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530 (6311—13) Rinden - Verkauf. Mittwoch, den 18. Junl, Vormittags 10 Uhr in der List'schen Schankwirthschaft bei Waldenburg: 1. und 2. Abth. der Waldenburg-Ober» ' lnngwitzer, Thon-, Hohen und Falkener Straße; Nachmittags 1 Uhr im Bellevue bei Glauchau: 3. Abth. der Zwickau-Waldenburger Chaussee, 2. und 3. Abth. der Hohenstein-Glauchauer und 2. Abth. der Meerane-Lichtensteiner Straße; Nachmittags 4 Uhr im Schieß- Haus zu Lichtenstein: Lichtenstein-St. Egidiener Bahnhof-Chaussee, Lichtenstein-Lößnitzer und Lerchenstraße, sowie 2. und 3. Abth. der Hofer Chaussee im Schönburg'fchen. Königliche Bauverwalterei Zwickau, den 9. Juni 1873. Kurth. l such 10 Uhr, wird im Gasthofs zu Seifen die öffentliche lizitatorische aufsteigerungsweise Lizitation der ö. o)., Fichtenlohrinde in dem golvenhöher Schlage Iteuweg und im breitenbacher Schlage Hemrichsteiu von den dortftlbst je 2 Abteilungen bildenden stehenden 4863 Fichtenstämmen von 3 bis 23" unterer Stärke mit dem Beifügen vorgenommen werden, daß sogleich 20 Proz. der Erstehungsbetrüge baar zu erlegen sind, und die sonstigen Lizitationö Besingnisse hierorts eingcsehen werden können. K. k. Forstamt Joachimsthal, am 6. Juni 1873. - Wenzl Hahn, «ud k. k. Forstmeister. und so würden die Freunde der Bahn einen leichten Sieg errungen haben, wen» nicht der Abgeordnete Richter, schwerlich mit Zustimmung aller seiner FractionS- gcnossen, den Antrag auf Zählung des Hauses gestellt hätte. Mit aller An strengung wurde der Personalstand zu verstärken gesucht und glücklicherweise er gab eie Zählung ein Mitglied mehr als die beschlußfähige Zahl. Allein die Freude sollte nicht lange cauern. lieber die Frage, ob das Gesetz über die Ein nahmen und Ausgaben dcS Reiches deiner Commission zugewiesen oder in zwei ter Bcrathung im Hause behandelt werden solle — in so fern ein Streit um des Kaisers Bart, als weder in dem einen noch andern Falle das Gesetz in dieser Session zu Stande kommen könnte —, gingen die Meinungen so aus ein ander oder vielmehr war zufällig das Aufstehcn und Sitzenbleiben in der Zahl so nahe gekommen, daß zur namentlichen Abstimmung geschritten werden mußte. Wie richtig das Bureau geschätzt hatte, ging daraus hervor, daß 91 und 90 die betreffenden Vota waren. Dadurch war die Bcschlußunfähigkeit des HauseS mit 182 Stimmen dargethan und die Sitzung mußte aufgehoben werden. UnS fehlt fast die richtige Bezeichnung für das Verhalten der ohne absolut dringende Gründe fehlenden Abgeordneten. Bemerkt wurde übrigens, daß fünf polnische ReichSlagömitgliedcr im Foyer verweilten und ihre deutsckcn College» aus ein ander gehen ließen. Im Augenblick hätte aber auch dieser Succurö nicht ge holfen. Morgen werden Delcgirte aller Fraktionen noch einmal die G schäftS- bchandlung für den Rest der Session berathen. Man sollte meinen, daß in de» Fractioncn so viel gemeinsames Partei-Ehrgefühl sein müßte, um, wenn die Sitzungen fortgesetzt werden müssen, für eine genügende Theilnahme zu sorgen. Wenn eö so fortgeht, macht nicht der Reichskanzler, sondern der Reichstag, oder auf Deutsch gesagt, die Pflichtvergessenheit eines TheileS seiner Mitglieder de» Parlamentarismus tost. UebrigenS trägt auch die ReichSregierung einen Theil der Schuld, indem sie die Session eröffnete, bevor sie genügende Vorlagen be reit hatte. Heute hat der Justiz-Ausschuß des BundeSrathS die Berathwgz des Reichs-Preßgesctzeö begonnen; Referent ist der Vertreter Sachsens, G.heimerrath Held, indeß der Minister v. Mittnacht nach Stuttgart gereist ist, vielleicht um sich Instructionen zu holen. Berlin, 8. Juni. Der „Hamb. Corresp." stellt in einem Artikel über die allkatholische BischofSwahl der altkatholischen Bewegung folgendes Progno- stlkon: „DaS schließliche Ende läßt sich schon gegenwärtig mit Sicherb it ad- sehen. Unter der Aegide deS neugewählten Bischofs werden die in München, Wien, Köln rc. gegründeten allkatholischen Gemeinden noch einige Zeit die Sammelpunkte bilden, an denen einzelne gläubige, durch Bildung hervorragende Kreise niit liberalen Agitatoren zusammentreffen, um unter beständig abnehmender Theilnahme deS großen Publikums nutzlose Verhandlungen zu führen — in einem halben Menschenalter aber werden die Altkatholiken ebenso verschwunden sein, wie die katholischen Selten früherer Zeiten, die Jansenisten, die Hermesianer, die Deuischkatholiken rc. Die Römische Kirche wird um emen Triumph, die liberale Presse — welche für die Altkatholiken in'S Feuer gehen zu müssen ge glaubt — um eine Niederlage reicher geworden sein." , So weit bisher bekannt, wird Fürst Bismarck, trotz deS lebhaften, speciell ausgedrückten Wunsches deS österreichischen CabinetS, nicht mit nach Wien gehen." Ueber den Tod deS kleinen Prinzen Friedrich Wilhelm wird aus Darmstadt berichtet: „Donnerstag den 29. Mai um 8 Ubr Früh brachten die Kammer frauen wie gewöhnlich die Kinder in das Schlafzimmer ihrer Mutter, der Prin zessin Alice. ES kamen ihrer d'eSmal drei, Prinz Ernst, Prinz Friedrich Wil helm und die ganz kleine Prinzessin Victoria. An daS Schlafzimmer stößt daS Badezimmer, in welches Prinz Ernst sofort hineinlief. Da die Prinzessin wußte, daß das Fenster deS Badezimmers offen war, so lief sie ihm nach. Die beiden anderen Kinder blieben, da sich mittlerwetse auch die Kammerfrauen entfernt hatten, allein. Während der kurzen Abwesenheit der Mutter nun ließ der kaum dreijährige Prinz ein Spielzeug aus dem Fenster fallen. Bet dem Bemühen, eS noch zu erhaschen, bekam der arme Prinz das Uebergewicht und siel aus dem Fenster in einer Höhe von etwa 20 Fuß zur Erde. Die unglückliche Mutter sah noch ihr Kind in die Tiefe stürzen. Sie stieß einen furchtbaren Schrei aus, und Alles rannte herbei. Leider waren alle Bemühungen, das Kind zu retten, nutzlos, und gegen 11 Uhr Vormittags verschied eS, ohne zum Bewußt sein zurückgekehrt zu sein. Der verstorbene Prinz war von Geburt aus schwäch lich, nichtsdestoweniger aber lebhaft und heiter und ein Liebling der ganzen Familie, die nun durch seinen Tod in die tiefste Trauer versetzt ist. Der Vater deS ver storbenen Kindes ist Prinz Ludwig, der präsumtive Thronfolger in Hessen-Darmstadt, seine Mutter eine königliche Prinzessin von England. Eigenthümlich ist daS Factum, daß, währened um den Prinzen am englischen Hofe Trauer angelegt wurde, dies am hessischen Hose unterbleibt, weil der verstorbene Prinz noch nicht zwölf Jahre alt «ar. Frankreich. Paris, 6. Juni. Der Schah von Persien soll bei seinem Aufenthalt i» Paris das Palais bewohnen, in welchem sonst der Präsident deS französischen gesetzgebenden Körpers refidirte. ES soll so angedeutet werden, daß er der Gast deS „SouverainS", der National-Versammlung nämlich, sei. Der Vice-Präsident der National-Bersammlung, Miet, ist vorgestern Abend nach kurzer Krankh it gestorben. Versailles, 7. Juni, Nationalversammlung. Der Handelsminister weist darauf hin, daß der Gesetzentwurf betreffend die Besteuerung der Rohstoffe bet Wie alt ist der B5rfe»schwinde!? Der lange erwartete Krach auf dem Schlachtfelde der Effecten-Jobber, der berufsmäßigen Spekulanten und unb.-rufenen Spieler ist endlich losgebrochen. Zunächst hat der v.rhä'.gmßvolle Tanz um Hab und Gut von Hunderttausenden „an der schönen blauen Donau" den Reigen eröffnet, und cS ist die Frage, ob nicht andere Börsen, die, wenn auch nicht in so wildem Cancan, das Spiel bisher mitgemacht, am Schlußact beteiligt zein und unter großen Vermögens verwüstungen euren werden. Wir sehen in letzterer Beziehung nicht zu schwarz. Wir gehören weder zu den frommen Efferern, welche sich gerne in Kapuziner-Predigten darüber ergehen, daß die Welt immer schlechter und schlechter werde, noch zu denen, die jetzt am Ende deö frivolen DremaS, Alles in einen Topf werfend, über Alles ohne Unterschied den Stab brechen; aber auch nicht zu Denen, welche über den traurigen AuSgang unserer Schwindel-Epoche, wie große Weltweise, lächeln und sagen: „DaS Sebaf läßt sich schceren, die GanS sich rupfen, der Dummheit muß immer ihr Reckt werden." Wo daö Vermögen unseren allerdings leicht gläubigen Mittelklassen zu Millionen durch schmachvoll: Manövers auS den Taschen gelockt wird, da hört sür uns die Luft zu spotten auf, selbst wenn wir dem Präsidenten deS ReichökanzleramtcS Recht geben müßten hinsichtlich deS im Reichstage gcäußeitm Wortes: „Viele Leute wollen nun einmal um jeden Preis ihr Geld verlieren". Leider wurzelt das Spielfiebrr so lief in der leich ten und für schlimme Erfahrungen vergeßlichen Menschennatur, daß die Krisen ' alle 5 bis 10 Jahre wiederkeheen. Die Schwindel Zeiten sind periodische Krank heiten, mit Rückfällen also; in 10 Jahren ist theilS All s wieder vergessen, theilS auch schon eine neuere Generation ohne die alte Erfahrung wieder aus dem Parquet der Bö:s>, und die Sucht, ohne Arbeit in kurzer Zeit reich zu werden, beginnt auf? Neue ihre Wirkung und ihre Wirbclkreise. Wenn daö dein stillen Beobacht.r deö Geldmarktes bekannte Dinge sind, so ist <S eine weniger bekannte Thttsache, daß der Börsenschwindcl eine sehr alte Ge schichte hat und über 200 Jahre, eigentlich nämlich bis zum Jahre 1660 zurück reicht. ES liegt also der Beweis vor, daß unsere guten Altvordern in der s. g. „alten guten Zeit" edensalls schon wahnwitzigen Schwindel trieben. Bereits im Jahre 1695 erschien eine mahnende Schrift gegen den Schwindel! Die interessantesten Schwind.'lzeiten in den letzten Jahrhunderten sind folgende: Die Südsee-Compagnie haue in Erwartung eines vortheilhaften Handels vertrages mit Spanien ein für die damalige Zeit kolossal-S Capital ausgenommen (1718: 11,7-16,84-1 Pfk. Sterl.) Der vortheilhaste Vertrag blieb auS. Die Compagnie verfiel nun in die abenteuerlichste Speculationswuth, um die Fonds zu beschäftigen; selbst die Regierung spielte beim allgemeinen Taumel mit. Schon im Jahre 1873 traten die Minister, und zwar wegen der Staatsfinanzen mit der Compagnie in Verbindung. Bald sollten alle Staatsschulden gegen Actien der Compagnie vertauscht werden; die Direktoren steigerten deshalb ihre Act im so hoch, wie cS die Leichtgläubigkeit deS Publikums irgend zuließ. Inner halb weniger Stunden kamen die ärgsten CourSschwankungen vor. Die Actien standen am 2. Juni 1120 auf 890 pCt., am 3. Juni Morgens auf 640 pCt. und stiegen bis Abends auf 770 pCt; am 6. Juni standen bsie auf 820 pCt., am 14. Juni auf 7l0 pCt Die Directoren wurden vom Staat zu Baronets erhoben. Auch die ostindischm und die Bankaktien stiegen ungemein. DerGe- sammtpreiö aller Stocks burug damals (Mitte 1720) gegen 500 Millionen Psd. Sterling, d. h. doppelt so viel, wie alles englische Jmmobiliareigenthum und fünf Mal so viel wie daS baare Geld in ganz Europa! ES war kein sonderliches Wunder, daß sich die Schwindelbewegung bald auf alle Geschäfte überhaupt fortpflanzte und nun unzählige der verwegensten sogenannten „Blasen" („vudltles") auftauchtcn. Die WirthShäuser an der Börse wurden zu kleinen Börsen, jeder Unsinn fand Zeichner, auf eine 100 Pfd.-Sterling-Artie brauchte man oft nur einen halben Schilling anzuzahlen. Die ZcichnungSbureaur ver- schwanren nicht selten schon am anderen Tage. Eine Ankündigung eines solchen BureauS lautete z. B.: „Hier sind zwei Millionen Pfd. Sterling zu subscri- - biren für ein gewisses vorteilhaftes Unternehmen, dessen Zweck aber erst später angez igt werden wird." Ein anderes SubscrtptionSVureau wurde von Spaß vögeln bloS in der Absicht eröffnet, „um zu sehen, wie viel Narren sich an einem Tage fangen ließen." Und eS fehlte nicht an Narren! Natürlich brach der ganze Schwindel endlich zusammen. Deutschland. Berlin, 7. Juni. Wir müssen leider constatiren, daß einem großen Theile der Abgeordneten des Deutschen Reiches an der Ehre und Würde des ersten parlamentarischen Körpers ihres Volkes, zu dem sie das Vertrauen ihrer Wähler als Glieder berufen hat, wenig zu liegen scheint, sonst hätte nicht schon wieder — dieses als das dritte Mal — eine Auszählung des HauseS Statt finden können. Der Verlauf der Sitzung und der letzte Anlaß zu dieser nament lichen Abstimmung war eigenthümlicher Art. Der erste Gegenstand der Tages ordnung, der Gesetzentwurf über die Eisenbahnen im Reichslande wurde mit der wichtigen Modifikation gegen den CommisstonSantrag angenommen, daß die Strecke Lauterburg Straßburg wieder eingesetzt wurde. Merkwürdiger Weise fand der Antrag der Commisflonömchrheit im Hause gar keinen Vertheidiger,