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Tagesgeschichte. D«MchIa«d. München, iv. Juli. Die Gemeindebevollmächtigten find dm Befchlüffm des Maglstratv, d tirff n» die Errichtung zweier confessionell gemischter VolkS- . schulen Mit 35 10 Stimmen beigetreten. ^rgciuünd, 14. Juli. Ein furchtbares Hagelwetter hat am 6. d. M. du Er s-hr g-segneten Aernte entgegensetzenden Fluren Lothringens betrof fen. Von der Gränz« bei Nancy her bis in die Gegend von Pirmasens ist in etwa 50 Gemeinden die «ernte völlig od.r größtenteils vernichtet. Schloffen bis zur Größe von Hühnereiern haben jeden aufrechtkehensen Halm in Feld und Garten zu Boden geschlagen. Der Schade wird M m«r ww 2 Millionen Francs tarirt. ES wird sicherlich im Herbst bet der Ermangelung jeder 'Nahrungsmittel und irgendwelchen AernteerloseS die bitterste Noth in Hunderten von Familien Platz greifen. Aus dem Oberpfälzischen Dorst Münchenreuth wird nachfolgendes Beispiel strenger, wenn auch etwas eigenthümicher Kirchenzucht berichtet, Ei» dortiges liebendes Paar, das die Freuden der Ehe anteciptrt hatte, wqllte nun auch zur kirchlichen Verehelichung schreiten. Unmittelbar vorher wurde» sie in die Sakristei beschieden und hier die beiden Verlobten in Gegenwart von zwei Zeuge» aufge- . fordert, den Rücken zu entblöße», und als sie dieser Forderung nachge kommen waren, ergriff der Pfarrer eine bereit gehaltene Ruthe und hieb auf den entblößten Körperteil. Oesterreich. Krakau. In ein nächst Brody (Galizien) gelegenes Dorf kam in der vorigen Woche cin Reisender, der, weit di« Nacht her-inbrach und er müde und hungrig war, einen Bauer ersuchte, ihm Nachtherberge zu gewähren. .Der Bauer musterte den Fremden und lud ihn ein, ins Haus zu treten. Während der Nacht ermordete der Bauer den Fremden und nahm ihm seine wenigen Hab- fligkeiten ab. Außer dem siebenjährigen Sohne des Mörders war Niemand Zeuge der Schandthat. TagS darauf kam der Torfschulze in daS HauS deS Mörders — er halte mit ihm in irgend einer Gemeindeangelegenheit zu sprechen — und fragte, da der Galgenvogel eben vom Hause fort war, um die Leiche deS Fremden zu vergraben, dessen Sohn, wo der Vater sei. Der Knabe er widerte unbefangen: Er trug den Mann, den er heute Nacht erschlagen, fort. Der Schulz« begegnete später dem Mörder in der Hausflur und hielt ihm die Anschuldigung deS Knaben vor. „Wer hat das gesagt?!" brauste der Bauer auf. „Dein eigener Sohn", entgegnete ruhig der Schulze. Ohne weiter ein Wort zu verlieren, rannte der Bauer in die Stube und schlug seinem Kinde den Schädel ein. Nun wollte er flüchten, aber die Dorfbewohner wußten eS zu verhindern, sie legten tbm Fcsseln an unv überlieferten ihn der Strafbehörde." Frankreich. Paris, 14. Juli. Die Bonapartistischen Officiere sind sehr erzürnt über den Marschall Mac Mahon wegen der großen Rücksichten, welche derselbe seit einigen Tagen für die Prinzen v. Orleans .bezeigt. ES ist ihnen ausgefallen, daß bei der großen Revue der Marschall die Uniform eines Divisions-Generals unv nicht die Marschalls Uniform trug, unv ste sage», daß der Präsident der Republik dies nur gethan habe, um die Eitelkeit der Söhne LomS Philippe'S nicht zu verletzen. Die Bonapartistischen Officiere find alle einverstanden mit Canrobert in Bezug auf dessen Verhalten bei der Revue. Dieser Marschall hat sich dem Generalftabe Mac Mahon's nicht anschli ßen wollen, um nicht im zwei ten Range zu erscheinen, während der Herzog d'Aumale, der nur Divifionö- General ist, den ersten Rang zur Seite deS Präsidenten der Republik einnahm. Tie republikanischen Officiere sind ebenso unzufrieden mit Mac Mahon wegen dessen außerordentlicher Zuvorkommenheit für den Herzog d'Aumale und den Herzog de Nemours, und so hat diese der Popularität des Präsidenten der Republik bei der Armee nur Schaden gebracht. Paris, 15. Juli. Als gestem ThurS sich zu dem bekannten Opticus Chevalier, der in der Nähe des Pont-Neus seinen Laden hat, begeben hatte, um einige Einkäufe zu machen, sammelten sich sofort einige Tausend Menschen an, und als er aus d m Laden trat, um sich nach seinen Wagen zu begeben, ertönte von all.n Seiten der Ruf: „Vive Hier»! Vive I» Uepubliyae^! und Viele drängten sich an ihn h:ran, um ihm die Hand zu drücken. Er schien sehr erregt, und dankte mit einigen Handbcwegungen. Die Scene dauerte nur zwei Minuten, da Thürs gleich hinwegfuhr und die Menge hatte sich bereits verlaufen, als einige Abteilungen Polizeidiencr aus der in der Nähe gelegenen Polizei-Präfectur erschienen. Das Banket, welches die Linke Thiers geben will, V W am Tage nach dem Abmarsch der deutschen Truppen aus Frankreich Statt finden. Bis jetzt haben sich 130 Depütirte dazu einschreiben lassen. — Die Bildung der katholischen Gcsellenvereine wird in der Provinz jetzt ebenfalls mit größtem Eifer betrieben. In MoulinS ist jetzt ebenfalls ein solcher ins Leben gerusen worden. Derselbe soll 200 Mitglieder zählen. Zugleich bearbeitet man die Arbeitgeber um sie zu b stimmen, d.n Arbeitern, welche zu dem Verein ge hören, den Vorzug zu geben. Paris, 17. Juli. Dvr Schah hat seine Abreise auf nächsten Sonnabend verschoben; derselbe wird alsdann sich zunächst nach Dijon begeben und dort übernachten. Der Eidgenössische Gesandte Kern begleitet d.n Schah bis nach Genf, wo derselbe vom Präsidenten der Eidgenossenschaft begrüßt wird; der Aufinthalt in Gens wird zwei Tage währen. Selten geht jetzt in Frankreich cin Tag vorüber, wo nicht ein neues Wunder passt.t. Eins der neusten ereignete sich in dem Dörfchen Samoiö, am Rande deS Waldes von Fontainebleau, über dem Wipfel eines Pflaumenbaumes. Eine der kleinen Schül rinnen einer frommen Schwesternschule erschaute über demselben plötzlich eine heilige Familie, den h. Joseph auf dem Esel und die von Engeln umg bene Mutter GoiteS; nur das Christkind fehlte, vielleicht weil eS dermalen von den Anbetern des heiligen Herzens viel in Anspruch genommen wikd. DaS Mädchen ließ sich das Gesicht von den ungläubigen Bauern nicht ausreden und die ganze fromme Nachbarschaft glaubte ganz entschiede» daran. Mit dcn Blättern und Arsten des Pflaumenbaumes, der durch die Vision eine - besondere Weihe erhalten hat, wird ein brillantes Geschäft gemacht; als beson ders heilkräftig werden sie zu th urcn Preisen gekauft; eS soll schon nichts mehr davon übrig sein und man hat die Heiligkeit daher auch schon auf einen oder ein paar andere nahestehende Obstbäume üb rtragen. Versailles, 16. Juli, Abends. Bet der heute in der Nationalversamm- lttng fortgesetzten TiScu sion über das Gesetz der Reorganisation der Armee ergriffen einige Redner das Wort zu Gunsten von Ersparnissen betreffs deS ArmecbudgetS. Der Kriegsminister erwiderte, daß er sein Möglichstes thün werde, damit die Ausgaben für die Armee nicht die bestimmte Grenze über schritten. Die Regierung verfolge keme kriegerischen Gelüste; ihre Politik sei die des Friedens. Aber die Sorge für die Erhaltung des Friedens lege die Verpflichtung auf, da- st-G in einen verth.-idigungSfähigen Zustand zu versetzen. Wenn ganz Europa „biß an die Zähne" bewaffnet fei, dürft ten nicht Thür und Fenster für Jeden, her da kommen wolle, offen fei». G» sei durchaus nothwendig, daß die Armee in de» Stand gesetzt werde, in eine« kürzeren Zeitraum von dem Friedens- auf den Kriegösttss überzugehen. Die DiScusston über die einzelnen Artikel wird fortgesetzt. Schweiz. Gegenüber der Petition der Ultramontanen hat die Regierung daS Verbot amtlicher Functionen durch Bischof Eug, Lachat bis zum Eutscheid der Bun desversammlung im hiesigen CantonSgebiet festgehalten. Dagegen schien eS dem Kleinen Rache klug und räthlich, in längerer Erwägung gegenüber den Freita tholiken die Mitwirkung bei Gründung eines »ationalm katholischen BiSthunS abzulehnen, weil in der etwas alte» Baseler Verfassung als Landeskirche einzig die evangelisch reformirte hingestellt sei. Gegen die Lehre vom Dogma der päpst lichen Unfehlbarkeit in Kirche und Schule sel dann nur einzuschretten, wen» sich Störung der bürgerlichen Ordnung und Auflehnung gegen die Landesgesetze nachweisen lasse; auch der Kanzelmißbrauch des römisch-katholischen Priesters sei nicht genügend dargethan. Italia«. Aus Wien gehen der „A. A. Ztg." Nachrichten zu, »ach denen der ita lienische» Gesandtschaft daselbst sehr ernste Mittheilungen über eine zunehmende Spannung zwischen den Cabtneten von Rom und BersaillcS zugegangen fei» ftlle». Man glaubt, daß die italienische Regierung formelle Beschwerde über die gehässigen Angriffe erhoben habe welche bet verschiedenen religiösen Feier lichkeiten, mindestens mit Zulassung der Behörden, gegen sie gerichtet worden seien, und daß Mac Mahon sich wenig Mühe gegeben habe, die Behörden zu reinigen, ja auch nur jene Angriffe zu mißbilligen. Eine andere Nachricht aus Rom will dagegen wissen, der König habe den General Bartole-Biale zu einer Unterredung mit den Häuptern der französischen Regierung nach Paris geschickt. Diese hätten den außerordentlichen Gesandten versichert, Frankreich führe durch aus nichts Feindseliges gegen Italien in» Schilde, verlange aber, daß Letzteres die bestehenden Verträge beobachte. (?) Italien wird sich inzwischen nicht irre machen lassen, waS auch von den gegenwärtigen Schleppträgern der Römischen Curie in Frankreich versichert werden mag; denn man durchschaut die Absichten dieser edlen Seelen »ach jeder Richtung hin allenthalben ; sagt doch heute ein Wiener Blatt über diese Intentionen, daß, wenn die französische» Volksvertre ter, welche ThierS gestürzt und dem Marschall Mac Mahon daS StaatSruder in die Hand gegeben hätten, aufrichtig wären, so müßte auf allen dm Fahne«, welche man dcn frommen Pilgerzügen nach den Wallfahrtsorten vorantrage, in großen goldene» Lettern das Wort „Revanche" prangen. DaS große Werk, wozu der Himmel seinen Segen geben solle, die Revindication deS Elsaß, und alle die kirchlichen Aufzüge mit ihrem ceremoniöse» Gepränge sollten nur den Ultra montamn in ganz Europa als Fingerzeig dienen, daß unter Frankreichs Fahne aller» ihren Wünschen und Plänen Erfüllung winke. Der UltramontaniSmuS — daß sei der Bundesgenosse, an den sich die französische ReactionSpartei jetzt wende, von dem sie kräftigen Beistand zur Durchführung der Revanche erwarte. Und wenn die Revanche gelänge, dann müßte die Herrschaft in Frankreich für lange Zett Denen zufallen, welche die Revanche zu Stande gebracht. In diesem Sinne allein sei daö sonderbare Schauspiel, welches Frankreich im gegenwärti gen Augenblicke dem erstaunten Welttheile gebe, erklärlich. Der sonst unbegreif liche Anachronismus der ganzen Bewegung falle weg, wenn man sich des Zie les bewußt wäre, auf das die Betbrüder der Versailler Nationalversammlung mit ihrem Religionöeifer hinsteuerten. Rom, 13. Juli. Der Papst ist in Folge der eingetretene» Hitze und der vielen Audienzen, die er in letzter Zeit zu gebe» hatte, in eine» Zustand völliger Erschlasfting gefallen und hat deshalb seine tägliche» Spaziergänge in den Gärten des VaticanS aufgeben müsse». DaS Constsiorium, was heute stattfinden sollte, ist abermals auf unbestimmte Zeit verschoben wordm, weil der Papst den AuSgang der Proceffe abwarten will, welche man in verschiedenen Ländern gegen katholische Bijchöfe und „treue Diener des Papstes und der Kirche" eingeleitet hat. Außerdem soll sich der Papst zur Ernennung mehrerer Kardinäle entschlossen haben, welche im Konsistorium bekannt gemacht werden soll. Man bezeichnet als Candidate» de» Erzbischof Manning, einen Oester- reichischen und mehrere Amerikanische Bischöfe. Ein Französischer Prälat hat die Ungnade deS Papstes auf sich gelenkt. Der heilige Vater erhält jeden Tag durch einen Geistlichen, der viele Sprachen versteht, einen Auszug aus der pe riodischen Presse. So erfuhr er gestern unter Ander«, daß der Kardinal Don- net dein Oberrabiner in einem eigenhändigen Schreiben sein Beileid über de» Synagogenbrand ausgedrückt hat. Der Papst beauftragte sofort Antonelli, Nach forschungen über die Wahrheit dieses Berichts anzustelle», weil er darin eine zweite Auflage der Vorgänge in Alessandria erblickte. Rußland. Warschau, 12. Juli. Die Vertreibung der Juden auS Kiew durch die russischen Behörden ist nunmehr vollendete Thatsache. In der „Heiligen" Stad! waren außerhalb des JudenviertelS im Ganzen circa 2950 Juden ansässig, darunter 79 Kaufleute erster Gilde und 80 Studenten; die übrigen waren Händ ler und Handwerker. Die Purtfication wurde mit äußerster Strege durchgeführi, Nur 150 Jude» erhielten die Erlaubniss, in bestimmten Stadttheilen ihren Wohnfis zu nehmen; 130 wurden per Transport weggeschafft; 300 erhielten de» Befehl, die Stadt und ihr Weichbild zu verlasse», und 2370 warteten diesen Befehl nicht erst ab, sondern entfernten sich freiwillig. Spanien. Unglück auf Unglück ereilt die Spanische Republik. Auf die Niederlage bei Ripoll ist die Eroberung von Berga gefolgt, jener Catalonischen Stadt, welche schon einmal einen carlisttschen Angriff zu bestehen hatte, denselben aber glücklich abschlug. Eine weitere Schlappe haben die republikanische» Truppen bei Puente la Reina erlitten, bei welcher Gelegenheit sie zwei Geschütze in den Händen der karliste« liesse». Drohender aber noch als der EarliSmuS zeigt sich daS Schreckgespenst deS CommuntSmuS. Zwar ist in Alcoy die Ruhe wie der hergestellt, dafür aber erfährt man jetzt, dass die viel wichtigere Hafenstadt Earthagena in der Gewalt der Roche» ist. Der Depütirte Galvez, welcher vor Kurzem erst aus de» Corte- aus schied, steht an der Spitze deS „Wohl fahrtsausschusses". Die Kriegsschiffe, welche im Hafen von Earthagena lagen, sind de« Rothe» in die Hä»de gefalle», und voraussichtlich «erden wir nun bald von der Ankunft derselben vor Barcelona lese» und hiermit wird alsdann di« wichtigste und reichst« Handelsstadt Spaniens dm Communisten zur will'