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hielt eine lang« R-de in dem bekannt!» Style, welche de« Beifall der Berfa«. Welten fand. .Zur Charakteristik der Deutschen Politik schreibt die „Liberta"; W nige Völker haben es verstanden, ,o viele Beweise von Mäßigung und WeiS- hüt zu geben wie das Deutsche Volk. Man kann es deshalb andern Völkern ulS Muster vorstellen. Die großartigen Siege, welche eS in 2 kurzaufeinander folgenden Kriegen davon getragen, die Macht, welche eS dabei entwickelt, und das Ansehen, vaS eS dadurch erlangt, haben Deutschland nicht verblendet, eS nicht übermüthig g'wacht, daß cS daran dächte, nun Europa Gesche vorzuschrei ben und sich nicht mehr so sehr um die Freundschaft anderer Mächte zu bewer be«. Nein, eS ist ganz im Gegentheil jetzt gerade erst recht darauf bedacht, sich immer mehr Freunde zu erwerben und den Haß derer zu entwaffnen, die sich vielleicht in Zukunst als seine Feinde erweisen kö rnten. Nach dem Krieg: mit Oesterreich hat eS sich unablässig bemüht, wieder freundschaftliche Beziehungen in Wien anzuknüpfen. Kaiser Wilhelm hat keinen Augenblick gezögert, dem Kaiser Franz Joseph freundlich entgegenzugehen, und obwohl er Anfangs kein gerade herzliches Entgegenkomnen fand, hat er den hohen Zweck seiner Reise dennoch nicht aus dem Auge v.'rloren und den alten Groll zum Schweigen zu bringe« und eine künftige Allianz einzulüt.-n verstanden. Manche faseln, Deutsch land steh: nicht auf gutem Fuße mit Rußland, aber nichts r'chtfertigt dies: B:r- muthung. Ganz im Gegenthsil haben die Höfe von Berlin und Petersburg zu keiner Zeit so vi-le Bewüse von Sympathle und Freundschaft ausgewechselt, als gerade in diesem Jahre. Aber Deutschland begnügt sich nicht mit derAlli- arz der Großmächte, eS sucht auch die der kleinen und räumt damit jedes Stein chen aus dem Wege, an daS eö einst stoß n könnte. Welch - Mäßigung und WeiSh it liegt ferner in der Abberufung Werner'S. ES ist sehr die Frage, ob ein anderer ebenso mächtiger Staat ebenso verständig gehandelt haben würde. Gegenwärtig sehen wir den Kro iprlnzm Scandinavieu bereisen. Schweden und Norwegen'-hat er bereits hint-r sich und j tzt weilt er in Dänemark, wo Preu ßen ganz andere als moralische Eroberungen gemacht hat. Diese Reise des Kronprinz n hat ganz gewiß politische Zwecke, deren Tragweite unS und dem großen Publicum zwar entgehen, ab r daß sich Deutschland mit Dänemark auö- zusöhn n sucht, um eS in cin m künftigen Kriege wenigstens nicht zum Feinde zu haben, das liegt auf der Hand und ist sehr klug und weise. Die politische Vorbereitu ng gcht hier mit der militairi chen Hand in Hand und zwar mit ei ner solchen Sicherheit und mathematischen Gewißheit, daß schließlich die Feinde Deutschlands ganz isolirt dastehen w rven. Wir kennen keinen anderen Euro päischen Staat, wo man erhab ne Ziele mit so viel V rstand und Geschicklichkeit verfolgt wie in Deutschland; wohl aber kenne« wir ein Land, wo man gerade das Gegentheil thut und wo man eS bisher noch nich- hat durchsetzen können, daß eine Ruse gemacht wird, welche von höchster politischer Bedeutung wäre. Das deutsch: Reich soll jetzt durch eine wahre geistliche Noth, richtiger Noth an Geistlichen heimgesucht werden. Rach einem unter der preußischen katholischen Geistlichkeit v rabredeten Plane setzen die Erzbischöfe resp. Bischöfe von Posen und Trier eine große Zahl soeben von ihnen geweihter Priester un- g s tzlich in geistliche Stell'N ein. Di: weltliche Obrigkeit kann diese Geistlichen nicht in ihren Aemtern b lassen, die G meind.n sind dann ohne Seelsorger und werden unschwer mit Mißtrauen und Erbitterung gegen die weltlich: Obrigkeit erfüllt. Aus dieser Aufregung der G.m inden will man dann Kapital schlagen. Die Regierung kann sich natürlich nicht in solcher Weise auf der Nase herum tanzen lassen und so geht der Konflikt in 6 moll weiter. Hohenstein. Am Freitag wurde ein Postillon auf der Strecke Gilgen- bmg-Reich.nau von der Cholera befallen. Die Zügel, womit er die Pferde lenkte, entglitten seinen Händen und mußte der einzige Passagier, der Zimmer meister G. aus Gilgenbmg, aus dem Wagen springen, die Zügel ergreifen und neben dem Wagen hsrlaufend, die Post mit dem auf dem Bock in Krämpfen sich windenden Postillon nach Reichenau dirigiren. Hier erregte das Unglück ein: solche Entmuthigung, daß kein Mensch es wagte, dem unglücklich:» Postillon Hilfe zu leisten. D-r Gutsherr mußte erst vier handfeste I ast männer, die sich mit dampfenden Tabakspfeifen bewaffnet hatten, abcommandiren, und diese Ho be« den armen Menschen vom Bock; kaum auf die Erd: gelegt, gab er seinen Grist auf. Oesterreich. Aus dem Weltausstellungsplatze in Wie» fand eine patriarchalisch-wohlthu- ende Scene statt. 67 österreichische Firmen haben bekanntlich den prächtigen Katserpavtllon erbaut, auf das Köstlichste auSgestattet und geschmückt. Sie bab.n jetzt dem Kaiser Franz Joseph dich» herrlichen Pavillon als Eigenthum übergeben. Die Widmungsurkunde ist in rothem Sammet gebunden; ihre erste Seite bringt ei«e neue Lesart der alre» österreichische» Spielerei mit de« L I Ov nämlich; Gastrin expoonas iavit»t vrbom Universum. (Oesterreich ladet den Erdkreis zu seiner Ausstellung ein.) Der Kaiser dankte gerührt. Er schloß mit den Worten: „So oft ich die Weltausstellung besuche und mir die Erzeugnisse der österreichischen Industrie ansehe, bin ich stolz oT dieselbe und ich kann nicht anders, als den österreichischen Industriellen Menn Anerkennung und vollständigste Befriedigung über ihre Leistungen auf allen Ge biete» der Arbeit auSzudrücken." Frankreich. Die Patrie enthält folgende Mitthetlunz r „Die Frage Betreffs der Feld kanone, welche sich ungeachtet der famosen Versuche zu Trouville zu verewigen drohte, ist, wie man uns versichert, auf ganz unerwartete Weis: in der letzten Sitzung des KrtegSrathS gelöst worden. Da der Marschall-Präsident gefragt hatte; wie viel Zett für eme ernste Lösung nothwendig sei, so antwortete der Marineartillerie-Oberst Maillard, der ei« neues System erfunden, daß die Ver suche ein Jahr in Anspruch nehmen würden. „Wer ein Jahr sagt, sagt zwei Jahre", so erwtederte der Marschall, „und wenn wir während dieser Zeit Ka none» nothwendig hätten, denn man muß Alles vorauSsehen, so würden wir nochmals, wie vor drei Jahren, die schlechtesten Kanonen von Europa haben. Dieses darf nicht sein!" Und sich an den Obersten Reffye wendend, fügte er hinzu; „Wie viel Kanonen können Sie mir liefern?" „Zwei Batteriee» in der Woche." „Wie verstehen Sie dieses?" „Ich will damck sagen, daß man jede zwei Woche» nur die Gespanne zu senden braucht, um zwei vollständig fertige Batterien abzuholcn." „Wie viel Zeit gebrauche« Sie, um eine solche Lieferung zu beginnen?" „Drei Monate." „Ist eS möglich, die Fabrication zu beschleunigen?" „Ja, H-rr Marschall; wenn Sie mir de» Beseh! dazu ertheile», kau» ich vier, sechs, selbst acht Batterie«» i» der Woche liefern." „Sehr wohl! in drei Monaten, wenn sie fertig sind, schreibe» Sie mir und ich werde sie abhol«» lassen, um Sie von TarbrS nach Calais bring«» zu lasse», wo' man ihre Festigkeit erprobe» wird; diese- einmal geschehen, «rrd die Frage vollständig gelöst sei»." Mit acht Batteriee» die Woche werdrn wir also «r Ende eine- Jahres 4992 Kanone» habe»." Parts, 25. August. Die republikanische» Depusirte« fordern t» Maste ihre Wähler auf, sich mit aller Entschlossenheit der Wiederherstellung der legitime» Monarchie zu widersetzen. Heute liegt eine solche Proklamation Edgar Quinet'» und eine andere von de» vier republikanische» Devutirten des Loir und Cher vor. Die letzteren thun dar, daß die Monarchie in Frankreich nur noch da» sich auf die klerikale Oberherrschaft und de» SpllabuS stützend: Königthum sei« könnte und wie dieses alle Diejenige» verdammen «äffe, welche daS Köniathu« mit dem Fortschritt, de« Liberalismus und der modernen E-vilisation versöhne« wollen. Quinet aber entwickelt, daß, wen« die Pläne der Royalisten gelinge» und die Nationalversammlung die Rückkehr zur Chambordschm Monarchie votire, eS da- erste Mal sei, daß ei» Volk stch der H.rrschaft eine- Einzige» untw- werfe ohne vorher niedergeschmettert worden zu sein, daß eine Kammer eine Re volution mache, die im Widerspruch mit der legale», rechtmäßigen Regierung und de» bestehende» Thatsachen stehe und so neue» und furchtbaren Stürme» wieder Thor und Thür öffne. Quinet hält daher die Wiederherstellung der Monarchie auch für unmöglich; wen» man aber zulassen wollte daß die Roy'.listen ihre Pläne verwirklichen und eS ihnen gelänge, aus de» Franzosen ein kindisch ge wordenes Volk zu machen, so würde die französisch: Ratio» ih-cn Gegner» da» Recht geben, AllrS gegen sie zu wagen; die Verachtung würde neue Invasion zur Folge habe». Die erste Idee einer Wiederauferstehung deS alten Regimes aber würde die Vernichtung Italien- zu Gunsten de- Papste-, also ein Kri«g mit Italien, Preußen und Spanien fein; man werde dann bald die vierte Invasion sehen und Frankreich auch keine» einzigen Freund mehr haben. Zuckun gen im Inner», Zerstückelung, vollständiger Ruin, diese- müsse man von Go«- ploten erwarte», welche die Straflosigkeit ermuthige. DaS Volk möge sich fer nerhin geduldig zeigen, aber wachen. Au- „Rouen, 26. August, 1 Uhr 20 Minuten RachtS," wird dem Uni- verS telegraphirt; „Die Wallfahrt von Rouen nach Rotre-Dame de Bon-Le- courS ist so eben vollbracht. Seine Eminenz der Cardinal leitete die Feier und alle Pfarreien der Stadt prangten in der Procsssion. ES waren mindest:«» 10,000 Personen dabei. Alles ging in guter Ordnung vor sich." Der Götzen dienst, der mit allen möglichen Mitteln und nun auch mit telegraphisch« De peschen zum AuSposaunen von klerikalen Demonstrationen in Frankreich getrie ben wird, bildet ein edle- Seitenstück zu dem Unfug, der von den klerikale» zu Christi Zeiten getrieben und gegen den derjenige, dessen Statthalter stch der Papst nennt, mit den Worten eiferte: „Wenn du beten willst, so gehe in dei» Kämmerlein." Paris, 27. August. Dis Nachricht, daß der Handelsminister de la Bouille- rie während seiner letzte» Anwesenheit in Wien dem Grafen von Chambord einen Besuch abgestattet habe, wird von der „Agence Havaö" al- unrichtig be zeichnet. Rach Privatmittheilungen, welche letzterer zugegange» sind, wäre die entscheidende Frage für die Fusion nicht die Fahnenfrage, da der Graf vo« Chambord die Tricolore für die Armee zugestehen wolle, wen» ihre Führer die selbe fordern sollten. Die Hauptschwiertgkeit läge in der BerfassungSfrage und in der Entscheidung darüber, ob di-Charte vom Grafen vo» Chambord octroyirt oder auf die Initiative der Nationalversammlung von ihm angenommen werde» solle. —- Die Räumung von Verdun wird sich voraussichtlich bis zum 15. oder 16. September vollzogen haben. Italien. Rom, 22. Aug. Im Vatikan soll man die unliebsame Entdeckung ge macht haben, daß verschiedene Diener, auf deren Treue man bisher unbedingt gebaut hatte, Diebereien an der Kasse des PeterSpfennigS, an Gemälde», Kunst- und Werthsachen verübt haben: eS heißt, daß auch ein Priester dabei compromittirt sei. Unter Anderem soll ein wichtiges, auf die Fusion der Bour bons bezügliches Dokument entwendet und einem fremden Diplomaten verkauft worden sein. Jl Paese theilt heute mit, daß auS diesem Documente hervor gehe, daß da- österreichische Cabinet enge Verbindungen mit dem Vatican un terhalte, und zum Gelingen der FustonS-Bersuche wesentlich mitgewirkt habe. Der Graf Chambord soll in einem seiner letzten Briefe den Papst um Rath gefragt habe», zu welchen Tran-actione« er stch zum Zwecke der Erlangung der französischen Krone verstehe» solle, namentlich auch hinsichtlich der Fahnenftage. PiuS IX. soll ihm darauf geantwortet haben, er möge immerhin die Tricolore beibehalten, aber al- Unterscheidungszeichen einen weiße« Streifen mit den bour- bonischen Lilien hinzufügen. Zwischen Versailles und Rom reisen die Legitimi sten jetzt hin und her. Dieser Tage soll auch Charette, der frühere Oberst der päpstlichen Zuaven, im Vatican empfange« worden sei». Rom, 24. August. Den italienische« Pilger» har der Papst die Gefahr, auf de» Bahnen zu Schaven zu kommen, erspart, indem er ihnen verstattet, Wallfahrten im Geiste anzustellen, und zwar in dreimal zehn Tagen: in der ersten Decade pilgern die Gläubigen unter Gebet und Absingen paffender Lieder nach dem gelobten Lande, in der zweiten nach den berühmtesten Heiligthümern Italien-, und in der dritten nach denen de- Au-lande-. Für viese Pilger fahrten „im Geiste" sind bedeutende Gnadengaben ausgesetzt. In Folge dieses ErlaffeS veröffentlicht „Kanfttlla" einen Dankbrief, von einem Römischen Kunst händler an den Heiligen Vater gerichtet, in dem er seine Karten der betreffend«« Gegenden Europas und Syrien- empfiehlt mit den Worten: Ew. Heiligkeit werden leicht begreifen, daß die Pilger sich nicht auf die Reise machen können, nicht einmal im Geiste, wenn sie nicht die Karten der Oertlichkeiten haben, die ihr Geist besuchen soll, so wie Angabe der WlrthShäuser, in denen ihr Körper sich einbtlden soll, Erfrischungen zu stch zu nehmen. Jeder Karte sind Nadeln mit bunten Fähnlein zugegeben, mit denen jeder Pilger sich Tag für Tag die zurückgelegten Etappen bezeichnen und außerdem die Wege derer abstccken kann, welche sich einbilden, auf die nämliche Art i« Geiste zu reise». Florenz. Die „Gazetta d'Jtalia" »o« 10. August erzählt, daß ein Kind von zehn Jahren aus dem Dorfe Donaz auf dem Wege von Sorea nach Aosta mit einem Mädchen in die Berge ging, um Pflanzen zu sammeln. Al- da- Dienstmädchen da- Kind für einige Augenblick« allein ließ, fuhr ein Adler nieder, ergriff daö Kind und führte eS fort. Einige Soldaten deS benachbarten Fort'- Bardo machten sich sogleich zur Verfügung auf und fanden de» Leich»am de- KindeS schrecklich zerfleischt. DaS Rädchen war so erschreckt, daß «S nicht wagte in das Haus ihres Herren zurückzukehren und hielt stch tagelang unter den Felsen verborgen. Als man sie dann anffand, war sie fast leblos vor Hunger. Neapel, 24. Aug. Professor Palmieri veröffentlicht in neapolitanische« Blättern unterm 20. d. die beunruhigende Nachricht, daß nach Beobachiunge« am Besuv neue Erderschüttemnaen zu erwarten sind. Nur kann nicht gen«» angeben »«rden, wo dtefelbcn stattsindr» wnden.