Volltext Seite (XML)
hat, zu denen Wit -h Kriege beigetragen habe», und die uns zu der Hoffnung berechtige», VN' le^ rer später cirmal überflüssig «erden dürsten." Deutschland. Frankfurt a. M 14. Juli. Heute haben wlr die Verhandlungen deS SchwurgertcylS gegen die Theilnehmer an de» (durch Erhöhung der Bierpreise veranlaßten) Erceffen vom 21. April d. I. begonnen. Die Zahl der Ange, schuldigten beträgt 47. Auf sie nach Verlesung der sehr umfangreichen Ankla geschrift an sie ergangene Aufforderung sich für schuldig oder ntchtschuldig zu erklären, plaidirten Alle mit einer einzigen Ausnahme für nichtschuldig. Die Sitzung wurde varauf vertagt. — Daö Schwurgerichtsgebäude war durch eine zahlritche Schuhmannschaft und ein Mlitairpiket beseht. Hirschberg, 9. Juli. Heute Nachmittag gegen 3 Uhr stieß der berliner ' Schnellzug auf zwei Lokomotiven, die für den Zug nach Lauban bestimmt warm. Dlr Zusammenstoß fand unmittelbar vor dem Bahnhofe Statt. Vielfache Con- tufionen und leichtere Verwundungen sind vorgekommen. Eine schwerere Ver wundung erlitt ein Restaurateur aus Lauban. Neuß, 10. Juli. Wie vor einigm Wochen auf der Strecke Neuß-Ober- cassel, so ist vergangene Nacht auf der anderen Verbindungsstrecke zwischen Neuß und Düsseldorf, über die Rheinbrücke beim Dorfe Hrmm, ein Eisenbahnunglück passtrt. Bekanntlich herrscht auf dieser Strecke eben der Brücke wegen eine starke Steigung, und schwerbeladene Güterzüge pflegen deßhalb auf derselben nicht nur von einer Maschine gezogen, sondern von einer zweiten nachfolgenden bis über den Höhepur er hinaus, der auf der Brücke selbst liegt, geschoben zu werden. Auf di se Weise wuroe auch gestern Nacht nach 11 Uhr em Güterzug von Düsseldorf auf die Brücke hinaufbefördert. Leid.r aber war der sechste Wagen, von hinten gezahlt, mit d n voihergeh.nd n nicht zusammengekoppelt. Da die erste Maschine, sobald sie über den Höhepunkt war, schneller fuhr, als die hinten angespannte die letzten Wagen nachschob, so entstand dort eine ziem liche Lücke. Sobald aber die sechs letzten Waggons von der darauf umkehren den Drückmaschine auch üb r den Höhepunkt gebracht waren, ge icthen diese auf der schiefen Ebene in Schuß, holten das vor ihnen fahrende Stück Zug ein und Prallten auf dasselbe. Durch den gewaltigen Zusammenstoß wurden diese sechs Waggons sämmtlich aus den Schienen gehoben und stürzten den einige 20 Fuß hohen Damm hinab. Drei derselben waren schwer beladen, einer mit Koh len, einer mit Eisenwaar.n, Oefen rc , ein dritter mit Verschied nem. Leere wie beladen« Waggons erlitten ber dem Sturze die schwersten Beschädigungen, wurden theilweise sogar total zertrümmert. So lag z. B. eine Achse des Kohlenwagens mit zwei Rädern weitab im Felde, bis wohin sie durch den Stoß loögerissenund geirie ben worden war. Auch die Telegraphenleitung ist an der Unglücksstelle zerris- ftn worden. Menschenleben sind Gottlob nicht zu b klagen; nur hört man, daß ein Bremser eine Verletzung davon getragen habe. Frankreich. Paris, 12. Juli. Eine zahllose Menschenmenge hatte sich gestern Abend auf dem unteren Boulevards, von dem Italienern bis zur Madeleine, ringefun- drn, um den Schah nach der großen Oper fahren zu sehen. Die M nge war ganz heiter, wurde aber etwas unmuthig, als der Schah — das Zuspätkom- mcn, wie die Liebe zum Schmuck scheint er mit dem schönen Geschlecht gemein zu haben — fast drei Viertelstunden nach der angesetzten Zeit ankam, und Viele rächten sich dadurch, daß sie wie Katzen — ollst— miauten. Der Anblick der Boulevards, deren Häuser fast alle illuminirt und beflaggt waren, war ein glänzender, ungefähr wie zur Zeit der allgemeinen Ausstellung, wenn Napoleon III. die Kaiser, Könige und sonstige gekrönte Häupter zu einer Festvorstellung nach der großen Oper geleitete. DaS Ccrcmoniel, welches man damals beobachtet, war ungefähr das nämliche. Auch die Stimmung der Pariser war ungefähr die nämliche, wie 1867. Wie damals, auch ohne alle Begeisterung für die Regierung, Pieß die Menge, als endlich der Schah herangefahren kam, nur AHS! aus, um ihre Zufriedenheit kund zu geben, daß man nicht länger zu war t'» brauche, und da, wie dies 1867 der Fall war, die Schreiervanden noch nicht reorganisirt find, so hörte man auch nirgend ein Vive le Olls I oder ein Vive IA»e Äsllon! Ueber den Anblick, welchen die Boulevards darboten, war man, wie 1867, wieder ganz stolz, und ich hörte vielfach: ,,Einen solchen Em pfang haben die Engländer dem Schah dcch nicht bereiten können" und andere derartige Redensarten, uns man konnte sich so recht überzeugen, daß, wenn über die Franzosen auch viel Unglück dahingegangen ist, sie doch so ziemlich die Alten geblieben find. Der Schah und Mac Mahon fuhren in einem geschloffenen Wagen. ES war die StaatScarosse deS Marschalls mit seinem Wappen und seinen Bedienten in weißen Röcken, rothen Hosen und weißen Strümpfen. Die . Hundertgarvcn deS neuen französischen Staatsoberhauptes ritten vor und hinter dem Wagen deS Schahs und reitende Cuirassiere schlossen den Zug ab. DaS Innere deS EaalrS hatte sein gewöhnliches Aussehen. Nur hatte man in der Mitte der ersten Logenreihe, gerade der Bühne gegenüber, eine große Loge sür dm Schah errichtet. D:e hohe osficiclle Damenwelt, wle die Marschallin Mac Mahon, Madame Buffet und die Frauen der Minister, sowie die Prinzessin von Orleans, die Gemahlinnen der Herzoge von Montpenfier, Alencon, deS Prinzen von Joinville, deö Herzogs von Orleans u. s. w., befanden sich in dm Logen, welche neben der Dox« Uovsl lagen. Als der Schah in den Saal trat, wurde die unvermeidliche persische Nationalhymne wieder aufgespielt und die ganze Ver sammlung, Herren und Dame», erhob sich, verneigte die Köpfe und klatschte mit dm Händen. Dem Schah schien dies zu gefallen und sah sehr freundlich aus. Der Anblick, welchen der Saal selbst gewährte, war übrigmS in diesem Augen blick rin ganz prachtvoller. Die Damm, die große Toiletten angelegt und mit Diamantm fast ganz »ugeveckt warm, zeigten sich nämlich in ihrer ganzen Pracht, und man mußte wirklich über de» großen Reichthum staunen, der sich in einem so kleine» Raume angesammelt hatte. Die Vorstellung selbst bot nichts Brson- dereS. Man gab de» vierte» Act von Halevy'S „Jüdin" und Ballet. Den Schah selbst schien die Vorstellung auch nicht besonder« zu interesfiren. Wäh rend der Pause begab er sich in da« Foyer, da«, wie auch die Treppen, die nach der königliche» Loge führten, mit den herrlichsten Blumen verziert war, um Erfttschungm zu sich zu nehmen. Um 11z Uhr «urdm die Trommeln gerührt, die Truppen präsmtirtm da« Gewehr, und der Schah wurde in der nämlichen Weise, wie er «kommen, nach de« präfidentschaftlichen Palai« zurückgeftthrt. Ivie Menge aus dm Boulevard« war wohl »och größer geworde», aber um» »hörte nur wieder „Ah«!" und schlechte Witze. Pari«, 14. Juli. Da« Rachtfest «ar glänzend; die Illumination und da« Kunstfevenverk gelangen vortrefflich. Eine unermeßliche Menge wohnte der selben bet und begleitete zu« Schluffe einen Fackelzug von 6000 Fackelträgern, welcher die EhampS-Elyste« und die prächtig erlmchtetm Boulevard« durchzog. Der Schah, der von allen Autoritäten am Trocadero empfangen wurde, sagte, er werde den Empfang durch die Stadt Pari« nie vergessen. Part«, 14. Juli. Der Schah von Persien wird am 18. oder 1S. V. Paris verlassen und sich wahrscheinlich zunächst nach Lyon begeben. Ob der Schah auch nach Wien gehe» wird, wird noch als ungewiß bezeichnet. Gestern hat ihm zu Ehren in Pari« eine Illumination stattgesunde». Aus Anlaß der Revue von LsngchaippS geben die Pariser Blätter wieder ihren ruhmrednerischen Trieben Raum. „Der Französische Soldat," schreibt der „GauloiS" unter anderem Unsinn, „hat das Eigentümliche, daß er um jeden Preis der erste Soldat der Welt sei» will, und er hat eS auch diesmal wieder bewiesen. Der Berichterstatter veS „Figaro" erzählt, daß einer der Adjutanten de- Königs von Persien, der General Mirza Razza-Khan, ihm beim Weggehen gesagt hätte: „Wenn Sie wüßten, wie viele von uns bei der Kunde von Ihre» Unglücksschlägen geweint haben, würden Sie begreifen, wa rum wir heute so hoch erfreut sind." Die Frau Marschallin Mac Mahon, bemerkt dasselbe Blatt, welche« ohne Speichelleckerei nicht leben kann, wäre wie eine Königin begrüßt wordm und hätte mit der Anmuth einer Königin ge dankt. „Unwillkürlich," sagt der „Soir", glaubte man sich auf ein Schlacht feld wenige Augenblicke vor der Action versetzt" und er fügt naiv hinzu: „Richt auf ein Schlachtfeld deS letzten Krieges, sondern auf eines der Schlachtfelder dcS ersten Kaiserreichs." Die „Rspublique francaise" äußerte sich wie folgt; „Wir haben gestern der Revue von LongchampS mit allen unseren Erinnerungen und allen unseren Hoffnungen beigewohnt und wenn das Schauspiel, daS un- geboten ward, jene nicht abschwächen konnte, so hat eS doch diese gewaltig ge stärkt. Die Physiognomie unserer Armes' ist eine gute. Dir seit der letzten Revue vo.n Juni 1871 erzielten Fortschritte sinv ungeheuer, und wenn erst unsere Organisation und Ausrüstung die ins Auge gefaßten Reformen erfahre» haben wird, wird die militärische Verfassung FrankretchS hinter derjenigen keiner anderen Nation Europa'S zurücksteh m. WaS unS angenehm ausfi l, war die intelligente Art, mit welchem das Publikum seine Beifallszeichen auStheilte. Obgleich jedes Regiment für seine gute Haltung und die tadellose Korrektheit seiner Bewegungen Lob verdiente, hat es doch ganz besonders daS Bataillon von St. Cyr und die Marine-Infanterie mit feinem Zuruf ausgezeichnet, in dem eS betonen wollte, daß diese beiden Truppen in seinen Augen alle Vorzüge deö Französischen Soldaten vereinigen. Auch die republikanisch: Garde und die Fußjäger wurden mit wiederholten Bravos ausgenommen und die Artillerie und die schwere Kavallerie hatten nicht geringeren Erfolg. Besonders rühmend war aber die Huldigung, welche man einer der wenigen Fahnen darbrachte, die unser Unglück überdauert haben. Als wir dieses ruhmvolle Symbol der un bezwinglichen Lebenskraft deö Französischen Vaterlandes sahen, gedachten wir deS stolzen Wortes eines Staatsmannes deS vorigen Jahrhunderts: „Frank reich ist ein Land, in welchem es verboten ist, zu verzweifeln." Wir für un sern Theil wiederholen nach dem gestrigen Tage: Laßt unS hoffen! In einigen Wochen wird unser Gebiet auf Grund der Verträge von 1871 befreit sein. AlSdann werden wir untere Thätigkeil verdoppeln muffen, denn eS ist für den Europäischen Frieden nothwendig, daß Frankreich stark sei. Paul de kaffagnac hätte nicht anders schreiben können. Edmund About konnte in dieser Orgie deS Chauvinismus natürlich nicht fehlen. Er hat sich im „XIX. SiLkle" selbst zum Reporter gemacht und schließt seinen: „Genesung" überschriebenen Bericht wie folgt: „Ich kann nicht alle Bemerkungen verzeichnen, die mir während dieser drei Stunden zu Ohren kamen. Während ein Zuschauer sich in ver frühten Hoffnungen verirrte, blickte ein anderer in die Vergangenheit und mur melte: „Wenn man bedenkt, daß der Marschall Bazaine zweimal so viel Sol daten und eben so gute, wie wir heute bewundern, den Preußen auSgelicfert hat!" DaS letzte Wort aller konservativen lautete aber immer: „Wo ist^denn Herr ThierS" Er, der unS diese Armee wiedergegeben hat; denn man wird doch nicht sagen wollen, baß dieselbe seit dem 24. Mai improvifirt worden ist. WaS macht Herr ThierS in diesem Augenblick? Was sagt er in seinem Ca- binet zu d-n drei oder vier Getreuen, die ihm Gesellschaft leisten? WaS denkt er von der Nationalversammlung, von der Nation, von uns Allen? Warum hat er nicht ganz bürgerlich auf der Abgcordnetentribüne Platz genommen? Im Grunde hat er aber Recht gehabt. Sein Erscheinen hätte daö Fest getrübt: denn vor ihm hätten die Herren von Broglie, von Goulard und Buffet sich verkriechen müssen." Paris, 13. Juli. Nach der Miitheiluag eines Korrespondenten der „Jndep." hätte der Schah in Paris für 600 Mill. FrcS. Einkäufe gemacht, darunter ein Bracelet im Preise von 85,000 FrcS. für dir Marschallin Mac Mahon. Versailles, 14. Juli. In der h utigen Sitzung der Nationalversamm lung brachte der Präsident Buffet die Rede deö D putirten de Choiseul in der Sitzung vom Sonnabend zur Sprache und erklärte, er habe sich bei seinen neulichen Auslassungen über die Armee durchaus darauf beschränkt, dieselbe we gen ihres jetzigen vortrefflichen Zustandes zu beglückwünschen, und der Reorga nisation des Heeres überhaupt keine Erwähnung gethan, für deren Durchführung er ThierS und dessen Mtarbeitern jedenfalls würde volle Gerechtigkeit haben widerfahren lassen. Der Präsident Buffet bringt darauf den Antrag ein, die Versammlung am 27. d. M. zu vertagen und die Permanenzcommission zu ernennen. Der Justizminister Ernoul beantragt, der Permanenzcommission die Befugniß öeizu- legen, wegen etwaiger beleidigender Angriffe gegen die Nationalversammlung die Gerichte zur Einleitung eines Strafverfahrens ermächtigen zu dürfen. Der An trag ruft eine sehr lebhafte Erörterung hervor, an der sich vorn hmlich Arago und Gambetta betheiligen, welch Letzterer für die unbedingte Feeigebung der öffentlichen Besprechung eintritt. Nach einer außerordentlich bewegten Debatte, in welcher noch mehrere Redner das Wort ergreifen, wird zuletzt die Dringlich keit für den Antrag angenommen. Jule- Favre kündigt darauf eine Interpellation in Betreff der innern Po litik der Regierung an, -cren Beantwortung auf Montag anberaumt wird. Die Räumung Be lfortS erfolgt am 2. August. Die Besatzung marschirt Vormittags t» neun Kolonnen in verschiedenen Richtungen ab, um sich in orn darauf folgenden 6 Tagen an verschiedenen Stationm auf der Eisenbahn einzu- schifft» und nach der Heimath gebracht zu werde». Am 9. August besteigt die letzte Eolonne die Eisenbahn-Züge. Schweiz. Bo« Are«e»berg, 12. Juli. Die Exkaiserin und ihr Sohu scheinen sich hier sehr heimisch zu fühlen. Sie mache» fast täglich, aber meist zu Fuß und mit ga»» wenig Gefolge, Au-flüge »ach schön gelegene» Punkte« der Uw grgend, «ob«! sie sich aber stet« hüte», i» besuchten Localen etnzukehre». Da«