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dir dreifarbige Fahne anzunehmen: wenn auch dieser Rath wirkuug-los bliebe, werde man dein Köniz vorsttü«, dass er, wenn auderS nicht Frankreich zur Republik verurtheilt sein sollte, nur noch die Sahl hätten zu Gunst« seine- . Belter- abzudanken oder auf die weisse Kahne zu verzichten. Schweiz. Genf, 21. August. Die gestern Abend erfolgte ärztliche Untersuchung der Leiche de- verstorbenen Herzog- Earl von Braunschweig hat ergeb«, dass der Tod durch Gehirneongestionen herbeigeführt wurde; mit der Leiche ist streng nach den Bestimmungen de- Testament- verfahr« worden. Heute findet eine Sitzung de- hiesigen MuniripalratheS statt, in welcher über dle Annahme des von dem Verstorbenen errichteten Testaments Beschluß gefasst werd« soll. Das Leichenbegängniß findet voraussichtlich am nächsten Montag statt. Luzern, 19. August. Am Samötag wurde Henn Thier- eine Serenade gebracht. Eine Abthetlung der Feldmusik (in Civil) spielte mehrere Stücke. Dazwischen sang eine Abtheilung von der „Liedertafel" unter Leitung de- Henn Musikdirektor- Arnold drei Lieder: Frühlingsahnung, da- schöne Vaterlandslird von Baumgartner und das bekannte M«dtlSsoh»'scht Wanderlied: „Wem Gott will rechte Gunst erweisen". Herr Thier- saß längere Zeit auf dem Balcone, rechts neben sich seine Gemahlin, link- Frl. DoSne. Die Zauberklänge in Baumgartner'- Lied an das Vaterland scheinen den gewesenen Präsidenten Frankreich- besonder- ergriffen zu haben, denn er klatschte lebhaft Beifall. Eine ungeheure Mcnschenmasse wogte vor dem „Hotel National" auf und nieder, dessen Anlagen herrlich beleuchtet waren. Die Serenade endete um j 10 Uhr, nachdem sich her Gestierte schon vorher vom Balcon zurückgezogen hatte. Spanien. Der Widerspruch unter den Nachrichten aus Catalonien setzt sich fort. Die Carlisten behaupten, 2400 Mann stark unter Don Alfonso, Saballs und Tristany bei CaseraS 7000 Republikaner geschlagen, denselben einen Verlust von 200 Todten (also inSgesammt wohl von 1000 Mann) zugefügt und mehrere Kanonen abgenommen zu haben.. Dieser großartigen SiegeSnachricht gegenüber lese man folgenden Bericht des Brigadiers ReyeS auS Gironella vom 16. Aug.: „Indem ich zu der Colonne Casanova stieß, die in einem Gefechte mit den Carlisten begriffen war, bemächtigte ich mich deS Dorfes und trieb die Carlistcn bis auf CaseraS zurück. Die Verluste find auf beiden Seiten beträchtlich. Wegen der «ingetretenen Nacht und der Schwierigkeiten der Verbindungen mit den CorpSchefS kann ich jedoch nicht- näher bestimmen." Danach wären also die Carlisten die Zurückgetricbenen. Ueber Berga selbst fehlen noch immer zuver lässige Nachrichten. Madrid, 21. August. In der gestrigen Sitzung der Corte-, in welcher der erste Artikel deS Gesetzentwurfs, betreffs Aufnahme einer Anleihe zuDeckung des DeficitS mit großer Majorität angenommen wurde sprach sich Castelar dahin aus, daß man vor allen Dingen auf Erhaltung der Republik Bedacht nehmen, der Regierung Geld und Soldaten verschaffen, die Sitzungen der Corteö suSpendiren und die Beraihungen über die künftige Verfassung vertagen müsse. Madrid, 2l. Aug. Die Carlisten haben gestern in Segovia 6 Gefan gene erschießen lass n, weil dieselben Anhänger der liberal« Partei waren. — Die Truppenkräfte, über welche die Regierung den Carlisten gegenüber zu ver fügen hat, werden in RegierungSkretsen auf 90,000 Mann an Regulären, an Gendarmen und CarabierS und auf 80,000 Mann an Reserven angeschlagen, von welch' letzteren man bis Ende September d. I. 60,000 mobil machen zu können glaubt. Trotz dieser numerischen Ueberlegenheit verkennt man nicht, daß Lie carlistische Insurrektion gewachsen ist. Madrid, 22. Aug. Nach den hier eingetloffenen Meldungen deS Bri gadiers ReyeS auö Manresa find in dem Gefechte vom 16. d. (bei Balsareny) die Carlistenführer SaballS, Miret und Tristany, der letztere schwer, verwun det. Die Carlisten hatten 85 Todte und 200 Verwundete. Gegen den Prinzen Alphons von Bourbon soll ein Mordversuch gemacht und der Ur heber mit dem Tode bestraft worden sein. Der „Aufstand d.r „unversönlichen" Republikaner SüdspanienS liegt in den letzten Zügen und nur noch über Cartagena weht die rothe Fahne. Aber auch in diesem einzig noch übrig gebliebenen „Canton" sanden die zersprengten aufständischen Banden aus Valencia, Sevilla und den anderen inzwischen zur Ordnung zurückgeführten andalusischen Städten nur noch eine vorläufige letzte Zuflucht; den Brand von dort nochmals in die Ferne zu tragen, dazu ist dem 'Wohlfahrtsausschuß Cartagcna'S Macht und Lust verloren gegangen, seitdem der grobe, Deutsche Capitain Werner den intranstgirtm Kriegshelden Contreras ohne viel Federlesens aufgegriffen und die zum Kampf mit de» Deutschen Fregatten ausgeschickte Kriegsmacht vor Cartagena auf einer Sandbank ein klägliches Ende genommen. Die jetzt in Süden freigcwordenen militairischen Kräfte können nach d m Norden geworfen werden und zur Beseitigung jener zweiten Landplage, d s CarliSmuS, verwendet werden. DaS Land, di- Freund: der Ordnung und Vernunft, athmen wieder auf. Die Regierung selbst aber, sagt die „Presse" vermag sich jetzt, da st: über ihre Feinde gesiegt, vor ihren Freunden nicht zu schützen. Wie in Frankreich unter der „legalen Republik" deS Herm ThierS alle konservativen Kräfte zusammengeholfen, die Commune niederzuwerfen, sich aber dann mit dem Siege der Ordnung nicht begnügt sondern eme Regierung deS Kampfes gegen die Republik selbst gebildet hatten, so behalten die Besitzen den und Conservativen Spaniens nicht im Auge, daß eine republikanische Regie- rung über die Anarchie triumphirt; st- erinnern sich nur, daß die Anarchie unter republikanischer Form aufgetreten war und im Namen der Republik ihre Aus schreitungen begangen hatte. Darum sind ihre Hoffnungen wieder ganz auf Serrano gerichtet nebst dessen Gesinnungsgenossen Topete, Sagasta und wie alle Lie Führer der alten Parteien heißen, die im Augenblicke der höchsten Gefahr ihre Hülfe nicht d.r Republik, sondem der Ordnung und dem Vaterlande ange bot n. ES ist klar, Salmeron-ThierS soll gestürzt, Serrano-Mac-Mahon an die Spitze berufen, und mehr oder weniger rasch die Rückkehr von der Republik zur Monarchie vollzogen werden. Königreich Sachsen. Am Mittwoch Vormittag erschienen der Kronprinz und die Kronprinzessin von Sachsen in Begleitung deS Prinzen Wasa, deS Hofmarschalls von Senfft- Pilsach und der Hofdame Gräfin Einsiedel in der Welt-Auöstellung, verließen beim Südportale die Wagen und begaben sich zuerst in die deutsche Galerie, welche sie sehr eingehend besichtigten, weiteres ein« Rundgang durch die fran zösische und englische Abtheilung machten. Der Kronprinz trug Cwilkleidung, die Kronprinzessin eine violette Seidenrobe und ein weißes Hütchen mit lila Federn. Die hohen Herrschaften fuhren nach ungefähr dreistündigem Aufenthalte wieder ist die Stadt zurück. Das Wetter war äußerst ungünstig; stürmische Regen halt« das Weltausstellungsfest, welche- um 2 Uhr stattfinden sollte, vereitelt. Vor de« Besuche der Ausstellung war da- Kronprinzliche Paar durch einen Besuch deS Kaiser- von Oesterreich beehrt worden, der von Ischl einge troffen war. An dem Diner, da- um 9 Uhr in Hetzendorf stattfand, nah« auch der Kaiser Franz Joseph Theil. Abend- besuchte da- kronprinzliche Paar die Balletvorstellung im Opernhause. Man gab „FantaSea". Am Abend vor her halt« die Hohm Gäste bereit- einer Vorstellung der „Meistersinger" i« Obernbause beigewohnt. Von einem schnellen ungeahnten Tode wurde gestern ein Passagier de» Abend- gegen 6 Uhr hier ankommenden Dresdner PenonenzugeS erreicht, indem ihn ungefähr 5 Minute» vor Chemnitz ein tödtlicher Schlagfluß traf. ES war der penfionirte Oberförster Heydeck aus Deutsch-Einsiedel, der sich mit seiner Gattin auf der Reise befand, um seine Söhne zu besuchen. Der Tod war so fort eingetreten. In Flöha war der Verstorbene noch ganz munter gewesen. Leipzig, 21. Aug. Wie da- „8. Tgbl." aus ziemlich guter Quelle er fährt, soll der sächsische Landtag bereits am 6. Octbr. d. I. zusammcntret«. Feuilleton * Kolbergmünde. Am Sonntag (17.) Mittag um 2 Uhr, ereignete sich hier ein erschütternde- Unglück. Der SchiffSzimmergeselle Müller war mit sei» ner 17jährigen Tochter, der« beiden Freundinnen, den 12 und 17 Jahre al ten Töchtern der Witttve Beyer und der Frau Banglin mit ihrem 6jährige» Kinde bei glatter See und mildem Ostwinde zum Vergnügen hinaus auf die See gesegelt. Er war noch nicht, weit vom Hafen entfernt, al- plötzlich der Wind nach Nordwest umsprang, das Boot so tief zur Seite neigte, daß eS Waffer schöpfte und sofort mit all« Insassen versank. Obgleich das schreckliche Eretgniß von der Mole und dem Dünenstrand aus wahrgenommen und sofort Hilfe herbeigeschafft wurde, gelang eS nur, die Frau Banglin, die von ihr« vielen dicken Röcken über Wasser gehalt« worden war und deren Kind aufzu finden. Erstere wurde trotz der schon eingetretenen Erstarrung dem L ben wie dergegeben. , Bei dem Kinde blieben alle Wiederbelebungsversuche erfolglos. Von den übrigen Verunglückten, so wie von dem gesunkenen Boote fand sich bis jetzt noch keine Spur. Auf derselben Stelle sank vor vier Jahren ei» Ru derboot mit 6 Gymnasiasten. Im Volksmunde geht die Sage von einem dort befindlichen Strudel, der die Boote heimtückisch hinabreißt in die Tiefe. * Hermann Vambery, der bekannte Orient-Reisende, widmet dem Scha h von Persien nach seiner Abreise aus Europa ein« Epilog, in welchem er dm Kö nig der Könige gegen die despectirliche Art und Weise, wie in viele« Zeitung« über ihn gesprochen wurde, in Schuh nimmt. „Wenn die Fama erzählt, sagt Vambery, Nassre-eddin habe bei einer Königlichen Tafel gerülpst, was ich übri gens nur schwer glauben kann, so darf dies eben so wenig im Sünden-Register' eingetragen werden, als wenn ein Europäer in Asien mit herabhängenden Bem« sitzt, während sein Gastgeber eben diese Theile deS Körpers unterschlägt und sorgfältig unter dem langen Oberkleide versteckt. Rülpsen gilt bei dem Orien talen immer als lauttönender Beweis deö SattseinS und wird für ein gefälli ges Zeugniss der reichlich zugeflossenen Gastfreundschaft angesshen. Unsere Be griffe sind natürlich m dieser Hinsicht grundverschieden und sollte auch Einer im Gefolge deS Schah sich eine solche Sitten- oder AnstandSverlehung haben zu Schulden kommen lassen, so ist dies nicht so sehr seine als der betreffenden Eu ropäischen Ceremonienmeister Schul», die in der Wahl der Fürstlich« Tischgmos- senschaft nicht vorsichtig genug zu Werke gingen." * In einem zu PottSville, Penn., erscheinende» Blatte liest man folgende „Offerte," unterzeichnet von einem dort sehr bekannten Bürger: „An das Pub licum. Ich habe zu viele Knaben und keine Mädchen. Durch die Geburt von ZwMngen hat diese Woche die Zahl meiner Jungen wieder zugenommen. Ich beabsichtige, einen oder alle beide Zwillinge gegenein Mädchen zu ver tauschen. Anerbietungen richte man an die Expedition d. Bl." * AuS dem Leben deS Diamanten-HerzogS theilt A. MelS im N. W. Tgbl. folgende Einzelheiten mit. Der verstorbene Herzog Karl von Braunschweig war ein intimer Freund Napoleon IN. Diese Freundschaft datirt aus der Zeit, wo Beide in London lebten. Bei Lord Malmesbury lernten sie sich kennen und der Haß gegen die regierenden Fürsten zog den Herzog unwillkürlich zu einem Manne hin, der diesen Fürsten oder ihren Vorgängern sein Eril und seine schlechte Lage zu danken hatte, und als nach der Februarrevolution im Jahre 1848 die Stellung des Prinzen LouiS Napoleon eine ganz andere ward, ließ er sich sogar verleiten — er, der weltbekannte Geizhals — dem Prätendenten die Summe von 500,000 Franken ohne Sicherheit zu borgen. — Die Ereignisse gingen schnell und der Gläubiger wurde früher befriedigt, als er oder der Schuldner eS dachten. Der Herzog fiedelte nach Paris über, er kannte Napoleon III. zu gut, um nicht zu wissen, was jetzt selbst seine ärgsten Gegner eingestehen, daß er der Sclave seiner Dankbarkeit war und nie einen geleisteten Dienst vergaß. Herzog Karl ging nach Paris, um die Zinsen seines. DarlehnS zu genießen und diese Zinsen haben den napoleonischen Hof oft arg gedrückt. Er verlangte bei Hof seinen Rang als regierender Fürst d. h. allen Ander«, selbst den Mitgliedern der kai serlichen Familie voran, und der Kaiser, der dem, der ihm einst geholfen, nichts versagen konnte, brachte dadurch seinen Oberceremonienmeister geradezu in Ver zweiflung. Besonders im Jahre 1867, während der Ausstellung, wo so viele deutsche Fürsten die Gäste Napoleons waren, war dieses Verhältniß fast uner träglich. Allbekannt ist die List deS Herzogs von Bassano, welcher den Leib arzt des Verstorbenen zu bewegen wußte, gerade an dem Tage ihm Glaubersalz einzugeben, an welchem die Hoftasel zu Ehren König Wilhelm'S von Preußen angesagt war, und wo er durchaus verlangte, zur Linken der Kaiserin zu fitz«, während der Platz des Königs zu ihrer Rechten war. Diese Dosts sal ssiwl- rabllt» Klaubert verhinderte allein einen Bruch mit dem kaiserlichen Hofe. Zum letzten Male sah er Napoleon III. einige Tage bevor dieser 1870 in'S Feld zog. Er brachte ihm ein offenes Schreiben zur Unterzeichnung, welches allen stanzöstschm Be fehlshabern auftrua, die Herzogthümer Braunschweig und Wolfenbüttel mit Requisition« an Geld und Leut« zu verschon« und die Einquartierung auf da- dringend Nothwendigste zu beschränk«. — Der Kaiser unterzeichnete trau rig lächelnd und man weiß, daß der Abgesandte de- Herzog-, der mit diesem Brief nach Braunschweig reiste, glücklicherweise keine Gelegenheit fand, davon Gebrauch zu machen. — Ende November 1870 kam ein Schreib« nach Wilhelm-Höhe, in welche« der Herzog de« gefangenen Kaiser Eredit anbot. Napoleon antwortete dankend, aber ablehnend. Seitdem war« die Beziehungen etwa- erkaltet; denn der seltsame Mann »ar ein Anticlericaler und besonders ein Feind der Jrfliit«, wie man sich ein« eifrigeren kaum denk« kann. «