Suche löschen...
Dresdner Journal : 01.10.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-10-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189610019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18961001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18961001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-10
- Tag 1896-10-01
-
Monat
1896-10
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 01.10.1896
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
hätte Denn in dem gedachten Zeiträume sind nach Kapitel 36 de» Etat» der Staatsschuldenverwaltung (planmäßige Tilgung), nach den Kapiteln 37 und 37 a sowie extraordinär und außeretatsmäßig und endlich nach dem Etat der Eisenbahnverwaltung (planmäßige Tilgung der Eisenbahnschulden) zusammen nicht volle 898 Millionen Mark getilgt dez auf neue Anleihen verrechnet worden Wenn hiernach die Tilgung im ganzen sich aus durch schnittlich 0,75 Proz stellt, so entfallen davon aus die durch den Etat der Eisenbahnverwaltung erfolgte Tilgung 0,09 Proz, auf die durch den Etat der Staatsschulden- verwaltung, extraordinäre und außeretat»mäßige Tilgung rund 0,66 Proz Am Beginn de» laufenden Rechnungsjahre» belief sich dle gesamte Staatsschuld auf nahe u 6,6 Milliarden Mark, von denen nahezu 105 Millionen Mark auf die in dem Etat der Eisenbahnoerivaltung stehen gebliebenen Schuldkavitalien entfallen, während der Rest im Etat der Staatsschuldcnverwaltung figuriert. Dazu kommen noch über 400 Millionen Mark lausender Kredite, und zwar abgesehen von den rund 50 Millionen Mark zur Begleich ung der Defizit» von 1895/96 und 1896/97 bewilligter Kredite, von denen auch der letztere voraussichtlich nicht in Anspruch zu nehmen sein wird und welche daher nicht in Betracht kommen dürften. Man wird daher mit einer Staatsschuld von 7 Milliarden Mark zu rechnen haben, wenn man an die Beurteilung der Frage heran tritt, in welcher Höhe und in welchen Formen die Tilgung der preußischen Staatsschuld sich empfiehlt. Kassel. Die gestern hier vereinigten Vertreter fast sämtlicher Invalidität»- und Altersversicherungs anstalten des Deutschen Reiches nahmen einstimmig folgende Erklärungen an: 1) Die in dem Entwurf eine« Gesetzes zur Abänderung von Arbeiterversicherungs- gesetzcn enthaltenen Bestimmungen, welche aus eine Ver änderung in der AufsichtSsührung über die Versicherungs anstalten Hinzielen, sind geeignet, das für die Durchführung der Versicherungen bedeutungsvolle Selbstverwaltungsrecht und die Selbständigkeit der Versicherungsanstalten zu ver nichten. 2) Die geltenden Bestimmungen, wonach sich die Aussicht lediglich auf die Befolgung der gesetzlichen und statutarischen Vorschriften beschränkt, und die bisherigen Aufsichts-Instanzen sind ausreichend, um eine wirksame Aufsicht über die Versicherungsanstalten zu führen 3) Die in dem Gesetzentwurf vorgesehene Enveiterung der Be fugnisse des Staatskommissars wird den Geschäftsgang der den Versicherungsanstalten erschweren und verlangsamen Die betreffenden Bestimmungen enthalten den Keim zu fortgesetzten Reibungen und Zwistigkeiten zwischen dem Staatskommissar und den Versicherungsanstalten. Das Institut de» Staatskommissars ist entbehrlich. 4) Für Bildung von Sektionen bei den Versicherungsanstalten fehlt jede Veranlassung. Eine derartige Maßregel würde nur geeignet sein, die Durchführung der Versicherung zu erschweren und zu verteuern öfterreich-Ungarn. Wien. Schon seit längerer Zeit ist der Berg arbeiterausstand im Duxer Kohlenrevier als Generalstreik von der Anarchistenpartei vorbereitet worden Die sozialdemokratische Parteileitung erklärt in der „Arbeiterzeitung", daß ihre Gewerkschaslskommission von jenein Ausstande der Unabhängigen keine Benach richtigung erhalten habe — Bei der Staatseisen- bahngesellschast dauert der Ausstand fort, obwohl die sozialdemokratische Parteileitung zu beschwichtigen sucht. Im Volksverein „Gerechtigkeit" finden gegenwärtig wieder holte Auseinandersetzungen zwischen Anarchisten und Sozial demokraten statt. Buda-Pest. Im Magnatenhause erklärte gestern aus eine Interpellation des BaronS Joses Vecsey, ob die Regierung gedenke, den Reichstag vorzeitig aufzulösen, Ministeipräsident Baron Banffy, die Regierung habe in der That die Absicht, den Reichstag demnächst auf zulösen (Bewegung), bez eine darauf bezügliche Ent schließung des Monarchen zu erbitten. Daher werde auch das MagnatenhauS in dieser Tagung vielleicht keine meri- torische Sitzung mehr halten. Das Haus nahm die Ant wort zur Kenntnis. Klausenburg. Die Grundsteinlegung des Denk mals des Königs Mathias erfolgte gestern hier in feierlicher Weise. Die Festrede hielt der Abg. Alexander Hegedüs. Der Minister für die Landesverteidigung, Baron Fejervary, gab im Namen des Königs der Freude dar über Ausdruck, daß die Stadt Klausenburg die erhabene Idee ausgegriffen habe und dem ruhmvollen König in ihrer Mitte eine Statue errichte Hierauf entbot Minister Baron Josika der Stadt den Gruß der ungarischen Re gierung und führte aus, daß für die Statue des großen Königs sich kein würdigerer Platz im Lande finde als die Stadt Klausenburg. Die Reden wurden mit lautem Beifall ausgenommen. Frankreich. Paris In Marseille ist der Dampfer „Psi-Ho" von Madagaskar eingelaufen. Er bringt folgende Neuig keiten mit. Die Zeitungen von Tamatavc melden: Tie Plünderung der Warenzüge auf der Straße von Tama- tave gehört jetzt zu den Alltäglichkeiten. Di« Träger werden massakriert, wenn sie ihre Waren nicht hergeden. In Tananarioo, wohin die Räuber gebracht werden, um ihr Urteil zu empfangen, mehren sich di« Hinrichtungen Generalresident Laroche hat Kolonisten und Zivil- und Militärbeamte zu sich berufen, um ihre Meinung über di« Aushebung der Sklaverei zu hören. Diese Versammlung beschloß, letztere ohne Entschädigung der Besitzer vorzu» nehmen. Mehrere Howa-Gouverneure wurden abgesetzt, weil sie zugaben, daß die Ausrührer ihre Provinzen an griffen, und weil sie keinen Widerstand leisteten, andere, weil sie verdächtig sind, mit diesen unter einer Decke zu stecken. In dem madagassischen Amtsblatt, „Gazette malgache", ist die Verordnung erschienen, welche von der Einsetzung der französischen Gerichte handelt Die Kolonne des Oberst Le Camus, die am 25. August Tamatave ver ließ, um die Verbindung mit einem der Residenten wieder- herzuftellen, traf unterwegs nur auf verlassene oder nieder- gebrannte Dörfer und sand nirgends Widerstand vor. Der Oberst soll am Sumpffieber erkrankt sein. In andern Gegenden Madagaskars herrscht ebenfalls große Unsicher heit Ein Warenzug, der für die norwegischen Missionare in Fianaranlsoa bestimmt war, wurde angegriffen Die Rebellen raubten die Waren und erschlugen die Träger. Ein einziger entwischte In Makanoro wurden die Maga zine des Kaufmanns Daviot auSgrraubt. Man vermutet, daß hierbei die Howa-Polizei die Hand im Spiele hat. Eine Zeitung teilt mit, daß die Hauptstadt Tananarivo von 100000 Rebellen umgeben ist, welche bereits die Vorstädte angegriffen haben sollen. * Paris Der italienisch-tunesische Handels vertrag ist gestern unterzeichnet worden Der neue Ver trag stellt für die italienischen Konsuln und die Italiener in Tunis Bestimmungen fest, ähnlich, wie sie für die fremden Konsuln und deren Staatsangehörige in den verschiedenen Ländern Europas bestehen. Dasselbe gilt in Italien für die Tunesen, deren Interessen durch die französischen diplomatischen und Konsularbeamten vertreten werden. Gewisse Sonderbestimmungen im Vertrage sollen den Übergang aus dein früheren Zustand in die neu- geschaffene Lage erleichtern. Tunis erhält in Bezug auf Italien seine Zollfreiheit innerhalb der Grenzen des französischen Minimaltarifs wieder. Auf Grund der Meist begünstigungsklausel können von Italien keine Forderungen mehr gestellt werden. Die Dauer des Vertrages ist auf 9 Jahre festgesetzt. — Die durch den Zaren vorzunehmende Grundstein legung der neuen Seinebrücke giebt in der radi kalen Presse zu Auseinandersetzungen Anlaß. Der Zar soll den Wunsch geäußert haben, daß eine religiöse Einweihung stattfinde, der französische Brauch verbietet dagegen die Teilnahme des Klerus an weltlichen Hand lungen. Die Hinzuziehung der Geistlichkeit würde dem Ministerium heftige Anfeindungen durch die Progressistcn eintragen. Auch die Nichterwähnung der Marseil laise im offiziellen Programm der Festlichkeiten wirb von den Blättern der Linken getadelt. — Der der Regierung nahestehende „TempS" be schäftigt sich angelegentlich mit dem Kongreß der Bischöfe in Reims, dem von der radikalen Opposition eine solche Bedeutung bcigemessen wird, daß die Regierung sich zur Veröffentlichung einer abwiegelnden Note gezwungen sah. DaS Kabinett Möline, sagt nun der „TempS", könne sich doch unmöglich unduldsamer zeigen, als das Kabinett Bourgeois, aber es müsse dafür Sorge tragen, daß die Prälaten gewarnt seien für den Fall, daß sie Lust haben könnten, sich mit anderen als kirchlichen Dingen zu be schäftigen Die Bischöfe ihrerseits würden begreifen, welche Vorsicht ihnen durch die Verhältnisse aufcrlegt sei, und sich so einrichten, daß weder ihr Austreten, noch ihre Worte mißdeutet werden könnten Gebe es doch eine Menge Leute, die ein unmittelbares und sichtliches Interesse daran hätten, einenpolitisch-religiösen Konflikt zum Ausbruche zu bringen, und es gelte daher, einen solchen Anschlag zu vereiteln. Das müßten die Bischöfe aus langer Erfahrung selbst am besten wissen, da dem Epi skopate durch solche Konflikte schon manche Wunde geschlagen worden sei. Vian möge sich also auf dem Kongresse der Bischöfe in Reims, den Weisungen des Papstes und den Vorschriften des Konkordats folgend, wohl davor hüten, die Politik in die Theologie eindringen zu lassen; denn die Republik, welches auch die Richtung der am Ruder stehenden Minister sei, sei fest entschlossen, solche Ver mischung nicht zu dulden. — („Franks. Ztg") Jeder Tag bringt seine neue Etikettensrage. Die wichtigsten Probleme sind zwar jetzt gelöst. Wir wissen, daß bei der Einfahrt in Paris Hr. Felix Faure auf dem Rücksitz des Wagens Platz nehmen wird Wir haben erfahren, daß zwar der Präsident der Republik keine Uniform tragen wird — wenn er nicht etwa dem Vorschlag folgt, den die „Patrie" macht, daß er als Major der Landwehr bei den Festlichkeiten auftretcn soll — daß aber Hr. Hanotaux allein unter allen Zivilisten im goldgestickten Diplomaten-Frack glänzen wird Noch ist es freilich ein Geheimnis der Zukunft, ob Hr. Felix Faure zu Pferde, im Wagen oder in noch anderer Weise die Revue von CHUonS abnehmen wird. Dafür kennen wir aber die Nolle, welche der Madame Faure bei den Feierlichkeiten zugewiesen ist Die Gattin des StaatschesS, die sonst ihren Mann so Mn auf seinen Reisen begleitet, iviod diesmal zrmächst sehr im Hinter gründe bleiben und wird in drn Frauengemächern de« Elyse« abwarten, bi» der Zar sie zum Feste holt. Inzwischen nimmt sie, wie die Blätter melden, bei einem Balletmeister der Oper „Anstands-Unterricht", „Iveovs ck« maiutivn". Diese Meldung ist aber wahrscheinlich eine boshafte Er findung. Alle diese großen Dinge sind also zum Heile der Republik geregelt Nun aber, wo man endlich einmal fertig zu sein glaubt, taucht plötzlich eine neue Frage auf, deren Bedeutung man nicht wird unterschätzen können. Sollen die Damen, welche den Empfängen des Elysee bei wohnen werden, Schleppkleider tragen und wieviel Meter lang sollen die Schleppen sein? Bei Hofe trägt man bekanntlich Echleppkleider, und der Zar, der bei Hofe mehr lebt als anderswo, ist gewohnt, Schleppkleider um sich zu sehen. Nun denke man sich, daß er nach Frankreich käme und keine solchen fände! TaS könnte von unberechenbaren Folgen für die Allianz der beiden Völker sein. Auch hat die Republik in dieser ganzen Angelegen heit den Ehrgeiz, darzuthun, daß es bei ihr nicht minder höfisch zugeht, als bei dem erstbesten Kaiser oder Könige. So ist denn jetzt das Schleppenproblem die Frage des Tages. Es scheint, daß die Zarin eine Schleppe in der Länge von 12 m zu tragen pflegt. Das können ihr die republikanischen Damen nicht nachthun Aber ein wenig soll doch iyr Kleid auf dem Boden nachschleifen, den hohen Gästen zuliebe. So hat man denn die „demokra tische Schleppe" erfunden, welche gerade die rechte Mitte halten wird zwischen einem Kleide mit und einem solchen ohne Schleppe, zwischen aristokratischer Großartigkeit und republikanischer Bescheidenheit. Es giebt in Frankreich Leute genug, die empfinden, wie lächerlich eS ist, alle diese kleinen Dinge in der Öffentlichkeit zu besprechen, wie ab geschmackt diese breitspurigen Berichte und Diskussionen über die nebensächlichste Einzelheit des zu beobachtenden Eercmoniells sind, und wie beklagenswert die Unsicherheit und die Kopflosigkeit ist, die selbst in gewissen leitenoen Kreisen durch den bevorstehenden Zarenbesuch hervor- gerusen worden zu sein scheint. Noch steht das Programm nicht fest, alle Augenblicke wird bald dieser Punkt ge ändert, bald jener, jeden Tag wird etwas weggenommen und etwas hinzugefügt. Demgegenüber mahnt man sogar bereits in der Presse zur Zurückhaltung und zur Samm lung. So schrieb der „Figaro" neulich: „Hüten wir uns, wie Parvenüs auszusehen, die zufällig eine große Persönlichkeit empfangen. Ein bedeutender politischer Akt wird sich vollziehen, keine frivole Parade soll abgehalten werden. Von Zeremoniell und Protokoll ist genug ge redet worden. Gehen wir jetzt endlich einmal zu Thaten über!" Ter „Jour" drückt sich noch weit derber aus: „Wirklich, die Diskussion aller dieser Einzel heiten ist unsinnig. Wir benehmen uns wie Portiers, die einen Onkel aus Amerika empfangen, und die Reise des Zaren wird bald der „Hochzeit des Detters Bobosse" gleichen."... Ter Zar wird in Cherbourg nicht den Präsidenten der Republik, die Präsidenten von Senat und Kammer und die Regierung der Republik finden, sondern Hrn. Felix Faure und seine Minister. Hr. Felix Faure, der ehemalige Leder exporteur aus Havre, wird dem Herrscher eines der mäch tigsten Reiche der Welt gegenübcrstehen, als wäre er seines gleichen. Das wird vielleicht der größte Moment im Leben dieses vom Glück so merkwürdig begünstigten Mannes sein. Aber es ist zu fürchten, daß, wie jedes allzu hohe Glück, auch dieses keinen Bestand haben wird und daß Hr. Felix Faure jenen großen und herrlichen Moment mit einer langen Reihe schwerer Tage wird zahlen müssen. Schon merkt man nämlich, daß eine gewisse Mißstimmung in der Presse und der öffentlichen Meinung gegen Hrn. Felix Faure beginnt Schon hört man sagen, daß er sich doch gar zu sehr als König aufspiele und daß er unrecht habe, den Besuch des Zaren als eine ihm persön lich dargebrachte Huldigung aufzufassen. Schon will man wissen — ob mit Recht oder Unrecht, läßt sich natür lich nicht sagen — daß an all' der Unsicherheit in der Ausarbeitung des Zeremoniells hauptsächlich Hr. Felix Faure schuld sei. Schon fallen da und dort Bemerkungen, wie die folgenden: Der Präsident der Republik, der persön lich alle Vorbereitungen leitete, habe dabei vergessen, daß die republikanische Haupttugend die Einfachheit sei; unter Grävy oder Carnot hätte man nicht die Fragen erörtert, ob der Präsident eine Uniform tragen oder zu Pferde steigen müsse, und doch wäre unter diesen Präsidenten der Zar gewiß nicht schlechter empfangen worden, al» unter dem jetzigen Schon also äußert sich eine solche Stimmung hier und da in leisen Worten. Eine laute Äußerung dieser Stimmung wird offenbar nur durch die bevorstehende An kunft des Zaren verhindert. Wer weiß aber, ob nicht diejenigen recht behalten werden, welche voraussagen, daß nach der Abreise des Gastes sich auf Hrn. Felix Faure aller Groll und aller Zorn entladen werde, der sich aus irgendwelchen Gründen während der Feste aufgchäuft hat! Darum raten ihm Freunde und auch wohlmeinende Feinde, während der Feste sich nicht immer allein in die erste Reihe zu stellen „Wenn er ganz allein in der ersten Reihe erschiene, wie ihm da» seine Bürgeredclmanns-Eitel- - keit und sein ungeheurer Snobismus raten", schreibt Cornely im „Matin", „so würde er eine wilde Eifersucht erregen, die nach der Abreise de» Zaren, nach den Festen, nach den Lampions zum Ausbruch kommen würde in einem Sturm gegen seinen PräsidentschastS-Fauteuil" — Unter der Überschrift: „Ein Wandschirm" ver öffentlicht der „GauloiS" eine angeblich an „hoher Stelle" eingezogene Mitteilung über die Politik, die England betreff« Armenien» verfolgt. England — so heißt es darin — betrachte die armenische Frage lediglich als einen bergenden Schirm, hinter dem es seine Pläne in Ägypten möglichst unbeachtet weiter verfolgen könne Je eifriger die europäischen Mächte dort beschäftigt sind, desto ungestörter wird England am Nil wirtschaften können Anfang« beutete es die kretische Frage zu seinen Zwecken au». Den englischen Blättern zufolge erreichte die Zahl der auf der Insel von den Türken nieoeraemachten Christen eine solche Höhe, daß, wenn sich die Angaben bestätigt hätten, Kreta jetzt menschenleer sein müßte Glücklicher weise gelang es den Mächten, den Sultan zu vernünftiger Nachgiebigkeit zu bewegen und dadurch den Engländern diesen Schirm zu zerstören. Auf Kreta folgte aber Ar menien, wo die Engländer das Feuer täglich schüren, um die Aufmerksamkeit Europa» von General Kitchener und dessen Armee, die nach der Einnahme von Tongola auf Khartum lossteuert, abzulenken; auch soll England mildem Kongofreistaat einen Offensivertrag abgeschloffen haben, dem zufolge dieser Staat allen seinen Verpflichtungen zum Trotze die Unternehmung Kitcheners durch einen Einfall in da« Land des Mahdi unterstützen solle. Indessen werde es hoffentlich den Mächten auch in Armenien gelingen, ohne Gewaltmaßregeln auf diplomatischem Wege eine Lösung zu finden und damit den zweiten blutroten Schirm, hinter dem England in Afrika die Befriedigung seines Ehrgeizes suche, zunichte zu machen. Diese Theorie des „Ganlois" von dem englischen Wandschirm hat offenbar sehr viel für sich; nur steht zu befürchten, daß, wenn der Wandschirm fällt, England am oberen Nil ebenso sestsitzt wie im Delta velgte«. Brüssel. Dem „Soir" zufolge hat ein erbitterter Kampf zwischen Derwischen und den Kongo truppen stattgefunden. Die Derwische seien zwar ge schlagen, aber viele Weiße getötet worden Nom. AuS vatikanischen Kreisen wird gemeldet, daß dem kürzlich veröffentlichten Schreiben des Monsignore Macario an den Kardinal-Staatssekretär Rampolla ein nicht für die Öffentlichkeit bestimmter Privatbricf des Monsignore Macario beigelegen habe, worin letzterer wohl meinende Ratschläge für die Verhandlungen zur Frei- gebung der italienischen Gefangenen des NeguS erteilt haben Der Inhalt dieses Briefes sei vom Kardinal- Staatssekretär der italienischen Regierung vertraulich mit geteilt worden. Hieraus ergebe sich ein erfreuliches Zu- fammenwirken des Vatikans mit letzterer zum Zwecke des Humanitären Werke« der Befreiung der Gefangenen, dessen erfolgreichen Abschluß man noch vor der Vermählung des Prinzen von Neapel zu stände zu bringen hoff?. — Das Institut für Völkerrecht in Venedig ge nehmigte das Reglement betreffend den Gebrauch der Nationalflagge für Kauffahrteischiffe und stellte die Tages ordnung für die nächste Session fest. Der Präsident er klärte darauf die Session für geschloffen. — Wie die „Agenzia Stefani" aus Paris erfährt, bestehen die gestern zwischen Italien und Tunis abge schlossenen Vereinbarungen aus einem Handels- und Schiffahrtsvertrage, einer Konvention, betreffend die Kon sulate und Niederlassungen, ferner einer Konvention über Ausweisungen und zwei Artikeln, welche spezielle Punkte behandeln. In diesen Vereinbarungen wird der status guo für die Einrichtung italienischer Schulen im Lande Tunis und für die Einrichtung des italienischen Hospitals und der italienischen Schulen in der Stadt Tunis ausrecht erhalten. Ebenso wird die juristische Person der »alieni- schen Vereine und der anderen Institutionen aufrecht erhalten; die Nationalitätenfragen werden auch weiter durch Gesetz geregelt werden. In zivilrechtlicher Beziehung wird die Gleichberechtigung der Italiener mit den Angehörigen der meistbegünstigten Staaten, ausgenommen die Fran zosen, anerkannt. Weiter ist den Italienern in Tunis die freie Ausübung von Handel, Industrie, Künsten, Hand werken aller Art und der «latus guo für die freie Aus übung der Fischerei und Handelsschiffahrt garantiert, sowie der italienischen Schiffahrt eine spezielle Anwendung der Zolltarife zugestanden. In der Feststellung der Behand lung als meistbegünstigte Nation ist ein eventuell speziell für Frankreich reserviertes System nicht enthalten. Jtalicni- fche Importartikel werden außerhalb der Behandlung nach dem Meistbegünstigungssystcm einem höheren Zollsätze unterworfen werden als dem französischen Minimaltarif. Die übrigen Vereinbarungen regeln in allgemein üblicher Form minder wichtige Punkte, betreffend Handel, Schiff fahrt, Behandlung der wechselseitigen Unterthanen bezüglich Zustandekommen jenes bemerkenswerten Zustandes, den man als Hypnose bezeichnet, gewinnen werden. Charak teristisch für den hypnotischen Zustand ist einerseits das Fehlen der Willensimpulse odcr physiologisch auSgedrückt die Ausschaltung der motorischen Impulse von der Groß hirnrinde her, sowie anderseits das Vorhandensein einer häufig übersehenen, ziemlich starken tonischen Kontraktion fast aller Körpermuskeln, die dem hypnotisierten Tiere oder Menschen den Ausdruck der Erstarrung (Katalepsie) verleiht. Die vom Redner zuerst experimentell festgestellte Thatsache, daß Hühner, bei denen man beide Großhirnhemisphären in toto exstirpiert hat, sich doch ohne Schwierigkeit hypnotisieren lasten, spricht zu gunsten der von Heidenheim und Charcot vertretenen Ansicht, derzufolge Kontrakturen in der Hypnose auch ohne Beteiligung des Großhirn» hervorgerufen iverden können Da an eine Lähmung des Großhirn« im Zustand der Hypnose nicht zu denken ist, so bleibt nur die Vorstellung übrig, daß die ThätigkeitS- hcmmung des Großhirns im hypnotischen Zustande — eine Thätigkeitshemmung, die offenbar nur eine passive ist und da« Zustandekommen suggestiver Vorstellungen nicht verhindert, fondern vielmehr begünstigt — aus Er regung antagonistischer Stoffwechselprozesse in seinen Neuronen beruht. Die bekannte Thatsache, daß starke Erregung einer Stelle des Zentralnervensystems unter Umständen in gewissen Nachbargebieten eine Hemmung erzeugt, ist besonder« geeignet, über das Zustandekommen der Hypnose Licht zu verbreiten xx Die Berliner internationale Kunstausstel lung ist gestern Abend feierlich geschloffen worden. Kultusminister Dr Bosse hielt dabei eine längere An sprache, au« der wir folgende Sätze herausheben: „In größerer Zahl al» sonst sind in diesem Jahre die aus ländischen, namentlich auch die skandinavischen Künstler bei uns erschienen Wir freuen uns dessen, aber wir wissen wohl, daß wir dadurch von dem vielgestaltigen Reichtum der künstlerischen Produktion de« Ausland?» eine auch nur annähernd erschöpfende Vorstellung nicht zu gewinnen vermögen. Gleichwohl hat unsere ÄuSstellung unzweideutig ergehen, daß große gemeinsame Strömungen durch die gesamte Kunst der Gegenwart gehen Demgegenüber ist es für den ruhigen Beobachter nicht leicht, sogleich einen festen und sichern Standpunkt der Beurteilung zu gewinnen. Der größte Gewinn solcher internationalen Ausstellungen liegt vielleicht darin, daß sie in vergleichender Neben einanderstellung die verschiedenen Gestalten zeigen, die solche Strömungen bei den verschiedenen Nationen an nehmen und daß wir dadurch leichter ein Urteil über ihre letzten Ziele und ihren dauernden Ertrag ge winnen, als au» der mühseligen Betrachtung der schaffen den Thätigkeit, in deren Mitte wir leben. Je nach der Individualität der Beobachtenden wirv die« Urteil ohne Zweifel sehr verschieden ausfallen Und diese Verschiedenheit de« Geschmacks und der ästhetischen Empfindung hat ihr gutes Recht. Auf dem Gebiete ver Kunst wie dem der Geisteswissenschaften soll und kann man eine communis opiaio nicht machen wollen, man muß sie werden lassen. Die Regulatoren alles künstlerischen Schaffens, Wahrheit und Schönheit, lassen sich nicht ok troyieren; sie müssen sich frei entfalten, wenn die Kunst gedeihen soll Da» lehrt un« auch der Gesamtüberblick über die mannigfaltigen künstlerischen Bestrebungen der Gegenwart, wie sie m unserer diesjährigen Ausstellung zum Ausdruck gekommen sind Aber dieser Überblick, ins besondere der Rückblick auf die historische Abteilung und die in ihr sich wiederspiegelnde Entwickelung lehrt uns noch mehr. Er zeigt uns, daß der Künstler nicht ruhen darf, bi« er für eine wahre und echte Empfindung den einfachsten und schlichtesten, aber auch den zutreffendsten und vollkommensten Ausdruck gefunden hat Nur der Künstler, der sehen gelernt, der die Fähigkeit zu diesem künstlerischen Schaffen durch ein mit unermüdlicher Hin gebung gepflegtes, in die Tiefe der Wirklichkeit eindrin- gendeü Studium der Natur erworben und der diese Fähig keit an den großen Vorbiloern der Vergangenheit verfeinert und ausgebildet hat, nur er hat Aussicht, etwas zu schaffen, wa» den flüchtigen Augenblick der Gegenwart überdauern wird. Wir hoffen und wünschen, daß namentlich unsere künstlerische Jugend diese Lehre auch au« dieser Aus stellung mitnehmen und zur Richtschnur ihre« Streben» machen werde " * Die Errichtung eines Denkmals für Albert Lortzing ist im Allgemeinen Deutschen Musikervcrband angeregt worden Gedenkzeichen an Lortzing existieren an verschiedenen Orten seiner Wirksamkeit, aber ein wür dige« Denkmal de» Tondichter» fehlt noch Bei der Auf stellung de» Denkmals kommen Berlin, wo Lortzing ge boren und gestorben ist, und Leipzig, wo er von 1833 bis 1846 am Stadttheater wirkte, in Frage. * Die C G. Roedersche Offizin, die erste Noten stecherei der Welt, feiert heute ihr fünfzigjährige» Bestehen Ihr Aufschwung datiert seit dem Beginn der sechziger Jahre, als ihr rastlos thätiger Gründer und Leiter den lithographischen Schnellprefsendruck für Musikalien erfand, der dann den billigen Notendruck zur Folge hatte und vor allem die billigen Klassikerausgaben (die Edition Peter» rc ) ermöglichte Diese Entdeckung rief überhaupt eine vollständige Umwälzung des Musikalienvertriebe« hervor. Nicht nur, daß seitdem die bedeutendsten Musik verleger Deutschlands, Rußlands, Amerika« der Firma ihre Kundschaft zuwandten, die Mehrzahl der ersten Ver leger gab auch, da sie mit der Roeverschen Offizin nicht konkurrieren konnte, ihre eigenen Notenftechereien auf, um fortan die betreffenden Arbeiten bei Roeder ausführen zu lasten. Gegenwärtig beschäftigt die Leipziger Offizin mehrere hundert Arbeiter. — Die Vereinigung der Kunstfreunde für amtliche Publikationen der König! Nationalgalcrie zu Berlin blickt bei Beginn ihres neuen, vierzehnten VcreinSjahres auf einen reichen Erfolg de« verflossenen zurück Die Mitaliederzahl hat jetzt die stattliche Zahl von 8000 überschritten und damit ist von neuem der Beweis er bracht, welch lebhafte stetig wachsende Sympathien sich in weitesten Kreisen den in farbigen Lichtdrucken erscheinenden Kunstblättern der Vereinigung zuwenden Durch die Aus wahl der Blätter und deren vollendete Ausführung, welche nach Gemälden au« der Königl NUionalgalene unter Aussicht der Gencralverwaltung der Königl Museen er folgt, hat sich die Geschäftüleitung nicht minder die An ¬ erkennung der KUmtlrr unv Kenner ermorden. Kur das neue Dereinsjahr (Oktober 1896 bis Oktober 1897) gelangen zahlreiche neue Publikationen zur Ausgabe, von denen vorab da« „Bild der Bilder", die Sixtinische Madonna von Raphael in der Gemäldegalerie zu Dresden zu nennen ist. Die farbige Wiedergabe de» wunderbaren Gemäldes ist höchst vorzüglich gelungen. Ferner werden veröffentlicht: Paul Meyerheim, „Ziegenhändler"; Konrad Kiesel, „Nach dem Maskenball"; W Simmler, „Übergang de» Großen Kurfürsten über das Kurische Haff",; Ludwig Munthe, „Holländische Herbststimmung"; Max Schmidt, „Spree landschaft"; Konrad Lessing, „Herbst" und „Winter" in Thüringen; Rudolf v. Deutsch, „Penelope"; Hugo Vogel, „Die Industrie unter dem Schutze der Wehrkraft"; Leonardo da Vinci, „Das heilige Abendmahl" und eine Serie von acht Blättern nach I. Koppay, „Da» Geheimnis" be titelt. Die stattliche Anzahl der neuen Erscheinungen (im Verein mit den bisherigen über 160 Blätter) bietet jedem Geschmack reiche Wahl, der Grundidee der Vereinigung, den Sinn für künstlerische Ausschmückung der Wohnräume zu beleben, ist damit neuerdings auf da« weiteste Rechnung getragen Die „Vereinigung" versendet auf Wunsch den neuen Katalog nebst Statuten und Abbildungen der bisher erschienenen Bilder umsonst und frei; Anmeldungen zur Mitgliedschaft — der Jahresbeitrag beträgt 20 M , wofür ein Ngrmalblatt nach freier Wahl geliefert wird — wer den in Berlin, Markgrafenstraße 57 und Potsdamer Straße 23, sowie in der Filiale Dresden, Prager Straße 28, entgegcngenommen. M Oberingenieur Andrae veröffentlicht einen längeren Bericht über die Gründe, die ihn bewogen haben, seine Ballonfahrt aufzuschieben Zum Schluß weist er darauf hin, daß dir Expedition keincSweg« al» ergebnislos zu bezeichnen sei. Während ihre» Aufenthalte» auf Spitz bergen, wie auch auf der Reise dorthin und zurück sind sowohl von den eigenen Mitgliedern der Expedition wie von anderen Forschern eine Reihe wissenschaftlich^ Beobachtungen au»geführt worden. Gerade im Hinblick aus ein mögliche« Mißlingen der Ballonfahrt selbst hatte sich Andree bemüht, verschiedenen Forschern die Mitreise
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)