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Dresdner Journal : 08.10.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-10-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189610084
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18961008
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18961008
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-10
- Tag 1896-10-08
-
Monat
1896-10
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 08.10.1896
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Beilage zu 235 des Dresdner Avurnnls. Donnerstag, den 8. Oktober 1896, abends. der Elbe gezogen worden. Auf einem N'ubaue stellte sich wieder ein. (Schluß folgt.) der zur von Ge- thunlich war. Nach feiner Berechnung mußte es ziemlich Mitternacht sein, als er sich entschloß, es mit dem ersten Stück seines sonderbaren Proviants zu versuchen. Das Stückchen weißen Wachses war ohne Geschmack, aber es ersüllie seinen Zweck. Nachdem sein Appetit für jetzt gestillt war, empfand er eine andere Unbequemlichkeit Die Feuchti keit der Wände und der Wind, der sich durch den unsichtbaren Ventilator hereinschlich, durchkälteten ihn bis auf die Knochen. Immerfort hin und her zu gehen war seine einzige Zuflucht vor diesem Übelstande. Ferner be schlich ihn gelegentlich eine Art Schläfrigbit. Die selbe nahm zu ihrer Abwehr seine gan,e Willenskraft in Anspruch. Einschlafen hieß, das fühlte er, sterben, und er war entschlossen, am Leben zu bleiben. Die seltsamsten Phantasien gingen ihm raschen Fluges durch den Kopf, als er sich seinen Weg auf dem Steinboden seines Kerkers hin und her suchte, indem er, um die Sarkophage zu vermeiden, sich immer an der Mauer weitertastete Stimmen, die lange geschwiegen hatten, sprachen Worte, die lange vergessen gewesen waren Gesichter, die er in seiner Kindheit gekannt, erschienen wie greifbar, sich von der Dunkelheit abhebend. Sein ganzes Leben rollte sich bis in die Einzelheiten wie ein Panorama vor ihm auf Der wechselnde Inhalt eines Jahres mit seiner Last von Liebe und Tod, mit seinen Süßigkeiten und Bitterkeiten trat ihm, in eine kurze Minute zusammen- gefaßt, wie ein Auszug vor die Augen Der Wunsch nach Schlaf hatte ihn verlassen, aber der Heißhunger Seine Existenz hing von dieser Kerze ad. Er hatte irgendwo, in irgend einem Bericht von einem Schiffbruch gelesen, wie die Überlebenden Tage hindurch von einigen Kerzen gelebt hatten, welche einer der Passagiere unverständigerweise in das große Boot geworfen hatte. Und hier hatte er im strengsten Sinne des Wortes sein eigenes Lebenslicht ansbrennen wollen! Bei der vorübergehenden Erleuchiung, welche ein zweites Streichholz gewährte, sah er auf seine Uhr. Sie war in der elften Stunde stehen geblieben — aber ob in der elften Stunde dieses Tages oder der vorhergehenden Nacht konnte er nicht sagen. Der Leichenzug, das wußte er, hatte die Kirche um zehn Uhr verlassen. Wie viele Stunden waren seitdem verflossen? Wie lange hatte er in Ohnmacht ge legen? Ach, es war ihm nicht länger mehr möglich, die Stunden zu messen, die wie Schnecken an dem Unglücklichen vorüberschleichen und wie Schwalben über den Glücklichen hinfliegen! Er hob die Kerze auf und setzte sich auf die steinernen Stufen. Er war ein sanguinisches Tem perament, aber wenn er die Aussichten, hier heraus zukommen, ins Auge faßte, so erschreckte ihn der Ausblick. Natürlich mußte er vermißt werden. Sein Verschwinden unter den obwaltenden Umständen würde, so sagte er sich, seine Freunde ohne Zweifel in Angst versetzen, sie würden eine Nachforschung nach ihm am egen, aber wer würde wohl daran denken, einen lebendigen Menschen auf dem Friedhöfe des Montmartre zu suchen? Der Polizeipräsident würde Nachrichten ans den Landesteilen. * Leipzig, 7. Oktober Der Haushaltplan Stadt Leipzig auf das Jahr 1897 ist heute Ausgabe gelangt Er weist eine Gesamtausgabe 20 983 301,39 M auf. Dem gegenüber beträgt die samtcinnahme 10 «20 2 12,32 M Der zu deckende Fchl- in Löbtau stürzte am Mittwoch ein 38 Jahre alter Zimmermann von einem Gerüste; er erlitt einenSchädel- knochenbruch und wurde in das hiesige Stadtkrankenhaus gebracht Daselbst ist der Verunglückte am Donnerstag früh verstorben * Gestern abend in der 8. Stunde rückte die Feuer wehr mit einem Fahrzeug nach Schnorrstraße 34 auü, woselbst in einer Küche des -1 Stockwerks die Vorhänge in Brand geraten waren Ein Kind hatte eine brennende Petroleumlampe den Vorhängen zu nahe gebracht, sodaß letztere in Brand gerieten Den Bewohnern des Hause« war cü gelungen, die Flammen sofort nieder zu löschen; die Feuerwehr fand infolgedessen bei ihrem Eintreffen am Brandorte nichts mehr zu thun vor. hundert kluge Kopse in Bewegung setzen, um ihm nachmspüren, die Seine würde vielleicht mit Rechen durchfurcht, die „Miserables" in der Morgue würde umgewendet weiden, in jcdes Geheimpoli.isten Tasche würde eine Beschreibung bis aufs Härchen von ihm sein und er — im Erbbegräbnis des Herrn Dorine! Aber anderseits war es ja hier, wo er zuletzt ge sehen worden war. Von diesem Gesichtspunkte würde ein scharfblickender Agent der höheren Polizei natür lich die Sache anfassen. Und dann, konnte nicht vielleicht der Leichenbitter nach dem Lenchter mit der Kerze zurückkehren, der vermutlich nicht absichtlich zurück- gelassen worden war? Oder wiederum, konnte nicht am Ende Herr Dorine frische Blumenkränze senden, bestimmt, die Stelle derer einzunehmen, die jetzt einen aromatischen Duft durch das ganze Gemach verbrei teten? Ach, was für ungleiche Aussichten! Aber wenn nicht eins von diesen Dingen bald eintrat, so war es besser, es traf gar nicht ein. Wie lange war er im stände, das Leben in sich wach zu erhalten? Mit seinem Taschenmesser schnitt Wentworth die halb verbrannte Kerze in vier gleiche Teile. „Heute abend", so überlegte er sich, „werde ich das erste von diesen Stücken essen, morg n früh das zweite, morgen abend das diitte, den nächsten Tag das vierte, und dann — nun, dann will ich abwarten, was kommt." Er hatte diesen Morgen kein Frühstück zu sich genommen, wenn man nicht eine Tasse Kaffee ein Frühstück nennen will. Er war vorher nicht sehr hungrig gewesen. Jetzt empfand er einen rasenden Hunger. Aber er verschob die Mahlzeit so lange, als Nachbaren beliebt; der Engländer aber, der jahrelang mit Bakschisch und geduldigem Ertragm eingeborener Un verschämtheit um die Gunst der Bevölkerung ward, hatte in Britisch-Lstafrika kürzlich einen blutigen Aufstand zu bekämpfen und konnte der Verhältnisse in Sansibar nur durch ein Bombardement Herr werden Hierbei haben sich die Engländer wieder einmal sehr „gesittet" benommen Man höre: „Die Paläste wurden von den englischen Marinetruppen in einer Weise auSgeplündert, die man bei disziplinierten Soldaten nicht für mög lich halten sollte. Von den Kostbarkeiten, die die Sultane angekauft hatten, blieb nicht« übrig; alle Kasten und Kisten wurden durchwühlt: Handelsverträge und andere StaatSpapiere lagen im Schutt umher." Vennischics. * M ussetS „U » vap rivv ". Bei der gestrigen G ala - Vorstellung zu Ehren deü Zaren in der Pariser Comödie srancaise ist das Mussctschc Proverbe „Un vaprit:«" zur Aufführung gelangt Tas „Neue Wiener Tagblatt" bringt aus diesem Anlaß folgende Reminiccenz eine« seiner Leser: „Ich glaube nicht, daß je ein Stuck nach Fallen des Vorhanges unter unverminderter Spann ung des Publikums noch ein zweites Ma! vom Anfänge bis zum Ende gegeben wurde; dies»« gewiß einzige und zumindest seltene Schicksal hatte Mussets „I n Wie dies kam, das will ich Ihnen erzählen Anfangs der fünfziger Jahre kam aus Paris die Compagnie Brindaux nach Österreich und gastierte auf dem Wege von Wien Viu Kampf um das Leben. Bon Th B Aldrich. Teutsch von M. Busch. 4 (Fortsetzung.) Da Philipp ein Raucher war, so hatte er zufällig eine Schachtel mit Streichhölzchen in der Tasche. Nach verschiedenen vergeblichen Versuchen gelang es ihm, eins davon an der dunklen Wand zu entzünden, und als es für einen Augenblick aufleuchtete, gewahrte er, daß die Kerze auf dem Grabmale zurückgelassen worden war. Diese sollte ihm dienen, den Verschluß der Gruft auf seine Festigkeit za untersuchen. Konnte er auf irgend welche Art die innere Thür aufsprcngen und das Gitter davor erreichen, an das er eine un bestimmte Erinnerung hatte, so konnte er hoffen, sich der Außenwelt vernehmbar zu machen. Aber die eichne Thür wich und wankte nicht, sie war so solid, wie die Mauer selbst, in die sie luftdicht eingepaßt war. Selbst wenn er die erforderlichen Werkzeuge hatte, ließ sich die Versperrung nicht wegschaffen, denn die Angeln waren draußen angebracht. Nachdem Philipp sich davon überzeugt, stellte er die Kerze wieder auf den Boden hin und lehnte sich gedankenvoll an die Wand, indem er den blauen Fächer der Flamme beobachtete, der hin und her wehte und sich von dem Dochte loSzulösen drohte. „Auf alle Fälle", dachte er, „ist der Ort ven- tiliertz" Plötzlich sprang er vorwärts und löschte das Licht au- Örtliches. Dresden, 8. Oktober. * Ihre Hoheit die Frau Herzogin zu Schleswig- Holstein besuchte gestern da« Betten- und Wäschegeschäft von Müller u. C. W. Thiel (Inhaber Richard Müller, König! Hoflieferant). - Zu Ehren de« Namenstage« Sr. Kaiser!. Hoheit des Großfürsten Sergius Michajlowitsch von Ruß land fand gestern mittag in der hiesigen Kaiser! Russi schen Gesandtschaftskirche ein Feftgotteüdicnst statt, dem Höchstderselbe mit Sr. Kaiser!. Hoheit dem Großfürsten Michael Nicolajewitsch beiwohnte. Außerdem nahmen an der Feier die Vertreter der Gesandtschaft, die Adjutanten Ihrer Kaiser!. Hoheiten und zahlreiche Gemeindeglieder teil. Der Chor sang zur Feier des TageS mehrere größere Chorwerke, u. a. das „Otsokv naseb" (Vaterunser) von Bortniansky. * Aus amtlichen Bekanntmachungen. Bei dem hiesigen Stadtkrankenhause ist die Stelle eines Hilfsarztes an der kl. äußeren Abteilung vom l. Januar 1897 an zu besetzen; mit dieser Stelle ist bei freier Kost, Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Bedienung und Wäsche reinigung ein Jahresgehalt von 7üO M im ersten und ein solcher von 1000 M im zweiten Dienstjahre ver bunden Bewerbungen sind spätestens am 30 d. Nits mit Approbationsschein und Zeugnissen bei dem Kranken- pflegeamle, Landhausstraße 7, II, schriftlich cinzureichen — Fuhrwerksbesitzer, welche beabsichtigen, im Winter 1896/97 sich mit Fuhren an der Beseitigung des Schnees aus den städtischen Straßen zu beteiligen, werden aufgefordert, Anerbieten, zu denen die Formuiare in der Kanzlei des Tiefbauamtes, An der Kreuzkirche dir. 6, 3. Obergeschoß zu entnehmen sind, verschlossen und mit entsprechender Aufschrift versehen, kostenfrei bis zum 21. d Mts. mittags 12 Uhr in vorbezeichneter Kanzlei abzugeben. * Es wird von neuem darauf aufmerksam gemacht, daß den Landbriefträgern auf ihren Bestellgängen außer Briefpostsendungen auch Postanweisungen, Nach nahmesendungen, kleinere Pakete, Sendungen mit Wertangabe bis zum Betrage von je 400 M, sowie Barbeträge zum Ankäufe von Postwert zeichen rc und zur Bestellung von Zeitungen bei den Postanstalten übergeben werden dürfen. Die Land briefträger sind verpflichtet, die empfangenen Sendungen, ausschließlich der gewöhnlichen Briefsendungen, sowie die ihnen übergebenen baren Geldbeträge für Zeitungen, Wert zeichen rc. in ein Annahmebuch einzutragen, welches nach jedem Bestellgange der Postanstalt vorgelegt wird Zum Einträgen der Sendungen ist auch der Auflieferer befugt; es empfiehlt sich, von dieser Befugnis in jedem Falle Gebrauch zu machen Hat der Landbriesträger die Eintragung selbst bewirkt, so muß er dem Auflieferer auf dessen Verlangen durch Vorlegung des Annahmebucheü von der erfolgten Eintragung Überzeugung verschaffen. Die Erteilung des Einlieferungsscheins über die von dem Land- briefträger angenommenen Sendungen mit Wertangabe, Einschreibsendungen, Postanweisungen und Nachnahmesend ungen erfolgt erst durch die Postanstalt; der Landbries trüger ist verpflichtet, den Einlieferungsschein, wenn es möglich ist, beim nächsten Bestellgange dem Auflieferer zu überbringen * Vom Verein zur Begründung und Unter haltung von Volksheilstätten für Lungenkranke im Königreiche Sachsen, wird uns u a geschrieben: „Die Bäder schließen sich und die knarrenden Reisekörbe wandern wieder den heimischen Bahnhöfen zu: Jetzt ist es an der Zeit, bevor die „Vergnügungssaison" beginnt, seinen Blick auch einmal auf ein ernstes, unser sächsische« Volk beschäftigendes Werk zu lenken, auf die Bekämpfung der Tuberkulose durch Volksheilstättcn Die Tuberkulose ist eine Volkskrankheit im eigentlichen Sinne, sie fordert alljährlich ganz unglaubliche Opfer, mehr als alle die anderen gefürchteten Krankheiten (Krebs, Diphtherie, ja die jetzt mit internationalen Kräften bekämpfte Cholera) Alle die Verluste, welche Kriege und Erd beben, Feuer und Wasser der Bevölkerung zufügen, sind winzig gegen die durch Tuberkulose herbeigcsührten 10—12"t> aller Menschen, jährlich 160—180 000, nach anderen sogar 240—250 000, sterben in Deutschland an Tuberkulose. In Sachsen starben 1892 im Ganzen 94 760 Einwohner, davon 7406 an Lungen-, 1014 an sonstiger Tuberkulose, zusammen also unacfädr 9"/ . Da- Tagesgeschichtt. (Fortsetzung au« dem Hauptblatte.) Türkei. Konstantinopel. Über die bereit« gestern gemeldeten Vorfälle in der internationalen Kommission zur Abfassung eine« Berichte« über die jüngsten Unruhen er- fährt der hiesige Berichterstatter der „Franks. Zta ", daß da« Auftreten Izzet Beps gegenüber dem Deutschen Kamphoevner und dem Franzosen Lecoque Pascha ge radezu empörend war, sodaß Kamphoevner schließlich Izzet in Erinnerung bringen mußte, er sei König! preußischer General und Marschall de« Sultan«. Nachdem beide Paschas unter keinen Umständen zu einer Fälschung de« für den Sultan und die Botschafter bestimmten Rapportes ihre Unterschrift hergeben wollten, haben Kamphoevner und Lecoque gestern ihre weitere Teilnahme an den Be ratungen der Kommission abgelehnt und ihre Demission al- Mitglieder derselben dem Sultan unterbreitet. — Die Pforte lenkte die Aufmerksamkeit des Kabinetts in Sofia auf die jüngst in Bulgarien und Ostrume- lien ins Leben getretenen Komitees der armenischen Revolutionäre, die eine Gefahr für die Sicherheit des ottomanischen Reiches bedeuten. Die Pforte nennt be sonders die Armenierkomitees in BurgaS, dessen Chef der Hintschakist Menassian, in Rustschuk, dessen Chef der frühere Leiter der Armenier in Erzerum Hanessian, in Varna, wo der Hintschakist Marvian die Hauptrolle spiele, und in Jamboli, wo der Vorstand der dortigen Eisenbahnstation der Leiter des Armenierkomitees sei. Es werden Persön lichkeiten namhaft gemacht, um deren Ausweisung aus Bulgarien von der Pforte ersucht wird — DaS von den Regierungen der Vereinigten Staaten von Nordamerika, Spanien, Holland und Griechen land ausgesprochene Verlangen je eines Stations schiffes wurde von der Pforte mit der Begründung ab gelehnt, daß dieses Recht nur den Signatarmächten des Berliner Vertrages zustehe. — Die Muselmanen in Herakleion schändeten und zerstörten am Sonntag die christlichen und jüdischen Friedhöfe; 67 von 68 Grabdenkmälern wurden zerschlagen, die Gebeine umhergeworfen. Die Konsuln besuchten zusammen den Schaupjatz, um Vor stellungen wegen der Schändlichkeiten zu machen. Afrika. Sansibar, über die Vorgänge nach der Beschieß ung wird der „K. Z." von Anfang September berichtet: Seyid Khalid hatte nach dem Aufhören der Beschießung mit einer Abteilung seiner Leibwache und den Vornehmsten seiner Anhänger den Palast durch eine Hinterthür ver- jassen und eilte dem ziemlich entfernten deutschen Konsulat zu. Er traf unterwegs keinerlei englische Truppen, da man natürlich nicht daran gedacht hatte, den Palast wäh rend der Beschießung zu umstellen. Einige einheimische Polizeisoldaten, die ausgeschickt worden waren, um Seyid Khalid zu fangen, präsentierten bei seinem Anblick das Gewehr. Unweit des deutschen Konsulats schickte Khalid zwei Araber voraus, die das Glück hatten, den bei seinem Hause stehenden deutschen Arzt zu treffen. Dieser benach richtigte sofort den deutschen Konsul, daß Khalid bei ihm Schutz suchen wolle. Meich darauf betrat dieser das Kon sulatsgebäude, und die englische Marinewache, die fast gleichzeitig ankam, hatte das Nachsehen; Khalid, ein voll kommen lichtfarbiger, auffallend kräftiger Araber, dessen ein nehmendes Gesicht leichte Spuren von Pockennarben zeigt, war vollkommen ruhig und gefaßt. Er ist von der Über zeugung durchdrungen, daß er der rechtmäßige, von Gott eingesetzte Herrscher sei und die Pflicht habe, sein Recht bis zum Äußersten zu verteidigen. Nachdem sein Versuch, sich auf den Thron zu setzen, gescheitert war, zogen die Engländer einen halbgelähmten arabischen Greis, Seyid Hamud bin Mohammed, aus völliger Dunkelheit ans Tageslicht und kommandierten ihn auf den Fürstenstuhl von Sansibar. Dieser, ein armes Mitglied der Maskata- Linie, ist hier fast unbekannt und hat unter den Arabern keine Freunde, wie überhaupt in der ganzen Angelegenheit nur ein Araber stets offen auf feiten der englischen „Sklaoenbefreier" stand, nämiich — Tippo Tip. Viele vornehme Araber, die treu zu Khalid hielten, darunter der greise Mohammed bin Seliman el Mendri, der 1889 als Gesandter in Berlin gewesen war, wurden eingekerkcrt. Mit Khalid, dem allgemein geradezu vergötterten rechtmäßigen Sultan von Sansibar, in der deutschen Kolonie, hat Deutschland beim arabischen Element ungeheuer an Ansehen gewonnen und wird zur Vormacht in Ostafrika. Auch ist ein starker Auswandererstrom nach der deutschen Kolonie zu ge wärtigen, denn alles ist mit dem englischen Regi ment unzufrieden. Die Araber trauern über den Ver lust ihres Seyid Khalid; die Inder sind wütend auf ihre Schutzherren, die sie während des Bombardements der Raublust des Sansibarer Straßenpöbels Preisgaben; die schwarze Negerbevölkerung hat schon so oft von Sklavenbesreiung gehört, und bleibt doch so schutzjos der Willkür ihrer arabischen Herren preisgegeben, daß ihr jedes Vertrauen zu einer Besserung der Verhältnisse fehlt. Der Deutsche, der die Sache von Anfang an scharf ansaßte und strenges, aber gerechtes Regiment führte, ist in seiner Kolonie nun Herr im Hause und bei Unterthanen und bei sind aber noch nicht mitgerechnet die gewiß zahlreichen Tuberkulosefälle unter den „anderen Erkrankungen ver Atmungsorgane" (9030), ferner unter den Rubriken Keuchhusten" (624), „Masern" (345) und diejenigen „Kinderatrophien", welche auf solcher Grundlage beruhen. . . . Noch treffender belehrt un» über die Häufigkeit dieser Krankheit Professor Baumgarten, welcher an jeder dritten bis vierten Leiche auf dem SektionStische — die an Tuber kulose Verstorbenen ausgeschlossen — Spuren von Tuber kulose fand, wobei zu bedenken ist, daß trotz genauester Untersuchung manche verborgenen Bacillen-Herde dem Auge entgehen können Demnach dürfte sich diese Berechnung eher noch als zu niedrig erweisen Es ist interessant, die Sterblichkeit an Cholera mit derjenigen der Tuberkulose zu vergleichen In Preußen starben von 1831 —1870, also in 40 Jahren, 343953 Menschen an Cholera, an Tuberkulose jährlich 91350, was in 40 Jahren 3'/, Millionen ergiebt Solche Zahlen reden eine beredte Sprache! Bisher hat man nur deshalb klagend die Hände in den Schoß gelegt, weil man diese Krankheit für un heilbar hielt Freilich dann, wenn man dem Menschen an den hohlen Augen, dem quälenden Husten die „Schwind sucht" schon anmerkt, ist diese Meinung wohl berechtigt. Aber in ihren Anfängen, als Lungen ober Spitzcnkatarrh, ist die Krankheit heilbar. Darum wachsen allenthalben wie Pilze auü der Erde prächtige Anstalten, welche die Menge der aus allen Ländern herbeiströmenden, Heilung suchenden Kranken kaum zu fassen vermögen Aber es ist teuer, in solch einer Anstalt zu leben, zumal die Kur nicht in Tagen oder Wochen, sondern erst in Monaten zu Erfolgen führt. Deshalb ist es eine der segensreichsten und in sozialer, hygienischer, menschenfreundlicher Hin sicht eine der wichtigsten Bewegungen unserer Zeit, auch für diejenigen, welche die Mittel zu solchen Kuren nicht haben, Heilstätten zu bauen, um ihnen Hilse und Heilung zu schaffen, ihren Angehörigen die in ihren Verhältnissen doch meist vergebliche Pflege zu ersparen, das Polk, un« alle vor späteren schwereren, ansteckenden Formen der Krank heit zu bewahren. Andere Länder sind uns darin schon längst vorauSgeeilt Deutschland darf nicht zurückbleiben Und eü will auch nicht! Schon sind Anstalten fertig, im Bau oder in Vorbereitung in Ruppertshain (Taunus), Rehburg, Berlin (3), St. AndrcaSberg, Sülzhayn, Hasselfelde (alle 3 im Harz), Schlesien, Schwarzwald, München (2), Nürnberg, Würzburg, Altena u. a. Auch Sachsen baut seine erste VolkSheilstättc. Zu dieser, AlbertS berg, genannt nach dem hohen Protektor des sie schaffenden Vereins, Sr. Majestät dem König, wurde am 23 Mai d I. der Grundstein gelegt; sie soll im Frühjahr 1897 ihre Pforten den ersten Lungenkranken öffnen. Noch gilt eS aber, den Rest der Bausummc im Volke zu sammeln, und daher hat sich der Verein zur Begründung und Unterhaltung von VollShcilstütten für Lungenkranke im Königreich Sachsen neuerdings mit einer Bitte zum Beitritt an die verschiedensten Volkskreise ge wendet in der Meinung, daß die bisherige geringe Be teiligung lediglich an der noch nicht genügenden Kenntnis über die Zwecke und Ziele des Unternehmens liegen könne Möchte das sächsische Volk erst einmal durch offenes Herz und offene Hand diesen Bau „unter Dach bringen" helfen, dann wird sich für weiter geplante Anstalten (für Elbsandsteinarbeitcr, für weibliche Kranke) auch mancher zu einer Spende entschließen, welcher schon für „Albertsbcrg" seinen Beitrag leistete. !>r. Georg Liebe, Geithain." U Heute vormittag hatte sich ein großer Kreis von Freunden und näheren Bekannten des Hrn. Traiteurs Müller im Zacherlbräu auf der König Johann-Straße cingcfunden, um den Genannten aus Anlaß der erfolgten vollständigen Umgestaltung dieses Restaurants, das nun mehr bequem 600 Gäste faßt, zu beglückwünschen. Es ist in der That anzucrkennen, daß dir stattlichen Räume des Erdgeschosses und des ersten Oberstockes durch Anlage von Ventilation und treffliche Beleuchtung, vor allem durch elegante Dekorationsmalerei nach Delfter Manier in feinen Abtönungen von Gold, Weiß und Blau rc. außerordentlich gewonnen haben und gegenwärtig einen überaus freund lichen Eindruck machen Außer dem »ach bewährter bayerischer Sitte direkt vom Faß verzapften Zacherlbräu (die betreffende Brauerei zählt zu den ältesten Münchens, sie ist bereits 1670 unter der Negierung des Kursürsten Ferdinand auf der Isar-Aue errichtet und 1813 von Xaver Zacherl käuflich erworben worden) wird hier auch echtes Pilsener verschänkt. Daß Hr. Müller bei aufmerk samster Bedienung seinen Gästen nur schmackhafte und preiswerte Speisen zu verabreichen bestrebt ist, hat er früher schon als Ökonom im Frankenbräu aus der König- straße in Berlin und als Wirt der akademischen Bier- Hallen auf der Dorothecnstraße daselbst sowie in unserer Stadt sechs Jahre hindurch als Verwalter des Helbigschen Etablissements bewiesen. -- Auf den beiden Bauplätzen für unser zweites Wasserwerk aus den Elbw^esen bei Tolkewitz, wo selbst die Sammelbrunnen und die Maschincnanlage er richtet werden, und aus dem Areale links vom Stadt gute in Räcknitz, wohin die Reservoire zu stehen kommen werden, herrscht eine rege Bauthätigkeit. Aus dem Tolkewitzer Bauplätze ist die Anfuhr des Baumaterials durch die Nähe der Elbe sehr erleichtert; die Verladung vom Schiffe aus die Lowries erfolgt vermittelst eines schwimmenden Steiges. Die Erbmassen werden auf betrag beläuft sich also auf 10 163 059,07 M Dieser Fehlbetrag soll gedeckt werden durch die städtische Grund steuer mit 1 580000 M, die Grunderwerbstcuer mit 300000 M, die Hundesteuer niit 100 000 M und die städtische Einkommensteuer mit 8 183 059,07 M Gegen den Hauöhaltplan für 1896 hat der Fehlbetrag eine Steigerung von 367 000 M erfahren Von diesem Mehr sollen gedeckt werden 30 000 M durch Grundsteuer, 50000 M durch Grunderwerbstcuer und 287 000 M. durch Einkommensteuer. * Werdau, 7. Oktober. In der Nacht zu gestern haben in dem in unmittelbarer Nähe der Oberförsterei, am Fußwege nach der Eisenbahnhaltestellc Baueinsicig, gelegenen kleinen Teiche die Ehegattin eines Leubnitzer Fabrikbesitzers soivie deren etwa achtzehnjährige Tochter den gemeinsamen Tod gesucht Mutter und Tochter haben sich vor dem Sprunge in das Wasser zusammengebundcn Forst- und Streckenarbeiter fanden gestern früh gegen 6 Uhr die Leichen der Unglücklichen * Weinböhla, 7. Oktober Nächsten Sonnabend vor mittag findet hier ein Fischen in dem in unmittel barer Nähe des Ortes, an der Dresdner Straße ge legenen, zum Pseilschcn Gasthofe gehörenden großen Teiche statt. U. Aus dem oberen Elbthale, 8. Oktober Im Lause des Frühjahr« und Sommers herrschte in den Sandsteinbrüchen des Elbthales ein meist zufrieden stellender Geschäftsverkehr, sodaß leine Bctriebsuntcrbnch- ungen eintraten, wie solche 1895 im oberen Gebiete er folgten Heuer mußte der Haupttcil des grwonncncn Materials für größere Staats- und Monumentalbauten geliefert werden. Viele dieser Lieferungen sind zur Zeit noch nicht beendet, sodaß auch im Herbst und im kommen den Frühjahr daü Brechen und die Bearbeitung deö Steines sich notwendig macht. Infolge der vorgerückten Jahreszeit sind jetzt die Arbeitszeiten beschränkt Die Verladung der Sandsteine aus Kähne erfolgte in diesem Jahre infolge des immer günstigen Wasserstandes recht slott In den Monaten Jusi, August und September fanden einige Niedergänge von unterhöhlten Cteinmassen statt, welche meist günstig fielen und auch gutes Material enthielten. Schienensträngen befördert, welche das gesamte Bauterrain durchziehen. Aus dem Bauplatze in Räcknitz ist eine Loko motive in Thätigkeit, welche da« Erdreich sortbewegt An mehreren Stellen auf der Strecke Tolkewitz-Räcknitz liegt bereit« eine große Zahl mächtiger Ersenrohre zur Haupt leitung aufgestapelt * Der erste Vortrags- und PereinSabend de« Stadtvereines für innere Mission am Dienstag, den >3 Oktober, abend« 8 Uhr im neuen großen Vereins- Hau« saale (Zinzendorfstraßr) bringt eine wichtige Frage zur Besprechung: Bürgerschuldireltor Hermann Schindler wird über „Die hauSwirtschastliche Ausbildung der Mädchen au« den unbemittelten Ständen, beleuchtet an den groß städtischen Verhältnissen Dresdens" sprechen Wir machen auf diesen Vortrag, der öffentlich ist und bei freiem Ein tritt stattfindet, besonders aufmerksam * Au« dem Polizeiberichte. Unterhalb der Marienbrücke ist heute früh der Leichnam eines un bekannten, vielleicht 25 bis 30 Jahre alten Manne« aus
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