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Dresdner Journal : 08.10.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-10-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189610084
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18961008
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18961008
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-10
- Tag 1896-10-08
-
Monat
1896-10
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 08.10.1896
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. vt»»—*rt": Kür Dresden merteljShrlich I Marlso Ps, bei den Kaiser- »ich deichen Postanstalle» «erteliahrüchsMark; anher- halb des Deutschen Reiche« Post, und Stempelzuschlaa. Kinkel ne Nummern: iv Ps. Grfchri«e«t Täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abend«. Feruspr -Anschluß: NrlPIt. Dresdner 8 Journal. Aukündtgungsgebühre«: Für den Raum einer gespal- tenen Zeile kleiner Schrift «0 Ps Unter „Eingesandt" die Zeile so Ps Bei Tabellen- und Zifiernsatz entsprechender Ausschlag. Herausgeber: Königliche Expedition de« Dresdner Journal« Dresden, Zwingerstr SV. Fernspr -Anschluß: Nr 1LSS. 1896 ^235 Donnerstag, den 8. Oktober, abends. Nichtamtlicher Teil. Über die russisch-franzöfischen Beziehungen spricht sich heute die „Köln. Ztg." an leitender Stelle wie folgt aus: .... Rußland versprach, den Boykott, der seit einem Viertel- jahrhundrrt auf der Republik laste! e, zu brechen, Frankreich der kränkenden Vereinzelung zu entreißen, ihm den Rückhalt und daS Prestige einer nötigensalls den Ausschlag gebenden Groß machtstellung und die damit veibundenen politischen Vorteile wiedrrzugeben — soweit sie mit den Interessen Rußlands über- einstimmen und verträglich sind. Rußland hat dieses Versprechen gehalten und dem Zweibunde mit dem Besuch des ZarcnpaareS in Paris daS Siegel ausgedrückt, denn es giebt einen Zwei bund, einen verbrieften und verbürgten Vertrag zwischen Frankreich und Rußland; wer es noch nicht wußte, dem sind gestern durch die Ansprachen, die Hr. Faure und Kaiser Nikolaus gewechselt haben, die Zweifel genommen worden. Dem „Bund" und den „kost baren Banden", von denen die beiden Staatsoberhäupter geredet haben, die vertragsmäßigen Rechte abzusprechen, ist sürderhin nicht mehr zulässig, und es könnte gefährlich werden, vor so unzwei deutigen Kundgebungen den Vogel Strauß nachzuahmen. Ebenso sicher aber ist, daß der Vertrag zwischen Rußland und Frankreich wie die Drcibundverträge lediglich die Abwehr und nicht den Plan eines Angriffs vorsieht, daß also das Vertrauen Europas in die friedliche Politik Rußlands durch diesen Vertrag nicht Lügen gestraft wird. Es ist nun unleugbar, daß die Masse des Volkes in Frankreich die russische Freundschaft nicht im Sinne dieses Defcnsivbundes, sondern in dec Hoffnung genährt und gepflegt hat, Rußland werde ihm helfen, Elsaß-Lothringen zurückzuerobern und seine Revanche an Deutschland zu nehmen, und bis in die Pariser Kaisertage hinein haben die fran zösischen Staatslenker diese Hoffnung als Hebel ihrer Politik benutzt, sie haben zugelassen, daß die Straßburg aus dem Con- cordicnplatz mit den Sinnzeichen der Trauer und der Hoffnung sür das Zarcnaugc frisch aufgeputzt wurde und daß die Patriotcnliga das russische Bündnis „als den sichern Vorboten des notwendigen Ausgleichs" feierte, kurz, weder Frankreich noch Rußland haben es gehindert, daß in ihrem Bündnisvertrag eine Friedcnsgcfahr, die ihm dem Wortlaut nach nicht innewohnt, hineingedcutet wurde. Dieses Verfahren, mag er nun der Furcht vor der Enttäuschung in Frankreich oder der Absicht entsprungen sein, eine gewisse schreck hafte Unruhe in der öffentlich-» Meinung Europas sür die eigenen Zwecke auszubeuten, ist derjenige Zng der russisch französische i Politik, der ihr bis jetzt das allgemeine Vertrauen in ihre Ziele vorcnthaltcn und der Sorge Berechtigung ge geben hat, daß der Zweibund nur im Geheimen blühen könne, daß aber der Unwille des Volkes ihn sprengen werde, sobald jein Zweck und Inhalt bekannt würden. Dieses Mißtrauen und diese Sorge zu zerstreuen, tritt daher fortan, wenn cs ihnen wirklich ernst ist um den Weltfrieden, als die nächste Aufgabe der Staatsmänner an der Seine und an der Newa gebieterisch in den Vordergrund. Erst wenn das französische Volk sich dazu verstanden hat, den von seiner Regierung geschloffenen Desensivvertrag mit Rußland auch seinerseits zu vollziehen, wird die Welt dem Zweibund die Frieden wahrende Krast zuerkenuen, die er sich nachrühmt, nur dann werden Vertrauen und Ruhe zurückkehren, nur dann wird die Weltschau, zu ter Frankreich an der Schwelle des 20. Jahrhunderts cingcladm hat, der Werkstein einer neuen Zeil werden, und dein französischem Volke wird man neidlos den Ruhm und die Ehre zubilligen, sie eröffnet zu haben. Uns erscheint die Annahme des Kölner Blattes, das Vorhandensein eines verbrieften Vertrages zwischen Rußland und Frankreich gehe aus den zwischen dem Kaiser Nikolaus und dem Präsidenten Faure gewech selten Worten hervor, eine durchaus willkürliche zu sein. Wenn ein Allianzvertrag vorhanden wäre, warum in aller Welt hätte man sich dann mit pein licher Sorgfalt gehütet, das allseits erwartete Zauber wort „«Ilisnce" auszusprechen? Warum mußten dann die farblosen Worte union und umitio gebraucht werden? So wenig man also die Annahme der „Köln. Ztg." als eine zutreffende anzusehen gezwungen ist, so zweck los erscheint im übrigen der Streit um das Vorhanden sein des „verbrieften'^ V-rtrages. Mit dem Vor handensein der russischen unuti«, union, snt^nt«, ulliance oder wie man sie nur sonst nennen will, rechnet seit langer Zeit jeder vernünftige Mensch Aber alle einsichtigen Leute sind sich auch darüber klar, daß Rußland gar nicht daran denkt, sich durch die Lnnst und Wissenschaft. Litteratur. Aus der großen Anzahl biographischer und autobiographischer Schriften, die im letzten Jahre und wiederum seit einigen Wochen hervorgetreten sind, ist als ein Werk von besonderer Bedeutung, von außerordentlichem Reichtum des Inhalts und ernstem Reiz der Erzählung die Selbstbiographie des greisen, aber im höchsten Maße geistesfrischen Höllischen Theologen Willibald Bey- schlag „AuS meinem Leben, Erinnerungen und Er fahrungen der jüngeren Jahre" (Halle, Verlag von Eugen Strien) hervorzuheben und dringend zu empfehlen. Der Verfasser giebt in seinem Vorwort dem Grundgedanken, der ihn bei der Niederschrift seiner Erlebnisse geleitet und und der Stimmung, die ihn erfüllt hat, mit den Worten Ausdruck: „Unser deutsches Leben im großen und ganzen hat in den siebzig Jahren meines Teilnehmens einen so ungeheueren Umschwung erfahren, daß dem jüngeren Ge schlecht der lebendige Zusammenhang mit den früheren Zeiten des Jahrhunderts bereits entschwindet und das Bild derselben fremd wird. Und doch wäre es in mehr als einer Hinsicht recht fehr zu wünschen, daß wie die heilige Schrift sagt „die Herzen der Kinder sich wieder zu den Vätern kehrten " Die außerordentlichen Fortschritte, die wir gemacht haben, sind vorwiegend formaler und äußerlicher Natur, und damit Hand in Hand gegangen ist mehrseitig ein Rückschritt des inneren, geistig-sittlichen Leben« oder wenigsten« die Gefahr sich dem Besten zu entfremden, was je deutsche Herzen bewegt hat Eine Gefahr, die, wenn sie nicht beschworen wird, unser Volk trotz aller erreichten Machthöhe und Lebensrührigkeit un aufhaltsamem Verfall und furchtbaren auf lange hinaus verwüstenden Krisen zutreiben würde Da erscheint e« al ber letzte Liebe«dienst, den ein einzelner seinem Volke leisten Alliance für verpflichtet zu halten, die französischen Rachepläne gegen Deutschland zu unterstützen. Und darauf allein kommt alles an. Mag der Allianz vertrag im Schranke liegen oder nicht — wenn er nicht die bedingungslose Unterstützung Frank reichs durch Rußland enthält, ist er eben nicht das, was er nach französischen Wünschen sein soll. Und da es sich offenbar nur uni ein Defensivbündnis handelt, so wird der französische Katzenjammer dem jetzigen Paroxysmus so gewiß folgen, wie das Heute dem Gestern gefolgt ist. — Daß man auch in Rußland selbst sich eine bemerkenswerte Kühle der Auffassung von den Be ziehungen zu Frankreich bewahrt hat, beweist auch die nachstehende Zuschrift, die uns aus St. Petersburg zugegangen ist: Die umfangreichen Borbereiiungen zum Empfange deS russischen Kaiserpaares in Cherbourg und Paris haben die hiesigen keilenden Kreise immer mchr in der Anschauung be- släiki, daß die Franzosen aus dem Besuche des Zaren Nikolaus II. und seiner hohen Gemahl n nicht allein ein WeliereigniS aller ersten Ranges zu machen, sondern ihn auch sür ihre deutsch feindlichen Zukunftspläne nach Kräften auszunützen gesonnen seien. Deshalb hat man hier der kommenden „russischen Woche in Paris" mit einer gewissen Unruhe cwgcgcugejehcn. Dies trat in der russischen Presse durch die fast übertrieben sachliche Registrierung der die Pariser Kaiscrtage einleitenden Vorkehrungen der französischen Festausschüsse zu tage Es mußte jedenfalls überall auffallen, daß die leitenden rufsischcn Preßorgane in ihren Spalten viel weniger Raum den Vorbereitungen zu diesem großen Triumphe der russischen Sache in Europa gewährten, als die Presse eii es bei diesen Ereignissen gar nicht beteiligten euro päischen Staates. Die Reserve, die sich die Blätter „Nowoje Wremja", „Nowosti", „Rußky Wjeftnik" und andere hervor ragende Blätter diesbezüglich durchaus freiwillig auserlegten, veranlaßte sogar den in deutscher Sprache hier erscheinenden und der Regierung nahestehenden „St Pet. Herold" zu dem an die Adresse dieser Blätter gerichteten Vorwurf, daß der von ihnen bei diesem Anlässe zur Schau getragene allzu „ruhige und sachliche Ton" das Maß der gebotenen patriotischen Um sicht überschreite. Aus den Kenner der Dinge vermochte diese Zugeknöpftheit der großen russischen Blätter gegenüber dem französischen Bruder keineswegs den Eindruck einer Überraschung zu machen Ab gesehen davon, daß man in letzter Zeit sich in den weitesten Kreisen gewöhnt hat, in der Annäherung an de» mittel europäischen Dreibund die der russischen Mission im Orient förderlichste Richtung zu erblicken, ist überhaupt die angeb liche große Hinneigung der Russen zu Frankreich gar nicht in dem Maße vorhanden, wie eS so ost behauptet wird Ter russische Volkecharalter zelck.net sich v:r allem durch eine unbezwingliche Beharrlichkeit und Unbeweglichkeit der Gefühle aus Die Russen begeistern sich als Volk sehr schwer für eine Sache, mag sie auch noch so sehr zu ihrem Herzen sprechen. Die großen Mafien folgen nur schwerfällig den An regungen von außkn und dann auch nur in den Fällen, wenn diefe Impulse augenscheinlich von den« Willen des Zaren selbst auSgehcn. Auch Sie angebliche russisch - französische Herzens- sreundschast ist lediglich auf der Basis politischer Erwäg ungen durch die russische Diplomatie begründet worden, um — wie die „Nowoüi" heute zugeben — mit Hilse Frankreichs den Einfluß Wicderzugewinnen, den man durch den Verrat Stambulows aus der Bilkanhalbinsel ein- gebüßl hatte. Wäre es vor zehn Jahren den Gegnern des russischen Einflusses ans der Balkanhalbinsel nicht gelungen, mit Hilse Stambulows Rußland aus der jetzt wieder zurückgewonnenen Vormachtstellung in Bulgarien zu verdrängen, dann wäre zwischen Frankreich und Rußland niemals der FreundschastSbund zu stände gekommen Jetzt aber, da dieser Zweck des ungeschriebenen Herzensbundes zwischen der französischen Republik und dem Zarenreiche erreicht worden ist, hat letzteres durchaus kein wei teres Bedürfnis, diesen Bund durch b sondere bindende Ab machungen noch fester und unlösbarer auszugcstalten Diesen russischen, kühl abwägcnden Gesichtspunkt spricht jetzt auch eins der angesehensten russischen Blätter, der Moskauer „Rußkij Wjestnik" unumwunden ans. „Bis jetzt waren die Beziehungen zwischen Rußland und Frankreich — so sagt das Blatt — wenigstens offiziell durch keinen so chen Vertrag besiegelt, wie er die Staaten der mitteleuropäischen Liga miteinander vcr knüpst. Mchr als einmal haben beide Staaten ihre gegenseitige Zuneigung bekundet und bei verschiedenen Anlässen hat sie e:ncn sehr deutlichen Ausdruck erhalten. Soweit wir wissen, ist jedoch keiner von ihnen im Hinblick aus die oder jene internationalen Ereignisse durch sormelle Ver pflichtungen an den anderen gebunden. Es ist anzu nehmen, daß die Situation in d-eier Beziehung auch nach den Pariser Festlichkeiten unverändert bleiben wird DaS Unterhalten guter Beziehungen zu Frankreich ist in politischer kann, dem jüngeren Geschlecht lebendig vor Augen zu stellen, wie wir, die wir vor einem halben Jahrhundert in Deutschland jung gewesen sind, das Rätsel des Menschenlebens angesehen und seine Lösung ungefaßt haben." In diesem Sinne berichtet der Verfasser zunächst über seine erste Lebenshälfte bis zu seiner Berufung ins Karlsruher Hofpredigeramt; rin zweiter Teil des ernsten, inhaltreichen und lebensvollen Buches, auf den wir dringend hoffen, würde VeyschlagS Anteil am neueren öffentlichen Leben und namentlich seine seit 1860 an der Universität Halle entfaltete Lehrthätigkeit und litterarische Thätigkeit zu schildern haben Der erste Teil führt uns nach Frankfurt am Main, wo der Verfasser 1823 geboren ist, nach Bonn, wo ihm die ersten Studentenjahre ver strichen, nach Berlin und wiederum nach Bonn und Frankfurt. Vom höchsten Zauber poetischer und doch zugleich schmerzlicher Erinnerung durchhaucht, sind Bey- schlagS Erinnerungen an seine Jugendfreundschaft mit Gottfried und Johanna Kinkel, an den Bonner Maikäfer bund und die inneren Kämpfe, die die ehedem eng Ver bundenen so weit auseinanderführten Auch die Erlebnisse und Eindrücke des. Sturmjahrs 1848, währenddessen der Verfasser als Kandidat in seiner Vaterstadt verweilte, ge währen neben ihrer bunten Bewegtheit liefern Einblick in die innere Entwickelung de« Erzähler« Im Vergleich mit diesen Tagen sind dann die Monate, die Beyschlag als Vikar des evangelischen Pfarrers Schütte in Koblenz ver lebte, und die Jahre im evangelischen Pfarramt zu Trier. und in der jungen Ehe ein Idyll der gewinnendsten Art, wenn auch natürlich dem kräftig, überzeugt und vielseitig wirkenden Geistlichen Prüfungen und bittere Erfahrungen nicht erspart blieben. Mit dem Scheiden au« der lieb- gewonnenen Rheinprovinz und der Übersiedlung nach Karlsruhe schließt Beyschlag zunächst seine Darstellung, die selbst ohne ihre spätere Ergänzung ein wertvolle«, auch litterarisch wertvolle« Buch bleiben würde Die freudige Hinsicht wicknig, weil dadurch in Notfällen ein Gegengewicht gegen den Dreibund geschaffen wird, ein Vertrag mit Frank reich könnte aber Rußland in Verwickelungen bringen, deren Ausgang sür die russischen Interessen keine direkte Bedeutung haben würde. Die Vorteile, welche rin solcher Vertrag im Vergleich zur jetzigen Lage brächte, dürften die Unbequem- ichteiten kaum auswiegen, welche ein Vertrag mit einer Macht veranlasjen müßte, die in Bezug auf den nächsten Nachbar ständig Schiidwache steht" Tagesgeschichte. Dresden, 8. Oktober. Die evangelisch-lutherische Landessynode beschäftigte sich in ihrer heutigen (dritten) Sitzung, nachdem der Petitionsausschuß, sowie die Sonderausschüsse zur Vorberatung der Erlasse Nr 6, 7 und 14 ihre Konstituierung angezeigt hatten, lediglich mit Wahlprttsungen. Aus Än'rag des Legiti mationsausschusses wurden die Wahlen im I., ll., VII., IX., XIII , XIV, XX, XXI., XXII. und XXIV. Wahl bezirk, sowie diejenigen der theologischen und der juristischen Fakultät der Universität Leipzig, für giltig erklärt Nächste Sitzung morgen. Deutsches Reich. Berlin Se. Majestät der Kaiser präsidierten gestern im Jagdschlösse Hubertusstock einer Kronratssitzung. — Zu dem Kronrate begaben sich sämtliche Mitglieder des preußi schen Staatsministeriums sowie der Neichsschatzsckretär gestern früh gegen '»9 Uhr nach Hubertusstock. Im An schluß an den Kronrat fand eine Tafel statt, zu welcher außer den nächsten Umgebungen des Kaiserpaarcs die Teil nehmer an der Sitzung geladen waren. — Zu dem gestrigen Kronrate bemerken die „Berl Pol. Nachr.": Man wird in der Annahme nicht fehlgehen, daß die im Schoße der Staatsregierung gegen'- wärtig behandelten Fragen eine über die nächste parlamentarische Campagne hinausgehende Bedeutung haben und daß die Art ihrer Lösung für die Richtung wichtiger Zweige der inneren Politik Preußens auf längere Zeit bestimmend sein dürfte. — Wie das offiziöse Telegraphenbureau mitteilt, werde den parlamentarischen Körperschaften in der bevor stehenden Session wegen Konvertierung der 4°/» Reichs und preußischen Staatsanleihen in 3'///« eine Vor lage gemacht werden. — Die Berliner Blätter beschäftigen sich fast sämtlich mit den gestrigen Trinksprüchen des Zaren und des Prä sidenten Faure. Die „Post" glaubt sich aus Konstatierung des Umstandes beschränken zu können, daß die von den Pariser Blättern angestellten politischen Betrachtungen über das große Tagesereignis an der öffentlichen Meinung der Pariser, die ganz und gar von Schaulust und volksfest licher Stimmung erfüllt sind und für nichts anderes Sinn haben, spurlos vorübergehen. Paris amüsiert sich — darin liegt für den Augenblick der Schwerpunkt enthalten. — Tie „Berl. Reuest. Nachr." sind der Meinung, Kaiser Nikolaus hätte noch viel weniger sagen können, als er gesagt hat, um des frenetischen Jubels und Beifalls der der Franzosen sicher zu sein — Die „Nationalztg." schreibt, der Kaiser von Rußland habe in seiner Er widerung die „wertvollen Bande", die Frankreich mit Ruß land verknüpft, unmittelbar darauf als „Freundschaft" ge kennzeichnet und damit gewissermaßen authentisch inter pretiert. Das Wort „Allianz", mit dem eine bestimmtere Vorstellung verbunden gewesen wäre, sei weder von dem Zaren noch vom Präsidenten gebraucht worden — Die „Deutsche Tageszeitung" führt aus: Nur eines hat man auch gestern nicht gehört: das so heiß ersehnte Wort Allianz. Ein förmlicher Bündnisvertrag zwischen Rußland und Frankreich existiert also immer noch nicht. Vielleicht kommt aber auch das noch in diesen Tagen zu stände. Das Blatt schließt mit den Worten: Den Franzosen ist eine Freude bereitet worden, und in Deutschland wird sich niemand deswegen beunruhigen Wohl wissen wir, daß die Weltlage nicht immer so friedlich bleiben wird, daß Rußland sich von den Franzosen einst vielleicht ganz gern die Rechnung für alle bisherigen Freundschaftsdienste präsentieren lassen wird. Wir werden dann, ivenn nötig, mit dem Schwert verteidigen, was das Schwert uns er rungen hat, wenn es sein muß, geaen eine ganze Welt Aufnahme feiner Erinnerungen wirv, detz sind wir gewiß, dem ehrwürdigen Verfasser Lust und Kraft zur Fortsetzung und zum Abschluß dieser Aufzeichnungen verleihen, n. * Da« Kaiserdenkmal an der Porta westfalica hat, wie die „Voss Ztg" erführt, bei der Ausführung unter der Ungunst der Verhältn'sse in verschiedener Hin sicht zu leiden gehabt Der im Wettbewerb siegreiche Ent wurf von Bruno Schmitz in Berlin hat infolge mangelnder Mittel einige recht unliebsame Einschränkungen erfahren So zeigte ver erste DenkmalSplan eine nach Art einer Pergola angelegte Kolonnade von etwa 20 m Höhe, die an der Rückseite den Denkmalplatz wie eine geweihte Stätte umhegen und zugleich die Silhouette der Bergkuppc bereichern sollte Statt dessen hat man sich mit einer niedrigen, ziemlich einfachen Brustwehr begnügt, die nur durch Zinnen abgeschlossen wird. Ebenso sind die Löwen an der Vorderseite, die als symbolische Wächter des Auf gangs zum Kaiserbild dienen sollten, vorläufig fortgefallen, und eine vornehm gedachte Schmucktasel der Vorderseite mit dem Wappen de« Reiches und der Provinz Westfalen durch eine kurze Inschrift in riesengroßen Lettern ersetzt worden Aber auch die Denkmalhalle macht nicht den weihevollen Eindruck, den der Architekt durch den Aus- schmuck der Kuppelflächen durch geschichtliche Darstellungen in farbigem Mosaik anstrebte; man hat sich vorab damit begnügt, die hoch über dem Haupte des Kaiserbildes frei sich wölbende Fläche in weißer Farbe zu belasten, was mit der monumentalen Bauweise des mächtigen, aus Quadern gefügten Werkes im stärksten Widerspruche steht Auf diese. Weise ist der Grundgedanke, da» Denkmal durch künstlerisches Beiwerk würdiger zu gestalten, von Fall zu Fall verkümmert worden, wozu von vornherein die Un einigkeit über die Platzwahl schon beigetraqen hat. Da aber die Provinz sowohl wie der Kreis in ihre» leitenden Persönlichkeiten der Drnkmalangelegenheit sympathisch — Auch der „Neichsbote" und das „Berl. Tagebl." vermissen in den Toasten das Wort „Allianz". Man spreche nur von Vertrauen, Freundschaft, Union und wert vollen Banden — Die „Voss Ztg" meint, das Wort „Bündnis" wäre sicher gebraucht worden, wenn ein Bünd nis thatsächlich bestände Abgesehen von der Schmeichelei sür Paris sei die Tischrede des Zaren nicht über das Wärmemaß seiner Wiener und Breslauer Trinksprüche hinausgegangen. — Die „Kreuz-Zeitung" schreibt: .... In der „Zeit" läßt sich Pfarrer Naumann in einem Tone über den nationalliberalen Parteitag vernehmen, der von offen aus gesprochener Sympathie gär nicht so weit abliegt, als nach manchem, was vorheraegangcn ist, eigentlich erwartet wer den durfte Zwar scheint fein Blatt neuerdings, so weit das schon erkennbar ist, nach allen Seiten hin die sanf testen Töne anzuschlagen und dadurch zu einer wirklichen Überraschung zu werden; daß aber gerade die Nationallibcralen als die ersten von dieser ,Lephirstimmung" Nutzen ziehen ivürden, wer hätte von den „Kämpen" das gedacht, auf die der Radikalismus unserer Jugend bislang seine Hoffnung setzte? Es sieht nicht so aus, al« ob die „Begrüßung" von nationalliberaler Seite erwidert werden sollte; über haupt ist das Interesse an dem Naumannschen Unternehmen, so weit die Öffentlichkeit einen Barometer abgiebt, rasch erlahmt Nur entschlossene Einseitigkeit setzt sich in diesem Sinne eben noch durch Das weitherzige „Entgegenkommen", das die „Jungen" ge genwärtig zeigen, läßt aber kühl, weil daraus ein zu bekanntes Streben zu uns redet: „Wer vieles bringt — sagt der Dichter — wird jedem etwas bringen." Jawohl, etwas — aber nichts Ganzes, und in der Politik will jeder alles haben Wer nicht ganz mitgeht, den stößt man ohne weiteres ab Die „Jungen" aber wollen, nach ihrem gegenwärtigen Bestreben zu urteilen, jede Partei ein Stück Weges begleiten, um sich dann „bestens zu empfehlen". Das aber läßt sie nicht vom Flecke kommen Deshalb sehen wir, ohne zu schwarz zu malen, wie wir glauben, die ganze Be wegung in vollster Ratlosigkeit enden, es sei denn, daß ihr „Parteitag" d-? Klärung bringe, die der der National libcralen nicht gebracht. — Das am 5 d. Mts. herausgegebene 33. Stück des Reichsgesetzblattes enthält die Bekanntmachung vom 2. Oktober 1896, betreffend die Anzeigepflicht für die Schweineseuche, die Schweinepest und den Rotlauf der Schweine Herford. Die „N. Wests V-Z." berichtet unterm 5. Oktober: An Hrn. Hofprediger a D Stöcker war die Bitte gerichtet worden, seine alten Freunde in Minden- Ravensberg einmal wieder zu sehen und zu begrüßen. Hofprediger Stöcker kam zu diesem Behufe heute vormittag hierher, ivo sich auf Einladung etwa achtzig Personen im Evangelischen Vereinshause cingcfunden hatten. Zu Be ginn der vom Superintendenten Schmalenbach geleiteten Be sprechung entwickelte Hofprediger Stöcker in einem längeren Vorträge die tieferen Ursachen seines Austrittes aus der konservativen Partei. Hieran schloß er eine Beleuchtung seines Verhältnisses zu den alten Freunden in Minden-Ravens berg. Hofprediger Stöcker betonte, daß tiefere prinzipielle Gegensätze zwischen ihm und der konservativen Partei in Minden-Ravensberg nicht vorhanden seien, war aber der Ansicht, daß diese Partei in den Arbeiterkreisen diejenige Werbckraft nicht entwickeln könne, deren es bedürfe, um der Sozialdemokratie entgegenzutreten. Er gebe deshalb den Gedanken zur Erwägung, ob nicht neben der christlich-konservativen Partei eine christlich-soziale Raum habe. Bei der sehr lebhaften Debatte kam beinahe einmütig die Überzeugung zum Ausdruck, daß die konser vative Partei in Minden-Ravensberg auf dem in der Märzversammlung dieses Jahres bekundeten Standpunkt: „Wir bleiben, was wir bisher gewesen sind, christlich- konservativ", stehen bleiben will und deshalb die Bildung einer christlich-sozialen Partei ablchnt. Darmstadt. Der Kaiser und die Kaiserin von Rußland werden am Sonnabend den 10. d. Mts vor mittags 9 Uhr aus dem hiesigen Ludwigs-Bahnhofe ein- trcffcn und nach Überführung des kaiserlichen ZugeS auf den Main-Ncckar-Bahnhof dort offiziell empfangen werden. Cronberg i. Taunus Der König von Griechen land soll heute zu einem zweitägigen Besuche bei Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich eintreffen gegcnübergeslanden haben, ist immerhin Aussicht vorhanden, daß im Interesse der Sache der wichtigste Teil des noch fehlenden Schmucks in einiger Zeit doch noch zur Aus führung kommt. Neue Energiequellen — eine physikalische Zu kunftsmusik. Die Überzeugung, daß einst der Tag kommen muß, wo die letzte Kohle aus dem Schoße der Erde gefördert wird, führt notwendig zur Aufsuchung anderer Energiequellen Kürzlich hat P Cohen diese Frage in einem Vortrage behandelt, der in den „Schriften der physikalisch-ökonomischen Gesellschaft zu Königsberg" ver öffentlicht worden ist und von Prof v. Branco in der „Naturwissenschaftlichen Rundschau" (Nr 41) besprochen wird. Cohen denkt an eine vielfältige Ausnutzung der ungeheueren Energiequelle, welche die Sonne darstcllt. Die von der Sonne gespendete Energie geht an der Erde und in der Luft zum größten Teil in Wärme über, die wieder in den Weltraum hinausgestrahlt wird Aber ein Teil der Sonncnenergie setzt sich in Bewegung der Luft und fallenden Regen um, die wir als Wind und Wasser fälle ausnutzen können Wenn wir dahin gelangt sein werden, alle Wasserkräfte aus Erden zu verwerten, dann wird die Industrie aus den großen Städten und dem Flachlande mehr und mehr in die gebirgigen Gegenden verdrängt werden Einer größeren Ausnutzung des Win des stehen bis jetzt noch seine Unbeständigkeit und der hohe Preis von Akkumulatoren entgegen Aber es giebt eine Lösung, die man bereits anstrebt: die Vereinigung von Wind- und Wasserkraft, wodurch alle kleinen, sonst wenig brauchbaren Wassermassen in ihrer Wirkung er heblich verstärkt werden können. Man stelle sich einen solchen kleinen Wasserlauf von unerheblicher Kraft vor Er wird zum See und Wasserfall aufgestaut, und da« adfließende Wasser durch Windräder immer wieder in den See zurückgepumpt Schier ein perpetunm mobile! Je
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