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durc^ Knäuel vor und gebot mit lauter Stimme Einhalt und Ruhe. „W^st ihn mit hinunter, dm Pr-ußm!" schrie die Meute, und gewiß hätte er mit den Zweien ein gleich S Schicksal aetheilt, wenn eS ihm nicht gelungen wäre, da- bisher müßig herumsteh nde Militär zum Einschreiten zu bewegen. Nur fünfzig Schritte davon stand übrigen- eine Wache, welche nicht die geringste Mie e zum Einschreiten machte. Die Beiden wurden nun unter der Bedeckung von vie- Man» auf die Caseme geführt. Dort angekommen, verlangten ste, vor den Kommandanten geführt zu werden. Derselbe erschien auch al-bald in Be gleitung eine- anderen OfficierS und sprach sein höchste- Bedauern über den Vo>f ll au-, betonte aber, daß es ihm unmöglich sei, ste unter militärischer Bedeckung durch die Straßen nach der Bahn bringen zu lass n, da die- einen Aufruhr nach sich ziehen würde. Ja der That hatte sich die jetzt auf 3000 Per'on n herangewachsene Menge um die Caserne versammelt. Mehrere Hunderte erstiegen die Fenstergesimse, Andere warfen mit Steinen rc. hinein, Andere fluch ten, sangen oder ließen Frankreich leben. Die in der Caserne befindlichen Sol daten selbst nahmen eine drohende Haltung an und eS bedurfte aller Energie deö die beiden Deutschen mit seiner Person schützenden CapitänS, um ste vor Mißhandlungen zu bewahren. Ein junger Lausbube von Reemt warf sein Faschi-enmeffer auf den Boden, und als lhm der Sergeant dies verwies, erwi derte er, „er könne keinen Säbel in d.r Hand haben, wenn er die Preußen nicht erstechen dürfe". D r Commandant schlug schließlich dm Beiden vor, sie unter dem Schutze von 15 Mann und d.m braven Capitän auf Nebenwegen zur Eisenbahn bringen zu lassen. Dies geschah denn auch; der Capitän ging voraus, spürte die Wege auf, und fort ging es durch Gärten, Häuser u. dgl. Aber der Pöbel hatte Lunte gerochen. Sobald die Flüchtigen wieder eine Straße passirt n, war er da; ringsherum erscholl wieder das Wuthgeheul, Steine fielen, Rippe flöße und Faustschläge waren wieder auSzuhalt-n. Ein Weib von etwa fünfzig Jahren drängte sich hindurch und geifernd und zähneblökend vor Wuth stellte cs sich vor die Deutsch n hin, an ihnen herumzerrend und sie mit Koth beschmutzend. Der Capitän sah fich schließlich genöthigt, seine Soldaten h-imlich aufzufo d.rn, mit vcn Waffen zu drohen. (Diese Soldaten waren übrigens nur mit Säbeln bewaffnet, ihnen Gewehre mitzugeben hatte der Commandant nicht daS Herz, weil er, wie er selbst sagte, einen Ausstand befiirchtete.) Das geschah denn auch, und so gelangte der Zug mittlerweile an den Bahnhof,.der sofort abgesperrt werden mußte. Hier erfuhren nun die zwei Unglücklichen, daß der l tzte Zug bereits abgefahren s.i und eS ihnen nur übrig blieb, den sofort eint'essenden Güterzug zu benutzen. Selbstverständlich geschah die- auch. Noch alö der Zug langsam abfuhr, versuchten einig-, die Armen herauSzureißen, die noch fortwährend mit Steinen rc. beworfen wurden. Sie kam n erst vorgestern Morgen mit blau geschlagenen Gliedern und unterlaufenen Augm auf deutschem Gebiet wieder an. Wie mir der ein: UnglückSgenoss: mitth.ilt, will er auf meinen Rath heute bei dem Ober-Präsidium dahier Anzüge von dem Vorfall erstatte». WaS soll ich roch beifügen? Ich glaube, das Erzählte genügt, um die Behauptung, daß die Franzosen das höflichste Volk der Welt sind, sehr eigenthümlich zu illustriren. Wie lukrativ das Geschäft mit der Silbergulden.Spekulation gewesen sein muß und noch werden wird, erhellt aus der Notiz eine- Wiener Finanzblattes, daß sich etwa 80 Millionen Silbergulven in Umlauf befinde». Wenn dieser bezaubernde Silberblick einmal nach Oesterreich zurückgedrängt sei» wird, laborirt .man dort gewiß nicht mehr an der Papierzettelnoth. Oesterreich. Wien, 3. September. Der bevorstehende Besuch deS Königs von Italien in Wirn wird in den österreichischen Amtsblättern in einer Weise besprochen, welche den Ultramontancn und Franzosen die Hoffnung auf da- Gelingen ihrer Allianz - Spekulationen knicken möchte. So sagt die Prager Zeitung in einem Leitartikel: Die Vorgänge in Frankreich seit dem 24. Mai d. I. sind eS, welche Victor Emanuel'S Opposition gegen die Reise nach Wien und Berlin überwun den haben. Die in Aussicht stehende Wiederherstellung deS KönigthumS in Frankreich läßt Italien, nach den Vorboten dieser Restauration zu schließen, nichts Gutes für sich erwarten. Die eifrigsten Mitarbeiter an dem royalistischen Restaurationöwerke in Frankreich, sowie dessen thätigste Protectoren find zugleich die h ftigsien Gegner deö Königreiches Italien. Bei den Demonstrationen der Royalisten in Frankreich, welche seit einem Vierteljahre an der Tagesordnung find, wird stet- des Königreiches Italien in einer Weise gedacht, welche deut- lich zu erkennen gibt, daß eö sich dieser Partei nur noch darum handle, in wel cher Sauce daS Reich des „ KirchcnräuberS' verzehrt werden solle. DaS, waS j tzt von den französischen Royalisten geplant wird, muß auch Victor Emanuel'S Eympathi n für Frankreich vollständig abkühlen. Und daß in dieser Beziehung bereits eine entschiedene Wandlung der Gesinnung Victor Emanuel'S vor sich gegangen, da- beweist sein Entschluß, den Kaiserhöfen in Wien und Berlin seinen Besuch abzustatten. Daß die praktische politische Bedeutung dieser Reise Victor Emanuel'S ausschließlich in der Visite liegt, welche er dem deutschen Kaiser in dessen Residenz abstatten wird, liegt auf der Hand. Diese ist -in von den französischen Royalisten wohl zu beachtendes Avis; sie bedeutet eben nicht- Andere-, als daß das französische Königthum, wenn eS daran ginge, seine Pläne gegen Italien in'S Werk zu sitzen, an der Seite deS Königreichs Italien auch Deutschland finden würde, weil man da recht gut weiß, daß eine Campagne Frankreichs gegen Italien nur die Einleitung zur Revanche- Campagne gegen Deutschland bilden solle. In Wien wird Victor Emanuel jene freundliche Aufnahme finden, welche beweist, daß Oesterreich vollendeten That- sachen Rechnung trägt, und daß eS, getreu seiner FrtedenSkommisston großen Werth darauf legt, die freundlichen Beziehungen zu Italien, wie sich dieselben im Laufe der letzten Jahre gestaltet haben, zu erhalten und zu befestigen. Oester- retchischerseit- liegt gewiß keine Absicht vor, mit dem Besucht Victor Emanuel'S in Wien politisch zu demonstriren z in der Thatsache diese- Besuche- an und für fich aber liegt jedenfalls alles Andere eher, als waS die französischen Roya listen zu der Annahme einer Cooperation Oesterreichs bei Ausführung ihrer Pro- j-cie bezüglich Italien- v.ranlassen könnte. Frankreich. Der Präfekt von Nizza hat der italienischen Sprache jetzt den Krieg auf'S Messer erklärt. Aus den Schulen war dieselbe schon längst verbannt. Derselbe hat jetzt aber auch de« Verkauf der italienischen Journale und Schriften verboten und duldet auch «icht mehr, daß die Theaterzettel in italienischer Sprache ange schlagen werden. Der Präsict hat auch befohlen, daß alle WirthShäuser während des Gotte-dtenste S geschloffen sein müssen. Die Bewohner der ehemaligen Grafschaft Nizza find bekanntlich in ihrer großen Majorität anttfranzöstsch gesinnt und die Maßregeln de- Präsicten werden dt-selben natürlich nur noch italienischer machen. Pari-, 5. September. Die Regierung hat, d-M Böhmen -ach, be schloss:», nach der vollständigen Räumung Frankreichs durch die Deutsche« in allen Kirche», Tempeln und Synagogen eine religiöse Dankfeier anzuordnen. I» Paris selbst soll tu der Rotre-Dame-Kirche ein feierliche- Tedeum stattstn- den, d:m der Marschallprästdent und die übrigen Minister beiwohnen werden. Der UnterrichtSminister Batbie soll ei» auf diese Festlichkeiten bezügliches Rund schreiben an die Bischöfe und Confistorien richten. Schweiz. Genf, 4. September. Die Fortsetzung der Inventur über de» Nachlaß des verstorbenen Herzogs Karl von Braunschweig hat dem „Genfer Journal" zufolge ergebe», daß dte Hinterlassenschaft einem aus dem Jahre 1866 vorlie genden Inventare gegenüber wenig Veränderungen aufweist. Dagegen ist die Korrespondenz deS Herzogs mit de« verstorbenen Kaiser Napoleon, welche de« Vernehme« nach sehr interessante Daten enthalten soll, aufgesunden worden. Belgien. Tournay (im Hennegau), 4. September. Dem hier niedergesetzten,; «it den Vorbereitungen für eine am 8. d. M. zur Befreiung des Papst-S stattfin dende Pilgerfahrt beauftragte« Comite ist von der Communalverwaliung die Er richtung von Ehrenpforten und dte festliche Ausschmückung der Straßen verbo ten worde». Die Communalverwaliung glaubt öffentliche» Kundgebungen nicht Vorschub leisten zu sollen, die gegen das Haupt einer befreundeten Regierung gerichtet seien.l Spanien. Ein Berichterstatter der Times schreibt über die carlistische Mannschaft und die Aussichten von Don Carlos r Ein Soldat wird als ausgerüstet angesehen, wenn er mit Waffen, 60 Patrone», Mu»dvorrath für einen Tag und eine« überzähligen Hemde versehen ist. Im Marschiren find die Carliken unübertreff lich, indem sie oft 24 englische Meile» in 6 Stunden abmache», ohne ihre ursprüngliche Frische zu verliere». Allerdings übersteigen ihre TagSratione» selbst dte eines britischen Soldaten; ste erhalte» ein Pfund Fleisch, zw i Pfund Brod, zwei Pinten Wei», und dazu noch als Löhnung einen Real oder zwei Sar. Die Officiere bekommen weniger Gehalt als dte republikanischen, bedürfen dessel ben aber auch nicht so sehr. Der eine Hauptmangel an diesem kriegsfrohe» Freiwilligenheer ist seine Abneigung gegen jede- regelrechte Einererci--n: und da die Generale wohl wissen, daß ein zu strenges Heranziehen die Armee bald lichten würde, wird viel Zeit in unnützem NichtSihun vertrödelt. Augenblicklich zählt die carlistische Streitmacht ungefähr 22,000 wohlbewasftrete Soldaten, ohne die 11,000, welche Don Alfonso in Catalonie» befehligt; und hätte man Ge wehre genug, so wäre eS bei der Masse von Freiwillige», die sich täglich zum Eintritt melde», ein Leichtes, bald 50,000 ins Feld zu stellen. DeS König- Stab, der schon 120 Mitglieder zählt, ist auch in stetigem Wachsen b griffen; so warten in Frankreich nicht weniger als zwanzig Generale auf seine Geneh migung, um fich ihm anzuschließen. Bo» fremde» Officieren befinden sich nur drei oder vier deutsche und eben so viele französische im Hauptquartier. Daß die Carlisten vor nächstem Frühjahre schon auf Madrid loSmarschtren sollte«, hält der Times Korrespondent für höchst unwahrscheinlich; denn die Castilianer würden eine nur auS Navarresen und Basken gebildete Armee, bei ih- r stark ausgeprägten provinziellen Selbstständigkeit, a.'S eroberungölustige Eindringlinge betrachten un) feindlich bekämpfen. Don Carlos müsse daher erst trachten, sich einige auS Castilianern bestehende Bataillone zu verschaffe«, ehe er eS wagen könne, de« castilianischen Bode» zu betreten. Ueber die heutige Lage in Spanten schreibt der „Jmparcial" sehr düster, vielleicht in übertrieben pessimistischer Weise; Der schwach- Punkt unserer Lage ist nicht in Cartagena zu suche», das sich zu hartnäckigem Widerstande vorbe reitet, auch nicht in Cadix, Cordova, Granada, wo dte Internationalen, besiegt, Höfe, Ernten und Wälder tn Brand stecken; der schwache Punkt unserer Lage ist im Norden und Osten unserer Provinzen zu suchen, wo der CarliSmuS fich in erschreckender Schnelligkeit entwickelt, begünstigt durch die Thorhetten deS Radikalismus und dte schlechte DiSciplin der Armee. Unsere Truppen sind ge- »wungen worden, 11 wichtige Plätze zu verlassen und wir haben nur noch 7 in unserer Gewalt, die wir vielleicht schon morgen verlieren werde». Die Carltste» haben fich der prachtvollen Waffenfabrik von Eibar und aller Remington - Ge wehre der Fabrik von Eutencia bemächtigt. So sind ste Meister unsere- ganzen Landes und unsere Armee muß im Kampfe mit ihnen vor ihnen her fich zurück- ztehen. Sie haben fich zudem aller Engpässe und Uebergänge bemächtigt, durch welche unsere Truppen passiren müssen, wenn sie die verlorenen Plätze wieder gewinnen sollen, wenn wir überhaupt sie nur je wieder gewinnen können! In diesem Augenblick bewaffnen die Earlisten alle sedentären Milizen der Dörfer, organifiren die Zollwächter, um Gebühren zu erheben und unsere Linien zu über wachen. B lbao, das uneinnehmbare, ist belagert und auf dem Puncte, zu un terliegen. Victoria ist so eng blokirt, daß man keine Lebensmittel hineinbringe» kann. Endlich, nach sehr bestimmten Angaben, wird zu Ende diese- Monat- der Prätendent unter seinem Befehle 25,000 Mann vereinigt haben, alle wohl bewaffnet, discipltnirt und krieg-gewohnt. Dies ist die Lag- der Nordprovin- zen; die Kataloniens wird nicht ermangeln, eine gleiche zu werden. Saball und der Jnfant Don Alfonso treffen alle Anstalten, eine allgemeine Erhebung aller dieser unruhigen und kriegerischen Völkerschaften hervorzurusin, und dte Bauern erbittert wegen der Ereeffe der Truppen und deS Freikorps, warten nur auf da- Signal, um fich wie Ein Mann zu erheben uns mit dem Feldge schrei der alten AlmorgaroveS: veoperto terra — mein Schwert, wach auf! In den traurigsten Tagen deS 7 jährige» Bürgerkriege- war der Horizont nie so düster wie jetzt, denn damals besaß dte lteberale Partei eine Regierung, eine Armee, die Sympathien der Massen und der liberale« Europäischen Mächte, während heute die Republik weder Soldaten, noch Geld, weder Ansehen nach Außen, noch zuverläsfige und ergebene Unterstützung von Innen vorwetsen kann. Bei der Einnahme der Stadt Vergara hat der Carlisten-Commandeur Lizarraga eine feierliche Handlung voraenommen, deren historischer Anlaß einst nicht ohne Bedeutung gewesen ist. In Gegenwart dreier in Schlachtordnung ausgestellter Bataillone ließ er jene Marmorplatte aus dem Boden reißen, unter welcher das Dokument deS Vertrages von Berga verwahrt wurde. In dem selben hatten die Insurgenten des erste« Carltstenkriegeö ihre Unterwerfung unter Isabella erklärt. ES trug die Unterschrift Espartero'-, als G-neralisstmu- der isabellinischen Armee, sowie diejenige deS Carltsten-ChefS Maroto, welcher in Abwesenheit Cabrera'- commandirte, und dessen Rame seitdem unter de« Earlisten verpönt gewesen. Lizarraga verbrannte da- verttagSdocument vor den Auge» der Truppen zu Asche, „um für alle Zetten diese- gottlose Werk der Freunaurerei verschwinden zu machen." Perpignan, 8. September. An- Barcelona wir» vom 3. d. gemeldet,