Suche löschen...
Dresdner Journal : 29.10.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-10-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189610297
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18961029
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18961029
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-10
- Tag 1896-10-29
-
Monat
1896-10
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 29.10.1896
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Brz»««»re1»: Für Treib« n viertelzährtich r Marl »o Pf, bei den Kaiser- lich druüwcn Poftanstalteu vierteljährlich L Marl; außer- bald de» Deutschen Reiche» Laß- und Stempelzufchlaa. -i»-«lnr Nummern: lv Pf. Grschetne»: Täglich mit AuSnahnie der Sona- und Feiertage abend». Krrnfpr -Anschluß: Nr1»»L. AuktnStgunssgebührr«: Für den Raum eliier gespcl« teae» Zeile Keiner Schrift >0 Pf Unter „Eingesandt" die Zeile bv Pf Bei Tabellen- und Ziffcrr.satz entsprechender Ausschlag. Herau»»eder: Königliche Expedition de» Dresdner Journal» Dre-den, Zwingerstr 20. Fernspr Anschluß: Nr 253.Donnerstag, den 29. Oktober, abends. j HUA. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben zu genehmigen Allergnädigst geruht, daß der vortragende Rath im Justizministerium Geheime Justizrath Börner das ihm verliehene Kommandeurkreuz zweiter Klasse deö Großherzoglich Badenschen Ordens vom Zähringer Löwen annehme und trage ^erorönnng, die in Umlauf befindlichen Reichsgoldmünzen, Einthalerstücke, Reichs-Silber-,Nickel- und Kupfer münzen, sowie Reichskassenfcheine, Reichsbank- noten und Noten der Privatnotenbankeu betreffend Um ein Urtheil über den Geldumlauf zu ge winnen, ergeht hierdurch auf Antrag des Reichsschatz amtes an l) alle tem Ministerium des Innern unterstehenden Königlichen Behörden und Verwaltungsstellen, welche Kassen haben, 2) alle Stadträthe und die Polizeiämter zu Leipzig und Chemnitz, sowie 3) alle Sparkasscnverwaltungen die Anweisung, am 30. laufenden MvuatS bei dem Kasseuschlusse festzustellen, welche Beträge nach Markwährung I. an Reichsgoldmünzen und zwar : !) an Doppelkronen, 2) - Kronen und halben Kronen, II. an Einthalerstücken und zwar: 1) deutschen Gepräges, 2) österreichischen Gepräges, III. an Reichssilbermünzen und zwar im Einzelnen: 1) an Fünfmarkstücken, 2) - Ziveimarkstücken, 3s - Einmarkstücken, 4) - Fünfzigpfennigstücken, 5) - Zwanzigpfennigstücken, IV. ari Rickelmünzen, V. - Kupfermünzen, VI. - Reichrkassenscheinen und VII. - Noten und zwar: I) der Reichsbank, 2) - Privatnotenbanken in den unter ihrer Verwaltung stehenden Kassen vor handen sind und das Ergebniß nach den bezeichneten Sorten getrennt bis zum 5. November dieses Wahres anher anzuzeigen. Dresden, am 14. October 1896. Ministerium des Innern. v. Metzsch. Paulig. Bekanntmachung, eine Anleihe der Kirchengemeinde Hainichen betreffend. Die Ministerien des Innern und der Finanzen haben zu der von dem Kirchenvorstande zu Hainichen mit Zustimmung der betheiligten politischen Gemeinde vertretungen und Genehmigung des Evangelisch-luther ischen Landesconsistoriums beschlossenen Ausgabe von auf den Inhaber lautenden, Seiten des Letzteren un kündbaren Schuldscheinen in Abschnitten von 500 und IM M. zum Zwecke der Ausnahme einer mit 3H vom Hundert zu verzinsenden Anleihe von Drei Hunderttausend Mark nach Maßgabe des vorgelegten Anleihe- nnd Tilgungs plans die nach 8 M4O des Bürgerlichen Gesetzbuchs erforderliche Genehmigung ertheilt, was hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird Dresden, am 16. Oktober 1896. Ministerien des Innern und der Finanzen. v. Metzsch. v. Watzdorf. Münckner. Erueauangev, Btrsttzvuzea re. tm öffentliche« Dienste. Departement der Justiz. Das vom Rechtsanwalt Richard Ludwig in Leipzig bekleidete Amt eines Notars ist durch Ni.derlcguiig und Feststellung nach z 69 der NoiariatS- ordnung vom ü. September 1892 erloschen. Departement der Finanzen. Bei der Postverwalt ung sino ernannt worien: Lehmann, zcither Postsekretär als Postmeister in Elsterberg; Tänzer, zrither Postanwärter als Poüassistcnt im Bezirke der Kaiser!. Oberpostdirektion zu Leipzig; Gruhner. Fleischer und Schankwirrh, als Postagellt in Hartmannsdorf (Bez. Zwickau). Departement des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Zur Erledigung kommt die 2. staubige Lehrerstelle an der oklassigen Schule zu Mar kersdvrs b. Burgstädt Kollator : die oberste Schulbehörde Erntommen: 1000 M. Gehalt und Amtswohnung, sowie 86 M. sür Erteilung des SommeriurncnS. besuche sind unter Beijügung sämtlicher Zeugnisse bis in die neueste Zeit bis zum 14. November bei dem König!. BczirkS- schulinspektor, Schulrat Or. Böhme, in Rochlitz einzurcichen. nichtamtlicher Teil. In -er Angcltfltnheit der Hamburger „^uthüllunßen" beginnt sich die Diskussion nun allmählich zu ver laufen. Nur Freisinn und Sozialdemokratie können sich vor Freuden über die angebliche Bloßstellung des Fürsten Bismarck, über die Enthüllung seines „Ver rats", seiner „Unehrlichkeit" und „Doppelzüngigkeit" nicht lassen. Was der „Vorwärts" sich an Pöbel- Hastigkeiten gegen den Fürsten Bismarck leistet, spottet jeder Beschreibung. Aber auch Hr. Richter in seiner „Freisinnigen Zeitung" ist nach Kräften bemüht, den Vorfprung, den das Organ der Um stürzler hier und da vor ihm noch hat, nicht allzu groß werden zu lasten. In einem „Der Verrat des Fürsten Bismarck" überschriebenen Aufsatze sucht der freisinnige Parteiführer den Nachweis zu führen, daß das ganze Vorgehen der „Hamburger Nachrichten" nur erfolgt sei, um die „unauslöichliche Rachsucht" des Fürsten Bismarck gegen Se. Majestät den Kaiser zu befriedigen! Im Gegensatz zu der bürgerlichen und der so zialen Demokratie bricht sich in den Preßorganen der anderen Parteien mehr und mehr die Ueberzeug- ung Bahn, der wir schon gestern Ausdruck verliehen haben, daß es den Gesetzen der einfachsten Logik widerspreche, den Abschluß eines deutsch russischen Neutralitätsvertrages als einen „verräterischen" Akt, als ein „Doppelspiel" zu bezeichnen. So führt u. a. die „Kreuzztg." völlig zutreffend aus: Fürst Bismarck wußte, als er diesen Vertrag schloß, daß nichts unwahrscheinlicher war, als ein unmotivierter, willkür licher oder ungerechtfertigter Angriff Österreichs-Ungarns aus Rußland, er gab also Sicherheit sür den Fall, der nach menschlichem Ermessen nie eintreten konnte, und gewann dafür die sehr reale und wertvolle russische Versicherung sür den durchaus nicht un wahrscheinlichen Fall eines vom Zaun gerissenen französischen Angriffes Wie das deutsch-österreichische Bündnis den rein desensiven Charakter trug, und bekanntlich gleich nach seinem Abschluß dem Kaiser Alexander II. metgeteilt wurde, so mag man auch in Österreich gewußt haben, nas sich im Giunde schon aus dem desensiven Charakter uniercS Bündnisses ergab, daß sür den Fall eines Angriffs aus Rußland, der nicht den Charakter der Defensive trug, aus die Hilse der deutschen Waffen nicht zu rechnen sei Wir kennen die Gründe nicht, die den Fürsten Bismarck gerade jetzt zu seiner Veröffentlichung veranlaßt haben; daß sie, wie in den Blättern der allen Feinde des Fürsten behauptet wirl>, uns politisch schaden könnte, aber glauben wir unter keinen Umständen. Denn entweder war der Vert:ag gegen das österreichische Interesse, dann besteht er nicht mehr, oder sein Bestehen war sür Österreich gleichgiltig, dann wäre erst recht kein Grund zur Erb tterung. Für Rußland aber halte der deutsche Vertrag den Vorteil, das nervöse Miß trauen zu beseitigen, mit welchen» Alexander III. aus Österreich blickte. Und deshalb kann nur bedauert werden, daß Graf Caprivi den Vertrag nicht erneuerte. Und auch den „Berliner Neuesten Nachrichten" muß zugeslimmt werden, wenn sie ausfühlen: In den von der Berliner freisinnigen Presse gläubig nach gebellten Faseleien der Wiener Publizistik über dcn „doppelten Boden der Bismarckschen Politik" — eine Wendung, die neben bei eine schlurre Beleidigung Kaiser Wilhelms I. enthält, ohne dessen Genehmigung das Abkommen mit Ruß and nicht möglich war und der seinem Kanzler dasür vielen Dank wußte — wird der hervorstechend geniale Zug in dem deutsch - russischen Ver trage übersehen, daß durch eben dieses Abkommen Öeslerreich seiner Hilfspslicht gegen Deutschland fast völlig entbunden wurde. Ta Österreich laut Artikel !l des Wiener Vertrages unS zur Hilseleisinng nur im Falle eines doppelien Angriffs, von Frankreich und Rußland, verpflichtet war, Rußland aber sich Deutschland gegenüber zu wohlwollender Neutraliiot virpflichtet hatte, so wurde damit Öfter-eichS Ver pflichtung zir einer bewasf. eten Hilfeleistung an Deutschland vollkommen auSgelöst und es blieb nur noch Deutschlands Verpflichtung übrig, Österreich im Falle ei es russischen Angriffs beizustehen. Daß auch diese Eventualität durch mög lichste A^milüerung und Ausgleichung der zwischen beiden Staaten bestehenden In eressengegensatze vrrmieden wurde, ist daSBerdienst der sortgesetztcn vcrmiiteluten Biwühungen des Füisten Bis marck, dem aufrichtig dankbar zu sein Österreich-Ungarn alle Vcran- lasjung hätte Durch das Abkommen mit Rntz'and Waran-geschlossen : 1) ein französischer Angriff aus Deutschland, ein russischer Angriff aus Deutschland Dadurch wesentlich gestärkt, hat die deutsche Frieden-Politik einen österreichischen Angiiss aus Ruß land ober einen russischen Angriff aus Österreich mit dem An sehen und Vertrauen, deren sie sich an beiden Höscn erfreute, hint nzuhalten vermocht. Nur ein hoher Grad von Unreife kann demgegenüber von „doppeltem Boden" oder von einer Erschütterung des Dreibundes durch die Mitteilung einer längs! historisch gewordenen Tbatsache sprechen Vorhanden ist diepr Grad der Unreife nur bei Wiener Sensat onSpolitikcrn nnd Ber liner GcfühlSpolitikeru — beide sind eben ohne jedes Augen maß sür völkerrechtliche Verhältnisse, sür die obersten Gesetze des staatlichen Interesse« und sür die außerhalb der Schablone sich bewegende Genialität einer wirklichen Größe. Im übrigen fei auch nochmals darauf hingewiefen, daß die ganze Behauptung von einem Doppelspiele des ersten Reichskanzlers sich von selbst als ödestes Geschwätz darstellen muß, wenn daS Bestehen eines deutsch-russischen Neutralitätsvertrages unsern Bundes genossen bekannt gegeben worden ist Wir haben gestern darauf hingewiesen, daß ein osfizöses italie nisches Blatt bereits erklärt hat, der italienischen Re gierung sei der deutsch-rnssische Vertrag bekannt ge wesen. Auch englische Preßstimmen bestätigen das Bekanntsein des Abkommens. Es spricht also eine hohe Wahrscheinlichkeit dagegen, daß Österreich- Ungarn in Unkenntnis über die deutsch-russischen Be ziehungen geblieben sein sollte. Nur die Frage bleibt ohne eine befriedigende Antwort: welche Gründe den Fürsten Bismarck veran laßt haben können, die ganze Angelegenheit gerade jetzt vor die Öffentlichkeit zu bringen. Das Mißliche der Behandlung solcher diplomatischer Fragen vor aller Welt ist dem Fürsten Bismarck sicherlich nicht ver borgcngeblieben, denn erkennt ja ganz genau die Qualität eines großen Teiles derjenigen Elemente, die heute die öffentliche Meinung „machen". Man kann also nur annchmen, daß die Ziele, die der Fürst mit seiner Enthüllung verfolgt, höher zu bewerte« waren, als die Interessen, deren Gefährdung die Enthüllung un Gefolge haben konnte — oder aber Fürst Bismarck steht der Ver öffentlichung überhaupt fern. So gewiß es uns erscheint, daß der sachliche Inhalt der Veröffentlichnng des Hambniger Blattes richtig ist und nur auf Mitteil- Lunst und Wissenschaft. Korzzert. Die festlichen Klänge des „Meistersinger"- Vorspiels leiteten würdig und wirksam den ersten Konzert abend ein, welchen Hr I. L Nicod« gestern im Saale des neuen Vereinshauses gab Zum ersten Male führte er die vor kurzem in Leipzig gebildete Windersteinsche Kapelle vor, die in diesem Winter den Heerbann des ausgezeichneten Dirigenten bilden wird Das Orchester stellt entsprechend seiner Jugend jetzt noch kein vollendetes Ensemble her, ist aber in der Mehrzahl der Gruppen und namentlich im Saitenquartett gut und reichlich besetzt Heute schon mehr darüber zu sagen, verhindert uns die Akustik des neuen Saales, deren Unzulänglichkeit ein ganz sicheres Urteil über Größe und Schönheit der Tonwirkungen nicht zuläßt, am allerwenigsten bei den Bläsern Die Resonanz in dem Raume ist so übermäßig, daß nur Solostellen und solche des vollen OichesterS nur im Mezzoforte und Piano klar und weich herauskommen, während im Forte aller Einblick in Harmonien und Figurenwrrk verloren geht und die Ohren der Hörer von dcn zusammengeballten Schallwellen empfindlich getroffen werden Unter diesem Mißstand litt gestern die Ausführung des Meistersinger-Vorspiels trotz der von Hrn. Nicod«, übertrieben gedehnten Zeitmaße, noch mehr die des Brucknerschen Adagios in seinen kolossalen Tonkombinationen nach der Mitte und am Schluß, und ebenso das Finale von Brahms' v-dur-Symphonie, dessen AIIem-0 eon spirito der Dirigent vom Orchester so massiv anfaffen ließ, als handelte e» sich hier um den Schlußsatz einer heroischen Symphonie Das Programm des Konzert» erfordert nur wenige Bemerkungen. Da» Ois-mol! Adagio au» Bruckner» kl-dur» Symphonie, gewählt aus Anlaß des kürzlich erfolgten Tode« de« Komponisten, ist unseren Musikfreunden bekannt al« eine die starken und schwachen Seilen de« Tonsetzers vortrefflich kennzeichnende, seine große harmonische und in strumentale Kombmattonsgabe wie vre geringe zusammen haltende Kraft und Ökonomie seines Vortrags beleuchtende, absichtsvoll in Wagnerschcn Gedanken bahnen gehaltene Produktion Auf dem Programmblatt war ein Nachruf an Anton Bruckner (aus der „Allg Musik-Ztg.") abgedruckt, in welchem von „Werken von eminenter Tiefe des Ausdrucks und imposanter Größe des Ausbaues, die Jahrhunderte überdauern werden", die Rede ist. Wir halten diese Prophezeiung fest als eines der sich jährlich mehrenden Zeichen dasür, wie viel Hervorbringungen in der Ton kunst (und ebenso in der bildenden Kunst) man heutzutage für die Zukunft in Anspruch nimmt, während die Gegenwart sich mit so wenigen begnügen muß... Brahm»' zweite Symphonie bewährte wieder ihren lebendigen, stimmungs reichen Musikgehalt, besonders in der herrlichen Coda des ersten Satzes und im dritten, der vom Publikum mit enthusiastischem Beifall ausgenommen wurde Daß Hr Nicode letzteren wiederholen ließ, war eine Freundlichkeit gegen die Zuhörer, die sonst bei Werken großen Stils mit recht nicht geübt wird In der Wiedergabe der Sympkonie (bis auf den letzten Satz) gipfelten sie Leist ungen des Dirigenten und des Orchesters. Der Solist des Abends, Hr. F. Busoni hatte sich im vorigen Winter bei uns als einer der ersten Techniker unter den lebenden Pianisten eingeführt Alle Eigenschaften eines solchen bewährte er auch gestern, im Vortrag der Klavierpal tic des eonesrto eroioo (Ös-ckur) für Klavier und Orchester von Ottokar Noväcek. Es ist das eine das Pianoforte kaum mehr wie ein Orchesterinstrument beschäftigende, in der thematischen Zeichnung unerhört dürftige, mit verbrauchten und mit absonderlichen, teil« häßlichen Klangphänomencn na turalistisch wirCchastende abstruse Komposition, die demEolo- spieler keinen Dank und dem Publikum keine Freude verschafft. Ihrem ungünstigen Grsamteindruck gegenüber verlohnt e« sich nicht, den wenigen Einzelheiten nachzugehen, welche auf die Begabung de« in voller geistiger Gährung stehenden Kom ponisten allenfalls ein günstige« Streiflicht werfen H. P. Große geistliche Musikauffuhning zur .'M mhngen Jubelfeier detz TreSdmr PcstalozzifteS. Eine im Charakter der diesmaligen völlig gleiche Konzcrtveranstalt- ung in der Frauenkirche, zum Besten des Pestalozzi- stistes, sand, wie erinnerlich, im Herbst vor zwei Jahren statt, und war von derartig großem Erfolg gekrönt, daß man sich entschloß, das Konzert zu wiederholen Auch vorgestern war die Frauenkirche gedrängt vollbesetzt, von unten bis in die höchsten Emporereihen hinauf und der äußere Erfolg gegen früher eher noch gesteigert So dürfte denn auch diesmal im Interesse des wohlthätigen Zweckes vermutlich eine Wiederholung angesetzt werden. Wie hocherfreulich, daß man bei Ausstellung des Pro gramm» sich auf vornehm künstlerische Grundsätze gestützt hat, in dem löblichen Bestreben, die Hörer möglichst empor zuziehen Scheut man sich doch selbst bei kirchlichen Wohl- thätigkeitskonzerten heute leider in den meisten Fällen nicht, dem Publikum übergebührlich Zugeständnisse zu machen mit ohrgesälligen, mehr auf Genuß, als aus innerliche Erbauung abzielendcn Sachen So mag wohl, wer oft genug in derartigen Konzerten Enttäuschungen er lebt hat, im Hinblick auf das vorgestrige gediegene Programm dankbare Freude empfunden haben. Vor allem zwei Sebastian Bach-Nummern wies das Pro gramm aus! Mit einrni freudig kraftvoll gestimmten Präludium und Fuge in l'-dur des gewaltigen Altmeisters eröffnete der geschätzte Organist der Frauenkirche, Hr Janssen, die Vorträge, und dann hörte man noch in meisterlicher, in Ton und Ausdruck vollendeter Wiedergabe zwei Sätze aus der vierten Sonate (O'-maN) für Violine nnd Klavier, eingerichtet für Violine und Orgel, vor- gctragen von den Herren Prof. Rappoldi und Organist Janssen. Beide Sätze, tiefernst und beschaulich in der Stimmung, geben dem Violinisten Gelegenheit zu tief- atmig breiter, volltöniger Kantilenenbehandlung und Meister Rappoldi lernte man darin ron neuem als einen Bach- Spieler ersten Ranges schätzen Der zuletzt gespielte Satz, ungen des Fürsten Bismarck sich stützen kann, so wenig scheint eS uns erwiesen zu sein, daß die Ver öffentlichung jrtzt und in der gewählten Form von dem Altreichskanzler veranlaßt wo» den ist. Den Zweifeln, die in dieser Beziehung einem großen Teil der Presse beigehen, gicbt heute auch die „Köln. Ztg." in einer Be trachtung Raum, die uns zwar in gar manchen Punkten von un'utressenden Voraussetzungen auszugehen scheint — so wenn angenommen wird, die Veröffentlichung könne als ein Verrat am Vaterlande angesehen werden — nnd deren persönliche Spitzen gegen das Hamburger Blatt uns ebenfalls wenig geschmackvoll erscheinen, die wir aber doch, zumal sie voraussichlich vielfach besprochen werden wird, wiedergeben zu können glauben. Das rheinische Blatt schreibt: In nationalgciinnten Kreisen erörtert man jetzt vielfach die Frage, ob Fürs! Bismarck in einem engeren oder ent fernteren Zusammenhänge mit jenen Enthüllungen stehe, die ein so peinliches Befremden erregt haben Da schlechterdings nicht abzusrhen ist, welchem vernünftigen politischen Zweck der Vcrtrauensbruch dienen soll, so kann man sich nur schwer mit der Vorstellung abfinden, daß der greise Staatsmann, der von der Lirbe nnd Vci- ehrnng eines großen Volkes getragen wird, sich aus unersättlichem Haß gegen Caprivi immrr wieder zu Ans fäll,» rollte hinreifirn lassen, denen der General ein eisiges Stillschweigen entgegensetzt Wir siegen dieser Frage »m so nnbesangener gegenüber, als wir die ersten Phasen des Caprioischcn Regiment.», die hier in Frage kommen, anss schärfste bekämpft hab-n Aber fclbst Leute, die an der ge samten Thäligkeit Caprivis kein gutes Haar lassen, werden zu gebe,', daß hier der Angreiser mehr und mehr in eine Position gerät, die sich mit der Wurde und dem Aniand einer welt geschichtlichen Persönlichkeit einfach nicht vertiägt, zumal, wenn die blinde Rachsucht sogar die Int. ressen des Vaterlandes gc sährdel. Es entspricht also einem HerzcnSbedürsnis und einem jicdenSwürdigen Zuge der memchlichen Natur, die sich nicht gern ein hochragendes, göticrgleiches Idealbild zertrümmern läßt, wenn man sich nach anderen Erklärungen des leidigen That- bestandes »msicht Nun ist es eine gesicherte Thalsache, daß die Magyaren, die sich bek nn tich einer sehr empfindlichen Epi dermiS eisreuen und sich sogar weidlich ärgern können. wenn man ihre Hauptstadt Pest und nicht Buda -Pest nennt, sich vor tinigeil Monaten bitterböse über einen Leitartikel der „Ham burger Nachrichten" beschwcit haben Daraus erwiderie der Herr des Sachsenwaldes, er sei ein alter Mann, der ruhig und in Frieden seinen Kohl baue und sich nm Politik übertiaupt nicht kümmere; insbesondere habe er keinerlei Bezieh ungen mehr zu den „Hamburger Nachrichten" Sieht man in dieser Antwolt mehr als ein Beruhigungspulver, so würde sich der Thatbestand etwa also erklären: Die „Hamburger Nachrichten" haben sich von jeher durch Un elbÜLiidigkeit und Kritiklosigkeit ausgezeichnet. Lehnte z. B unter dem ersten deutschen Reichskanzler die, Kölnische Zeitung" einen Bismarckschen Artikel ab, weil er der Sache schaden würde, die er fördern sollte, so konnte man ziemlich sicher sein, ihn nach einigen Tagen in Hamburg austauchen zu sehen Ebenso wenig Urteils krast zeigte daS Blatt durch kie Art, wie es nach deni Sturze Bismarck beriet. Ein erfahrener Zeitungsmann würde hier manches Unheil verhütet haben Was soll ein vernunftbegabter Menfch z B. dazu jagen, daß alle Rcgicrungsmaßregeln aiiS der Zeit der Bismarckschen Allmacht, die hinterher als un bequem empfunden wurden, wie Kulturkampf und Klebegesetz, nachträglich in leharrlicher Weife von dem ganz einflußlosen Bismarck abgewälzt und dcn ihm untergebenen Ministern zu- geschoben werden? Es ist doch eine unkluge Taktik, ans Be- hanptungen herumzurliten, die bei jedem Kundigen nur ein Lächeln hervorruscn können Das Blatt muß sich nun sage«, daß bei dieicr Lage der Dinge seine Basis in der Pflege deS Glaubens besteht, daß feine Aeußerungen in Friedrichsruh ihre Weihe erhalten Niemand Ivürde das Blatt einer besonderen Beachtung würdigen, wenn der Glaube schwände, daß in seinen Spaltcn Bismarcks Geist wehe. Es ist also denkbar, daß man etwa durch Verkehr mit geistig untergcordneieu Personen im Sachsenwalde einen srüher wohlbegründeten Glauben soigsältig weiterpflegt, der inzwischen seine thatjüchliche Begründung ver loren hat Viele wackere deutsche Männer, w.lche die Vor stellung gercde;u quält, daß ein Bismarck aus persönlichem Groll gegen Caprivi sich am Vaterlande versündigen könne, würden erleichtert aujalmcn, wenn sie Gewißheit darüber erlangen könnten, daß in Hamburg nicht nur Esans Hände, sondern auch Ejaus Stimme ihr Wesen treiben. Dana bliebe nur noch die umrqnicklicle Er scheinung zu bedauern, daß galizische Handcloleute von« Schlage eines Isidor Witkowski ul in« Harden überhaupt die Schwelle des Bismarckschen Hauses übertreten dürfe», das doch bejonders fauber gehalten werden inuß im alten Aricnstile gehalten, erinnert motivisch stark an die bekannte hoheitsvolle II-moII-Ane mit Solovioline der „MatthüuSpassion". Noch einmal danach trat der Fraucn- tirchcn Organist solistifch mit einem Adagio von Merkel hervor Außerdem begleitete er noch, leider wenig schmiegsam und in nicht immer angemessener Registrierung, die beiden Vorträge Frl. Wedekinds von der Hofoper, die wie vor zwei Jahren auch diesmal wieder mitwirktc — weniger dem Gemüte als hauptsächlich dem Ohre durch ihre be kannte virtuose GesangSIunst zu großem Genuß, zumal in den kolorierten Stellen des Mozartschen innigen „lamd-tto dominum" und der bekannten lieblichen Haydnschen SchöpsungSarie „Aus starkem Fittige". Noch einer in strumentalen Mitwirkung wäre zu gedenken' der treffliche erste Posaunist der Hoskapelle, Hr Meisel, blies ganz ausgezeichnet ein Arioso von August König, von Hrn. Heinrich Schöne verständnisvoll begleitet — man war crstauntz über die hornklangartige, seierliche Weichheit im Pianoton, wie nicht weniger über die majestätische, wuchtige Tonsülle und fortreißende Krast in der Fortissimoepisode des klanglich wirksamen Stückes Die genußreichen Ehorvorträqe standen unter Leitung der Herrn Hofrat Krantz und Kantor Römhild Unter dem letztgenannten sangen 800 Dresdener Schul kinder drei schlichte, volkstümliche Lieder Der Klang der Kinderstimmen verfehlte nicht, die ihm eigene gemüls- rrine, rührende, frisch herzliche Wirkung auszuüben, und wohl mancher mag beim Anblick so vieler Hundert an dächtig singender Kinder des großen, edlen Kindersreundrs Pestalozzi gedacht haben Herr Hofrat Krantz führte mit der obersten Ehorklasse des Königl Konser vatorium« drei herrliche vierstimmige gemischte Chöre aus, die oben in der Kuppel in zarter, duftiger Abtönung gesungen wurden, in manchem Betracht allerdings akustisch nicht zu ihrem Vorteil — r« ging doch manche Feinheit in der Stimmführung den Ohren verloren: nämlich ein tief empfundener, kernhafter Choral vom alten Michael Praetoriu«
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite