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Dresdner Journal : 22.10.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-10-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189610226
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18961022
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18961022
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-10
- Tag 1896-10-22
-
Monat
1896-10
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 22.10.1896
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!978 nicht widerlegen könnte Er vergaß einS: Scripta ^anont. Hr Dr Kayser hat mir Briese geschrieben, welche seine Darstellung unserer Verhandlungen völlig Lügen strafen. Hr Dr Kayser hat darin in den ivärmsten Ausdrücken seine Dankbarkeit für die durch meine Vermittelung ihm geleisteten Dienste auSgedrückt Wären die Verhandlungen so verlaufen, wie er sie darstelljt, hätte ich ihm gegenüber Drohungen, die an Erpressung grenzen, gebraucht, hätte er mir am liebsten die Thüre gewiesen — dann wäre der sreundschasiliche und in Dankbarkeit überfließende Ton seiner Briefe unbegreiflich " Dr Arendt schlägt Dr Kayser die gegenseitige Veröffentlichung ihre« Briefwechsel« vor — Die höchst unerquickliche Angelegenheit wird also wahr scheinlich noch fortgesponnen werden — Die Beratungen de« Kolonialrats vom Diens tag wurven mit einem Anträge Sr. Hoheit de« Herzog« Johann Albrecht von Mecklenburg eröffnet, welcher die fernere Unterstützung de« Brüsseler Institut colonial bezweckte Die Versammlung trat dem Anträge einstimmig bei und ging alsdann zur Beratung de« Entwurfes einer Verordnung, betreffend die Erfüllung der Wehr pflicht in dem deutsch-südwc st afrikanischen Schutzgebiet, über, an welcher ein Vertreter des Reichsmarineamts teilnahm. Aach der Verabschiedung de« Entwurf« wurden Vorschläge zur Hebung des Handels in Deutsch-Ostafrika erörtert. E« zeigte sich dabei, wie der „R - u. St A " mitteilt, allseitiges Einverständnis darüber, daß von dem Bau von Bahnen und Straßen am meisten Förder ung de« Handels und der Volkswirtschaft de« Schutzgebiete« zu erwarten sei. Nach einer Pause ging der Kolonialrat zur Erörterung de« vom Reichstag seiner Zeit abgelehnten Vertrages mit der Neu-Guinea-Compagnie über Die allgemeine Debatte ergab die einstimmige Ansicht, daß der Uebergang der Landeshoheit auf das Reich im dringenden Interesse des Schutzgebiete« und des Reiches liege Be hufs genauerer Erörterung wurde die Vorlage einem Ausschuß überwiesen, der aus Sr Hoheit dem Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg und den Herren v. Ja cobi, Schering, Kraetke, Hernsheim und HeeperS be steht Dieser Ausschuß ist gestern vormittag zu einer Sitzung zusammengetreten und schließlich zu der Ansicht gekommen, daß der vorige Vertrag die Interessen des Reiches nicht geschädigt habe. Im Ausschüsse wurden die Vorschläge für den neuen Vertrag formuliert Gestern nachmittag erörterte der Kolonialrat die ostafrikanische Landfrage. Nach dem Inkrafttreten der allerhöchsten Verordnung vom 26. November 1895 über die Schaffung, Besitzergreifung und Veräußerung von Kronland und über den Erwerb und die Veräußerung von Grundstücken in Deutsch-Lstafrika im allgemeinen, sowie der dazu ergangenen Verfügung des Reichskanzlers vom 27. November 1895 hatte der Kaiser liche Gouverneur v. Wißmann über die Landfrage vom 18 bis 21. Januar d. I. in Tanga mit Vertretern der beteiligten Plantageninteressenten verhandelt. Auf Grund des Ergebnisses dieser Verhandlungen hat demnächst der Gouverneur zur weiteren Regelung der Landfrage unter dem IO. Februar d I eine Ausführungsverordnung ent worfen und mit dem Entwürfe eines Pachtvertrages vor gelegt, der den abzuschließenden Verpachtungen von Kronland als Grundlage dienen sollte. Diese Aus führungsverordnung nebst dem Pachlvertragsentwurf hat bisher die erforderliche Genehmigung des Reichskanzlers noch nicht erhalten Inzwischen sind die beteiligten Kreise wiederholt in der Richtung vorstellig geworden, daß die Bestimmungen der Ausführungsverordnung zu einer ge deihlichen Regelung der Landtage nicht führen werden. Tie Vorschriften in der Verordnung des Gouverneurs, die den Schutz der Eingeborenen bei Schaffung des KronlandeS betrafen, wurden angenommen, gebilligt wurde dagegen nicht der übrige Teil dieser Ver ordnung Vielmehr wurde mit Ausnahme einer einzigen Stimme beschlossen, daß den wirtschaftlichen Unter nehmungen alle thunlichste Erleichterung gewährt werden soll Insbesondere sollte der Gouverneur von jeder Verordnung absehen, die ihm im einzelnen die Hände bindet. Auch soll zugelaffen werden, daß er für Über lassung des Kronlandes in einzelnen Fällen vom Kauf- oder Pachtpreise absehe. Endlich sollte bei Überlastung von Grundeigentum der im Entwurf vorgesehene Betrag von 100 im erheblich überschritten werden. — Der Kolonialrat wird heute vormittag wiederum zur Plenar sitzung zusammentreten Auf der Tagesordnung stehen der Bericht des betreffenden Ausschusses über die Frage der Vorbildung der Kolonialbeamten, die Denkschrift über die in den Schutzgebieten tbätigen Gesellschaften und der Bericht des Ausschusses über die Neu-Guinea-Frage Sollte diese Tagesordnung nicht ganz erledigt werden, so wird der Kolonialrat spätestens am Freitag nachmittag ge schlossen werden. — Die „Frkf. Ztg." erfährt aus Trier, daß die Redemptoristen, denen die Rückkehr nach Preußen ge stattet ist, heute das dortige Kloster beziehen würden — Die Organisierung des telephonischen Verkehrs zwischen Deutschland und Belgien ist soweit ge fördert, daß die Eröffnung des Fernsprechdienstes binnen kurzem zu gewärtigen sein dürste. Vor einiger Zeit an- gestellte Fernsprechvcrsuche zwischen Berlin und Vordergründe, daß sie fast als die beiden einzigen Ur götter anzuschen sind. Es waren dies keine mit dem Ver stände ersonnenen Götter, sondern solche, welche jeder mit Augen sah. Man glaubte von ihnen zunächst nichts, als was man deutlich zu sehen oder zu spüren glaubte; wenn man nachher noch mehr glaubte, wenn sie über haupt zu menschlich denkenden und fühlenden, in die sittliche Welt eingreifenden Wesen wurden, so ist dies der notwendige Gang einer ganz natürlichen Entwickelung. Die meisten späteren Göttergcstalten sind Abzweigungen oder Entwickelungen der beiden großen Urgötter. So bei den Griechen, wo namentlich Zeus der zum höchsten Himmelsgott erhobene Sonnengott ist; so auch bei den Germanen, wo Odhin von Hause aus nicht etwa ein Gott der geistigen Regung oder der Begeisterung war, wie Dahn sagte, — cs wäre das ein ganz blasser und trauriger Gott, ohne Saft und Kraft und ohne Leben; wie käme es denn auch, was ja Dahn ausdrücklich hervorhob, daß er auch einmal Blitz und Donner führte? — sondern der große wandernde Sonnengott (>V'uoknn - vackvns); ebenso Thor, ebenso Ziu (auch sprachlich - Dio, D^ans, Diu und Diu-piter, von ckio glänzen). Die ursprünglich einzige Göttin der Jndogermanen war die Mondgöttin; daneben gab eS auch einen männ lichen Mondgott, die Entscheidung hing von der gewählten sprachlichen Bezeichnung ab Alle großen griechischen Göttinnen sind ursprünglich Mondgöttinnen: Hera, die GrburtSgöttin (diese Rolle kommt der Mondgöttin überall zu, vgl. Juno-Lucina); Palla«-Athene, die ihrem Vater (dem Sonnengott) au« dem Haupte springt (nämlich bald nach der Konjunktion der beiden Himmelskörper); Artcmis,die Geburtsgöttin und pseilschießende Jägerin; die wandernde und zum Teil unterirdische Demeter-Persephone; die wandernde Leto; vor allem die au« dem Meere aufsteigende „goldene" Aphrodite, die Königin der Schönheit. Die zahllosen Lieb schaften de« Zeu« beziehen sich fast ausnahmslos auf da« Verhältnis de« Sonnengottes zur Mondgöttin Ebenso sind bei den Germanen die Hauptgöttinnen ehemalige Mondgöttinnen: 1) die Geburt«göttin Frigga mit dem Antwerpen haben ein befriedigende« Resultat er geben, sodaß die technischen Voraussetzungen für ein regel mäßige« Funktionieren der neuen Fernsprechverbindungen erfüllt erscheinen. — Die Einfuhr von französischem Obst in Deutschland hat sich seit vorigem Jahre außerordentlich vermehrt In getrocknetem Obst, besonder« in getrockneten Pflaumen, ist zwar Frankreich von jeher ein Hauptlieferant für den deutschen Markt gewesen; dagegen war da«, was wir an frischem Obst aus Frankreich beziehen, in früheren Jahren verhältnismäßig gering und deckte sich ungefähr mit den Sendungen deutschen Obstes, die alljährlich nach Frankreich gingen. Im vorigen Jahre ist indessen die Einfuhr aus Frankreich, die 1894 nur 5428 Doppel zentner betragen hat, plötzlich aus 125 738 Doppelzentner gestiegen Der Grund dieser außergewöhnlichen Zunahme war der, daß württembergischc Obsthändler, veranlaßt durch die geringe einheimische Obsternte, große Partien Most äpfel in Frankreich aufkauften, die dann in Deutschland zur Lbstweinfabrikation verwendet wurden Auch im laufenden Herbst haben die Zufuhren aus Franireich bereit« eine außerordentliche Höhe erreicht, und e« dürfte sich dabei wiederum vorzugsweise um Mostobst handeln. Die französischen Ciderfabrikanten sind übrigens über den zunehmenden Versand französischen Mostobstes nach Deutsch land verstimmt, weil sie die Konkurrenz des deutschen Apfelweines fürchten Sic raten deshalb den französi schen Lbstproduzenten in der Presse davon ab, ihre Pro dukte nach Deutschland zu verkaufen Allerdings ist in den letzten Jahren der Export deutschen Apfelweines stark in die Hohe gegangen. Da aber Apfelwein ein Produkt ist, das vorwiegend am Erzeugungsorte, also in Deutsch land selbst, konsumiert wird, so bleibt der Absatz deutschen Ciderü nach dem Auslande immer verhältnismäßig gering, und die französischen Befürchtungen erscheinen daher ganz ungerechtfertigt. — Eine gestern abend abgehaltene Versammlung städtischer Gasarbeiter wurde, bevor Beschlüsse gefaßt wurden, wegen tumultuarischer Vorgänge ausgelöst. Frankreich. * Paris. Einzelne Blätter suchen in deutlicher Ver stimmung über die Begegnungen von Darmstadt und Wiesbaden aus Nebenumständen möglichst ungünstige Schlüsse auf das Verhältnis zwischen den beiden Kaisern zu ziehen. Cornely hingegen verweist im „Gaulois" auf das Kindische dieser Auffassung und schreibt: „Man leistet der öffentlichen Meinung einen schlechten Dienst, wenn man im Volke das Vorurteil verbreitet, der Zar habe während seines Aufenthaltes in Frankreich gewiss« Rancunen sich angeeignet und werde, um sich Frankreich angenehm zu machen, sich unhöflich gegen dessen Rivalen benehmen. Wir können nicht behaupten, die französisch russische Freundschaft sei eine Friedensbürgschaft, wenn wir zugleich wünschen, unser erlauchter Freund solle den europäische» Frieden durch einen Bruch mit Deutschland befestigen Die traditionellen Höflichkeiten zwischen Ruß land und Deutschland dürften uns nur dann mißfallen, wenn wir ernstlich den Krieg wünschten." — An anderer Stelle bespricht nn „Gaulois" ein Diplomat die Not wendigkeit für Frankreich, parallel mit der russisch-fran zösischen Allianz noch eine andere Annäherung zu suchen. In dieser Beziehung gäbe eö bloß zwei politische Richtungen: Einvernehmen mit Deutschland und Gegner schaft gegen England, oder Freundschaft mit England und Bekämpfung Deutschlands Die Annäherung an Deutschland bezeichnet dieser Diplomat als am günstigsten für die Kolonialpolitit Frank reichs, aber der Verlust der Grenzprovinzen ge statte die Verwirklichung dieser Politik nicht. WaS England betreffe, könne ein Einvernehmen hergestellt werken, wenn man von England Garantien über die ägyptische Frage erlangen könnte. Es wäre leichter, als man allgemein glaube, England mit Rußland auS- zu söhnen und damit die Basis für eine Gruppierung zu schaffen, welche stark genug wäre, nicht allein in Orientfragen die Initiative zu ergreifen, sondern in einer oder der anderen Form jene „Reparation" in Europa herzustellen, welche in letzter Linie für die politische Meinung eines jeden Franzosen entscheidend sei — Der Besuch Kaiser Wilhelms in Darmstadt wird von den Pariser Blättern eingehend erörtert, von einigen in ironischer Weise. Der „Jntransigeant" läßt sich aus Darmstadt telegraphieren, man messe in diplo matischen Kreisen der Begegnung der beiden Kaiser eine hohe Bedeutung bei. Anderseits wird eine in mehreren deutschen Blättern niedergelegte Betrachtung wiedergegcben, die sich heftig gegen die Meinung der Wiener „Neuen Freien Presse" wendet, daß die Be suche, die die beiden Kaiser austauschten, ein kalter Wasserstrahl seien, den der Zar nach Frankreich sende. Der „Ligaro" will nun misten, daß die Zurückweisung jener Wiener Auffassung aus Wunsch des Zaren geschehen sei, der nicht wolle, daß die deutsche Presse den Besuch mißdeute. Verständiger als die „Neue Freie Presse" be urteilt Francis Charmes die Kaiscrbegegnung in einem Artikel des „Journal des DebatS". Er schließt: „Wir haben aus dem Besuche des Zaren in Paris keine über- HalSschmuck, die in Fensalir, d. h. in den Meersälen, in der Tiefe des Meeres wohnt, daneben aber als Gattin des höchsten Himmelsgottes am Himmelsgewölbe strahlend herrscht; 2) Freyja, die Göttin der Schönheit, ebenfalls mit dem himmlischen Halsschmuck geschmückt; ihre Beigabe ist der die Nacht erhellende goldborstige Eber Hildsvin (der leuchtende Mond), eine Nebcngestalt von Freyja ist Gerdha, Frey« Geliebte und Gattin; 3) die vielfach mit zottigem Haar gedachte Frau Holle oder Hulda, noch heute wegen des Schneegestöber«, welche« man al« ihr Werk ansicht, al« Himmelsgöttin deutlich empfunden; sie hat aber auch eine herrliche Wohnung in der Unterwelt, denn dort herrscht der Mond ebenfalls; 4) Berhta „Die Leuch tende" zeigt schon durch ihren Namen an, daß sie ein Lichterstern ist; sie ist wie alle Mondgöttinnen Spinnerin (der Vollmond ist der mit goldenem Flachs umwickelte Spinnrocken, der allmonatlich abgesponnen wird); 5) Sif, welche ihr goldenes Haar durch den bösen Loki verliert und zurückerhält. (Der Sinn ist: die Mondgöttin verliert ihren Glanz, wird schwarz, erhält aber ihren Glanz wieder; alle wirklich alten Mythen sind keine Jahrcsmythen, sondern Monatsmythen); sie ist des Sonnengottes Thor ebenbürtige Gemahlin; 6) Iduna, die vom Himmelsadler Thiassi verfolgte, in eine Nuß oder Schwalbe verwandelte Mondgöttin; sie ist die ver jüngende Göttin, weil sie sich selbst immer von neuem verjüngt; 7) Skadi, deü Riesen Thiassi Tochter, Niörd« Gattin, welche neun Tage am Meer, oarauf neun Tage in den Bergen weilt; 8) Nanna, welche als Mondgöttm zerspringt, und noch viele andere. Nerthus kann nichts anderes gewesen sein; de« Tacitu« entgegcnstehende Angabe wiegt hier federleicht. Sie ist nach ihrem Namen die Frau oder Schwester des Niördr, also gleich Skadi. Dies nach dem Gesetz de« mythologischcn Namen- paralleliSmu» zusammengestellte Paar ist dasselbe, al« welches sich Hama — Nami, Zeu« (Dio«) Dione, Dianu« — Diano, Phoebu« — Phoebe, Pyrrhu« — Pyrrha, Liber — Libera, Freyr — Freyja rc. kundgeben, nämlich Sonne — Mond. Man feierte den Umzug der schwänglichen Folgerungen abgeleitet, und diese» Verhalten ermöglicht un«, überhaupt keinen Schluß daraus zu ziehen und aufrichtig zu glauben, daß au» dem Besuche de» Kaiser« Wilhelm, den der Zar in Darmstadt empfangen hat und zwrisello« erwidcrn wird, ebenfall» kein Schluß zu ziehen ist." — Die Budgetkommission verzichtete dem Wunsche de« Kriegtministers entsprechend auf eine Herabsetzung der in dem Budget vorgesehenen Effeklivdestände. Der Minister stimmte verschiedenen Kreditherabsetzungen zu. — Infolge der in Ost- und Süd-Afrika herrschenden Rinderpest hat der Ackerbauminister sür Frankreich und Algier die Einfuhr und die Durchfuhr aller Arten von Rinderoieh, Schafen und Ziegen au« Afrika, mit Ausnahme von Algier, Tuni« und den französischen Kolo nien, untersagt. — Die letzte Rede de« Minister« Bart Hou bietet den Pariser Blättern Anlaß zu politischen Betrachtungen. Die radikalen Organe tadeln Hrn. Barthou sehr scharf, beschuldigen ihn de« Verrat« an der republikanischen Sache unv halten seiner Rede die de« Hrn Bourgeois entgegen, über die sie sehr erbaut sind. Daß die Konservativen sich mit Barthou« Ausführungen im ganzen einverstanden erklären, reizt die Radikalen Die gemäßigt republikanischen Journale spenden Hrn Barthou ausgiebige« Lob, zumal wegen seiner gegen die Sozialisten gerichteten Erklärungen. Der „Temps", der allerdings ein Regierungsblatt ist, schreibt: „Wir haben in Übereinstimmung mit dem Redner von Oloron die unzählige Masse der arbeitsamen, ver ständigen, allen Unruhen abgeneigten Bürger vor uns, welche die radikale oder sozialistische Propaganda täglich zu täuschen oder zu stören sucht. Es ist daher unsere Pflicht, dem Lande zu zeigen, aus welches Ziel wir los- steucrn, und ihm bei jeder Gelegenheit da« zweideutige Benehmen der Gegner vor Augen zu bringen. Diese, welche über alle wichtigen Fragen uneinig sind, können sich nur unter dcr Bedingung verbünden, daß sie schweigen oder ihre wahren Gedanken verhüllen. Ünsere Aufgabe ist e-, zu verhindern, daß da« Land das Opfer eines solchen Manövers werde. Darum werden die Worte des Herrn Barthou einen starken Widerhall finden und die heilsamste Wirkung üben. Der Minister de« Innern hat seine Fahne mit dem gleichen Freimutc verteidigt, der ihm jüngsthin in einer Privatangelegenheit die Sympathie oller recht schaffenen Leute sicherte." — Der Vorstoß des „Eclair" gegen Mohren heim erregt natürlich großes Aussehen. Im Auswärtigen Amt erklärt man auf Befragen, nichts zu wissen, auf der russischen Botschaft versichert man entrüstet, eS handele sich um den Angriff eines verkappten Feindes Die Meldung hat indes unzweifelhaft einen Kern von Wahrheit. — Der langjährige hiesige Leiter der russischen Ge heimpolizei, Ratschkowski, erhielt das Wladimir-Kom mandeurkreuz zum Dank für den guten Verlauf des Zarenbesuchs — Der Herzog d'Aumale wird wegen Unwohlseins der Hochzeit des Herzogs von Orleans nicht bei wohnen, doch läßt er durch ihn seiner Braut ein Brillantenhalsband aus dem Nachlasse dcr Herzogin d'Aumale überreichen, dessen Wert auf eine halbe Million geschätzt wird. Italien. Rom. Die vatikanische „Voce dellaVerita" bringt einen sympathisch gehaltenen Leitartikel zur Konversion dcr Prinzessin Helene. Das Blatt sieht in dem Er eignis ein bedeutungsvolles Augurium für die Vereinigung der römischen mit der griechischen Kirche. Schließlich apostrophiert cs das Haus Savoyen und hofft, daß das Hochzcitsfest leinen Sinn günstig beeinflussen und eS ver- anlaffen werde, eine neue Aera der Gerechtigkeit cin- zusühren und den Staat Italien auf den Weg dcr Ehre und Sicherheit zurückzuführen, um da« Unrecht am Vatikan wieder gut zu machen. — Der „Don Chisciotte" stellt mit kaum verhaltener Genugthuung fest, daß die Mission Macari os bei M-nelik, wodurch dcr Papst in einem Augenblick der Schwäche Italien« sich als Retter darbot, gescheitert sei. Italien werde sich also selbst Helsen. Die anderen Blätter, auch die klerikalen, enthalten sich jeder Betrachtung. Bari. Prinzessin Helene von Montenegro, begleitet von dem Herzog von Genua, als Vertreter des Königs.undderPrinzvonNeapelverließen gestern die„Savoja" um 10 Uhr 20 Min. und begaben sich unter lebhaften Kundgebungen der Volksmenge in Hofwagen nach der St Nikolaus-Kirche, wo der Übertritt der Prinzessin Helene zur katholischen Kirche erfolgte. Fürst Nikita, Prinzessin Anna von Montenegro und Prinz Mirko sowie da« Gefolge der montenegrinischen Herrschaften blieben an Bord der „Savoja" unv wollten sich erst abends an Land begeben um um 10 Uhr 30 Min. nach Rom ab- zureiscn Großbritannien. London. Die von Lord Rosebery in seiner gestern mitgeteilten Rede kritisierten Vorschläge Leonard Courtneys, England müsse das Vertrauen der anderen Mächte wieder zu erwerben trachten und zu diesem Götlm Nerthus, weil Vie Mondgöttin wandert; die Erde dagegen ist unbeweglich, sie kommt nicht zu dcn Menschen, sondern die Menschen treten sie täglich; das Bad der Göttin erinnert an das für die Mondgöttin charakteristische Sichbaden im Ozcan. Noch heute lebt die alte Mond göttin im Märchen fort als Schneewitchen, Dornröschen, Rotkäppchen rc. — Über das Wundstarrkrampf-Antitoxin des Prof. Behring und des Dr. Knorr, von dessen Her stellung wir vor einigen Tagen Nachricht gegeben Haden, bringt die neueste Ausgabe der „Deutsch med. Wochenschr." genauere Mitteilungen. Zur richtigeren Beurteilung des neuen Ergebnisse«, da« die Frucht vieljähriger Arbeit der beiden Gelehrten ist, ist die Kenntnis davon nötig, wa« die Antitoxine für die Medizin bedeuten Wörtlich über tragen, heißt Antitoxin so viel wie Gegengift. In einem sehr wesentlichen Punkte aber trifft die Übertragung nicht zu. In dem Begriffe Gegengift liegt eingeschloffen, daß das Gegenmittel gleichfalls giftig ist Dies gilt von den Antitoxinen nicht Zu dem Begriffe Antitoxin und zu der Annahme von Antitoxinen und schließlich zu deren Darstellung gelangte man allmählich mit dcr fortschreiten den besseren Erkenntnis über Entstehung und Heilung der ansteckenden Krankheiten Den Ausgangspunkt bildete der Nachweis, daß die ansteckenden Krankheiten jede durch ein besonder» geartete» Kleinlebewesen hervorgerufen werden. Der nächste Schritt vorwärt» war die Feststellung, daß die spezifischen Kleinlebewesen in dem von ihnen befallenen LrganiSmu« Giftstoffe hervorbringen, die mit wesentlich da» KrankheitSbild bestimmen Dazu gesellten sich dann neue Vorstellungen über den Weg, aus dem eine ansteckende Krankheit zur Heilung gelangt. Am wesentlichsten ist dafür die folgende Thatsache: Die Heilung einer spezifischen Krankheit geht mit der Hervorbringung spezifisch-gistwidriger, antitoxischer Aqentien einher Weiterhin fand man: Diese spezifisch- gistwidrigen Agentien kreisen im Blute; ihr Vorhanden sein läßt sich in dem au« der Blutbahn entnommenen Blute Geheilter dadurch Nachweisen, daß da» Blut, andern Zwecke unter Mitwirkung Europa» Cypern zu einem selbständigen Staatswesen machen, sowie die end» giltige Regelung der ägyptischen Verhältmffe eincr europäischen Konferenz anheimstellen, finden sich in einem langen Schreiben de« Genannten an die „Time»", in dem er autführ», der müde Riese Großbritannien sei ein fetter, feister, ungelenker Falstaff geworden. Da« Miß trauen der übrigen Mächte gegen England sei trotzdem gerechtfertigt Im Jahre 1876 habe Gladstone und mit ihm da« englische Voll ebenfall« sich in Feuer und Flamme gesetzt für die Bulgaren — mit Worten Sobald aber Rußland mit Thaten eingegr ffen habe, sei diese Begeister ung jählrng« erloschen, und al« die Ruffen vor die Thore Konstantinopel« gelangt seien, habe DrSraeli« Politik die Revision de« Frieden« von San Stefano erreicht Ähn liche« werde England heule »ugrtraut infolge seiner da maligen Handlungsweise, und weil e« zwei Jahrzehnte hindurch sich nur mit dem Schnappen nach Kontinenten, der Austistelung von Klagen und Ansprüchen, mit Ein mischungen >m Namen von Orvnung und Friede, um dann sich selbst in dauernden Besitz zu setzen, beschäftigt und thatsächlich 2 600000 Ouadratmeilen Land ver schlungen habe. Gegenwärtig handelten Gladstone und das englische Volk wie 1876. Auch die Begeisterung für die Armenier sei leine echte Tann folgen die Vorschläge. — Es ist wohl möglich, daß der formell gegen Deutsch land gerichtete Artikel der „Times" in ihrer vorgestrigen Nummer, der im Wortlaute noch viel läppischer ist, als er im telegraphischen Auszuge klang, auch durch den Zorn eingegeben wurde, wohl oder übel jenem, aus englischer Feder geflossenen Brief Raum in ihren Spalten geben zu müssen In ihm führen sie als Belege der deutschen Selbstsucht an, daß die „Do ut ckes Politik" eine deutsche Erfindung sei (!!), und daß e« speziell deutsche Moral sei, die Knochen deutscher Grenadiere nur für deutsche Inter essen auf« Spiel zu setzen (!!!). Wenn man ohnehin so tief im Ansehen gesunken ist, wie eS die „TimeS" in den letzten Jahren zu Wege gebracht haben, dann freilich kann man eS riskieren, derartige Dinge im Ernst als politische Weisheit vorzutragen. — Die gestrige Feier de« Jahrestages der Schlacht von Trafalgar blieb darauf beschränkt, daß sich eine große Volksmenge in ruhiger Haltung an der Nelson-Säule versammelte. Es wurden Kränze und andere Blumenspenden, gestiftet von der Navy Leagur und mehreren Privatpersonen, an der Säule nievergelegt. Auch in Chatham, Portsmouth und anderen Städten wurde der Jahrestag gefeiert. Die Feier hatte überall einen ganz inoffiziellen Charakter, ohne irgendwelche politische Demonstration. Der Marineminister Goschen hatte die Beistellung von Blaujacken und Seetruppen für die Abhaltung einer patriotischen Kundgebung am Nelson- Denkmal verweigert. In ihren Leitartikeln betonten die Blätter, mit dcr augenfälligen Wiederbelebung der Feier des Jahrestages der Trasalgarschlacht werde keineswegs bezweckt, die Franzosen zu kränken, sondern lediglich der Welt kundzuthun, daß England entschlossen sei, das bei Trafalgar errungene Uebergewicht zur See aufrechtzuhallen. — Die Ftthrerfrage der liberalen Partei in England ist zwar durch den ausschiebenden Beschluß des Exekutivausschusses des Vereinsverbandes etwas in den Hintergrund getreten, wird aber trotzdem fortwährend leb haft erörtert Die beiden für die Nachfolge Roseberys in Betracht kommenden Kandidaten haben sich jüngst darüber geäußert. Sir William Harcourt in einem allerdings recht übellaunigen Brief an emen Herrn in Chapton, worin er das allgemeine Bedauern über Roseberys Verzicht zu teilen erklärt, und der aewesene Minister des Innern Asquith in einer Rede zu Galashiels (Schottland), worin die Hoff nung auf Roseberys schließliche Rückkehr ausgesprochen wird Spante«. Madrid. Das Projekt einer großen Anleihe von einer Milliarde ist als endgiltig gescheitert anzusehen. Die Beschaffung der zur Weiterführung der Kriege in den Kolonien erforderlichen Mittel wird im Inland beabsich tigt. Canovas erklärte, er rechne aus den Patriotismus dcr spanischen Kapitalisten; ein Land, das so opferfreudig sein Blut hergebe zur Aufrechterhaltung der Ehre seiner Fahne, werde hoffentlich auch mit seinem Gelde nicht zu rückhalten Auf Grund der von den Cortes früher dem Ultramar-Minister bewilligten Ermächtigung, Kreditopera- tioncn in unbeschränktem Ümfang zu veranlassen, wurde die Ausgabe von Schatzscheinen unter allgemeiner Sicher stellung des Tresors, wie der „Jmparcial" meldet, einge stellt und eS wird die Emission besonderer Bonds, als deren Pfand die Zolleinnahmcn gelten, vorbereitet — Eine Depesche aus Manila bringt die Nachricht, daß die dritte Strafcompagnie meuterte und ins Gebirge entfloh. Sie wurde verfolgt und geschlagen, wobei sie zahlreiche Verluste erlitt. — Der Ministerrat ernannte den General Pol avieja zum Untergouvcrneur der Philippinen. Rußland. St. Petersburg. In seinem zu Paris während des Zarenbesuchcs geführten Tagebuche giebt dcr inzwischen bekanntlich gemaßregelte Fürst Mesch tschcrski, dcr elnvertelbt, diese gegen das spezifische Gist fest macht; der durch die Einverleibung eines Antitoxins erzeugte Gist schutz schützt auch gegen die krankmachende Wirkung des jenigen Parasiten, von dem das in Frage kommende Gist herstammt, und zwar nicht bloß vor der Ansteckung mit dem Parasiten, sondern auch nach der Ansteckung und bei schon bestehender Ansteckung Für die Praxis war bisher im wesentlichen immer nur das Blutserum verwendbar, das das Antitoxin in sich enthält Jetzt ist zunächst für den Wundstarrkrampf die Darstellung eines brauchbaren Antitoxins gelungen. Darin liegt ein bedeutsamer Fort schritt. In Frage kommt die Anwendung des Tetanus- AntitoxinS zunächst beim Menschen, nächstdem der Pferden Über die Aussichten unv die Art der Anwendung des Antitoxins sagen Behring und Knorr noch außer dem schon in Nr. 245 des „Journ" Mitgeteilten im wesent lichen folgende«: „Das gegenwärtig unter unserer Mitwirkung von den Farbwerken Höchst a. M. her gestellte Tetanus-Antitoxin zeigt auch bei schon aus- gebrochcnem Tetanus infizierter Meerschweine und Mäuse unzweifelhafte Heilwirkung Die Berechnung des Anti toxinwertes wird in Normalantitoxineinheiten au-gedrückt. Es werden vorläufig zwei Präparate auSgepebcn, eines in trockenem Zustande und ein zweite» in Lösung. Tas erstere soll zu Heilzwecken bei schon au«gebrochenem Teta nus des Menschen und der Pferde dienen, da» zweite zur prophylaktischen Behandlung, das trockene Präparat enthält in 1 st 100 Antitoxinnormalcinheiten Bei Pferden raten wir zur Einspritzung in die Venen Die volle Antitoxinwirkung kommt nämlich dabei ungefähr 24 Stun den früher zur Geltung al» bei Einspritzung unter die Haut Auch beim Menschen ist von der Einspritzung in die Venen ein schnellerer Heilerfolg zu erwarten Wenn an ihrer Stelle die Einspritzung unter die Haut gewählt werden muß, dann kann ein günstiger Erfolg in akut ver laufenden Fällen nur in Aussicht gestellt werden, wenn die Behandlung vor Ablauf der ersten 36 Stunden nach Ausbruch de« Tetanu« vorgenommen wird. Das gelöste TetanuSantitoxin enthält in 1 ccm fünf Antitoxin-
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