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Dresdner Journal : 03.11.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-11-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189611037
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18961103
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18961103
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-11
- Tag 1896-11-03
-
Monat
1896-11
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 03.11.1896
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M2 Bahn zu schaffen. Leider abrr geschieht bit-ganz ohne Rücksicht daraus, das durch derartige Agi!atw»cn das Fundament zerstört wird, aus welchem unsere hcuiige Äejellschaft, unser heutige- Staat-wesen begründet ist. Tas Aluoritatsgejühl in unserm Balte ist durch die vicl- sachen Bemühungen solcher nur an ihrer eigenen Autorität lest haltrnden Elemente stark erschüttert Schon der Umilaad, das; eS überhaupt gestatte! sei» darf, die Zweckmäßigkeit des Bc- stände- von göttlichen Institutionen wie K.rche uno Monarchie zu diskutiere», ist geeignet, das Autoritätsprinzip zu unter graben Wo ist denn auch jetzt noch eine strenge Wahrung diese- Prinzips, außer in engen durch Tradition geschützte» Kreisen, noch zu finden? In Familien? Tic clteiliche Autorität ist aus das ärgste erschüttert Jn Fabriken und Werkstätten? Weber Gesellen noch Lehrlinge erkennen d e berechtigte Amoruät der Meister an. Wie cs um dic Autorität der Gesetze, des Staates, der Monarchie bestellt ist, beweisen allein die zahl reichen Beleidigung-- re. Prozesse Man ist erschreckt und entrüstet über die jüngste Berliner Mordthat; man sinnt aus Mittel, um der Verrohung der Jugend, an- welcher die schreckliche That entsprungen ist, Halt zu acbietcn. Odnc Wiedeeberstellung der berechtigten Auiorität aller kcrj nigeu Instanzen aber, die hier in Frage kommen, ist jedes Mittel vergeblich. Die Sozialdemokratie zerstört in den Herzen der Kinder jedes Gesühl der Auiorität und Pictat. Erst kürzlich äußerte ein „Genosse" aff dem Mecklenburgischen Parteitage: ..Wir müssen die aus der Volksschule Entlassenen doch erst umstcmpcln." Was aber dieses „Umstempel»" aus sich hat, muß jedem klar werden, der sich den grundlegenden Spruch der Sozialdemokratie ins Gedächtnis rust: „Schafft hier das Leben gut und schön; kein Jenseits gicbt's, lein Wiederseh'n!" Mit dein Schwinden der Autorität, schwindet auch das Nationalitätsbewußtsein, dir Dankbarkeit, die Anhänglichkeit nnd Treue. Ein Wunder ist es also nicht, wenn jozial- dcmokraiiichc u-d freisinnige Blätter in abscheulichster Weise den hochverdienten Reichskanzler im Sachjenwalde schmähen; aber eine Schande sür den deutschen Ramen ist es, daß eine solche Schmähung nicht allgemeinen handgreislichcn Widerhall im Volke sinder, der den verächtlichen Gcicllcn das H.ndwerk legt Ein Ansatz zu einem solchen Widerhall w>r bei dem vor jährigen Sedan-Jubelseste zu sparen. Leider aber ist das Wort Se. Maj stät des Kaisers, das zur Eriuaunung ausrics, ohne den Nachdruck geblieben, der notwendig und erwünscht war, nm die Auiorität des Kaiserworter im Volke zum Bewußtsein zu bringen. Jcmehr aber die Sozialdemokraten und Freisinn gen bc- wußt aus die Zerstörung des Autoritätsgesühles hmarbett»». um so mehr sollten alle anderen Parteien nnd Personen, soweit sie thatsächlich staatserhaltend und monarchisch sind sich hüien, wenn auch unbewußt, di« berechtigte Auiorität herabzusetzcn Wer dies obwohl gewarnt - dennoch ihn', der muß den Vorwurs auf sich nehmen, daß er d n revolutionären Elcmemcn in die Hände arbeitet. Tagesgeschichk. Tresdeu, 3. November. Zur heutigen Königs. Tafel in Villa Strehlen sind eingeladen: Ihre Kaisers. Hoheiten die Großfürsten Michael Nicola- jewitsch, Michael Michajlowitsch nebst Ge- wablin und Sergius, ferner der Kaiser! Russische Ministerresident Baron v. Mengden sowie die Suiten der Durchlauchtigsten Russischen Herrschaften, nämlich: Ihre Excellenzen Generallieutenant Baron Wmspeare, Generalmajor Tolstoy und Kontreadmiral v. Zelenoy, Se. Durchlaucht Fürst Chirinski-Chihmatoff und Leib arzt Or. Zander. Dresden, 3. November. Jn ihrer gestrigen Sitz ung erledigte dic evangelisch-lutherische Landes shnode entsprechend den Anträgen des Petitionsaus- fchusses, die Petitionen der Waldheimer Prcdigcr- konferenz (Einführung bez. Freigebung der revidierten Bibel betreffend) sowie der Geistlichen der Freiberger Ephorie (Seitenzahl der BibelauSgobcn betreffend« und setzte die weiteren Punkte von der Tagesordnung ab. (Siehe heutige Syn.-Beil. Nr. 18.) — Jn der heuiigcn (zwanzigsten) Sitzung beschäftigte sich die Synode zunächst milder zweiten Beratung des mittelst Erlasses Nr. 6 vor gelegten Berichts über den Zustand der evangelisch lutherischen Landeskirche und bestätigte dic in der ersten Beratung auf Antrag des Berichtsausschusses gefaßten Beschlüsse. Es folgte die Wahl des ständigen Synodalausschusses. Vor Eintritt in den Wahlakt empfahl der Präsident des Landeskonsistoriums v. Zahn die Stellvertreter der Ausschußmitgliedcr nicht für jedes Mitglied perfönlich zu bestimmen, sondern die Wahl derart vorzunehmen, daß die Stell vertreter nach der Zahl der erhaltenen Stimmen als l., L. und ll. bezeichnet würden und, falls ein Mit glied behindert sei, nach Bedarf zn den Sitzungen eing-luden werden könnten. Die Synode nahm diesen Bo, schlag an nnd wählte die S.-M. geh. Kircheurat I>. Pank-Leipzig, Pfarrer Inc. Lehmann-Zwenkau und Superintendent Meyer-Zwickau als geistliche und Präsi dent Graf v Könneritz Lossa, Excellenz, Oberamts'ichtcr Weidauer-Nossen und geh. Hofrat Pro?. I>r. Friedberg- Leipzig al» weltliche Mitglieder. Al» Stellvertreter der ueistlichen Mitglieder wurden gewählt die S.-M. Pfarrer l)r. Eckardt Lugau, Superintendent l)r. Richter- Werdau, Pastor prim. Wetzke-Bautzen; al» Stell vertreter der weltlichen Mitglieder die S.-M geh. Finanzrat v. Kirchbach-Dresden, Geh. Rat jProf. l»r. Wach-Leipzi, nnd Oberjustizrat Richter-Zwickau. Es folgte die Berauing des Antrag; des PetffionS- ausschusses, die Petit.on des Organisten Butze in Ehemn.tz und Genossen um Ausdehnung der Pensions berechtigung auch auf ihr kirchliches Einkommen be treffend, dem Kirchenregiment zur Erwägung zu über weisen Nachdem der Berichterstatter S.-M Lber- konsistorialrat v. Dibelius sowie Superintendent Hässelbarth den Antrag empfohlen hatten, legte Ober- konsistoriairat Meusel den Standpunkt des Kirchen regimcnts bar. Hierauf wurde der Antrag angenommen Alsdann ließ die Synode auf Antrag des Petitions ausschusses die Petition des Rechtsanwalts l>r. Bau- meyer in Dresden, die Erhaltung dec Gräber seiner Angehörigen auf dem Friedhöfe zu Riesa betreffend, auf sich beruhen. Es folgte die Beratung der Peti tion des Dresdner Vereins zur Hebung der Sittlich keit. Der Ausschuß stellte folgenden Antrag: Die Synode beklagt wit den Petenten auf- tiefste die weite Verbreitung der UnkcuschhcitSsünden und spricht die zuversichtliche Erwartung au-, daß jcder Kirchenvori'and aus Grun i von 8 18 Punkt t der »irchenvorstandS- und Synodal- orvnung es als seine Pflicht erachten werde, innerhalb seiner Gemeinde der Unsittlichkcit thunNLst entgegenzutreten, läßt aber in d>r Eiwägung, daß es nicht Sache der Synode sein kann, za erörtern und festzustellen, durch welche stattliche» Maßregeln der Sünde der Unsittlichkeit und ihre» Folgen w rkiam begegnet werden könne, und in dem festen Vertrauen zur König!. Staatsregierung, daß sie dem Übel durch geeignete Maßnahmen z» steuern fortgesetzt bemüht sein werde, die Petition aus sich beruhen Nachdem der Berichterstatter S.-M Pfarrer Or Eckardt den Antrag, der die Form einer Reso lution trügt, warm empfohlen hatte, wurde der An trag ohne Debatte einstimmig angenommen. Die Petition des Stollberger Kirchenvorstandes, den Schutz der weiblichen Bedienung in Schanklokalen betreffend, ließ man ebenfalls auf sich be uhen. Dagegen wurde die Petition des Vereins für innere Mission in Leipzig um Gewährung der Pensionsberechtigung für einen zweiten ständigen Vercinsgcistlichen dem Kirchen- regimcnt zur Berücksichtigung und die Petition des Andreas Basche und Genossen, die Zusammensetzung des Kirchenvorstandcs zu Großpostwitz betreffend, zur Kenntnisnahme überwiesen, nachdem zu letzterer noch die S.-M. Pfarrer Schenfsler, Pastor pr,m. Wetzke und Oderamtsrichter Philipp gesprochen halten. — Der Schluß der Synode findet morgen vormittags IO Uhr, der Schlußgottesdienst um I I Uhr statt Deutsche» Reich. * Berlin. Se. Majestät der Kaiser hörten gestern vormittag von 9 Uhr ab im Neuen Palais den Vortrag des Chefs des Zioilkabinetts, erteilten sodann dem chinesischen Zolldirektor Detring Audienz und nahmen dann noch die Vorträge der Marinerefforts entgegen. — Die „Hamburger Nachrichten" hatten bekannt lich der Erklärung des „Neichsanzeigers" gegenüber be stritten, daß diplomatische Vorgänge, wie der Abschluß des deutsch-russischen Neutralitätsvcrtrages, zu den Staats geheimnissen gehörten. Gegen diese Auffassung wendet sich heute der „Reichsanzeiger" in folgender Erklärung: „Die Frane, von welchem Zeitpunkt an geheime diplo matische Vorgänge den Charakter von Staatsaeheim- nissen verlieren, kann ausschließlich von leitenden Staats männern auf Grund ihrer Verantwortlichkeit und ihrer besonderen Kenntnis der politischen Lage entschieden werden. Jede Abweichung von diesem Grundsatz würde die auswärtige Politik Überraschungen und Er schütterungen aussetzen und damit das Staats- interesse gefährden. Hat Deutschland bedingungslos die Zusage erteilt, sowohl die Thatsacke wie den Inhalt der vor 1890 mit Rußland geführten Verhandlungen ge heim zu halten, so dauert diese Verpflichtung für alle, die darum wissen, auck heute noch unverändert fort Damit entfällt auch die Möglichkeit, auf den sachlichen Inhalt jener Verhandlungen einzugehcn." Selbstverständlich beschäftigt sich auch heute die gesamte Presse mit den neuerlichen Auslastungen der „Hamburger Nachrichten". Überwiegend, selbst in den nationalgesinnten Blättern, mackt sich eine den Ausführungen des Hamburger Blattes wenig günstige Stimmung geltend. — Nachdem gestern auch noch der Militäretat zur Verteilung gelangt ist, befindet sich nunmehr der gesamte Reickskauskaltsetat sür 1897 98 im Bundesrate, eine allgemeine Verflachung der Anschauungen und der Lebensweise. Noch sozusagen in zwölfter Stunde alles zusammenzuraffen, ivaS sich vom Volkstümlichen bis zur Gegenwart erhalten hat, und es dadurch für die Forschung zu retten, ist daher die erste und wichtigste Ausgabe aller, die auf dem Gebiete der Volkskunde arbeiten oder arbenen wollen. Die Sammelthätigkeit liefert jedoch nur den Rohstoff, der für die Volkskunde erst wissenschaftlich zu verarbeiten ist. Der Zusammenhang der Erscheinungen muß erkannt, vom Zustande in der Gegenwart muß möglichst bis zu den Anfängen zurückgegangen werden. Mancherlei Fragen müssen dabei entschieden werden, z. B. die nach der Ursache des Vorkommens der gleichen Erscheinung in weit voneinander entfernten Gebieten, das auf Wanderungen der Völker und der Ideen, aber auch auf der Gleichheit der Grundlage des geistigen Lebens der gesamten Mensch heit beruhen kann Dabei darf sich der Forscher nicht von vorgefaßten Meinungen leiten lasten, sondern muß jeden einzelnen Fall genau prüfen. Daraus ergiebt sich, daß sich der Forscher auf dem Gebiete der Volks kunde nicht auf da« Land oder die Gegend, für die er thätig ist, beschränken darf, sondern den Blick auch auf andere Gegenden richten muß Hr vr. Lincke gab daher, indem er zugleich einen Teil der betreffenden Werke vor legte, einen sehr lehrreichen, von umfastender Kenntnis zeugenden Überblick über die vorhandene volkskundliche Litteratur, aus dem hervorging, daß für die verschiedensten Länder aller Erdteile, mit Ausnahme Australiens, und für die verschiedensten Zeiten bereits ein beachtenswertes Material vorliegt Auch in Deutschland ist in neuerer Zeit die Thätigkeit auf dem Gebiete der Volkskunde reger geworden. Jn Bayern ist 1895 ein Verein für bayerische Volkskunde entstanden, in Baden arbeitet man rüstig für diese Sache, und über die Volkskunde von Braunschweig hat in diesem Jahre Richard Andree ein Werk herauS- gegeben Jn Berlin ist ein Volkstrachtenmuseum errichtet worden. Im Laufe de« vergangenen Sominer« stellten Fachmänner aus Deutschland, Österreich und der Schweiz endgültig den Plan für ein umfassende« Werk über da« deutsche Baucrnhau« auf. Al« litterarischer Mittelpunkt für die deutsche volkskundliche Forschung kann die seit 1891 m Berlin erlcyemende, von Weinhold heraus- gegebene „Zeitschrift für Volkskunde" angesehen werden. Was rm besonderen Sachsen betrifft, io thut hier Eile besonders not; denn mehr als sonst irgend wo ist hier das ursprüngliche VolkStum mit bem Untergange bedroht Die starke Beoölkcrungsvichtigkett, das engmaschige, bis in dic abgelegensten Gebirgsgegenden vordringcndc Eisenbahnnetz, die vielseitige Gliederung und der hohe Stand des Unterrichtswesens, die mit der hochentwickelten Industrie zusammenhängende innere Wanderung nebst der Zuwendung von außen und der zunehmende, in fast alle Gegenden des Landes sich er gießende Strom einheimischer und fremder Touristen arbeiten daran, alles, was im Leben des Volkes noch charakteristisch ist, verschwinden zu lasten. Noch ist vieles davon vorhanden, namentlich im Erzgebirge, im Vogtlande und in der Lausitz sind noch viele Schätze zu heben Jn vergangenen Jahrzehnten und in neuerer Zeit ist bei un« schon manches auf diesem Gebiete gearbeitet worden Zum Beweise dessen braucht man nur auf die Namen Preusker, Gustav Klemm, Grüsse, Rickard Andree, v Süßmilch-Hörnig, Dunger, Frhr v Waancr u a kinzuweisen Zeitschriften, wie die „Bergblumcn", „Über Berg und Thal", „Unser Vogtland" sind ebenfalls ge eignet, die Volkskunde zu fördern, ebenso hat ihr die Thätigkeit der Vereine sür Landes-, Provinzial- und Orts- geschichte und der Gebirgsvereine zu gute kommen müssen Die Vorführungen in der „Alten Stadt" und das Wendische Museum im „Wendischen Dorfe" auf der Dresdner Ausstellung des sächsischen Handwerks und Kunstgewerbes im vergangenen Commer haben in weiten Kreisen den Sinn für Volkstrachten geweckt So mancherlei jedoch auch sür die sächsische Volkskunde schon geschehen ist, so fehlt eS doch an einer Zusammenfassung der dafür thätigen oder zur Thätigkeit fähigen Personen Deshalb befürwortet Hr I)r. Lincke lebhaft die Gründung eine« Zentralvereins für sächsische Volkskunde Derselbe dürfte sick nicht auf Gelehrte beschränken, sondern müßte Mitglieder aus den weitesten Kreisen de« Volkes heranziehen Wie schon aesagt wurde, muß ein Hauptteil der Arbeit an der Sammlung de« Mate rial» der Volkskunde bestehen, und daran kann sich jeder besten Au«schüsse täglich Sitzungen abhalten, um die Vor beratung für da» Plenum zu fördern Rach dem bis herigen Fortschritt dieser Arbeiten ist nicht zu zweifeln, daß an der Absicht, den Reich«hau«halt»e1at am Dienttag, den 10. November, dem Reichstage vorzulegen, wird fest- gehalten werden können, obschon kaum eine Störung oder Verzögerung in den Etatsarbeiten de« Reichstag« verursacht werden würde, wenn die Einbringung einige Tage später er folgte, da ja der Reichstag zunächst noch gut eine Woche mit der zweiten Lesung der Justiznovelle beschäftigt sein wird Was die Vorlage wegen Aufbesserung der Gehälter der Reichsbeamten betrifft, so wird dieselbe gleichfalls sofort dem Reichstage zugehen und zwar, wie die« auch sür Preußen geplant ist, in Form einer Denkschrift unter Forderung eine» Pauschale« sür die Verbesserungen, welche sich bis hinauf zu den Räten zweiter Klaffe einschließlich erstrecken sollen Die Konvertierungsvorlage ist so weit gefördert, daß sie alsbald wird eingebracht werden können. Auch für da« Reich soll eine Schutzfrist sür die Besitzer der zu konvertierenden Anleihe von acht Jahren in Aussicht genommen sein. — Vor einigen Tagen machte, so bemerkt die „Nat- Ztg", ein militärischer Mitarbeiter des Pariser „Figaro" beiläufig die Bemerkung, die Stunde sei nicht mehr ferne, da der Minister genötigt sein werde, 200 Millionen für die Umgestaltung des französischen Artillerie-Material« in Anspruch zu nehmen; es würde zu nichts führen, sich über solche Forderungen zu beklagen; der „bewaffnete Friede" sei nur um diesen Preis zu haben Man Hal au« dieser Äußerung geschloffen, daß die Herstellung von Schnellseuergeschützen für die französische Artillerie bereits im Gange sei. Ob dem so ist, wissen wir nicht, aber wir haben Grund zu der Annahme, daß auf deutscher Seite alle Vorkehrungen getroffen sind, um, falls von Frankreich au« den europäischen Völkern diese neue Last aufgenötigt wird, uns wenigstens den rechtzeitigen militärischen Vorteil derselben zu sichern. — Dcm Kaiserlichen Landeshauptmann der Marschallinseln gelang es Ende Juni, die Häupt linge in Ailinglaplap und Majuru zur Ablieferung der Schußwaffen unv Patronen zu bewegen, wodurch die letzte Gefahr kriegerischer Zusammenstöße im dortigen Schutz gebiete beseitigt worden ist. — Ein Delegiertentag der deutschen konser vativen Partei wird am Donnerstag, den 19. Novem ber zu Berlin stattfinden. Eine Sitzung des geschäfts führenden (Elfer-) Ausschusses wird noch vor dem Zu sammentritt des Delegiertentages einberusen werden Die vorläufige Tagesordnung für den Delegiertentag lautet: 1) Gesamtpolitik. Stellung zu den Parteien 2) Sozial- resorm 3) Schutz der nationalen Produktivgewerbe 4) Organisation. — Die Jsteinnahme an Zöllen und Verbrauchs steuern hat in der ersten Hälfte des laufenden Etats jahres 331,3 Millionen oder 24 Millionen mehr als im gleichen Zeiträume des Vorjahres betragen. Von dcm Mehr entfallen 17,2 Millionen auf die Zölle, nahezu 3 Millionen auf die Zuckersteuer und 3,8 Mil lionen aus die Branntweinverbrauchsabgabe, während die Branntweinmaterialstcuer ein Minus von 1,2 Millionen auf weist. Von anderen Einnahmen ist zu erwähnen, daß die Börsensteuer immer noch ein Weniger und zwar von nahezu 2'^ Millionen aufgebracht hat, während die Post- und Telegraphenvcrwaltung ein Mehr von 6,4 Millionen und dic Reichseisenbahnvcrwaltung 1,4 Millionen mehr abgeworfen haben. — Wie schon jetzt nicht bezweifelt werden kann, wird bei der Stichwahl in Brandenburg-Westhavelland ein Teil der Freisinnigen für den Sozialdemokraten stimmen. Diese» Patrioten ist vielleicht die Charakterisierung nicht uninteressant, die der „Vorwärts" am Vorabend der Wahl von den Freisinnigen entwarf. Tas Blatt schrieb damals: „Ter Liberalismas der Gegenwart hat kein Ideal mehr; die gemeinste Ausbeutung der Massen ist ihmSelbst- zweck geworden. Sein Kampf gegen die Konservativen ist nur der Ausfluß des Neides darüber, daß den Groß grundbesitzern cin größerer Futtertrog angewiesen ist, als dem besitzenden Bürgertum. Mästen wollen sich beide auf Kosten des arbeitenden Volkes, am schofelsten ge bärdet sich dabei doch der im Krämergeist ver- stickte Liberalismus, der den Herrn im Staate spielen möchte, es aber nur zum widerlichen, von niemand ernst genommenen Parvenü bringt." Bezeichnend für freisinnige Taktik sind zwei Artikel des „Fränkischen Kuriers", die beide am gleichen Tage, am Freitag, 30. v Mts erschienen sind, der eine jedoch morgens, der andere nachmittags; morgens schreibt das freisinnige Blatt: „Brandenburg, 30. Oktober, morgens Von der Reichstagsersatzwahl liegt das Gesamt- rcsuitut bis auf 3 Ortschaften vor. Danach erhielten: Peus (Soz.) 7813, Blcll (freis. Volksp.) 6182 und v. Loebell (kons) 4752. Die vor stehende Zahlen eröffnen gute Aus sichten auf die Wiedereroberung des Brandenburger Rcickstagsmandat« sür die sreisinniae Volksportci Ist e« den Konservativen, Agrariern, Antisemiten, und ihre« national-liberalen Bundesgenossen Ernst mit ihrer Bekämpfung der Sozialdemo- kratie, so müssen sie in der Stichwahl sür Blell ein trete«. Somit rechtfertigt sich die in der freisinnigen Press« von Anfang an ausgestellte Behauptung, daß nur die freisinnige Volkspartei der Sozialdemokratie im dortigen Wahlkreise Herr werden könne " Und nachmittag« ist in demselben „Fränkischen Kurier" zu lesen: „Rathenow, 30. Oktober, mttlag« Nach dem nunmehr vorliegenden Gesamtergebnis der Reichstagt» ersatzwahl im Wahlkreise Westhavelland - Brandenburg er hielten: Peu« (soz ) 7859, v. Loebell (kons.) 6286, Blell (freis. VolkSp.) 4807 Stimmen. Es ist somit Stichwahl zwischen Peu« und v. Loebell erforderlich. (Das „Wölfi sche Bureau" Hal in dem uns heute morgen zugekom- menen Telegramm Name und Zahlen de« freisinnigen und des agrarischen Kandidaten rerwechselt, und damit falsche Hoffnungen in uns erweckt. Wir be dauern, daß unsere Leser dadurch ohne unser Verschulden irregeführt worden sind, und sprechen zugleich unsere schärfste Mißbilligung gegen eine derartig unzuverlässige Berichterstattung in einer so wichtigen Angelegenheit aus) Nach den vorliegenden Zahlen ist an dem endlichen Siege der Sozialdemokraten kaum zu zweifeln. Unsere Ge sinnungsgenossen haben selbstverständlich nicht die geringste Veranlassung, einem agrarischen Landrat, der in allen aktuellen Fragen unsere Anschau ungen bekämpft, ihre Stimme zu geben." Den Freisinnigen wird also hier von einem ihrer eigenen Organe schwarz auf weiß bescheinigt, daß, wenn sie in der Stichwahl nicht sür den Konservativen stimmen, es ihnen mit ihrer angeblichen Bekämpfung der Sozialdemokratie nicht Ernst ist. Tas mag sich auch die „Freis. Ztg." merken, deren Begründer auf seine Broschüre gegen die Sozialdemokratie gar mächtig stolz ist, cs dann aber ganz vereinbar damit findet, den „Ge nossen" ein Mandat nach dcm anderen in die Hände zu spielen — Die Stichwahl für West ha vella nd ist aus Sonnabend, den 7. November, angesetzt worden A r a u k r e t ch. * Pari«. Tie Debatte in der Kammer über die Interpellationen mehrerer zur katholischen Partei gehöriger Abgeordneter, betreffend die orientalischen Angelegen heiten, wird heute statlsinden. Hr. Hanotaux hat es, entgegen den Ankündigungen in einem Teile der Presse, vorgezogen, die Beantwortung der erwähnten Inter pellationen nicht zu verschieben, um der öffentlichen Meinung des Landes eine Richtschnur bei der Beurteilung der einschlägigen Fragen an die Hand zu geben Wie verlautet, wird der Minister bei diesem Anlasse die Ge sichtspunkte, von denen sich dic französische Regierung hin sichtlich der Verhältnisse der Türkei leiten läßt, entwickeln und den Stand der zwischen den Mächten mit Bezug aus den Orient schwebenden Verhandlungen auseinandersetzen. Die durchaus friedliche und konservative Politik Frank reichs der Türkei gegenüber wurde an dieser Stelle schon wiederholt betont; die Erklärung des Hrn. Hanotaux wird sich in demselben Geleise bewegen. Er wird wahrscheinlich daran erinnern, daß die Unruhen auf Kreta dank dem einmütigen Vorgehen der Mächte beigelegt werden konnten und betonen, daß man darin einen glücklichen Präzedenzfall erblicken dürfe, der zeige, welcher Weg bei den Bemühungen der Mächte, die Ord nung in der Türkei wieder herzustellen und zu sichern, einzuschlagcn sei. Die französische Regierung habe ihren Einfluß dahin aufgewendet, um dieses Ziel gleichfalls mittels einer Entente der Mächte zu erreichen Ohne sich die Schwierigkeiten eines solchen Unternehmens zu ver hehlen, habe man doch Ursache, zu glauben, daß dasselbe gelingen werde, es sei denn, daß ein neues Christen massacre die unvorhergesehene Intervention der einen oder der anderen Macht herbeisühre Jn letzterem Falle könnte man allerdings die möglichen Folgen sowohl sür die Türkei, wie auch in weiterer Entwickelung für Europa nicht voraus sehen. Jn diesem Sinne wird Hr. Hanotaux die Inter pellation beantworten, und cs kann darüber kein Zweifel Kerrschen, daß die Kammer mittels einer zustimmenden Tagesordnung die Erklärungen des Ministers billigen werde, wodurch dic Autorität der französischen Regierung bei den zwischen den Mächten schwebenden Verhandlungen erhöht werden würde. Es ist möglich, daß Hr. Hanotaux im Ver lause der Jnterpellationsbeantwortung in indirekter Weise auch die von der englischen Presse gegenwärtig wieder mit großer Lebhaftigkeit besprochene ägyptische Frage be rühren wird. Geschieht dies, so dürfte der Minister dem Wunsche Ausdruck geben, daß diese Frage bald eine Re gelung finden möge, welche den Rechten der Mächte und den von England gegebenen Zusagen entspreche Tas wäre bekanntlich der einmütige Wunsch der öffentlichen Meinung Frankreicks. Klinge, die pch auf dem Kirchhof zu Erbmannsrorf be finden, sowie von drei G«mälden aus der Kirche zu Ca vertitz bei Oschatz. Jn mehreren andern Fällen gelang es nicht, kirchlicke Altertümer, deren Aufbewahrung eine mangel hafte ivar oder deren Verkauf beabsichtigt wurde, durch Aufnahme in das Vereinsmuseum zu retten Leider scheinen über die lediglich gemeinnützigen Ziele wie über die Mittel des Vereins und seines Museums, die ihm nicht die Auf wendungen großer Summen zu Ankäufen gestatten, vielfach irrige Anschauungen zu bestehen, die ihm die Erfüllung seiner Aufgaben oft erschweren Jn einer ganzen Reihe von Fällen wurde vom Evangelisch-Lutherischen Landes konsistorium, das überhaupt den Bestrebungen des Vereins nach wie vor ein reges Interesse cntgegenbringt, Gutachten über ältere Glocken, deren Umschmelzung beabsichtigt wird, eingeholt; da Merkwürdigkeiten ersten Ranges sich darunter nickt befanden, so mußte sich der Verein mit Rücksicht auf den hohen Metallpreis alter Glocken darauf be schränken, möglichst für die Herstellung von Abgüssen oder sonstiger Kopien der Inschriften und des figürlichen Zierrats der Glocken zu sorgen, wobei er wesentlich durch das Entgegenkommen seines Mitgliedes, des Erzgießers Bruno Bierling hiersclbst, unterstützt wurde. Schließlich teilte der Schriftführer mit, daß die Verlagsbuchhandlung von Wilh Baenich sich bereit erklärt habe, eine Anzahl Exem plare des Werkes von Spaniel „Die Frauenkirche zu Dresden" an Mitglieder des Vereins zu dem ermäßigten Preise von 10 M abzulassen. — Den Beschluß bildete ein Vortrag des Schriftführer«, Archivrat l)r. Ermisch: „Vom Hofe Markgraf Wilhelm deS Einäugigen (1386)". Auf Grund einer interessanten, im gemeinschaftlichen Ernestinischen Archive zu Weimar befindlichen HofhaltungS- rechnnng schilderte der Vortragende das bewegte Leben eines Fürsten damaliger Zeit — mehr als 80 Mal wech selte Wilhelm im Laufe eines Jahres seine Residenz — nnd machte Mitteilungen zur Geschichte des Reisens, über Küche und Keller, über Hofgesellschaft und Dienerschaft und über allerhand Leben«gewohnheitcn und Leben«- bedürsnisse jener Tage. Da das Neue Archiv sür Sächsische Geschichte den Vortrag bald in ausführlicherer Form bringen wird, so kann hier von eingehenderen Mitteilungen abgesehen werden. -K Zur Förderung der Volkskunde, insbeiondcre in Lachsen. Im Dresdner Verein sür Erdkunde sprach am 30. vor Mts Hr. Or. A. Lincke über den gegenwärtigen Stand der Forschung über Volkskunde, speziell in Sachsen. Die Volkskunde, sür welche in England seit 1846 der Name „Folklore" aufgekommen ist, obwohl darunter eigentlich nur ein Teil von dem zu verstehen ist, was der deutsche Aus druck besagt, ist noch eine junge Wissenschaft, hat sich aber doch schon lebhaft und vielseitig entwickelt, namentlich im Zusammenhänge mit der seit den letzten Jahrzehnten immer mehr in den Vordergrund tretenden Richtung der Geschichtswissenschaft, welche vor allem die Pflege der Kulturgeschichte betont. Das Volksleben in jeder Bezieh ung zu erforschen, ist die Aufgabe, welche sich die Volks kunde stellt Sitte und Brauch des Volkes im täglichen Leben und zu bedeutsamen Zeiten des Jahres oder bei wichtigen Abschnitten des Lebens von der Wiege bis zum Grabe, die Lebensweise, Tracht und Wohnung, Hausrat und Gerätschaften, Mundart und sonstige sprachliche Eigen heiten, Volksglaube, -Aberglaube und -Medizin, Sagen, Märchen, Volkslieder, Kinderreime, Sprichwörter und Denk sprüche, alle« das und manches andere, wodurch sich daö Geistes- und Gemütsleben des Volkes kundgiebt, ist Gegen stand der Volkskunde. Es gilt zunächst, alles, was in dieser Hinsicht im Volke noch vorhanden oder ihm wenig stens noch bekannt ist, zu sammeln, und zwar möglichst ohne Verzug Die Volkskunde ist ihrem Gegenstände gegen über in ähnlicher Lage, wie die Ethnographie gegenüber den Naturvölkern. Wie diese infolge de« unauf haltsam wachsenden Weltverkehres in immer häufigere und innigere Berührung mit den Kulturvölkern kommen und dabei immer mehr von ihrem ursprünglichen Charakter, von ihren Eigenheiten in Leben und Sitte verlieren, so schwinden auch in den modernen Kulturländern au« dem Leben deS eigentlichen Volke« die charakteristischen Züge von Jahrzehnt zu Jahrzehnt mehr dahin. Der erleichterte Verkehr, die zunehmende Volksbildung, die modernen StaatSeinrichtunqen und der vom Sozialismu« geschürte Klasscnhaß machen die große Masse des Volkes gleich giltig gegen Überlieferung und Herkommen und begünstigen
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