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Dresdner Journal : 11.11.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-11-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189611111
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18961111
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18961111
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-11
- Tag 1896-11-11
-
Monat
1896-11
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 11.11.1896
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M 263 18»« Mittivi'ch. den II Rovemdee, ndciids. ÄmIIIckkr Lei! TreS-tN, 10. November. Mit Allerhöchster Ge nehmigung ist der außerordentliche Professor l)r. pl-il. st mell. Emil Schmidt in Leipzig zum ordentlichen Honora, Professor in der philosophischen Fakultät der Universität Leipzig ernannt worden. Erueuuaugeu, Versetzungen rr. tm Lffentltche« Dienste. Departement »er Finanzen. Bei der Post Verwalt ung sind ernannt woiden: Eberwein und Rebsch, zeit her Postassistenten, als Obcr-Poslaffistemen im Bezirke cer Kaiserlichen Obcr-Postdirektion zu Dresden. Nichtamtlicher Teil. Zu Sen Landtaqswahleu in Lsterreich. Mit den vorgestern in der Großgrundbesitzer-Kurie vollzogenen Wahlen, bei welchen zur allgemeinen und für die Deutschliberalen sehr unangenehmen Über raschung außer 12 Liberalen auch noch 4 Klerikale mit großer Stimmenmehrheit gewählt worden sind, haben die Landtagswahlen im Erzherzogtum Nieder- österreich ihren Abschluß gefunden. Das Endergebnis umfaßt 49 Christlichsoziale,.', Deutschnationale, 4 klerikal konservative Großgrundbesitzer und 22 Deutschliberale. Die christlichsoziale Mehrheit verfügt demnach im neu gewählten Landtag mit den zu ihr stehenden vier klerikalen Vutretern der Großgrundbesitzer über zwei Dritteile aller Stimmen und übernimmt somit die Leitung in der parlamentarischen Gesetzgebung. Die autonome Verwaltung dieses wichtigen Kronlandes mit der Neichshauptstadt und seiner fast drei Millionen zählenden Bevölkerung geht somit ganz in die Hände dcr antisemitischen Partei über, die nun ihre Kunst auch auf dem Gebiete der Landes Verwaltung und Landesgesetzgebung zu erproben Gelegenheit hat. Ihr Sieg auf der ganzen Linie hat natürlich einen schwer niederschlagenden Eindruck aus die liberale Presse in Österreich hervorgebracht, doch wird die Erbitterung in diesem Parteilager über den großen, immerhin vorausgesehenen Veilust der liberalen Sache — von dem schmerzlichen Gefühl der Enttäuschung über die Haltung des liberalen Großgrundbesitzes bei den vorgestrigen Wahlen noch übertroffen. Der Großgiundbesitz ist in diesem Kion- lande bisher überwiegend liberal gewesen und hat in schweren Zeiten der deutschliberalen Partei stets mit dem Aufgebote seines Einflusses auf die Regierung zu Diensten gestanden. Die liberalen Minister präsidenten adeliger Herkunft sind meist dem liberalen Adel Niederösterreichs entnommen worden und haben sich durch große Konsequenz bezüglich einer entsprechen den Ausgestaltung des konstitutionellen Lebens der West hälfte der habsburgischen Monarchie ausgezeichnet. Diese in Freundschaft mit dem Deutschliberalismus verbrachte Vergangenheit ist nun durch die Wahl von vier klerikalen Vertretern vollständig verleugnet worden — der liberale Adel Niederösterreichs hat mit dem unversöhnlichen Gegner des Liberalismus, mit dem klerikalen Großgrundbesitze des Kronlandes, Frieden gemacht und ihm zur Vertretung der Großg'und- besiherkune im Landtage verhalfen, die „von rechts wegen" die ausschließliche Domäne des Liberalismus bleiben sollte. Von den 1ö9 zur Wahl erschienenen Wählern dieser Kurie erwiesen sich als wahre liberale Parteigenossen nur 50, die dem Wunsche der Regierung entgegen ihre Stimmen den 10 Kan didaten der liberalen Wahlliste gab.n, während die übrigen liberalen Wähler tapfer für die Wahl der Kompromißkandidaten — also einschließlich der gewühlten vier klerikalen Großgrundbesitzer stimm ten. Aus diesem „Verrate" des niederöstrireichischen liberalen Großgrundbesitzes ziehen die deutschliberalen Preßorgane den Schluß, daß der Einflug des Mini- steiiumS Badeni auf den Großgrundbesitz in Österreich bereits so mächtig geworden ist, daß auch der liberale Teil des an dir Führung der Staatsgeschäste stets sehr lebhaft und thätig interessierten HochadetS ihm gegenüber nicht standzuhalten vcimag, daß er nunmehr sür die liberale Sache so gut wie verloren ist. Der vorgestern im Klub der Linken gefaßte Beschluß, daß die anwesenden 5)4 Mitglieder, sowie auch die 19 abwesenden, die auf schriftlichem Wege zugestimmt haben, noch dem Aus tritt der deutschböhmischen Mitglieder im bisherigen Parteiverbande verbleiben und auch künftighin als „Vereinigte Linke" ihre parlamentarischen Pflichten ausüben sollen, gilt natürlich auch als Werk dieser unwiderstehlichen Einflußnahme der Regierung auf die aus Großgrundbesitzern zusammengesetzte Mehrheit des Klubs, der unter seinen 67 Mitgliedern außer 13 bürgerlichen Vertretern der Handelskammern kaum ein Dutzend liberale Volksvertreter zählen dürfte. Tas amerikanische (Geschäft. Seitdem durch die Elektorenwahl vom 3. November entschieden ist, wem die Würde eines Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika zufallen wud, treffen fast täglich aus New Uork datierte Telegramme ein, welche in irgend einer Weise den günstigen Ein- sluß der Erwählung des Goldkandidateu Mac Kinley auf das Geschäftsleben hervorheben. Diese Meldungen können an sich auf Wahrheit beruhen, deswegen aber doch geeignet sein, den deutschen Leser, der ihnen gegenüber nicht mit der erforderlichen Kritik gewappnet ist, sehr in die Irre zu führen. Auf diese Gefahr macht die „Nordd. Allgem. Ztg." aufmerksam, indem sie ausführt: Das jetzige in die Höheschnellen namentlich der Handels geschäfte ist die einfache und natürliche Folge der tiefen Depres sion, unter welcher das gesamte Geschästslede» während der letzten Löschen und Monate der Wahlkampagne litt. In Europa kann man sich schwer eine Vorstellung davon machen, biS zu welchem Umfang eine amerikanische Präsidentenwahl fast alle Schicht.» dir Bevölkerung in Mitleidenschaft zieht Sobald ein Präsident sein Amt dem Nachsolger überläßt, insbesondere natürlich, wenn dieser einer anderen Partei angehSrt, verliert ein großer Teil der von ihm angest llten Personen seine Ämter. Tausende müssen ihre Posten verlassen, und Tausende weiden herangezogen, die erledigten Ärmer auszufüllcn, während un gezählte Scharen hoffen, daß auch ihnen rin Posten oder Pöstchen zufallen möge. Außer diesen bei der Entscheid ung der Personcnsrage unmittelbar Interessierten werden, sobald gleichzeitig Fragen berühr» werden, die in das winschasiliche Leben tiefer eingreifen, die weitesten Kreise in bange Ermattung versetzt Die ganze Familie des Fabrik besitzers teilt mit ihm die Sorge, daß unter einem den Frei handel begünstigenden Präsident,« der Wettbewerb mit dem im portierenden AuSlande nur noch unter Bedingungen möglich sein möchte, wodurch das Einkommen des Familienoberhauptes wesentlich xeschmälert würde Unter solchen Stimmungen pflegt das Interesse an den gewöhnlichen gesellschaftlichen Beranüg- ungen, an Theatern, Konzerten rc. beinahe ganz zu erlöschen. Alle Geschäfte, die derartigen Bedürfnissen dienen, geiaten in folge davon ins Stocken oder erleiden wenigstens einen be deutenden Ausfall Der Tag der Elektorenwahl wirkt sür un endlich viele, gleichviel nach welcher Seite die Entscheidung fallen möge, wie die Erlösung aus einer Hungersnot Mit Bezug auf die diesmalige Präsidentenwahl äußert sich ein eng lischer Kaufmann in folgender Weise: „Seit Monaten staben die Kaufleute beider Länder sozusag n von der Hand in den Mund gelebt. Die Sache ist leicht erklärlich. Ter amerikanische Kauf mann mußte sich eus eine Panik, auf einen großen P.cissturz gefaßt machen, wenn Bryan e>wählt worden wäre. D.shalb wollte er sich kein Lager anlegen Ebensowenig wollte der englische Kaufmann von Amerika importieren zum Goldpreis, io lange die Aussicht bestand, zum Silbcrprcise eiozukaufen Deshalb haben beide Länder ihre Eiulänse auf das Notwendigste b.schränkt Jetzt wandelt der Handel zwischen England und Amerika die gewöhnlichen Bahnen." In einem der zuletzt cmgcgan.ynen Drahtberichte heißt cs, allgemein gehe die Ansicht dahin, daß die übertriebene Cilb.ragitaiion vorüber sei. Aus allen Gcbitten sei lebhaftes Geschäft. Tie lebhafte Wiederaufnahme der Geschäfte soll dem nach als Beweis dafür dienen, daß die Wirkungen der Bryan- Agiiakion im Cchw »den begriffen seien. Man wird cs be- gieiflich finden, daß die siegreichr Partei dergleichen Auf fassungen zu verbreiten sucht Die Zabl der sür Mac Kinley gewonnenen Elektorcn üderstcigt zwar die Elcklorrnzahl Bryans um rin Beträchtliches; die B.rstältniSzahk dec beiderseitigen Wähler läßt aber die zwei Kandidaten sich sihr nahe rücken. Der Sieg loäre sür Biyan entschiede» gewejen, wenn sich einige Tausend Stimmen von Mac Kinke» ab aus die andere Seit: gewandt Hütten, lind es ist kein Zweifel, daß der io- genannte . Landrutsch" sür Bryan iis Gewicht gesallcn wäre, hätte die Losung „Frei Silber" nicht zu aueschlnßlich fast den einzigen Punkt seiner Kampagne ausgemacht Für die große Masse der Wähler kam nicht sowohl die WährungSsragc an sich zur Entscheidung, von deren Fineffen ja doch so gut wie kein Mensch etwas ve:steht, als vielmehr dir dumpsc Opposition gegen ein Manchestertum, dessen Tyrannei und Ansbeutungsjucht in Amerika alles Maß über steigt. Wenn Bryan Tausende zu milder Begeisterung ent flammte durch den Zuruf, sie sollten nicht dulden, daß die Menschheit aus goldene Kreuz geschlagen werde, so haben seine Zuhörer doch wahrscheinlich an alles andere eher gedacht, als an den Profit der Silberminenbesitzcr oder an eine Maßregel der Münzpolitik Für die Masse waren die Schlagwörter Gold und Silber der symbolische Ausdruck für Großkapital und Besitz des kleinen Mannes. Ter kleine Besitz und kie Arbeit sehen sich der Allmacht des Großkapitals preisgegeben und wissen nicht, woher sic die Kraft nehmen sollen zum Widerstand. Sie sind daher der Gesabr ausgesetzt, nach den verk.hrtestcn Mitteln zu greisen und sich von Demagogen bcthörea zu lasten, deren Ratschläge, wosern sie ohne Einswränkung befolgt würden, noch tiefer in die Sklaverei und ins Elend hineiusühren müßten Mit der völligen Unterdrückung der gegen die schranken lose Herrschaft des Großkapitalismus rege gewordene» Oppo sition hat cs seine guten Wege. Dos krampshaste Bestreben der Mac Kinley-Partei, ihren Sieg als ein Heil auszuschreien, das allem Bolk midersahren sei, beweist eben, Ivie wenig man an die behauptete Bcrnichtung des Gegners glaubt Der jetzt gewählte Kongreß tritt bei regelmäßigem Verlaus der Dinge erst im Dezember I8!>7 zusammen Im Repräs.ntantenhaus wird sich eine Mehrheit von Prohibitivzöllnern befinden, aber es ist zweifelhaft, ob cs auch eine schutzzöUnerische Mehrheit im Senat geben wird Die AuSsitten und richt darnach Jedcnfalls wird es im Senat nur eine fchwache Mehrheit kein. Sicher aber ich daß die Freunde, welche mit ihren Geld mitteln und durch persönliches Bemühen den rcsei vierten Mac Kin.ey zum Präsidenten gemacht haben, just dieselben Leute sind, welche die Trusts und Monopole repräsentieren Wie sich nach Ablauf eines Jahres die öffentliche Meinung zu diesen Auswüchsen des Manchestertums stellen wird, bleibt abznwatteu. Was uns betrifft, fo lassen wir uns durch keinerlei amerikanische Parteircklame irre machen in der An sicht, daß mit der Abstimmung vom 3 November keine Lösung eines Problems gegeben ist, wohl aber der Ansatz zu neuen Entwickelungen des öffentlichen Geistes und damit zu neuen Kämpfen von wcit- tragender Bedeutung Tas Lchritern der Hetresreform in Bklqit» hat bei allen Freunden dieses Staatswesen Bedauern erregt. Tas belgische Heeresjystem beruht, wie wir gestern bereits ausgesührt haben, auf veralteten Grund lagen und vermag für den inneren und äußeren Schutz des Landes keine genügenden Garantien mehr zu bieten. Die Verantwortung für das Scheitern der Heeresresorm fällt uf das jetzige belgische Ministerium, welches den guten Zeitpunkt verpaßte, die Vorlage des Kriegsministers Brassine im Parlamente einzubringen. Über die Reform und ihre bisherige parlamentarische Behandlung veröffentlicht die „Köln. Ztg." einen Bericht aus Brüssel, in welchem dem belgischen Ministerium natürlich kein Loblied gesungen wird. Es heißt darin: Seit cincm Viertcljahrhuudert stchk in Belgien die Heeres- resorm aus ter polnischen Tagesordnung als eine Frage, ober deren Dringlichkeit alle Parteien einig find, während sie übcr die Art der Lösung fehr verschiedener Meinung sind. Einig und zielbewußl in dem Sinne aller Patrioten, an deien Spitze die militärischen Kreise stehen, also in ter Einführung der persönlichen Dienstpflicht und der Abschaffung deS Loskaussrechtcs, ist nur die liberale Partei. Aber sie ist in ter Volksvertretung auS dem llnkeihaus ganz verdrängt und im Oberhaus zu einer machtlosen Minderheit heradgetnückt worden. Wodurch, ist bckanni In der klerikalen Pritei zählt die Resorm in der gemäßigte» Beenmertschcn Richtung Anhänger, dasür aber nm so nie,bittliche»c Gegner in den Ultramonianen Woeste- schcr Färbung, den bekannten Vettrclcrn des Wortes: Hüwuntt jseävoujran nvläant Der Radikattemus wollte zwar auch nichts von der von den Liberale» rorg ichlagcnen Lösung wissen, aber dennoch stand er wenigstens ter Abschaff» q des Loskm.sS günstig gegenüber und hätte d r Reform um dicict- willen eine wottwollende Aufnahme bertttet Mit dem Ler- trängen der libera en Elemente aus der Kammer und dein Überst.ömcn des Ullrimontauisnins. der in I er Gruppe Woeste sich zum nlltestimm ute» Faktor au-geworfen hat, ist das Schick»! d»r Heereereform nunmehr auf > bfthbare Zeil nt- schieden. Sie hat keine Zulun t mehr; in dicker, wie fo mancher andern Frage, hat Belgien de» richtige» Augiiiblick der Lösung versäumt und wird die schweren Folge» logen müssen. Wenn mir einen Bl ck aus dm Enlwickettu g der Hceresreso:infrage werken, so begegnen sich in bezeichnender Weile die Ausgangs- und Endpunkte. Im Jahre 1872, nach dem erschütternden Zusammenstöße der deutschen und dcr gallischen Welt, suchte Guillaume tem nationalen Bewußtsein im belgischen Volke Durchbruch zu verschaffen Die Gelegenheit zur Heeresresorm war sehr günstig. Aber sein Entwurf gelangte nicht einmal auf den Tisch der Kammer Ein junger fanatischer Streber wurde dcr Handlanger d:s klerikalen Kabinetts Malou Jacobs, um dem General den Hals zu brechen. Es war das erste Debüt Charles Woestes, und diese das Staatsgebäude zerrüttende Thütigkeit hat er bis heute fortgesetzt. Der Sturz des liberalen Kabinetts Före-Orban im Jahre 1884 machte dem cin Jahr zuvor von den Libeialen aufgenommenen Reform».rsuche ein Ende. Aks »ich den blutigen Ereignissen des Jahres t886 im Jndustncbezirke und der Rede des Königs in Brüssel das kleri kale Kabinett Bceruacrt abermals die Frage auf die Tages ordnung stellte, da Ivar es zum zweiten Male dcr treffliche Minierer Woeste, der die Vorlage zum Falle brachte, obwohl thatsächlich eine Mehrheit für sie >n der Kammer war. Er machte mit jesuitischer Kasuistik und Schwachköpsen prächtig ein leuchtender Wortklauberei dem kacholffchen Volke klar, daß es eine s >lche Ne'orm nur ans dcr eigenen geschlossenen Mehrheit, niemals mit Unterstützung dcr „gottesleugnerijchen' Liberalen annehmen könne. Das Kabinett Becrnaert, war schwach genug, die Vorlage sollen zu lassen Diese Schwäche hat cs schwer be zahlen müssen, denn von diesem Tage au datiert dcr Nieder gang der gemäßigten Richtung und das Aufsteigcn des ver Verblichen Wocstcschcn Gestirns Ter Krieasmimster General Pontus befaßte sich, wie seine Vorgänger, mit der Reformsrage, hinterließ sie ab r, als er ermüdet ciucn Versorgungspoecn ein nahm, ungelöst seinem Nachfolger Brassine Dieser glaubte ehr lich und recht, sic als Werk seines Lebens dein Lande hinterlassen zu tüunen, er blieb über die Altersgrenze im Amte, da von Tagung zu Tagung ihm von leinen Kollegen, vor allem von dem Ministerprasidcntcn de Burlet u> d dessen Nachfolger de Smet de Naher, die feste Zusicherung ihrer Verhandlung gegeben wurde Sie hatten die Rechnung ohne Woeste gemacht, den fchivarzen Maul wurs, dessen Ränke immer neue Wege sanden, um die Beratung des für das Wohl des Landes so nolwcudigen, seit Jahr und Tag fertigen Entwurfs zu verzögern, wahrend im Lande die klerikale Agitaiion immer größere Ausdehnung gewann, bis schließlich Woeste triumphierend der Kammer sagen konnte: Für eure Resorm ist leine Mehrheit mehr da Er hatte Recht, aber dennoch hatte eine scsterc Haltung und größere Entschlossenheit dcr Regierung die Vorlage retten können. Es ist de» Ministern leichter geworden trotz aller Versprechungen, die Heeresresorm sahrcn zu lassen als ihr Portefeuille; damit ist denn auch dcr Rest ihres Ansehens dahin. Ein Ministerium von Woeste- Gnaden, das ist das offen zu Tage liegende Kennzcichen dcr heutigen Regierung. Tagesgeschichtc. * Berlin. Se. Majestät der Kaiser arbeiteten gestern vormittag von 9 Uhr ab mit dem Chef des Militär kabinetts, General v. Hahnke, empfingen um 1l Uhr den österreichisch-ungarischen Botschafter von Szögyeny-Manch und wohnten um 12 Uhr mittags im Langen Stall zu Potsdam dcr Vereidigung der Rekruten der in Potsdam garnisonierenden Gardetruppen bei. Nach der Vereidigung begaben Sich Se. Majestät zu Fuß nach dem Offiziers kasino des ersten Garde-Regiments zu Fuß zum Früh stück, an dem auch die fremden Militärattaches teilnahmen — Ihre Majestät die Kaiserin stattete gestern vormit tag der Frau Prediger Keßler, der Tochter des gestern verstorbenen Hofpredigers Frommel, einen Beileids besuch ab. — Der Bundesrat beschäftigte sich gestern nochmals mit dem Entwurf des Reichshaushalts sür 1897,98 und zwar bildete gestern mittag zunächst der Haushalt der Kolonien den Gegenstand seiner Beratungen. Wie die „Post" hört, wird erst heute dcr Militäretat auf dcr Tagesordnung stehen, sodaß alle bisherigen näheren An gaben über denselben svcrfrüht sind. In unterrichteten Kreisen wird angenommen, daß der Etat, wenn nicht Lunik und Wilsenschaft. K. Hofthcatcr. — Neustadt — Am 10. November: Zur Feier von Schillers Geburtstag: „Don Carlos, Jnfant von Spanien". Trauerspiel in sünf Akten von Schiller. Die alljährliche Feier les Geburtstages Schillers auf unseicr Hosbühne erhält zum allgemeinen Charakter schuldiger Pietät jedesmal dann einen besonder» Hauch lokaler Erinnerung, wenn aus dcr Reihe der großen Werke des Dichters der „Don Carlos" gewählt wird, die Tragödie, die zwar nicht in Dresden begonnen, aber hier zum größten Teil ausgesührt und vollendet worden ist. Das unsterbliche poetische Zeugnis des zweijährigen Auf enthaltes Schillers in Dresden (1785 bis 1787) zählt zu den incommensurabeln Schöpfungen der Dichtkunst, gegen die sich die Kritik und der Wechsel der Zeitstimmung gleich ohnmächtig erweisen. Das Publikum folgert aus der Thatsache, daß nach allen Erörterungen über die Zwiespältigkeit des dramatischen Planes und die Un möglichkeiten dcr Erfindung, der „Don Carlos" doch immer gleich unwiderstehlich und herzbezwingend wirkt, daß die Kritik im Unrecht gewesen sei und i och fei. Dem ist nicht so, dafür aber lebt und maltet im „Don Carlos" ein subjektiv ideales Element, das über aller Kritik ist Mächtig fühlbar, doch unfaßbar, aus dem tiefsten Born alles Schaffens heroorquellend, mit geheimnis voller Kraft über die Klippen der Handlung und der Charakteristik hinwegtragend, den Lichtglanz gläubiger Jugend um sich verbreitend, stellt dies Element die Ein heit und den erhebenden Totaleindruck der Dichtung immer neu her Die Grundstimmung der heutigen Menschen kommt nicht mehr, wie vor einem Jahrhundert, dem wundersamen Traum deS Dichters von der überwältigenden Macht des inneren FreihcttSgesühls entgegen, aber gleich einer Jugenderinnerung, die man um keinen Preis missen möchte, ergreift das ideale Pathos des „Don Carlos" auch das Geschlecht unserer Tage. Die gestrige Aufführung des Dramas bewährte bei vollem gespannt lauschendem Hause den alten Zauber des Werkes Tie gegenwärtige Besetzung durch die Damen Frl. Salbach (Prinzessin von Eboli), Frl. Politz (Königin), die Herren Franz (Don Cailos), Waldeck (Marquis Posa), Holthaus (König Philipp II), Winds (Herzog von Alba), Müller (Pater Domingo) und Wiene (Großinquisitor), in den meistenEinzelrollen schon öfter gewürdigt, sichert im Ensemble der Tragödie eine Darstellung, die ihren Glanz und Schwung zwar nicht voll wiederqicbt, ihre seelischen Tiefen nicht ausschöpst, aber die oben näher charaktcrisicite Wirkung crsreul'ch hervorruft und mit allem Recht den wärmsten Beifall er weckte. Ad. Stern Konzert. In dem Konzert, welches Hr Paul Bulß gestern im Vereinshause gab, hatte man zum erst-n Male in der Saison den Anblick eines gut besetzten Saales. Der Sänger, der kaum ein Jahr verstreichen läßt, ohne die während seines erfolgreichen Wirkens am Hostheater mit unserem Publikum geschloffenen guten Beziehungen zu erneuern, führte auch diesmal wieder ein sorgfältig ge wählte» Pi ogramm aus. dieben drei Liedern von Schubert bot er zwei Gesänge von Löwe, darunter des HochzeitS- lied als ein bekannte» Bravourstücklein, ferner einen auch im Konzertsaal leidlich wirksamen Monolog aus H Hofmanns Oper „Ännchen von Tharau", dessen auf hohe Noten gestellter Schluß Hrn. Bulß natürlich sehr behagt, und mehrere einqäng- liche Lieder neuesten Datums, so von A. v. Fielitz und F. v. Liliencron. Den Beschluß machte, vonZugaben abgesehen,das Wanderlied von Schumann,das gleich dem Hochzeitsliede immer die besten Kräfte des Sängers aufzurufen pflegt Als einem ständigen Gast in unserem Konzertlebrn dürfen wir e» Hrn Bulß gegenüber um fo mehr bei einer kurzen Be grüßung bewenden lassen, als sein Können noch da« alte Verhältnis von Licht und Schatten aufweist Vielleicht, daß seine im wahren Sinne des Wortes unvergleichliche Stimme an leichter Ansprache und Glanz in der Höhe ein wenig cingcbüßt hat und daß er überhaupt mit etwas gesteigerter Anstrengung singt, aber diese Unterschiede fallen bei der großen Mehrheit der Hörer nicht ins Ohr und ohne hin nicht ins Gewicht; von diesen Vielen ist er ganz wie sonst als dcr seiner Zauberkraft sich wohlbewußte frische, schwung volle Sänger von Lenz und Liebe mit enthusiastischem Beifall ausgenommen worden. Unter den Zugaben des Hrn. Bulß befindet sich auch heute noch der von Anfang an für den Konzertsaal unpassende „Bajazzo"- Prolog, dessen Ov^-ckur-Kantilene der Sänger allerdings bewundernswert vorträgt. — Dcr mitwirkende Pianist Hr. Heinrich Lutter (Hannover) hatte Mühe, in der Be gleitung mit dem oft sehr freien Vortrag des Hrn. Bulß gleichen Schritt zu halten Im selbständigen Spiel ver suchte er sich u a. an Schumanns „Papillons" und Beethovens Andante favori, worin ihm einzelnes gelang und für deren Ausführung er freundlichen Beifall erhielt P - Da es nicht möglich gewesen ist, die im letzten Jahre gefertigten Arbeiten des Ateliers sür Baukunst an der hiesigen Akademie der bildenden Künste mit den Arbeiten dcr Kunstschulen und Ateliers zusammen aufzuftellen, einer Beurteilung zu unterziehen und die besten derselben mit akademischen Preisen auSzuzeichncn, so sind diese Arbeiten nachträglich besonders ausgestellt, besichtigt und prämiiert worden. Es haben hiernach erhalten: die kleine goldene Medaille Franz Linke autz Röhrtzdorf (in der Abteil ung de« Hrn. geh Baurats Prof. Di Wallot), die große silberne Medaille Richard Görling aus Wildenfels, Walter Heßling aus Leipzig, Johannes Reichel aus Leipzig und Arno Zschweigert aus Plauen i V (sämtlich in derselben Abteilung), die kleine silberne Medaille Carl Müller au« Leipzig (in derselben Abteilung) und Ehrenzeugnisse mit Prämien Ottomar Becher aus Zwickau und Paul Härke aus Leisnig (beide in der Abteilung des Hrn Prof Herrmann). Die Verkündigung und Aushändigung dieser Aus zeichnungen erfolgte heute mittag in einer Versammlung der Studierenden des akademischen Ateliers für Baukunst und in Gegenwart des Hrn. Prof. Herrmann durch den Vorstand des Ateliers Hrn. geh. Baurat Prof. vr. Wallot. K Dcr Pariser Theater-Chroniquer Jules Marlin hat eine Liste aller seit dem 1. Januar 18:10 bis 30. Juni 1896 in der Pariser Großen Oper zur Darstellung ge brachten Werke angefcrtigt In den 63'? Jahren wurden Werke von französischen Komponisten gespielt: Auber 1193 mal, Halövy 1078, Gounod 1031, Adam 578, Ambroise Thomas 469, Delibes 274, Reyer 246, Massenet 222, Schneitzhoeser 221, Herold 173, Saint- Sak'nS 160, Th Labarre 135, 19 andere zusammen 1140 mal, die fianzösiscben Komponisten also 6920 mal Von italienischen Komponisten: Rossini 1409, Donizetti 1003, Verdi 721, Pugui 322, acht andere 337, zusammen 3792 mal. Von deutschen Komponisten: Mcyerbeer 2603, Wagner 260, Mozart 227, Weber 207, sechs andere 241, zusammen 3538 mal; acht Komponisten verschiedener Nationalitäten 238 mal. Demnach entfallcn auf die fran zösischen Komponisten 6920, aus die fremden 7618 Vor stellungen. Die meisten Vorstellungen innerhalb eine« Jahres entfielen auf Werke von Mcyerbeer 100 (1865), Gounod 87 (1889), Auber 75 (1833,, Wagner 70(1893), Rossini 63 (1830), Halövy 59 (1835), Thomas 58 (1868) rc. Die größte Zahl von Ausführungen inner halb eines Jahres weisen auf: „Die Afrikanerin" mit 88 im Jahre 1865, „Faust" mit 72 im Jahre 1869, „Romeo und Juliette" mit 63 im Jahre 1889, „Hamlet" mit 58 im Jahre 1868 rc. In den letzten zwölf Jahren, d. i seit der Direktion des Hrn Gailhaid (vorerst mit Hrn Ritt und jetzt mit Hrn Bertrand), entfiel aus die fran zösischen und fremden Komponisten die nachstehende Anzahl von Vorstellungen: Franzosen: Gounod 518, Reyer 220, Dresdner Erscheinet»: Täglich mit Nu»«ahme der Sonn- und Feiertage abend«. Fernspr-Anschluß: Rr12»t. Ve»>«»»re1«: Für Dresden meneftährttch Mark b« Pf., bei den Kaiser lich deutschen Posianstatten vierteljährlich 8 Mark; außer halb de« Deutschen Reichel Poß- und Stempelzuschlaa. Einzelne Nummern: 10 Pf ZöinM ßlnkündigungSgebühre» t Für den Raum crner gespal tenen Zeile kleiner Schr st SO Pf Unter „Eingesandt" die Zeile bv Pf Bei Tabellen- und Zisfcrnsatz entsprechender Aussch au Herausgeber: Königliche Expedition dcs Dresdner JournalS DreSdcn, Zwmgerftr lw. Fernspr -Anschluß: Nr
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