirthschaftlichen Festes in dem genannten Orte stattsand. Der Marquis de FramUeu ergriff das Wort, um dem „Roy" daS Worr zu reden, waS Murren erregte, und als er noch gar seine samose Phrase: „Herr ThierS ist der böse Geist Frankreichs-, wiederholte, da riefen die anwesenden Bauem wie ein Mann: „Nieder mit Franclieu!" Einen anderen Royalisten, Adnet, ließ man gar nicht zu Worte kommen, während die Bauern DeöbonS, der ThierS belobte, den reich sten Beifall zu Theil werden ließen. Beim landwirthschastlichen Fest in Lohanö bei Chalon-sur-Saone kam eS auch zu politischen Demonstrationen. General Guillemant brachte einen Toast auf die Republik und die dreifarbige Fahne aus, und Hr. Logerotte auf die Arbeiter und Hrn. ThierS, den Arbeiter der Befrei ung deö Gebiets. Paris, 13. Sept. Der Herzog von Rianzareö, der Gemahl der Köni gin ChrPine von Spanien, ist gestern Morgen auf seiner Villa in Ste. Adresse gestorben. Die Königin machte sich, wie bewußt, mit ihm bekannt, als fie noch Regentin von Spanten und er Sergeant in der königlichen Garde war; Chri stine hetrathete ihn, nachdem ste ihn zum Herzog und Granden Spaniens ersten Grades erhoben hatte. RianzarcS, dessen ganzes Verdienst in seiner Figur be stand, hatte mit der Königin mehrere Töchter, von denen die eine mit dem Für sten Czartoryski, der heute die Tochter d.S Herzogs von Nemours zur Frau hat, verheirarhet war, aber kurze Zerr darauf starb. Er hinterläßt kein bedeu tendes Vermögen, da er den größten Theil dessen, was ihm die Königin zuge- wiesen, in gewagten Spcculationen verlor. Alle Mitglieder der spanischen Bour- bonenfamtlie, darunter auch die Königin Isabelle mit ihrem Sohne Don Alfonso, haben sich mit nach Ste. Adresse begeben, um der Leichenfeier beijuwohnen. Bei Gelegenheit der Räumung von Verdun erließ der Maire dieser Stadt folgenden Aufruf: M ine theuren Mitbürger! In drei Tagen wird die deutsche Armee daS Gebier von Verdun, lctzteS Pfand deS Lösegeldes Frankreichs, verlassen. Bald darauf werden die französischen Truppen in unsere Mauern einmarschtren, die ste auf so tapfere Weise mit uns vertheidigt haben. Um diesen so ungeduldig erwarteten Tag zu feiern, werden wir nur einen einzigen Gedanken haben: die Freude, uns selbst zmückgegeben zu sein. Wenn irgend etwas unsere tiefe Be friedigung vermehren könnte, so raren eS sicherlich die Beweise von Sympathie, die uns von allen Punkten Frankreichs zugegangen sind und welche ich so eben von den Franzosen aus Newyork mit den Glückwünschen für unsere Befreiung erhalte. Aber vergessen wir nicht, daß eS in unserer Nähe im Herzen franzö sisch gebliebene Bevölkerungen gibt, welche leiden, weil fie vom Mutterlands ge trennt find. Diese schmerzliche Erinnerung sagt unS, daß wir weder einen Triumph, noch einen Sieg zu feiern haben. Nach dem Abmarsch der Deutschen wird die große Glocke geläutet und die dreifarbige Fahne auf einem der Thürme der Kathedrale aufgehißt werden. Bei dießm Signal wird das Stadthaus be flaggt. DeS AbendS werden die öffentlichen Gebäude illuminirt. Sie auffor dern, dieses Beispiel zu befolgen, wäre eine Beleidigung: Ihr Patriotismus be darf keiner Aufmunterung. Eine außerordentliche Vertheilung von Lebensmitteln wird an die Armen gemacht werden. Der Maire Benoit. Paris, 13. Sept mber. DaS Journal de Havre hatte vor zwei Tagen «in pariser Schreiben gebracht, worin man behauptete, daß der „Roy" dem Mi nister ve la Bouillerie, als dieser ihn bet seiner Anwesenheit in Wien besucht, erklärt habe, er wolle nicht den Th.on seiner Väter besteigen, und in welchem man zugleich Näheres über die Plane mittheilte, welche die Regierung Mac Mahon'S für den Wiederzusamm« tritt der Kammer ausgearbeitet habe. Diese Nachrichten werden heute vom FraneaiS und anderen royalistischen Blättern als imperialistische Erfindungen bezeichnet, was sie auch wohl theilweise sind, da der Graf von Chambord jedenfalls nicht auf feine Rechte verzichten will und die Minister Broglie und Consorten, welche wenig entschlossene Leute sind, schwerlich schon wissen, was ste in steten Wochen tbun werden. Daß der Minister de la Bouillerie, wie das Journal de Havre behauptet, mit dem Grafen von Cham- tord conferirt hat, steht aber vollständig fest. In den royallstisch-clericalen Kreisen hat man die Hoffnung, daß ungeachtet aller Schwierigkeiten die Zurück- führuig keineswegs aufgeg^ben sei; und die von den Jesuiten fthr geschickt ae- leitetc ultramontan-royalistische Partei weiß allein, was sie will. Im Augenblicke verfolgt dieselbe auf dem Lande den Plan, daö Lauernvolk glauben zu machen, daß die Republik todt und der „Roy" schon wirklich an der Spitze Frankreichs stehe, w.nn er auch noch nicht nach Paris zurückgekommen sei. Nur zu diesem Zwecke haben fie es durchgesetzt, daß in vielen Departements die für die Land- b.völkerunge» bestimmten Steuerzctiel nicht mehr den Stempel der Republik wa gen, sondern den der königlichen Krone mit drei Lilien, wie er unter der Restau ration Mode war. Der National veröffentlicht in seiner heutigen Nummer zwei Quittungen der Steueiverwaltung, di« ihm aus dem Meurthe- und Mosel-De- partenimt zugesandt wurden und auf welchen sich die Krone mit dm Lilien be findet. Zugleich kündigt derselbe an, daß in fast allen Departements die Grist- lichen seit dem 24. Mai das Uamlae 8»lv»w k,o kempubUcm unterlassen und daß in vielen Gegenden schon jetzt geglaubt wird, die Republik sei auch officiel beseitigt. Da die Bauern Frankreichs im Durchschnitt in politisch« Dingen Kinder sind uns, seit man alle freisinnigen Blätter in der Provinz so ziemlich unschädlich gemacht hat, wenig von dem erfahren, waS sich außerhalb ihres OrteS zuträgt, so sind solche J-suitenstrnche leicht zu begreifen. Der Times wird aus Verdun berichtet: „Ein unerwarteter Vorfall erregte am 10. d. M. einige Auflegung. Gegen 11 Uhr, als man glaubte, vteFinanz- frage sei endgültig, erlevigt, erklärte» die Deutsch« plötzlich, eS komme ihnen noch eine Million für die Besorgung deS PostverkehrS zu. Aus die Frage nach der genauen Aufstellung über diese Forderung wurde erklärt, die Sache sei ganz genau verrechnet worden, und wenn die Summe nicht bezahlt werde, solle die Occupatio» verlängert werden. Es wurde sofort nach Versailles berichtet, und auf Anweisung der französischen Regierung zahlte der Steuereinnehmer in Ver dun am 11. die Summe aus. Die Auflegung scheint einiger Maßen im Zu nehmen. Di: Einwohner von Verdun sind aufgebracht darüber, daß daS Damm der Räumung in geheimnißvolleS Dunkel gehüllt wird. Das Geh.imniß ist ein so vollständiges, daß am 10. der Bischof von Verdun aus Nancy eintraf, weil er glaubte, die deutschen Truppen seien auSgerückt." Das Dunkel über daS Datum der Räumung ist inzwischen gelichtet. In wie fern die Mittheilung sonst chatsächlich richtig ist, bleibt abzuwarten. Nancy, 15. September. DaS Zuchtpolizeigericht verurtheilte die Ein wohner Mansuy und Toussaint von Pont » Mouffo» wegen Mißhandlung der Deutschen, Schreier und Dumann mit Frau, zu 14 resp. 40 Tagen Gefängniß und in die Kosten. Schweiz. Bern, 11. Sept. DaS Jnventarium der Diamanten aus dem Nachlasse deS Herzogs von Braunschweig ist von den genfer Erperl n, den H-rren Rossel und David, beendigt. Wie sich aus ihrem dem Administrativraih erstatteten Bericht ergibt, beträgt ihr W-rth nach ihrer Schätzung nicht viel über 100,000 L. St., wäh rend der verstorbene Herzog selbst in einem im December 1866 ausgenommen« Jnventarium sie auf 200,000 L. St., also auf daS Doppelte, geschäht hatte. Diese 100,000 L. St. zu de» 17 Mill. Fr. vorhandener Valoren gerechnet, beträgt demnach das in Genf befindliche inventaristtte Vermögen deS Herzogs ungefähr 20 Mill. Fr. Genf, 10 Sept. Wie die „Hour" erfährt, ist in den Reihen der In ternationale ein Schisma eingetreten, man hält eö nicht für unwahrscheinlich, daß der britische föderale Rath gegen die Beschlüsse d-S Genfer CongreffeS Pro test einlegen wird. England. London, 13. September. Gutem Vernehmen nach verlangte Lord Gran ville von dem spanischen Geschäftsträger die unbedingte Herausgabe der auf dem Deerhound gefangen genommene« britischenUnterthanen ohne gerichtlich- Verfolgung. In Betreff des Schiffes und der Ladung stellte Granville keine Forderung. Die Officiere und Mannschaften deS englischen Schiffes „Deerhound", welches bekanntlich voa dem spanischen KriegS-Dampfer „Buenaventura" über dem Waffenschmuggel für die Carlisten ertappt und weggcnommen würbe, find nach Ferrol befördert worden. Die Mannschaft hat fich mit einem aus dem Gefängniß von San Sebastian datirtcn Schreiben au einen dortigen Engländer gewandt, um seine Unterstützung anzuflehen. Dieser Brief, der in d:r Pall Mall Gazette zur Veröffentlichung kommt, behauptet, daß die Mannschaft nichts von der Bestimmung deS „Deerhound" gewußt habe und nur für eine Vergnügungs reise angeworben worden sei. Selbst als die Waffen auögeschifft worden, habe Oberst Stuart ste noch mit der Behauptung beruhigt, eS handle sich um eine Wette. Der große Tichborne-Proceß hat bis jetzt achtzehn Woche» gedauert und wann er enden wird, ist vorläufig noch nicht abzuschr», denn der Anwalt der Vertheidigung hat erst die Hälfte seiner Schuhzeugen vorgeführt und nach ihnen kommen noch drei lang:, lange Reden. Uebrigens fangen die Geschworenen an, bedenkliche Symptome der Ermüdung zu zeigen, so daß fich der Lord Oberrichter auf die Bitte eines Geschworenen, der täglich acht Stunden zu seiner Resse nach Westminster und zurück braucht, genöthigl sah, die Verhandlungen bis Dienstag zu vertagen. Der Anwalt der Regierung fügte gleich spaßhaft bei, er würde mit demselben Gesuche nächstens einkommen, weil er mit Rücksicht auf die Dauer deS Proc.ffeö doch ein Testament zu machen wünsche. London, 14. September. Die auf gestern Abend «»gekündigte Predigt deS stets vielbesuchten Kanzelredners 0r Cumming über die Wallfahrt nach Paray le-Montal zog eine überaus zahlreiche Zuhörerschaft an. Der beredte schottische Prediger gab zuerst eine Lebensbeschreibung der sonderbaren Heiligen, Magarethe Maria Alacoque, nach gut römischer Darstellung, um seine» Zuhörern in Erinnerung zu bringen, mit welch krankhaftem, träumerischem, überspannte« Gemüth sie eS hier zu thun hätten. Sodann wandte er fich gegen daS Wunder selbst, welches er durch Vergleich mit den im Neuen Testament verzeichnete» Wundern Christi, so wie mit den Worten der heiligen Schrift als unglaublich, ja, unmöglich hinstcllte. Alle durch die Schrift erzählten Wunder Jesu hätte» ein bestimmtes wohllhätigeS oder heilsames Werk zum Zwecke gehabt; zu bloßen Schaustücken habe Christus nie seine wundnthätige Kraft erniedrigt. Hier aber liege ein reines Zauberstück vor, wie eS deS Herrn unwürdig wäre und wie eS offenbar selbst Erzbischof Manning im buchstäblichen Sinne nicht glauben möge. Außerdem aber habe Christus ausdrücklich, und nach ihm die Apostel, angekün digt, daß er nicht vor dem Gericht wieder zur Erde herniederkommen werde. Maria Alacoque und die römische Kirche strafe somit den Heiland selbst geradezu Lügen. Sodann faßte der Redner die Pilgerfahrt im Allgemeinen ins Auge, und dieser Gegenstand bot ihm natürlich treffliche Gelegenheit, seine geübte Geißel zu schwingen. Cr verglich die Pilgerfahrten früherer Jahrhunderte, wo Müh seligkeiten und Entsagungen den Hauptzug der frommen Fahrten bildeten, mit de» bequeme» Eisenbahnreifln deS heutigen Tages, wo sogar reiche Leute fich Stellvertreter miethcn, die für Geld statt ihrer wallfahrten. Vor 400 Jahre» wallfahrtete auch ein Herzog von Norfolk, und zwar nach Walsingham, und die Herzogin pilgerte mit ihm, beide barfuß. Im Jahre 1873 zeigte der heutige Herzog von Norfolk an, daß bet der vorbereiteten Pilgerfahrt nach Paray „jede Rücksicht auf die Bequemlichkeit der Reisenden genommen sei". Und er selbst, der Herzog, reiste nicht mit dem Pilgerzng, sondern im komfortablen Wagen ctneS später:« Schnellzuges, der ihn sogar der Störung seiner Nachtruhe überhob. DaS ist eine reine Parodie einer Pilgerfahrt! Die Anbetung deS „heilige» Herzens" bezeichnete Cumming als eine Wtederauffrischung der nestorianischen Häresie, wegen welcher Papst Clemens XIV. die Jesuiten »erurtheilte. -st dieser Aberglaube, welcher heute in der römischen Kirche zu Tage »ritt, beschloß vr. Cmnmmg seine Rede, ist ein Anzeichen der etngetretenen Entartung und Fäulniß-