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«äse aber ein großes Unglück für Frankreich, denn dann wäre der> allgemeine > Wirrwarr und jedenfalls ein blutiger . . . Bürgerkrieg fertig. In Spanten ist der Siegesrausch der Aarlisten nur von kurier Dauer gewesen, sintemal' sie durch den republikanischen General Gabrinetty eine Nie derlage erlitten haben, welche zur völligen Aufreibung des SaballS'zchen CsrpS geführt hätte, wenn nicht der Befehlshaber einer Cavallerie-Abthrilung tm ent scheidenden Moment der Attaque meuterischerweise den Gehorsam verweigert hätte. DaS Karlisten-Comite ,n London benützte den Erfolg bei Graul, um eine Fluch von geschickt schirrten „Eingesendet" loSzulaffen, darauf berechnet, der englischen Fmanzwrlt, in welcher die spanischen StaatSgläubiger eine erhebliche Quote ausmachen, Vertrauen in die Monarchie der Zukunft einzuflößen. Sollte sich wirklich ein anglo-irischeS Konsortium dazu verstehen wollen, dem Präten denten Hoffnungsvorschüsse zu machen, so wird die Nachricht von der neuesten Niederlage der Aarlist-n in jmen Kreisen einen stark ernüchternden Eindruck nicht verfehlen. Don Karlos selber wir» dadurch eine neue Entschuldigung dafür an die Hans erhalten, sich fernerhin außer dem Bereich der Gefahr — als unsichtbarer Gast der französischen Regierung! — an der Pyrenäen-Grenze zu verstecken. O, dieser Don KarloS ist ein mehr als erbärmlicher Held, und man begreift wahrlich nicht, wie Leute, die nur für einen Heller Ehrgefühl im Leibe haben, für diesen Mann ihr Leben in die Schanze schlagen können. Im deutschen Reiche ha en in den Tagen des 21. und 22. Mai die Arbeiten deS NeichStagcS geruht, denn die Mitglieder deS BundeSratheS und deS Reichstages haben eine gemeinschaftliche Ertrafahrt nach Bremen und WilhelmShafen gemacht. F-stssen und Toaste waren dabei an der Tagesord nung. — Am 19. Mai bcricth der Reichstag den Gesetzentwurf, betreffend die Geldmittel zur Umgestaltung der deutschen RelchSvcrfassung. Nach dem selben werden der „Verwaltung deS JnvalidmfondS", d. h. dem Fürstin BiSaarck zu den übrigen Kleinigkeiten, wie40 Millionen Kriegsschatz, 187 Mill. JnvalidenfondS, vom „R pulicnsondS" nicht zu reden, weitere 72 Millionen (oder eigentlich 53 Mill.) „zur Verwaltung übergeben", oder richtiger zur Dispo sition gestellt. Der Reichstag findet das natürlich ganz in der Ordnung. — Am 19. Mai wurde endlich auch der preußische Landtag durch den Minister präsidenten v. Roon geschlossen. — Den Reichstagsabgeordneten währt dieses Mal die Session auch zu lang und die Mehrzahl derselben wünscht sehnlichst, daß zu Pfingsten eine Vertagung des Reichstages eintreten möchte. Doch die ReichSregierung ist gar nicht gewillt, düsen Wünschen ein geneigtes Ohr zu leihen. — WaS Beschlüsse des Reichstags für einen Werth haben, ersieht man an dem vom Reichstag bereits zum dritten Maie gefaßten Beschluß, daß die Mitglieder deS Reichstages Reisekosten und Diäten erhalten sollen. Derselbe ist bereits im BundcSrachS-Ausschusse für die Verfassung Gegenstand der Berathung gewesen. Wieman dem Börs.-Kur. mitiheilt, haben Baden, Oldenburgund einige kleinere Regierungen ihre Bevollmächtigten angewiesen, für die Bewilligung von Di äten zu stimmen. Die große Mehrheit ist dagegen; Fürst Bismarck hat erklären lassen, daß erdiescAngelegenhcu noch heute unter denselben Gesichtspunkten betrachte, wie bet der Gründung der norddeutschen Bundesverfassung. — ES ist dem nach die schönste Aussicht vorhanden, daß daS nun zum dritten Male ge stellte Verlangen des Reichstages vom hohen BundeSralhe auf dieselbe Weise behandelt wird, wie die beiden eisten Male. Und mit Recht. Der Reichstag hatte bei Berathung der ReichSverfassung volle Gelegenheit, seine Ansicht zur Geltung zu bringen — aber e-malo hatte er dazu wahrscheinlich nicht Zeit. Jetzt hinterher soll wieder gut gemacht werden, was damals verdorben ward. — Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Bestreben, in die Reichsverfassung eine Bestimmung über die Volksvertretung in den Bundesstaaten einzuschieben. — Der BundeSrath mag eben einfach nicht. AuS Rußland melden die neusten Nachrichten: Die Petersburger Zeitungen haben plötzlich Befehl erhalten, auf ernstliche Ereignisse in der Türkei vorzubereiten. Die Mißregierung habe ihren Höhepunkt erreicht, und da der GesundhritSzuftand deS Sultans eine Regentschaft in Kurzem nothwendig mache, so seien Störungen zu erwarten, welche ein Eingreifen Rußlands unvermeidlich erscheinen lassen. Deutschland. Berlin, 25. Mai. Es ist interessant, di: Italienischen Stimmen über die neue« Kirchcngesetze in Preußer, zu vernehmen. Die Florentiner Gazzetta d'Jtalia sagt hierüber unter Anderm: „DaS Preußische Abgeordneten- und Herrenhaus haben die vom CultuSministsr Falk vorgelegten Klrchengesetze an genommen und der König hat sie genehmigt. Diese neuen Gesetze werden mit der Zeit in Preußen einen katholischen CleruS schaffen, welcher der Regierung ge rade so ergeben, wie daö Preußisch .Heer sein wird. Die künftigen Preußischen Gelst- lichen, welche mit der Deutschen Jugend zusammen studiren und heranwachsen, werden sich von dem Römischen Einfluss: befreien und ebenso gute Patrioten werden wie die übrigen Tonischen und sich nicht mehr wie die tn Fulda ver sammelten Bischöfe unter daS Römische Joch beugen. Die Deutschen Bischöfe fühlen von Tag zu Tag mehr, daß sie dem Reichskanzler nicht gewachsen find. Gezwungen, in dem ungleichen Kampfe sich mit den Jesuitm zu verbünden, «nd Alles zu thun, was ihnen die römische Curie vorschreibt, haben sie die Würde und Unabhängigkeit verloren, welche sie vormals rühmlich vor den anderen Bi schöfen auözeichnete. Ihre G.lehrsamkeit verliert sich tn Ränken und Spitzfin digkeiten, die gar nicht zu ihrem Charaker passen. Die Vertreibung der Jesuiten aus Deutschland hat den Ultramontanen unendlich viel geschadet, und die darin nur eine kleinliche Rache dcS Fürsten BiSmarck erblicken wollten, haben sich stark getäuscht. Der JesuitiSmuS ist dadurch eine erotische Pflanze geworden, die nur noch in Frankreich gedeihen kann, und wie dieses in Deutschland gehaßt wird. Die römischen Bischöfe können aus diesem Kreise, in welchen sie Bis marck gebannt hat, nicht mehr heraus, sie können sagen, was fie wolle» ; so lange sie ihre Befehle noch von Genf und Rom bekommm, bleiben fie für jeden Deutsche» Patrioten Jesuiten und Feinde deS Vaterlands, und der Erzbischof von Post», der auf die Seite der Polen sich gestellt hat und der Entwickelung deS Germanismus tm Großherzogthum Posen entaegentrcten muß, gibt dadurch der Sache der Preußischen Bischöfe den Todesstoß. Sie können sich noch so la»ge wchren, unterliegen müssen fie doch." München, 21. Mai. Zur Frage der Schöffengerichte wird der „A. A. Ztg." vön hier «schrieben: Ihre telegraphische Mittheilung aus Berlin, daß die Strafprozeßordnungscommission sich mit allen gegm drei Stimmen für die Schöffengerichte an Stelle der Schwurgerichte ausgesprochen habe, hat hier nicht überrascht, dmn so wie man die Commission zUMunenzusetzen für gut befand, war ein anderes Resultat gar nicht zu erwarten. Wem nun auch durch dm Commisstonöbeschluß die Frage noch lange nicht entschieden ist, so H derselbe im merhin vvst» großer Bedeutung, dmn er wird die Bertheidiaung der Schwurge richte im BundeSrath sehr wesentlich erschweren. Und der Reichstag, wird sich auch die Mehrheit dieses gegen die Schwurgerichte erklären? Noch wollen wir das nicht befürchten, es wird aber immerhm die größtm Anstrengungen in der Presse und in den politischen Vereinen bedürfen, um dm Untergang unserer Schwurgerichte und die Ersetzung derselben durch das Zwitterinstitut der Schöf fengerichte zu verhüten. Ob indessen der Strafproceß noch während der derma- lichen Wahlperiode dem Reichstag wird vorgelegt werden können, möchte immer hin zweifelhaft sein; sollte eö dennoch der Fall sein, so wird schon derma'm behauptet werden dürfen, daß keiner unserer Abgeordneten, der gegm die Schwur gerichte votirrn würde, sich einer Wiederwahl zu erfreuen haben, wahrem an dererseits anzunehmen ist, daß „Erhaltung der Schwurgerichte" eine Haupcharole bei den neuen Wahlen zum Reichstage bilden wird, und zwar bei allen unfern politischen Parteien, die wenigstens in dieser Frage vollständig einig sind. Der Beschluß der Strafproceßcommission hat übrigens den Nachtheil, daß durch den selben das Zustandekommen des StrafprocesseS für das Deutsche Reich wefmt- lich erschwert und jedenfalö sehr verzögerd wird. Oesterreich. Wien, 24. Mai. Der König von Belgien ist in der vergangenen Nacht hier eingctroffen und vom Kaiser am Bahnhofe empfangen worden. — Seitens deS BaticanS wnd, wie die „Reue Freie Presse" aus Rom meldet, ein äußer stes Mittel gegen das von der Deputirtenkammer in Rom berathene Gesetz über die religiösen Körperschaften vorbereitet und in einer demnächst veröffent lichten Encykttka deS Papstes gegen daS Ministerium Lanza sowie gegen alle für das Gesetz stimmenden und zu dessen Ausführung betragenden Deputirteu der große Bannfluch ausgesprochen werden. In dem gedachten Schriftstücke wird, dem Vernehmen nach, daS Gesetz über die religiösen Körperschaften für null und nichtig erklärt und allen Katholiken verboten, .demselben irgend wel chen Gehorsam zu leisten. Wer Kirchengüter kaust, oder an dem Verkaufe und Kaufe derselben irgendwie theilnimmt, wird mit der Ercommunication belegt. Frankreich. Paris, 25. Mai. Ein heute Mittag mittelst Straßenanschlags veröffent lichtes Rundschreiben Mac Mahons an den Präfecten lautet: Durch daS Ver trauen der Nationalversammlung bin ich soeben zur Präsidentschaft berufen wor den. An den bestehenden Gesetzen und Institutionen wird nicht daS Mindeste geändert werden, ich stehe für die Aufrechterhaltung der materiellen Ordnung ein und rechne auf Ihre Wachsamkeit und patriotisches Zusammenwirken; die Bil dung eines neuen Ministeriums erfolgt noch heute. — Paris zeigt ein ruhiges Aussehen. Die Proklamation Mac Mahons macht einen günstigen Eindruck. In den Departements zeigte sich nirgends eine Ruhestörung. — Ucber die Be setzung der Mmisterpostcn verlautet, daß Herzog von Broglie zum Minister deS Innern, Magne zum Finanzminister ernannt werden, auch zwei weitere Mitglie der der Rechten, Larcy und Ernoul, werden genannt; auch ist der Eintritt BatbieS und GoulardS wahrscheinlich. DeSvaur soll zum KriegSminiücr, Dam- pierrc Hornoy zum Marineministec ernannt werden, falls Cissey und Pothuan die Portefeuilles nicht beibehaltsn. Versailles, 23. Mai. Der Präsident der Republik und die sämmtlichen Minister waren heute in der Sitzung der Nationalversammlung erschienen, auf deren Tagesordnung die DiScussion der Interpellation der Rechten über die letzte« ministeriellen Modifikationen, sowie über die innere Politik der Regierung stand. Der Justizminister Dufaure zeigte der Versammlung an, der Ministerrach habe nach zuvoriger Berathung die Anficht gewonnen, daß durch die auf der Tagesordnung stehende Interpellation die Verantwortlichkeit des Präsidenten be rührt werde, der gemgemäß von seinem Rechte, sich an der DiScussion zu bethci- ligen, Gebrauch machen werde. — Der Herzog v. Broglie richtete heftige An griffe gegen daS jetzige Cabinet, welches dem Lande keine Beruhigung gewähren könne unv als eine Concesston an die Radicalen zu betrachten sei; er äußerte, blose Erklärungen könnten nicht genügen, eS sei nöthig, daß die Regierung kon servative Maßregeln treffe und sich an die Spitze der conservativeu Partei stelle. — Dufaure, welcher dem Herzoge erwiderte, sprach sich auf das Entschiedenste gegen das Programm der Radicalen, in deren, Obsiegen bei den letzten Wahlen allerdings eine große Gefahr liege, aus und erklärte schließlich, daß die Regierung jeyt den entscheidenden Augenblick für gekommen halte, die Anerkennung der re publikanischen Regierungsform auSzusprechen. — Der Präsident der Nationalver sammlung, Buffet, verlas dann eine Botschaft von Thiers, in welcher derselbe um Gehör bei der Versammlung nachsucht. — Auf einen von Dufaure namens des Präsidenten Thiers gestellten Antrag wurde darauf die Sitzung vertagt «nd auf morgen Vormittag 9 Uhr eine neue Sitzung anberaumt. Versailles, 24. Mai. In der heutigen VormittagSsttzung der National Versammlung ergriff der Präsident der Republik daS Wort, «nd erklärte; Gr übernehme jegliche Verantwortung für die Politik der Regierung allein. Thiers erinnerte daran, daß er nicht nach der höchsten Gewalt gestrebt und daß er bei deren Ausübung die bittersten Erfahrungen ertragen habe. Die heutige Ver anlassung sel eine besonders geeignete und feierliche, um über die Geschicke deS Landes zu beschließen. Die Ansichten über die Regierungsform gingen ausei nander. Die Einen wollten die Monarchie, die Andern die Republik, diese Verschiedenheit der Ansichten sei der Kernpunkt der heutigen Debatte. Die Re publik habe eine große Majorität in den Massen. ES bedürfe einer starken Regierung zur Fernhaltung von Unordnungen, aber nicht einer Parteiregierung. „Unsere Politik hat den Sieg über di- Commune, den außerordentlichen Erfolg unserer Nationalanleihe, die fast vollständige Befreiung d«S französischen BovenS von der Okkupation, die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung als Resul tate zu verzeichnen, eine Politik deS Parteikampfes würde solche Ergebnisse nicht erzielt haben." Bet der Getheiltheit der Anfichten über die Frage, ob Republik, ob Monarchie, führe eine Fortdauer deS provisorischen Zustandes zu den größten Unzuträglichkeiten. Er habe fich aus Nothwendigkeit für die re- publtkanische Regierungsform entschieden, denn eine monarchische Regierung sei tatsächlich unmöglich, da eS nur Einen Thron und drei Bewerber u« densel ben gebe. Er habe sich mit neuen Ministern umgeben, «eil dieselben eine be stimmte Partei ergriffen hätten. ES sei ein fest bestimmtes Prineip auf Setten der Regierung zur Durchführung der organischen Gesche nothwendig. Unter de« Hinweise auf die konservativen Grundlagen der «rf die RegierungSform bezüglichen Gesetzentwürfe hob der Präsident Thier- hervor, es gelt« nicht da- allgemeine Stimmrecht zu vernichten, wohl aber dasselbe pt röguliren. Die Politik der Regierung sei eine wesentlich konservative und verfolge vor Allem das Ziel, den Interessen des Landes «-glichst gerecht zu werden. Fan von Ertremrn verlange sie von der eine« Pattei das Opfer, daß sie strdieRmMk stimme, wähmid sie an die andm MMt tzas verstwgen^stol^