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Viesen Bund weniger durchsichtig und die Ko«bination überhaupt den Franzosen annehmbarer erscheinen zu lassen, bezieht sich die bigotte Eugenie einstweilen nach Schottland. Ihre Persönlichkeit steht allerdings in Frankreich so überaus schlecht ungeschrieben, daß ihre offenkundige Mitwirkung den ganze» Pla« vereitel» könnte. La- übrige muß man abwarten. Italien s neues Ministerium, wankt bereits wieder, und eS scheint in Erfüllung zu gehen, was wir in unserer Wochenschau vor acht Taaen sagten, daß das Ministerium Minghetti wohl kaum lange Bestand haben dürfte. Die Linke der Kammer befehdet nämlich das Ministerium bereits aus alle» Kräfte». — Die jüngste» heißen Tage sollen auf den Gesundheitszustand de- PapsteS wieder einen sehr nachtheiligen Einfluß auSaeübt haben. In Spanien wird nun der unglückselige Bürgerkrieg erst recht beginnen, denn am 15. Juli hat endlich Don Carlos die spanische Grenze überschritten und will sich nun in eigener Person ar die Spitze der karlistisch-n Banden stel len. Bei den durch und durch heillosen und zerfahrenen Zuständen Spaniens, bei der mehr als erbärmlichen Militärwirthschast wäre es wahrlich keine u nmög- lichkeit, daß Don Carlos endlich den Sieg davon trüge. Um de» allgemeinen Wirrwarr in Spanien noch vollständiger zu machen, find in der verflossene» Woche auch der Minister der auswärtige» Angelegenheiten und der Justizminister zurückgetreten. In Oesterreich schein?» die gute» Väter Jesuiten wleder Oberwasser zu gewinnen und der Kulturminister ist stark in Verdacht, den frommen Herren Vorschub zu leisten. Ueberhaupt will eS den Anschein gewinnen, als sei in Oesterreich wieder eine ReactionSperiode im Anzug. Deutschland Berlin. Ein gr.lleS Licht auf die stattgchabte Häuserspeculation wirst der Umstand, daß bei dem hiesigen Stadtgericht gegen vierhundert Subhastatio- nen an^cmeldet sind. Viele HauSeigenthümer würden gern sofort mit Verlust verkaufen, finden aber kein; Käufer. „Sal. Börsenbl." enthält folgende auffallende Nachricht: „Die bekannte Firma Johann Hoff hiers lbft hat ihre Zahlungen einstellen müssen, obgleich, wie wir b stimmt v.rnehn n, ein Activ Überschuß über sämmtlicke Schulden von 600,000 Thlr. vorhanden ist. Schwebende und schließlich sich zerschlagende Unterhandlungen haben die rechtzeitige Beschaffung von Mitteln zur Deckung der fälligen Wechsel verhind:rt uns die Zahlungs-Einstellung veranlaßt. Jener Actio-Ueberschuß soll sich übrigens allein aus dem Wcrthe der Grundstücke nach strengen Taren ergeben. In einer morgen stattfindenden Gläubiger-Versammlung will Hr. Hoff nach uns zugehenden Berichten sämmtliche Forderungen durch Hypotheken decken und dafür nur ein 3monatliches Moratorium beanspruchen. Ein Verlust an dm Forderungen scheint nach keiner Richtung hin zu befürchten zu sein." Diese Nachricht wird durch einen unserer Correspondenten bestäugt, der uns darüber folgendes mittheilt: Die h utige an sich schon schlecht diSponirte Börse wurde durch die Nachricht von der Zahlungseinstellung des Malz- und Portcrfabrikante» Johann Hoff zu einer vcllends stauen, da man das Fallisse ment dieses Herrn, sowie das g-stern bereits bekannt gewordene eines unserer bedeutendsten Hypothekenm rkler in Verbindung mit den zahlreichen Subhasiaii- onea der letzten Woche für unzweideutige Symptome Lines nicht mehr aufzuhal- t-nden „Krachs" in Grundstücken und Terrains halten zu müssen glaubt. ' Die Konsequenzen eines solchen lassen sich vorerst noch gar nicht absehen, dürsten aber, wenn sonst Niemandem, so doch dem miethzahlenden Publicum schließlich doch noch zu Gute kommen. Oesterreich. Prag. In Arnsdorf (Böhmen) kam ein Man», der sich confesfionSloS erklärte, in den Verdacht, „Gewitter zu machen" und sollte d-Shalb vom Ge meindeamt« aus der Gemeinde ausgewiesen werden. Der Hauswirth d.'S „Ge- wittcrmacherS" wurde zuerst durch den Polizeidiener vor de» Gemeindevorsteher citirt und ganz ernstlich in'S Gebet genommen, „ob er Wissen davon habe, wie sein Miethmann mit einem Et und einer langen Stange jenes Gewitter habe zum Rauchfange hinauSfahrcn lassen." Die Ausweisung deS „Gewtttermachers" wurde vom H rrn Vorsteher mit folgenden Worten angedroht: „Wenn ar ficht Ding machen wie, muß ar aus der Gememe." Die alten Weiber in Arns dorf glauben eben, wenn einer den Frevel begehen kann, stch confesfionSloS zu erklären, warum soll er nicht auch Gewitter machen können. Frankreich. Paris, 18. Juli. Der Präfekt vo» Macon hat de» Besuch derWirthS- häuser während des Gottesdienstes in Gemeinden unter 4000 Einwohnern ver boten. Den Officiercn ist die Betheiligung an dem Schützenfeste zu Macon unterlagt worden. Die Schweizer dürfen dasselbe nicht corpSweise besuchen. Prinz Peter Bonaparte hat an den Schah ein Schreiben gerichtet und die sen, angesichts des Umstandes, daß er stch ohne alle Subsistenzmittel befinde, ge beten, ihn in die persische Armee aufzunehmen. Rußland. Petersburg, 19. Juli. Hiesige Blätter bringen weitere Details über die der Einnahme von Chiwa vorangegangenen Ereignisse. An den beiden Tagen vorher, am 27. und 28. Mai fanden zwischen beiden Armeen fortgesetzt Scharmützel statt, bei welchen sich der Verlust der Chiwestn auf 200 Todt« und viele Verwundete, der der Russen dagegen nur auf 6 Verwundete belief. Die Scharmützel endigten mit der Flucht der Chiwesen, welche unaufhaltsam bis zur Stadt zurückgedrängt wurden. Am 28. Mai trafen in einer Entfernung von etwa 1 j Werst von der Stadt auf dem linken Flügel das Or-nburger Detache ment, auf dem rechten die Mangyschlek-Abthulung ein und ein fortgesetztes Ka nonen- und Flinten - Feuer begann. Das Astrachansche Regicment nahm unter Hurrahrufe» zw.i feindliche Geschütze, das Schirwansche ein drittes. Der Feind sandte hi-rauf einen Parlamentär, um Friedensunterhandlungen einzuleiten, die jedoch von kurzer Dauer waren und damit endeten, daß das inzwischen von beiden Seit n eingestellte Bombardement von den Russischen Truppen wieder ausgenommen wurde. Am folgenden Morgen um 9 Uhr sandte der Feind aber mals Parlamentäre, die dann die Verhandlungen zum Abschluß brachten, in de ren Folge die Russischen Detachement- die Stadt besetzten. Noch an demselben Tage traf die Turkestanabtheilung unter General Kauffmann ein, worauf Mit tags die aesammten Russischen Truppe» im Triumphzuge in die Stadt einrückten. I» Pensa (Rußland) wurde im Gymnafial-Gebäude eben der feierliche Schlußact de- Studienjahre- abgehalte», al- der Saal, in dem die Feier statt fand, einflürzte. Da- Gymnasial-Gebäude ist von einem Privatmann erbaut, aber seit elf Jahren durch Kauf in dem Besitz der Krone und seitdem mehrfach reparirt. Der Festsaal befand sich im zweiten Stockwerk. Er kann 450 Per son«» fassen; gelegentlich der PreiSvetthetlung waren 350 darin anwefrnd. Ra» war in Begriff, die Name» der Abiturienten abzulesen, ak- der Saalboden z» weiche» anfing u»d zusammenbrach. Ci» Gymnasial-Lehrer, welcher in einer Rebenthür stand, ward zur Seite geworf« u»d konnte dabei eine Wärterin mit eine« Kinde auf de« Ann rette». Der G-«»astal-Dtrertor, der in der Ritt« de- Saales stand, siel mehr al- einen Fade» tief u»d hatte noch d»S Gewicht der auf ihn stürzende» Personen zu wagen. Der Inspektor deS Gymnasium- hatte das gleiche Schicksal. Der Gouverneur der Provinz konnte sich im Sturz an einen Balken festklammer» und stch sowie einen Schüler rette». Der Geist liche und ein anderer Schüler retteten stch durch einen Sprung au- dem Fenster, was von dm Meisten nachaeahmt wurde, welche in der Nähe der Fenste» stand«. Vierzig Personen wurden Ins Hospital geschafft, von denen 17 schwer verletzt sei» sollen. Ein junger Popoff, einer der besten Schüler der Anstalt, hat eine Schädelfraktur davongetragm und ist demnach in Lebensgefahr. Das Unglück entstand dadurch, daß gleichzeitig alle dm Bodm tragenden Balken in der Milte brachen. Au- dem Kreise Pultu-k wird die seltene Naturerscheinung eines Stein- regmS gemildrt, der dort in de« Dorfe Lutobrok am 11. Juli stattfand und mehrere Minuten dauerte. Die massenweise gefallen« Steinchm habm «eist die Größe einer Kirsche, find von brauner Farbe, ziemlich hart und sehe», wenn man sie zerschlägt, im Innern der Braunkohle ähnlich. Proben vavon find nach Petersburg gesandt worden, um dort chemisch untersucht zu werden. Spante«. Madrid, 18. Juli. In der hmtigm Sitzung der Cortes erklärt Pi y Margall, daß er von feine« Posten zurücktrete, da stch die Nothwendigkeit her ausgestellt habe, ein Ministerium zu bild«, in welchem alle Fraktionen der Kammer vertreten seien. Dir Versammlung nimmt die Demission Pi Margall'S an und spricht ihm einstimmig thrm Dank aus." Der Antrag an der Stelle desselben einen Delegirten der Versammlung mit den gleiche» Machtbefugnissen zu erwählen, wird mit 111 gegen 101 Stimmen in geheimer Abstimmung in Berücksichtigung genommen. Muro stellt darauf den Antrag, ESpart-ro zu« interimistischen Präsidenten der Republik zu ernenn« und die Cortes nach Boti- rung der Constitution aufzulösen. Bayonne, 18. Juli. Santa Cruz wird, wie von der Spanischen Grenzt gemeldet wird, stch nach Rom begeben, um die Verzeihung des Papstes zu erbitten. Türkei. Konstantinopel, 19. Juli. Die Regierung ist officiell benachrichtigt worden, daß der Schah von Persien Konstantinopel zu besuchen beabsichtige. Der Palast Beglerbeg wird zu seinem Empfange hergertchtet. Königreich Sachsen. Die „Ehemn. päd. Bl." schreib«: Wie wir hören, find die Verhand lungen über die neue Seminarordnung des Königreichs Sachsen zum Abschluß gebracht worden. Die Gegenstände der Berathung bildeten wesentliche Erwei terungen deS Unterricht-planes, Zufügung deS Lateinischen, Beschränkung deS MufikunterrichteS, Ausbau der naturwissenschaftlichen Fächer, deS Turnen- und des Zeichnens. Dle Verhandlungen wurden von d m CultuSminister persönlich geleitet und vereinigten die Seminardirectoren Sachsens. Von Seit« des Cul- tuSministeriumS nahm« daran Theil: Geh. Rath vr Hüoel, Geh. Kirchen- und Schulrath vr. Gilbert und Schulrath vr. Bornemann. Außerdem war« zu den Verhandlungen noch hinzugezogen: der Direktor der königlichen Tum- lehrerdildungSanstalt vr. Kloß, der Direktor des städtische» TurnwesenS vr. Lion au- Leipzig und Tretau, Lehrer an der höheren Gewerbschule in Chem nitz. In den eingehmden Vorberathungen über den vom Ministerium vorgeleg- t« Entwurf hatten die nicht dem Ministerium angehörenden Mitglieder der Conferenz eine im Wesentlichen einmüthige Stellung angenommen. Lauft gk, 14. Juli. Unser Städtchen feierte am 11. d. M. sein Schützen fest und, wie üblich, vergnügten fich die Bewohner bei dieser Gelegenheit ein Jeder nach seiner Weise. Die hier garnisonirenden Reiter, voran die Offiziere, glaubten sich noch ein ganz besonderes Vergnügen bereiten zu müssen, da- Ver gnügen nämlich, das Schützenfest in der brutalsten Weise zu stören. Ein Se paratabdruck der „Nachrichten für Laustgk" berichtet über das Bravourstück Folgendes: Freilag, den 11. Juli, Abend- halb 8 Uhr kommt der Avantageur v. Schweinitz zu dem Besitzer deS ZelteS „Zur Arche Noah" und bestellt für die Herren Offiziere emen Tisch und acht Stühle. Bekannt waren Her« Restau rateur Tauscher die Herren Rittmeister v. Schwanewede, Rittmeister Schulz, Lieutenant Reichard, Premierlieutenant Borödorf und Avantageur Schweinitz. Letzterer kommt wieder zu Herrn Tauscher mit der Bitte, die Sängergesellschast zu ersuchen, die beiden komischen Szenen „Der gemüthliche Sachse" und „Die Meßmusikanten" zur Aufführung zu bring«. Diesem Wunsche wurde von dem Musikus Großer, dem Direktor der im Zelte anwesenden Sänger, Gewährung zugesagt. Einige Zeit später geht die 20 jährige Sängerin Anna Bachman» an dem Tisch der Offiziere vorüber und wird von einem dieser Herren aufge fordert, etwas Gemeine- vorzutragen, und da da- Mädchen ziemlich pikirt da- Verlangen mit: „so etwa- kommt bei un- nicht vor" — abschlägt, sagt ihr derselbe: Nun so fingen Sie wenigstens etwas, wa- zu Ihrem Busen paß». Unmittelbar darauf wird in ähnlicher Weise da- ebenfalls vorübergehende 14 etnhalbjährige Mädchen, Anna Großer, Tochter deS Direktors, insultirt. Die selbe wird von demselben Offizier ebenso aufgefordert: etwas Gemeine- zu fin gen, und da das kleine, kaum der Schule entwachsene Mädchen vor Schreck und Scham verwirrt stehen bleibt und nicht- antwortet, sagt ihr derselbe noch ge meme Worte. Indem da- Mädchen weinend davon geht, um ihre» Eltern da- Empörende zu klage», beginnt ei» neuer Bortrag, der Gesang eine- ernsten Lie de-, wa- aber gestört wird, da am OffizterStisch laut gesprochen, gesungen und gemiaut wird. Der Komiker K., welcher an der Kaffe steht, ruft Pst! Ruhr! Rittmeister vo» Schwanewede winkt hierauf sofort den mitanwelende» Rett« Sproß zu fich und flüstert ihm etwa- zu, worauf dieser zu dem Komiker geht und demselben eine durch da-ganze Zelt hörbare Ohrfeige applizirt. Der Komiker Kreich, der noch ganz überrascht ist und sich sofort den ganz« Vorgang nicht zu erklären vermag, verlangt ziemlich laut und entschieden die Entfernung des ReiterS Sproß. Der in diese« Augenblick eintretmde Unteroffizier Treuman» fetzt Sproß zur Rede, fordert ihn auf, sofort da- Lokal zu verlasse». Zivil person« verlangt« ebenfalls, inde« fie Sproß umringten, sei« Entfernung und als dies ztemlich «eraisch geschah, — ohne irgend welche Thätlichkeitm — stand v. Schw. und die übrig« Offiziere auf, drang« in dm Knäuel und Gchw. würgte nebst einem Offizier d« betreffend« Komiker K. am Halse und befahl dm Reite«, das Lokal nicht zu verlass«, obgleich der größte Theil ohne Rachtzeich«, also schon straffällig «ar, gewährte er ohne Weiteres all« auf dem Platze befindlichen Reite« Urlaub und ennächtigte d« Reiter Sproß, auf seine, des x. x. Sch«. Rechnung nach Wunsch zu trink«. Hierzu find Ze»